12 Journalisten waren kürzlich bei Panerai in München zu Gast. Anlass: Eine "Watchmaking Class", also ein Uhrmacherworkshop. Die Aufregung war im ganzen Raum zu spüren. Zwar schreiben meine elf Mitstreiter und ich täglich über Uhren, aber die Möglichkeit ein Uhrwerk einmal selbst zu demontieren und wieder zusammenzusetzen, ergibt sich auch für uns nicht alle Tage. "Ich hab schon ein bisschen Angst, mich zu blamieren", gab jemand zu. Doch die Profis versicherten uns: Das schafft jeder. Erst am Tag zuvor hatten sich ausgewählte Boutique-Kunden an der Fingerübung versucht – und das mit Erfolg.
Dann ging es endlich los. Jeder suchte sich einen Werktisch aus, die richtigen Uhrmachertischen nicht unähnlich sahen. Es erfolgte eine erste Bestandsaufnahme: drei Schraubendreher, eine Pinzette aus Stahl und eine Buchette aus Plastik. Das ist ein längeres Stäbchen, das am einen Ende geformt ist, wie ein Schlitzschraubendreher, das andere läuft wie bei einer Nadel spitz zu. Wie praktisch vor allem dieses Werkzeug ist, sollte ich schon bald erfahren. Daneben befand sich eine Halterung für das Uhrwerk – und natürlich das Uhrwerk selbst auf einem Uhrmacher-Schälchen, geschützt von einer Glasglocke. An einer kleinen Lampe hing die Uhrmacherlupe.
Stéphane Schuler von der Fondation de la Haute Horlogerie (FHH) hieß uns willkommen. Die FHH wurde 2005 von der Richemont Group, Audemars Piguet und Girard-Perregaux gegründet, und setzt sich für die Belange des historischen Erbes der hohen Uhrmacherkunst ein. Schuler ist Berater und Trainer der Stiftung und hat unter anderem schon als Produktmanager für Piaget gearbeitet. Beim Seminar in München unterstützen ihn zwei Panerai-Uhrmacher, direkt aus der Schweiz. Nur 15 Minuten Theorie sollte es geben, "danach sind Sie dran", schmunzelte Schuler.
Ob es mit der (De-)Montage des Uhrwerks geklappt hat? Lesen Sie es auf der 2. Seite.
Das Übungsstück war das Unitas-Handaufzugswerk 6497-1. Dieses wird, leicht modifiziert, auch heute noch in zwei Panerai-Uhren verbaut. Nach einer kurzen Einführung zu Form und Funktion von Federhaus, Räderwerk, Hemmung und Unruh sowie Aufzugswelle und Zeiger führte Stéphane Schuler uns Schritt für Schritt durch die Demontage des Uhrwerks. Anfangs gingen wir zögerlich ans Werk, doch schon bald wurde getuschelt, gelacht und ja, manchmal auch geflucht. Nach einer Stunde hatten wir es dann alle geschafft: Das Uhrwerk lag in seinen 78 Einzelteilen vor uns.
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Nach einer kurzen Stärkung ging es nun an die wahre Herausforderung: die Montage des Uhrwerks. Doch auch dieses Mal half die Schritt-für-Schritt-Anleitung von Stéphane Schuler und mit Unterstützung und aufmunternden Worten der Uhrmacher fand jede Feder und jedes Schräubchen nach und nach an seinen Platz zurück. Als schließlich die Unruhen wieder zu schwingen begannen, waren die Jubelrufe kaum zu bremsen. "Im nächsten Leben werde ich Uhrmacher!" lachte ein Journalist.
Und auch wenn da vielleicht der Übermut aus ihm sprach, so hat dieser kleine Workshop doch allen noch einmal vor Augen geführt, welch' faszinierende und hoch komplexe Arbeit jeder Uhrmacher leistet. Unsere Hochachtung ist noch einmal gestiegen und von nun an bereitet es noch mehr Freude, über mechanische Uhren schreiben zu dürfen. Vor allem aber weiß nun jeder die eigene mechanische Uhr am Handgelenk noch mehr zu schätzen.
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