Smartwatches sind auf dem Vormarsch. Es gibt sehr unterschiedliche Versionen, die sich in ihrer Gestaltung manchmal stark auf die analoge Uhr beziehen und manchmal in ganz andere Designwelten vorstoßen.
Die Smartwatches haben die mechanische Uhr nicht verdrängt, aber sie sind weiter dabei, sich zu etablieren: Mit der Apple Watch ist der Technologiekonzern aus Kalifornien 2016 zum größten Uhrenhersteller weltweit geworden und hat mit der elektronischen Uhr geschätzt mehr Umsatz gemacht als Rolex insgesamt. Das hätte sich vor fünf Jahren niemand vorstellen können. Selbst, wenn man kein Bedürfnis nach Benachrichtigungen oder Navigationsanzeigen am Handgelenk verspürt, stößt man immer häufiger auf Menschen mit Smartwatches am Handgelenk.
Aber wie nutzen die Hersteller die neuen Möglichkeiten und Herausforderungen der trendigen und tragbaren Minicomputer?
Sehr unterschiedlich. Schließlich gibt es auch verschiedene Typen von Smartwatches, darunter die sogenannten Hybrid-Smartwatches. Das sind Uhren ohne Bildschirm und mit Zeigern. Alpina und Frédérique Constant bauen Uhren, die aussehen wie mechanische. Dabei entsprechen sie den jeweiligen eleganten oder sportlichen Modellfamilien der Marken. Die Alpina Seastrong Horological Smartwatch sieht nicht nur aus wie eine Taucheruhr, sondern eignet sich mit 100 Metern Wasserdichtheit und einseitig drehbarer Lünette mit Tauchzeitskala tatsächlich für Einsätze im Meer.
Trotzdem meldet sie, wenn Nachrichten oder Anrufe auf dem Smartphone eingehen: Die Uhr vibriert, und die Zeiger weisen auf das entsprechende Symbol. Zudem kann sie die Schritte und den Schlafrhythmus erfassen und ans Handy übertragen. Optisch unterscheidet sie sich nicht von den analogen Modellen der Marke.
Smartwatch – verkleinertes Smartphone für den Arm
Während Alpina, Frédérique Constant, Mondaine und andere die Smartwatch aussehen lassen wie eine normale Uhr und dadurch einen deutlich geringeren Funktionsumfang als bei anderen Smartwatches in Kauf nehmen, findet sich mit Apple und Sony das andere Extrem: ein verkleinertes Smartphone fürs Handgelenk mit quadratischem Display. Wie bei den Handys auch, gibt es durchaus einen gewissen Gestaltungswillen, aber besonders Sonys SmartWatch 3 sieht deutlich nach einem technischen Gerät aus.
Apple versucht, seiner Watch mit unterschiedlichen Armbändern und Zifferblättern etwas Leben einzuhauchen: Da gibt es Milanaise-Bänder, solche aus Leder oder buntem Textil, eine Luxusversion aus weißer Keramik oder auch Blüten-, Schmetterlings- und Mickymaus-Zifferblätter. Luxusliebhaber können die kalifornische Marke Apple auch mit dem Pariser Traditionshaus Hermès verbinden: Das praktische Bandwechselsystem der Apple Watch erlaubt, speziell von Hermès entworfene und gefertigte Bänder zu montieren. Die kosten ein Vielfaches der Smartwatch von Sony. Wenngleich sich die extrem teuren Goldversionen der Apple Watch nicht durchgesetzt haben, setzt das Uhrenkonzept klar auf Luxus und will den Lifestyle unterschiedlicher Zielgruppen durch auswechselbare Bänder und Zifferblätter treffen. So versucht Apple, den Widerspruch aufzulösen zwischen einem millionenfach produzierten Massenprodukt und der Individualität, die eine Armbanduhr eigentlich bietet und mit der man seinen Stil ausdrückt.
Da Uhren meistens rund sind, bauen auch Hersteller wie Motorola runde Smartwatches, obwohl ein rundes Digitaldisplay nicht optimal für alle Anwendungen ist. Immerhin kann man unterschiedliche runde Zifferblätter verwenden. Was das Gehäuse und das Band betrifft, sind die Gestaltungsmöglichkeiten bei Preisen um die 200 Euro recht begrenzt, obwohl die Elektronikhersteller beim Design im Grunde frei wären – immerhin sind sie keiner Armbanduhren-tradition verpflichtet.
Dass das Design extrem wichtig ist, hat auch Samsung erkannt. Für die etwas teurere Gear S3 mit rundem Bildschirm haben die Koreaner den Schweizer Uhrendesigner Yvan Arpa verpflichtet. Er war unter anderem bei Hublot und bringt mit seiner eigenen Marke ArtyA vor allem ausgefallene Kleinserien auf den Markt. Für Samsung hat er ein eher zeitloses Design geschaffen.
Bestehende Designtradition
Die etablierten Luxusuhrenhersteller setzen vor allem auf ihre bestehende Designtradition: TAG Heuer, Montblanc und in etwas eingeschränktem Maße neuerdings auch Louis Vuitton bauen Smartwatches, die sich trotz des Touchscreens an bestehenden Kollektionen orientieren. TAG Heuer hat sich mit der Connected als Erstes getraut und die Smartwatch mit Display so auch für imageträchtige Marken salonfähig gemacht. Wie bei der ersten Version entsprechen Gehäuse und Armband der zweiten Generation weitgehend der sportlichen Carrera. Die Individualisierungsmöglichkeiten sind vielfältig: Im Internet kann man unterschiedlich gefärbte Lünetten, Gehäuse, Bandanstöße und Bänder konfigurieren. Das geht bis zu Goldversionen mit Diamanten. Und es sind sportliche, elegante sowie technische Varianten möglich.
Zwar nimmt kaum jemand in der Uhrenindustrie an, die Quarzkrise der1970er Jahre würde sich wiederholen und Uhrenmarken wegen einer neuartigen Armbanduhrentechnik eingehen. Aber es gibt doch Menschen, die die Funktionalität einer Smartwatch schätzen, und da möchte man zumindest im oberen Preissegment eine prestigeträchtige Alternative bieten. Wobei die Montblanc Summit preislich gar nicht so weit von der Apple Watch entfernt liegt. Sie wagt sogar ein Retrodesign der 1858-Kollektion mit Drücker in Zwiebelkronenform und entsprechenden virtuellen Vintage-Zifferblättern. Wer möchte, kann sich individuellen Luxus leisten und sich von der Montblanc-Designabteilung ein Zifferblatt nach eigenen Vorstellungen kreieren lassen. Das kostet dann allerdings üppige 15.000 Euro.
Während die TAG Heuer ab 1.400 Euro zu haben ist, wird die Louis Vuitton Tambour Horizon für 2.300 Euro zur teuersten Smartwatch auf dem Markt. Die verspielte Gehäuseform mit den konkaven Flanken und die Zifferblattdesigns, die zur Auswahl stehen, folgen der Tambour-Kollektion. Wie bei TAG Heuer ermöglicht ein spezielles System, die Bänder ohne Werkzeug zu tauschen. Wenig überraschend: Unter den 60 erhältlichen Bandvarianten gibt es auch solche mit dem weltbekannten „Monogram“-Logo.
Bei den Funktionen unterscheiden sich TAG Heuer, Montblanc und Louis Vuitton kaum, denn alle greifen auf das Google-Betriebssystem Android Wear zurück. TAG Heuer verfügt über einen GPS-Empfänger, Montblanc über einen Pulsmesser.
Eine Sache, die das Design aller Uhren mit Touchscreen etwas trübt: Die meiste Zeit über bleibt ihr Bildschirm schwarz und sieht dann leblos aus. Mit einer Handgelenkdrehung muss er erst zum Leben erweckt werden. Bei permanent eingeschaltetem Bildschirm würde der Akku nicht mal einen Tag durchhalten. Eine Alternative bieten da die Sportuhrenhersteller. Ihre Displays basieren nicht auf leuchtender LED-Technologie, sondern auf nichtleuchtender „Memory in Pixel“-Technik und halten daher mit eingeschaltetem Display mehrere Tage durch. Neuere Geräte wie die Garmin Fenix 5X und die Suunto Spartan verfügen nicht nur über Farbbildschirme, sondern beherrschen auch klassische Smartwatch-Funktionen wie die Anzeige von Nachrichten und App-Benachrichtigungen. Außerdem gibt es sie in Stahl oder Titan und mit Saphirglas, sodass sie auch außerhalb des Sports nicht unangebracht wirken. Oft setzen sie noch auf ein leicht militärisches Design, sodass sie die modernen Toolwatches sind.
Wer sein Handgelenk nicht komplett einer Smartwatch opfern will, für den hat Sinn eine interessante Alternative: Das „Duale Bandsystem“ besteht aus insgesamt fünf Bandelementen. Jeweils zwei lassen sich zugleich an eine Sinn-Uhr und die Apple Watch montieren. Diese Bänder sind kurz und können miteinander verbunden werden, sodass man die mechanische Uhr auf der Außenseite des Arms und die Smartwatch gleichzeitig auf der Innenseite tragen kann. Das fünfte Bandelement kann dann schnell anstelle der Smartwatch oder anstelle der mechanischen benutzt werden, sodass sich die Uhren auch einzeln tragen lassen.