Zeitmesser im Großformat verbinden klassischen Uhrenbau mit handwerklicher Perfektion und technischer Innovation. In alten Zeiten hängt sie in jeder guten Stube und will einmal am Tag aufgezogen werden – die Wanduhr. Nach der Kirchturmuhr ist sie das Maß der Zeit und im kleinen Kreis der Familie das Symbol für die Vergänglichkeit. Heute blinkt uns die Uhrzeit von allen möglichen Geräten entgegen – dem Handy-Display, dem Radiowecker neben dem Bett, dem unvermeidlichen Computer, ja sogar von der Mikrowelle in der Küche. Unzählige Zeitanzeigen hetzen uns durch den Alltag.
In der Flut dieser Indikationen scheint eine Uhr im Großformat in der Tat überflüssig, nicht mehr als ein Relikt aus Großvaters Zeiten, als die Welt sich noch in gemächlicherem Tempo dreht. Doch gerade im hektischen Rhythmus der Gegenwart setzen Großuhren einen philosophisch wirkenden Kontrapunkt, der dazu aufruft, den Augenblick zu genießen. Denn als Produkt feiner Uhrmacherkunst stehen sie auch heute noch für Präzision und Wertigkeit. Ein Motto, das insbesondere auf die Zeitmesser der Firma Erwin Sattler aus Gräfelfing bei München zutrifft. Kenner und Sammler schätzen die technisch aufwändigen und handwerklich exquisiten Zeitmesser des Familienunternehmens, das seit 54 Jahren besteht und heute von der Tochter des Gründers, Stephanie Sattler-Rick, und Richard Müller geführt wird. Müller, Uhrmacher und Experte für Großuhren, sagt: "Wir fertigen Einrichtungsgegenstände, die einmal zum optischen Mittelpunkt eines Wohnraums oder Büros werden sollen." Er erklärt: "Deshalb legen wir in unserer Manufaktur nicht nur Wert auf feinste Verarbeitung und höchste Präzision. Einen ebenso großen Stellenwert hat die Ästhetik der edlen Zeitmesser. Eine Sattler-Uhr soll nicht nur die genaue Zeit anzeigen, sondern auch das Auge erfreuen." Das Portfolio umfasst sowohl klassische als auch modern anmutende Großuhren, selbst Schiffsuhren und Navigationsinstrumente, aber auch Uhrenbeweger sind darin zu finden. Die erklärte Spezialität der Firma sind jedoch die High-End-Präzisionspendeluhren, welche die Zeit sehr exakt anzeigen – die Abweichung liegt bei lediglich ein bis zwei Sekunden pro Monat.
In diesem Jahr bietet das Unternehmen mit der Aperia eine Sonderedition der beliebten Classica KS an, einem Seilzug-Regulator mit Monatsgang. Ihr skelettiertes Zifferblatt macht das Ineinandergreifen der Mechanik in dem Sattler-Kaliber 1575-SK sichtbar, das durch zwei Gewichte angetrieben wird. Neben dem Halbstundenschlag besitzt dieses ein Vollkalendarium mit handgemalter Mondphase und eine Gangautonomie von 30 Tagen. Sämtliche Teile der Kalender- und Schlagwerkskadratur werden von Hand geschliffen, die Kanten angliert und poliert. Durch die verschiedenen Oberflächenbeschichtungen im Werk – von Ruthenium über Gold zu Nickel – entstehen auffällige Farbkontraste. Die Sattler Aperia hat ihren Auftritt in einem Gehäuse (98 auf 27,5 auf 11 Zentimeter) mit Metallintarsien und einer Makassar-Kassette in der Rückwand. Als Reminiszenz an das Gründungsjahr der Manufaktur ist ihre Auflage auf 58 Stück limitiert. Kosten: 18.600 Euro.
Ein mikromechanischer Kosmos für das Wohnzimmer
Mit der Troja Opus Temporis stellt Erwin Sattler sein bis dato kompliziertestes Werk vor. Die Standuhr verfügt über einen Ewigen Kalender mit dreidimensionaler Mondphase und ein Schlagwerk mit Halbstundenschlag. Des Weiteren realisiert sie die bei Großuhren eher selten vorkommende Zentralsekunde. Die dreidimensionale Mondphase, ebenfalls von Hand bemalt, dreht sich vor einem mit zehn Brillanten besetzten Trichter, der den Nachthimmel visualisiert. Eine besondere uhrmacherische Herausforderung stellte die Berechnung und Umsetzung der Mondphase dar, ist der Mechanismus doch so präzise angelegt, dass er erst nach 120 Jahren um einen Tag korrigiert werden muss. Technisch anspruchsvoll auch die Verbindung des Kalenders mit dem Schlagwerk. So wird die Kraft, die für das Schalten des Kalenders vonnöten ist, vom Schlagwerk abgeleitet. Der Vorteil dieser Konstruktion ist, dass der eigentliche Schaltvorgang für Wochentag, Datum und Monat während des Zwölf-Stunden-Schlags exakt zu Mitternacht erfolgt und nur circa 15 Sekunden dauert.
Ein Rechen-Schlagwerk, dessen Kadratur auf der Rückseite der Hinterplatine des Werkgestells montiert ist, signalisiert die vollen und halben Stunden akustisch mit Hilfe eines langen Röhrengongstabes. Dieser sorgt, versteckt in einem Resonanzraum in der Rückwand, für einen vollen Klang. Die Präzisionspendeluhr läuft 30 Tage ohne erneuten Aufzug und baut in dieser Zeit nur zwei bis vier Sekunden Gangabweichung auf. Ihr Zuhause ist ein Makassar-Gehäuse (222 mal 47,5 mal 43 Zentimeter), das auch 16 programmierbare Uhrenbeweger beinhaltet. Damit richtet sich die Troja Opus Temporis an Liebhaber sowohl großer als auch kleiner Zeitmesser. Auf der im Lieferumfang enthaltenen Datenbank sind die Aufzugsparameter für über 7.000 Armbanduhrenmodelle gespeichert. Zudem hat die Standuhr noch ein kleines Geheimnis: Ein Tresor in ihrem Sockel verwahrt weitere Sammlerstücke. Als Sonderzubehör gibt es ein Präzisionsuhrenbeweger-Modul für den Safe. Für die Programmierung dieser Beweger ist die zentrale Steuerung im oberen Teil der Uhr verantwortlich. Die Troja Opus Temporis kostet 173.000 Euro.
Ein Jahrhundert Uhrenexpertise
Ein weiterer, bedeutender Name im Großuhrenbau ist die Kieninger Uhrenfabrik GmbH aus dem süddeutschen Aldingen – der älteste bestehende Hersteller von mechanischen Großuhrwerken weltweit. 1912 in der Uhrenregion Schwarzwald gegründet, steht die Firma rund um den ganzen Globus für qualitativ hochwertige Stand-, Wand- und Tischuhren. "Unsere Uhren sind ein funktionales Dekorationsobjekt, das die klassische Uhrmacherei mit modernem Design verbindet", erklärt Michael F. Schütz, der Geschäftsführer des Hauses. Der Firmengründer Joseph Kieninger (1872 – 1936) ist einst bekannt für die hohen Ansprüche an sich selbst, an seine Mitarbeiter und an die Produkte des Hauses. Als eine Erinnerung an ihn und seine Art kennzeichnet man heute bei Kieninger die Uhrwerke mit dem JKA-Zahnradsymbol, das für die Worte "Joseph Kieninger, Aldingen" steht.
Zur Feier des 100-jährigen Firmenbestehens lancierte Kieninger zwei auf jeweils 100 Exemplare limitierte Modelle. Uhrmacherische Expertise zeigt besonders die Präzisionspendeluhr 2580-96-01, die dank eines Pendels aus Karbon mit Temperaturausgleich und Feinregulierung eine Abweichung von nur fünf Sekunden im Monat erreicht. Ihr 34 auf 29 auf 20 Zentimeter großes Gehäuse besteht aus einem von vier Metallträgern gehaltenen Glaskorpus mit Karbonfasern in der Rückwand und im Zifferblatt. Im Sockel ist eine Schlüsselschublade integriert. Matt verchromte beziehungsweise eloxierte Metallteile und das Zifferblatt mit Appliquen aus poliertem Messing unterstreichen die zeitlos-elegante Anmutung der Uhr. Sie wird angetrieben vom Kaliber ZSO01, einem Präzisions-Seilzugwerk mit Zentralsekunde, geschliffenen und matt verchromten Platinen sowie diamantierten Kanten. Das Uhrwerk punktet weiterhin mit seiner ruhenden Graham-Hemmung, einer Gangdauer von einem Monat und einem Antriebsgewicht von nur 3,1 Kilogramm.
Ein Wirbelwind im Grossformat
Die ebenfalls auf 100 Exemplare limitierte Tischuhr 1266-95-04 setzt eine besonders bei Armbanduhren beliebte Komplikation in Szene: das Tourbillon. Sie wird in einer weißen Chrom-Holzkonstruktion mit den Maßen 25,5 mal 25 mal 18 Zentimeter vorstellig. Die offene Architektur erlaubt einen ungestörten Blick auf das Kaliber J0256. Das Federzuguschaltwerk lässt tagsüber drei Melodien – die Westminster, St. Michael und Whittington – auf einem Acht-Stabgong erklingen. In der Nacht stellt es sich automatisch ab. Im Zifferblatt aus versilbertem Messing zeigt das Tourbillon mit Schraubenunruh die Sekunden an. Der Preis der Uhr beträgt 6.360 Euro.
Auch die Firma Hermle feierte 2012 ein Jubiläum. Das Familienunternehmen mit Sitz in Gosheim auf der Schwäbischen Alb blickt auf eine 90-jährige Geschichte zurück. Die Anfänge der Manufaktur liegen in der Herstellung und Entwicklung von Uhrwerken. Heute ist sie eine der größten Produzentinnen von mechanischen Stand-, Tisch- und Wanduhren sowie von mechanischen Kalibern – auch viele andere Hersteller verwenden Hermle-Werke in ihren Uhren. Diese entstehen mit nahezu hundertprozentiger Wertschöpfung in Deutschland sowie in den USA. Dabei ist das Gütesiegel Made in Germany auch im Ausland beliebt, denn Hermle Clocks ticken in über 80 Ländern auf der ganzen Welt. "Besonders in fernöstlichen Ländern besteht eine große Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Modellen", sagt Gerhard Schneider, Vertriebsmanager von Hermle dazu. Unter dem Motto "Wir erfinden die Zeit nicht neu, wir machen sie schöner" bietet Hermle heute klassische und designbetonte Standuhren, Tischuhren und hochpräzise Regulatoren sowie Schiffsuhren an. "Unsere Produkte sind mehr als Zeitmesser im klassischen Sinne, sie sind moderne Wohnaccessoires für gehobenes Ambiente, die die Zeit überdauern", sagt Schneider. Dies trifft im Besonderen auf die Präzisionspendeluhren des Hauses zu. Das Modell 70968-030058 wird von einem Acht-Tage-Seilzugwerk mit Halbstundenschlag angetrieben und bietet auf seinem schlichten Zifferblatt eine betont traditionell gearbeitete Anzeige der Mondphase. Zeitlos anmutend das 78,5 auf 22 auf 12 Zentimeter große Nußbaumholzgehäuse mit Wurzelholzapplikation. Der Preis: 2.571 Euro.
Die Bewegungen der Planeten zeigen sich im Kleinformat
Liebhaber astronomischer Zeitmesser kommen bei den Modellen der Tellurium-Serie auf ihre Kosten. Innerhalb eines Jahres veranschaulicht die Uhr den Umlauf der Erde um die Sonne, wobei sich die Erde alle 24 Stunden einmal um sich selbst dreht. Gleichzeitig umkreist der dreidimensional dargestellte Mond alle 29,5 Tage einmal die Weltkugel und dreht sich dabei um die eigene Achse, sodass von der stilisierten Erde aus die einzelnen Mondphasen zu erkennen sind. Die Erde durchläuft dabei die zwölf Tierkreiszeichen, die auf einem flachen Zifferblatt dargestellt sind. Das Herzstück der Uhr ist ein Acht-Tage-Westminster-Schlagwerk mit vier polierten Glocken und automatischer Nachtabschaltung. Die Tellurium kostet von 1.865 bis 7.000 Euro.
Ein mechanisches Langzeitgenie ist die Tischuhr mit der Referenz 22966-460352. Sie vermag neben der Zeit das Datum, Wochentag, Monat und Schaltjahr bis zum 1. März 2100 korrekt anzuzeigen. Das Gehäuse aus Makassar-Edelholz (36 mal 30 mal 21 Zentimeter) birgt ein mechanisches Glockenschlagwerk mit automatischer Nachtabschaltung und 11-steinigem Echappement. Dank der Seitenwände aus Glas zeigt es sich dem Betrachter unverstellt. Kosten: 6.106 Euro.
Doch nicht nur hierzulande versteht man sich auf die Produktion hochwertiger Wohnraumuhren. Die österreichische Firma Buben & Zörweg mit Sitz in Gröbming hat sich ursprünglich mit High-End-Uhrenbewegern unter Sammlern einen Namen gemacht und bietet nun ein eindrucksvolles Sortiment an komplizierten und kostbaren Zeitmessern im Großformat. 2005 eingeführt, verbinden die Fine Timepiece« traditionelle Uhrmacherwerte mit hoher handwerklicher Fertigungsqualität. "Aus vielen Gesprächen mit unseren Kunden erkannten wir, dass es einen Bedarf an exklusiven Tischuhren und Großuhren gibt, welche die Werte von Buben & Zörweg widerspiegeln", erläutert Harald Buben, der gemeinsam mit seinem Jugendfreund Christian Zörweg die Firma gründete. Innerhalb kürzester Zeit sei es gelungen, einen großen Kreis begeisterter Uhrenliebhaber anzusprechen. Als wichtigen Schritt sieht Buben die Entwicklung von Tourbillon-Großuhren, die das Streben nach Innovation unterstreiche und die gleichzeitig zur Tourbillonwelle bei den Armbanduhren erfolgt: das Single-Tourbillon im Jahr 2005, das Doppel-Tourbillon 2007 und das Orbit-Tourbillon im Jahr 2009.
Besondere Preziosen auf dem High-End-Segment
2012 interpretiert die Ellipse Grand Revers Extrême Double Tourbillon (limitiert auf zehn Exemplare) das Thema aufs Neue. Zwei unabhängig voneinander laufende Tourbillons, die mit einem Integralgetriebe verbunden sind, sorgen für eine hohe Präzision der Uhr. Wie der Modellname bereits andeutet, besitzt die Ellipse Grand Revers Extrême Double Tourbillon zwei Seiten, die einige der beliebtesten Indikationen von Armbanduhren besitzen – die der Mondphase, der Weltzeit und der Gangreserve. Außergewöhnlich die Verarbeitungsqualität und die kostbaren Materialien: 6.791 in Weißgold gefasste Edelsteine, Perlmutt und Gold sind darunter. Dadurch erklärt sich auch der stolze Preis von 425.000 Euro. Die Ellipse misst 285 auf 300 auf 130 Millimeter und hat als mechanischen Taktgeber ein 15-Tage-Uhrwerk von Erwin Sattler.
Seit 1928 lebt Jaeger-LeCoultres Atmos von Luft und Zeit. Die Kult-Pendule ist eine Erfindung des Neuenburger Ingenieurs Jean-Léon Reutter, die in der Manufaktur im Vallée de Joux über die Jahrzehnte hinweg weiterentwickelt wurde. Das geniale Konzept ihres Aufzuges beruht auf einer hermetisch verschlossenen Kapsel, die ein Gasgemisch enthält. Dieses Gemisch dehnt sich bei steigender Temperatur aus und zieht sich bei fallender Temperatur zusammen. Eine Feder, die der Bewegung folgt, zieht die Atmos permanent auf. Dabei reicht die Schwankung von einem Grad Celsius bereits, um der Pendule zwei Tage Gangreserve zu sichern. Ihre Ringunruh zeugt von beispielloser Sparsamkeit, denn sie vollführt nur zwei Halbschwingungen pro Minute und verbraucht so 250-mal weniger Energie als eine Armbanduhr, die im Durchschnitt 300 Schwünge pro Minute benötigt.
Neben dem einzigartigen Aufzugsprinzip besticht die aktuelle Atmos Marqueterie im Besonderen durch die handwerkliche Kunstfertigkeit ihres Gehäuses. Über 1.200 filigran ausgesägte Intarsien aus verschiedenen Holzsorten fügen sich zu einer aufwändigen Reproduktion von Gustav Klimts Der Kuss aus dem Jahre 1908 zusammen. Per Tastendruck öffnet sich das Gehäuse und gibt die Uhr, die eine Monats- und Mondphasenanzeige besitzt, frei. Letztere ist mit Brillanten verziert. Die Atmos Marqueterie ist auf zehn Modelle limitiert und kostet 95.000 Euro.
Wer bei so viel Exklusivität glaubt, dass Großuhren nur im High-End-Bereich zuhause wären, irrt. Seiko stellt beispielsweise mit der QHG038G eine Tischuhr mit Skelett-Werk und kleiner Sekunde vor. Das quarzgesteuerte Modell hat eine Dimension von 17 mal 14 mal 14 Zentimetern und kostet 449 Euro.
Bei Fans puristischer Zeitmesser außerordentlich beliebt sind die Armbanduhren von max bill by Junghans. Zu diesen inspiriert eine historische Wanduhr, die der Architekt, Maler, Bildhauer und Produktdesigner während seiner Zeit als Dozent an der Hochschule für Gestaltung Ulm gemeinsam mit seinen Studenten entworfen hat. Die logische Zifferblattgestaltung der kreisrunden Küchenuhr aus dem Jahr 1956 hat sie als Max-Bill-Wanduhr in die Designgeschichte eingehen lassen. Ihre klare und harmonisch proportionierte Gestaltung fließt nicht nur in die aktuelle Armbanduhrenkollektion ein, sondern dient aktuell auch einer Reihe von Tischuhren als Vorlage. Ihre Holzgehäuse messen 16,4 auf 17,4 Zentimeter und bergen Funkuhrwerke. Sie kosten zwischen 445 und 495 Euro.