Mit dem markanten Look der 1960er-Jahre lässt Certina die DS-2 originalgetreu wieder aufleben, stattet sie aber mit einem modernen Automatikkaliber, inklusive antimagnetischer Nivachronspirale, und einem Textilarmband aus, das dem angesagten wie notwendigen Nachhaltigkeitsgedanken folgt. Das wird getestet.
Dass Retro und Vintage noch immer angesagt sind, ist unbestritten. Um es gleich klarzustellen: Vintage ist tatsächlich alt, Retro tut nur so, lehnt sich aber an altes Design an. Die neue Certina DS-2 Powermatic 80 treibt es dabei auf die Spitze und kommt – zumindest äußerlich – ihrer Originalausgabe sehr, sehr nahe.In tonneauförmiger Gestalt, einer »an beiden Enden gekappten Ellipse«, wie es in der Produktpräsentation zur ersten DS-2 von 1968 dazu heißt, nimmt das 2022-er Edelstahlgehäuse den markanten Look der 1960er-Jahre wieder auf. Die DS-2 wurde damals als Nachfolgerin der erfolgreichen ersten DS, die 1959 auf den Markt kam, eingeführt.
Das tonneauförmige Gehäuse der Certina DS-2 Powermatic 80
Mit seinen sanften Ecken wirkt das etwa 38 mal 40 Millimeter große Gegenwartsgehäuse wie ein weiches Kissen, hat aber durchaus auch seine prägnanten Ecken und Kanten: zum Beispiel an den weit nach unten gezogenen Bandanstößen und den damit verbundenen Aussparungen am Monobloc-Gehäusekorpus; oder mit einem seitlichen Falz, der zwischen einer polierten Schräge nach oben und einer seitlichen satinierten Fläche trennt. Die flache Oberseite wiederum ist gebürstet, während die Bodenpartie komplett poliert daherkommt – einschließlich des Gewindeschraubeinsatzes mit Saphirglas. Das Saphirglas dürfte wohl die größte Abweichung vom Originaldesign sein, ersetzt es doch den beliebten, wenn auch geschlossenen Gehäuseboden mit dem markanten Schildkröten-Motiv. Certina hatte in den 1960er-Jahre das Reptil zu einem Markensymbol erkoren, steht dessen Panzer doch für Robustheit und Langlebigkeit – Eigenschaften, an denen sich auch die Schweizer Uhrenmarke ausrichten wollte. Schließlich basiert »Certina« auf dem lateinischen Wort »certus«, was so viel heißt wie »sicher«. Der Markenname wird 1939 offiziell registriert.»Doppelte Sicherheit« im modernen Umfeld
Certina unterstreicht das Ansinnen auf Sicherheit mit dem im Jahr 1959 vorgestellten DS-Konzept, das für »doppelte Sicherheit« steht. Sollte jemand heute die dafür symbolträchtige Schildkröte auf dem Gehäuseboden vermissen, bleibt die moderne DS-2 doch nicht nur ihrem Namen nach dem DS-Anspruch treu. Das Konzept steht 1959 für außerordentliche Widerstandsfähigkeit, die schon damals mit einem Gehäuse von 200 Metern Wasserdichtheit geboten wird. Diese gewährleistete auch bei der modernen DS-2 Powermatic 80 ein doppeltes Dichtungssystem der verschraubbaren Krone.Aber im Laufe der Jahre wurde das Konzept der doppelten Sicherheit stets den neuesten technischen Standards angepasst. So gesellt sich bei der neuesten DS-2 zur Druckfestigkeit von 20 Bar, die durch Schraubkrone und Schraubboden erreicht wird und nicht nur für Taucher relevant ist, sondern ganz allgemein etwas über die Qualität des Gehäuses aussagt, noch ein besonderer Magnetfeldschutz für das Uhrwerk. Das Uhrwerk selbst folgt dabei nicht der Vergangenheit, sondern ist mit dem Powermatic 80 eines der neuesten Generation und hinter dem Saphirglasboden gut zu sehen.
Das automatische Kaliber ist inzwischen ein weit verbreitetes, aber nur den Swatch Group-Marken vorbehaltenes Uhrwerk. Technisch basiert es auf dem Eta 2824 und kommt in zahlreichen Varianten und mit markenspezifischen Bezeichnungen daher. Mido nennt es Caliber 80, Hamilton H-10, Certina spricht dagegen ganz einfach vom Powermatic 80, jedoch mit interner Nummerierung, wie hier der 80.611.
Das Uhrwerk Powermatic 80 bei Certina
Wie es seine Bezeichnung sagt, bietet das Powermatic 80 eine beachtliche Gangautonomie von 80 Stunden. Um diese zu erreichen, genügte es nicht, die Frequenz einfach mal von vier auf drei Hertz herunterzusetzen, was bei manchen Uhrenfreunden zudem nicht gut ankommt. Einerseits wurde das Federhaus neu konzipiert, und andererseits eine rückerlose Unruh eingesetzt. Unter der schwingt im Powermatic-Kaliber 80.611 eine Nivachronspirale.Bei dieser handelt es sich um eine metallische Legierung auf Titanbasis mit magnetisch beständigen Eigenschaften. Sie reduziert die negativen Auswirkungen von Magnetismus auf das Uhrwerk, während eine Siliziumspirale komplett antimagnetisch ist. Der Unterschied äußert sich im Preis. Da die Herstellung einer Siliziumspirale ziemlich teuer ist, suchte die Swatch Group nach Alternativen, die ebenfalls Eigenschaften wie Unempfindlichkeit gegenüber Magnetfeldern, Temperaturschwankungen und Stößen mit sich bringen.Die Lösung wurde in Kooperation mit Audemars Piguet in der Nivachronspirale gefunden. Sie kam erstmals 2019 zum Einsatz, während das Powermatic 80 bereits im Jahre 2012 eingeführt wurde. Es gab also auch bei diesem jungen Uhrwerk schon einiges an Entwicklungen, die nun auch Marken in der Einstiegspreislage zugutekommen.
Certina stattet seit 2019 so gut wie alle Uhrwerke mit Nivachronspiralen aus und nutzt nach Aussage des Herstellers auch keine Varianten mit den umstrittenen Kunststoffteilen im Bereich der Hemmung. Die Nivachronspirale gehört heute ebenfalls zum DS-Konzept von Certina.Das Powermatic-Kaliber 80.611 kommt hinter dem Saphirglasboden der DS-2 weitestgehend unverziert zum Einsatz und läuft mit eher durchschnittlichen Werten, was aber für die Einstiegspreislage der Uhr durchaus in Ordnung geht. Den besten Eindruck macht die DS-2 am Handgelenk, wo sie im Mittel drei Sekunden am Tag zu schnell ist.In der Version 80.611 treibt das Powermatic-Kaliber drei Zeiger für Stunde, Minute und Zentralsekunde sowie ein Datum an. Dieses sitzt bei drei Uhr in einem silberfarben gerahmten Fenster. Mit leichtem Anlauf springt es bei laufender Uhr kurz vor Mitternacht in seine nächste Position und lässt sich zur Korrektur über die mittlere Kronenstellung schnellschalten. Die sekundengenaue Einstellung der Zeit funktioniert sicher und geschmeidig und ohne Zeigerspiel bei gezogener Krone. Das Bedienteil mit historischem Doppel-C-Logo zeigt sich auch bei der Wiederverschraubung gefällig.
Nicht nur das Doppel-C-Logo unterstreicht den Retro-Stil
Das historische Doppel-C-Logo findet sich auch auf dem Zifferblatt unterhalb der Zwölf-Uhr-Position wieder. Das Zifferblatt gibt es klassisch silbern mit Sonnenschliff, welches den Retro-Charakter der DS-2 wohl am ausdrucksstärksten unterstreicht, aber auch in den Sonnenschliff-Versionen Schwarz und Blau sowie in einer schwarz lackierten Ausführung.Den Retro-Auftritt hebt zudem das hoch gewölbte Saphirglas in sogenannter Boxform hervor. Es sorgt dafür, dass sich bei flachem Blickwinkel auf das Zifferblatt die facettierten Index-Appliken retrostilgerecht leicht verzerren. Die der originalen DS-2 ebenfalls sehr ähnlich sehenden flachen, balkenartigen Hauptzeiger leuchten bei Dunkelheit zusammen mit den Stundenmarkern und einer kleinen Spitze am Ende des zentralen Sekundenzeigers. Der herrliche Blauton lässt dabei die Gedanken nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Ferne schweifen.
Und immer dabei – die DS-2 Powermatic 80, die zu all dem auch noch mit einem besonderen Textilband am Handgelenk befestigt wird. Es wird vom Certina-Partner #tide ocean material® gefertigt. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern der Ostschweizer Fachhochschule OST ist eine preisgekrönte Methode entwickelt worden, bei der Plastikmüll aus den Meeren in einem mechanischen Upcycling-Prozess verarbeitet wird. Das Ergebnis ist ein erstaunlich hochwertiges, robustes, aber dennoch bewegliches Textilarmband. Es wirkt in einem Grau-Schwarz oder Dunkelblau sportlich, ja sogar ein bisschen elegant und hält – zusammen mit dem ergonomisch geformten Gehäusehauptteil, an dem es weit unten ansetzt, – die DS-2 Powermatic 80 sehr harmonisch am Handgelenk. Über ein schlichtes und gut zu handhabendes Bandschnellwechselsytem mithilfe von Stiften in den Federstegen lässt es sich unkompliziert gegen ein ebenfalls hochwertiges Milanaisearmband austauschen.