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Uhren-Werke-Dresden: Mechanische Uhrwerke aus Sachsen

Uhren-Werke-Dresden: Erstes Uhrwerk aus Neusilber
© PR
Marco Lang ist schwer beschäftigt. Ständig saust er die drei Kilometer zwischen seiner ersten Uhrenmanufaktur, Lange & Heyne, und dem neuen Unternehmen unter seiner Führung, die Uhren-Werke-Dresden (UWD), hin und her. »Die können uns bald eine eigene Straße bauen«, scherzt er. Selbst wenn man mit ihm telefoniert, kriecht die ihn umgebende Betriebsamkeit förmlich durch die Leitung: Im Hintergrund summt und klingelt es, offenbar wollen viele Menschen mit Lang viele dringende Angelegenheiten besprechen.
Uhren-Werke-Dresden: Firmengelände © PR
Während es mittlerweile fast überall Usus ist, auf die Auslieferung der Anfang des Jahres auf den beiden großen Schweizer Uhrenmessen als Prototypen vorgestellten neuen Modelle bis Weihnachten warten zu müssen, hat Lang in zwei Jahren nicht nur ein neues Kaliber entwickelt, sondern auch noch gleich die dazugehörige Produktionsstätte mit aufgebaut. So sind die ersten Uhrwerke des neuen Kalibers 33.1 auch bereits an die Kunden ausgeiefert, also an Uhrenmanufakturen, die daraus Zeitmesser der mittleren Luxusklasse bauen. Im Dresdner Stadtteil Ullersdorf hat Lang eine alte Mühle, die zuvor eine Gastwirtschaft war, restaurieren lassen und ist schon währenddessen mit einem kleinen Maschinenpark für die Teileherstellung eingezogen. »Wir mussten alles mit Plastikplanen abdecken, um die Anlagen vor dem Baustaub zu schützen.«
Marco Lang: Gründer der Uhren-Werke-Dresden © PR
Ach ja, 20 Mitarbeiter hat er auch noch eingestellt − und weil er schon einmal dabei war, die Zahl der Mitarbeiter bei Lang & Heyne gleich noch von acht auf zwölf aufgestockt. Das alles erzählt Lang in blendender Laune. »Dieses Unternehmertum, also alles aufbauen und für alles zuständig sein, ist voll mein Ding«, stellt der 44-Jährige fest.

Die Uhrenproduktion bei Lang & Heyne

Mit der UWD hebt der gelernte Uhrmacher und Konstrukteur sein Schaffen auf eine neue Stufe. Die Manufaktur Lang & Heyne, die er 2001 gegründet hat, fertigt jährlich etwa 50 Uhren im Luxussegment. Das Einsteigermodell aus Stahl kostet um die 20.000 Euro und für die Augustus mit acht Komplikationen muss der Uhrenfan stolze 150.000 Euro auf den Tisch legen.
Uhren-Werke-Dresden: Firmengebäude von Innen © PR
Dafür bekommt er Uhrmacherkunst vom Feinsten, voll und ganz der Tradition der sächsischen Taschenuhr des 19. Jahrhunderts verpflichtet − verschraubte Goldchatons, gebläute Schrauben, klassische Schwanenhalsfeinregulierung, Räder in 14-karätigem Gold, alles fein geschliffen, angliert, poliert – eben das ganze Programm. Die sechs Werke von Lang & Heyne hat Marco Lang selbst konstruiert. Neue Techniken wie auch Gestaltungen werden mit dem ganzen Team leidenschaftlich diskutiert. Überhaupt spürt man die sehr familiäre, freundschaftliche Stimmung bei allen Mitarbeitern.

Uhren-Werke-Dresden – Uhrwerke aus Sachsen

Sein Konzept von der Wiederbelebung der sächsischen Traditionsuhr geht also auf. Allerdings ist es schwer, mit 50 Uhren im Jahr auf Dauer zu überleben. Externe Uhrenunternehmen fragen immer mal wieder an, ob Marco Lang etwas für sie entwickeln kann. Aber er möchte seine Energie nicht im Dienste anderer verzetteln. So war es ein Glücksfall, dass Lang einen Münchner Investor kennenlernte, der ein großer Uhrenfan war und sein Geld gerne in ein Uhrenunternehmen stecken wollte. Zusammen mit zwei Mitgesellschaftern gründeten Professor Ulrich Rohde und Marco Lang 2013 eine Holding, die Tempus Arte Gruppe, in die Lang die Manufaktur Lang & Heyne einbrachte. Als Tochtergesellschaft wurde die UWD aus der Taufe gehoben, mit dem Ziel, Lieferant hochwertiger Uhrwerke und Teile zu werden.
Friedrich II, Einsteigermodell bei Lang & Heyne © PR
Ein ehrgeiziges Unterfangen, das in Deutschland seit dem Untergang der Uhrenindustrie in der Quarzkrise noch keiner gewagt hat. Lang schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Die UWD stellt auch eine Art verlängerte Werkbank für Lang & Heyne dar. So kann die Manufaktur ihren Ausstoß erhöhen, ohne auf Qualität verzichten zu müssen. Es passt zu Langs Stil, dass die UWD nicht in einem gesichtslosen Industrieflachbau untergebracht ist, so wie das viele Schweizer Manufakturen praktizieren, obwohl gerade diese Firmen sich häufig mit einer langen Historie schmücken können. Lang selbst kreiert eine Geschichte mit der alten Mühle, in der die UWD residiert: Auf poliertem Eichenparkett, beleuchtet von Kristalllüstern, stehen die CNC-Maschinen. »Für die schweren Maschinen mussten wir extra neue Decken einziehen lassen«, erklärt Lang.
Die Werke, die hier entstehen, entstammen aber ganz und gar der Neuzeit. »Ich bin richtig stolz darauf, bei dem neuen Kaliber einen ganz anderen Ansatz verwirklicht zu haben«, erklärt Lang, der sich sonst eher bescheiden gibt. Das Kaliber 33.1 für eine Dreizeigeruhr ist ganz aus Neusilber gearbeitet. Die UWD verwendet eine moderne Legierung namens ARCAP, die sehr hell wirkt und nicht den leicht gelblichen Schimmer älterer Werke aus Neusilber zeigt. »Wir stellen überhaupt kein Teil mehr aus Messing her. Neusilber ist viel härter und daher haltbarer«, erklärt Lang. Die Größe des Werks sei mit 33 Millimetern im Durchmesser optimal an den aktuellen Trend zu Modellen mit Gehäusedurchmessern von 39 bis 44 Millimetern angepasst. Die Unruh ist verglichen mit anderen Werken relativ groß. Das Federhaus ist einseitig gelagert, also fliegend, und spart damit Bauhöhe: Nur vier Millimeter ist das Kaliber hoch, nicht ultraflach, aber für die solide Bauweise doch eine Leistung. Reguliert wird das Werk über Exzentergewichte am Unruhreifen, den Lang aber zusätzlich mit einem Rücker versehen hat. »Damit ist die Regulierung unkomplizierter, vor allem später beim Service«, lautet seine Begründung. Das Werk sieht bei der fertigen Uhr eine kleine Sekunde bei sechs Uhr vor, kann aber einfach auf eine Zentralsekunde umgerüstet werden.

Deutsches Manufakturwerk statt Schweizer Standardwerk

Uhren-Werke-Dresden: Grundplatine © PR
Dem Werk sieht man auf den ersten Blick an, dass es eine besondere Kreation ist: Auf der hochgezogenen Grundplatine ist das Werk mit den Rädern geöffnet, die fein geformten Kloben sind zweifach verstiftet. Auch wenn die UWD praktisch alle Teile bis auf Steine, Unruhspirale und Zifferblätter selbst fertigt, geht die Produktion in Richtung industrieller Fertigung, aber mit Merkmalen der Manufakturherstellung. Rund 2.000 Stück sollen bis Ende 2015 fertig gestellt sein. »Jeder kann die Werke kaufen, egal ob er zwei oder zweihundert Stück ordert«, sagt Lang. Natürlich habe er bereits vor Beginn der Fertigung zukünftige Kunden an der Angel gehabt. »Es gibt ja viele kleine, feine Uhrenhersteller, die nicht unbedingt nur auf Schweizer Werke zurückgreifen wollen.« Das UWD-Kaliber ist für Uhren in der Preisklasse um die 8.000 Euro gedacht.
Uhren-Werke-Dresden: Minutenrohr © PR
Das Konzept klingt stimmig, denn bekanntermaßen haben es ja gerade neue Uhrenhersteller schwer, von der Eta in den erlauchten Kreis der Kunden aufgenommen zu werden, zumal wenn sie nicht aus der Schweiz stammen. Natürlich ist das kleine Sachsen noch keine Gefahr für die große Uhrennation, »aber die Uhren ›Made in Germany‹ genießen mittlerweile wieder einen hervorragenden internationalen Ruf«, sagt Marco Lang. Als Nomos Glashütte sich 2014 in der Werkeherstellung erfolgreich von der Schweiz unabhängig gemacht hat, wurde die Geschichte des Uhrenstandorts im Osten Deutschlands wiederbelebt. Die Uhren-Werke-Dresden werden bestimmt ihren Teil dazu beitragen, diese Entwicklung weiter voran zu treiben. Text: Katrin Nikolaus

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