Die Uhrenreise Schwarzwald ist ein echtes Erlebnis für Mechanik-Fans. Seit 2018 besuchen wir jedes Jahr im Juli nicht nur wichtige Hersteller in dieser traditionsreichen Uhrmacherregion, sondern auch spannende Uhren- und Automuseen.
Station #1 der Uhrenreise Schwarzwald: Deutsches Uhrenmuseum
Die vom 18. bis zum 20. Juli stattfindende Reise startete in einem Hotel nahe dem Stuttgarter Flughafen, von wo aus uns ein komfortabler Kleinbus zum Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen brachte. In der beeindruckenden Ausstellung präsentiert die Universität Furtwangen einen Querschnitt durch die Geschichte der Schwarzwälder Uhrenfertigung: Von frühen Turmuhren über Schilder-, Kuckucks- und Armbanduhren bis hin zur Atomuhr ist hier alles vertreten, was die Zeitmessung der letzten rund vier Jahrhunderte geprägt hat.
Abgerundet wird die einmalige Sammlung durch Astrolabien, Orchestrien und andere Musikuhren sowie die Nachbildung einer historischen Uhrmacherwerkstatt. Der Besuch des Deutschen Uhrenmuseums bildete eine gelungene Einstimmung auf die kommenden drei Tage, in denen die neun Reiseteilnehmer tiefe Einblicke in die Arbeit ganz unterschiedlich aufgestellter Uhrenmarken gewinnen konnten.
Station #2 der Uhrenreise Schwarzwald: Hanhart
Nach einem Mittagessen in Furtwangen mit angeregten Gesprächen fuhren wir ins nahe gelegene Gütenbach, wo der Stoppuhren- und Chronographenspezialist Hanhart seit fast 90 Jahren seinen Hauptsitz hat. Was viele nicht wissen: Das deutsche Unternehmen war 1882 im schweizerischen Diessenhofen als Uhrengeschäft gegründet worden und erst später in den Schwarzwald gezogen.
In Gütenbach staunten die Reiseteilnehmer über die historischen Maschinen, die in der Komponentenfertigung für Hanhart-Stoppuhren zum Einsatz kommen. Diese Uhrengattung war es, die Hanhart über verschiedene Krisen rettete und auch heute noch ein wichtiges Standbein des Unternehmens bildet. Im Armbanduhren-Atelier geht es schon moderner zu. Hier fertigt ein kleines, junges Team die meist im Fliegeruhren-Stil gehaltenen Armbanduhren, mit denen Hanhart während der letzten Jahre immer erfolgreicher wird. Diese waren dann auch die Stars der folgenden Produktvorlage, bei der sich schnell Favoriten - und auch Kaufabsichten - herauskristallisierten.
Nach der ungewöhnlich langen Produktvorlage, bei der wir alle aktuellen Hanhart-Uhren ausführlich begutachten und an den Arm legen konnten, ging es zum gemütlichen Gasthof Drei Könige in Sulgen nahe der Junghans-Stadt Schramberg. Hier nächtigte unsere kleine Gruppe aus Uhrensammlern, Mechanik-Fans während der dreitägigen Reise und hier wurden am ersten Abend bei einem schwäbisch-üppigen Menü lange, angeregte Gespräche über die Eindrücke des ersten Tages ausgetauscht.
Station #3 der Uhrenreise Schwarzwald: Junghans
Junghans ist die Schwarzwälder Uhrenmarke schlechthin. 1861 - damals noch als Strohwarenfabrik - gegründet, hat das spätere Uhr-Unternehmen die Stadt Schramberg und die Uhrenfertigung im Schwarzwald stark geprägt und für die Entstehung eines großen Lieferantennetzwerks gesorgt. Diese Geschichte, aber auch die Schwarzwälder Uhrenhistorie im Allgemeinen ist eindrucksvoll im Terrassenbau-Museum auf dem Junghans-Gelände dargestellt. Hier begrüßten uns die Firmeninhaber Dr. Hans-Jochem Steim und sein Sohn Hannes Steim, die Junghans 2009 aus der Insolvenz retteten und wirtschaftlich wieder auf einen gesunden Weg brachten.
Nach der Führung durch das Terrassenbau-Museum gab uns Brand Manager Thomas Fiedler Einblicke in die Uhrenfertigung bei Junghans. Unter Reinraumbedingungen werden von einem ausschließlich weiblichen Team Mechanik- und Quarzuhren hergestellt. Bei Letzteren kann Junghans zahlreiche eigene Entwicklungen in der Funk- und Solartechnik vorweisen, die für Langlebigkeit und Präzision sorgen.
Wie gut eine Uhrenreise auch geplant ist - es gibt durchaus Raum für Überraschungen: Als spontane Draufgabe auf das geplante Programm gab uns Dr. Hans-Jochem Steim noch eine Führung durch das in seinem Besitz befindliche Gut Berneck. Dieses 1911 von Arthur Junghans am Hang über Schramberg erbaute Wohnhaus diente während der letzten Jahre verschiedenen Zwecken und soll nun in Windeseile renoviert und schon am 10. September feierlich wiedereröffnet werden.
Station #4 der Uhrenreise Schwarzwald: Lehmann
Den Nachmittag des zweiten Reisetages verbrachten wir bei der Uhrenmarke Lehmann und dem Mutterunternehmen Lehmann Präzision im nahe gelegenen Hardt. Hier produziert Markus Lehmann mit beeindruckender Fertigungstiefe eine kleine, feine Uhrenkollektion, die sich durch ungewöhnliche technische wie gestalterische Lösungen auszeichnet.
Gehäuse, Zifferblätter, Zeiger, Indexe, tragende Werkteile und sogar die Faltschließen der Uhren entstehen im eigenen Haus, darüber hinaus hat Lehmann vor einiger Zeit eine eigene Galvanikabteilung aufgebaut, um Komponenten wie Zifferblätter in der gewünschten Qualität einfärben zu können. Mikrogravuren, die auf Maschinen von Lehmann Präzision ausgeführt werden, zieren Werkoberflächen und ausgewählte Zifferblätter.
Bei der anschließenden Begutachtung der Kollektion tätigte einer der Besucher einen lange geplanten Kauf: Seit seiner Teilnahme an unserer allerersten Uhrenreise Schwarzwald im Jahr 2018 war er mit dem Erwerb einer Lehmann-Uhr schwanger gegangen - und schlug nun, fünf Jahre später, endlich zu. Diesen Kauf und die spannenden Momente des zweiten Reisetages feierten wir gebührend bei einem gemeinsamen Abendessen in lauer Sommerluft auf der Terrasse eines Schramberger Lokals.
Station #5 der Uhrenreise Schwarzwald: Autosammlung Steim
Um die vielen uhrmacherischen Eindrücke der ersten beiden Tage etwas aufzulockern, besuchten wir am Vormittag des dritten Tages die museal aufbereitete Autosammlung der Junghans-Inhaberfamilie Steim. In dem modernen zweistöckigen Bau präsentiert sich alles, was Räder hat - vom Oldtimer über den Formel-1-Rennwagen bis hin zu Feuerwehrfahrzeugen aus verschiedenen Epochen.Station #6 der Uhrenreise Schwarzwald: Matthias Naeschke
Danach ging es ins Städtchen Haigerloch, wo Matthias Naeschke und sein Sohn Sebastian im ehemaligen Gasthof Rose die Großuhrenmanufaktur Matthias Naeschke betreiben. Hier entstehen Wand-, Stand- und Tischuhren in Handarbeit, und die Uhrengehäuse werden von der hauseigenen Schreinerin gefertigt. Eine Spezialität des ausgebildeten Musikers sind Flötenuhren, die zur vollen Stunde oder auf Abruf per Stiftwalze und verschieden gestimmte Pfeifen wechselnde Melodien spielen.
Die Großuhrenmanufaktur stand erstmals auf dem Programm unserer Uhrenreise Schwarzwald und bildete eine spannende Abwechslung zu den bekannteren Armbanduhrenherstellern. Hier trafen wir auf eine ganz eigene Welt aus kleinen Automatenfiguren, Mozartklängen und bedächtig schwingenden Pendeln. Spannung und Entspannung zugleich machten sich bei der Gruppe bemerkbar, die in den vergangenen Tagen schon so viel über den Uhrenbau im Schwarzwald erfahren hatte.
Mit diesen Eindrücken geht eine Uhrenreise zu Ende, die bei ihren Teilnehmern - und den begleitenden Redaktionsmitgliedern - immer wieder für Überraschung gesorgt hat. Überraschung über die Fertigungstiefe mancher Marken, über so manche Anekdote aus ihren Firmengeschichten und über das Maß an Handarbeit, das in den verschiedenen Produkten steckt.