Eins, zwei oder drei… Beim Blick in ein Uhrwerk kann es vorkommen, dass man nicht nur ein, sondern gleich mehrere Federhäuser entdeckt. Ein Ergebnis, das dem Streben nach höherer Gangreserve zu verdanken ist und Uhrmacher vor verschiedene Herausforderungen stellt.
Mehr Komfort und Bedienerfreundlichkeit: Eine Uhr, die nicht täglich aufgezogen werden muss, verspricht dem Besitzer unbeschwerte Tragefreude. Doch nicht nur das hat in den vergangenen Jahren Handaufzugsuhren mit immer längerer Gangreserve auf den Markt gebracht. Es ist auch eine Art Wettbewerb entstanden, Kollektionen mit einer besonders ausdauernden Uhr schmücken zu können.
Den Rekord hält die Glashütter Manufaktur A. Lange & Söhne mit dem Uhrenmodell Lange 31, welche 31 Tage läuft, ohne aufgezogen zu werden. Mit auf dem Treppchen steht Jacob & Co. mit der Uhr The Quenttin, ebenfalls mit 31 Tagen Gangreserve dank der Energie von sieben Federhäusern. Das Modell ist eine Ausnahmeerscheinung. Nicht nur wegen der Vielzahl von Federhäusern, sondern auch wegen derer Anordnung auf einer Achse. Ebenso ungewöhnlich die Zeitanzeige, die digital auf Rollen stattfindet. Ein interessantes Konzept. Noch interessanter aber ist der Umgang mit der Gangdauer in ganz normalen Langläufern.
Zu den Pionieren der Armbanduhr mit zwei Federhäusern gehört die Firma Favre-Leuba. 1962 präsentiert sie zwei Handaufzugskaliber mit zwei parallel geschalteten Federhäusern, die auf das Minutentriebrad einwirken. Ein weiteres, gerne verwendetes Uhrwerk aus diesem Zeitraum ist das Kaliber 82 von Büren, ebenfalls mit zwei parallel geschalteten Federhäusern aufgerüstet. Die größere Federkraft wird für eine höhere Frequenz verwendet – das Werk läuft mit 5 Hertz, also 36.000 Halbschwingungen.
Beim geschichtlichen Rückblick fällt auf, dass es in Uhrwerken mit mehreren Federhäusern immer wieder um die Art des Aufzugs und die Energieweitergabe geht. Heute ist es üblich, mehrere Federhäuser in Serie zu schalten. Die andere Variante wäre die parallele Schaltung, bei der der Eingriff beim Aufzug über das mittig platzierte Kronrad gleichzeitig auf beide Federhäuser wirkt; umgekehrt erfolgt das Ablaufen ebenfalls simultan.
Jede Zugfeder beschert dem Federhaus jeweils zehn Umdrehungen. Warum, erklärt Kury nochmals ganz genau: "Wird eine gewisse Zahl an Umgängen überschritten, nimmt der Wirkungsgrad ab. Außerdem könnten die Windungen verkleben, da die Zugfeder gefettet ist."
Das reibungsfreie Ablaufen der Zugfedern ist jedoch Voraussetzung für die Ganggenauigkeit. Damit ist ein weiteres Problem von seriell geschalteten Federhäusern angesprochen: die Kraftübertragung zwischen ihnen erfolgt nicht gleichmäßig; der Kraftausgleich kann stocken und plötzlich wieder weitergehen. Diesem Problem begegnet man bei Eterna mit der Eigenentwicklung "Spherodrive". Dabei ruhen beide Federhäuser auf Keramikkugellagern, was eine reibungsarme Bewegung, mehr Effizienz und Zuverlässigkeit bedeutet. Um weitere Reibungsverluste im System zu vermeiden, ist das gesamte Antriebsorgan samt Zwischen- und Sperrrädern kugelgelagert.
Damit noch nicht genug der Herausforderungen: Bei jedem Federhaus gibt es gegen Ende der Gangdauer einen Drehmomentabfall. Die Kraft der Zugfeder lässt nach, was sich nachteilig auf die Beständigkeit der Unruh-Amplitude auswirkt. Mit Amplitude bezeichnet man die Schwingungsweite der Unruh, deren Veränderung sich auf die Gangstabilität negativ auswirkt. Um dem vorzubeugen, laufen die Federhäuser des Kalibers 3510 nicht ganz ab. Vielmehr werden sie, auch wenn noch ausreichend Kraft für zwei Tage Zeitanzeige gespeichert ist, durch eine besondere Konstruktion angehalten.
Die Nachteile, die daraus resultieren, kompensiert ein extra konstruiertes Nachspannwerk. Dieses sorgt für einen konstanten Antrieb über die gesamte Laufzeit. Das Nachspannwerk ist zwischen dem vom Doppelfederhaus angetriebenen Räderzug und die Gangpartie geschaltet und bewirkt, dass eine mit der Sekundenradwelle verbundene Antriebsspirale eine immer gleiche Energiemenge an das Ankerrad weitergibt. Alle zehn Sekunden wird diese an einem Spiralklötzchen befestigte Spiralfeder an ihrem äußeren Ende durch die Energie des Federhauses nachgespannt. Die zuverlässige Steuerung des Nachspannvorgangs übernimmt eine auf der Sekundenradwelle befestigte Kurvenscheibe, die einen Schwenkhebel bewegt. An dessen Innenseite greifen zwei Paletten abwechselnd in ein einzahniges Rad, das über das Räderwerk mit dem Federhaus verbunden ist, und hemmen dessen Ablauf nach jeder 180-Grad-Drehung. Mit jeder Drehung wird die Antriebsspirale ein Stück nachgespannt, die diese Energie an das Ankerrad weitergibt.
Damit wird auch der Abfall des Drehmoments gegen Ende der Gangdauer verhindert, der bei solch stark vergrößerten Federhäusern sogar noch gravierender ausfällt als bei mehreren kleineren. Das bedeutet für die »Lange 31« eine gleichbleibende Ganggenauigkeit und für den Träger den angekündigten Komfort einer Uhr mit besonders langem Atem.