Eine demolierte Taschenuhr steht am Anfang von Stefan Musers Sammler-Karriere. Damals war er acht Jahre alt, doch sein Vater hatte ihn schon mit der Leidenschaft für Zeitmesser angesteckt. "Ich bin umgeben von Uhren aufgewachsen", sagt der Besitzer und Chef des Auktionshauses Dr. Crott in Mannheim heute. Da verwundert es nicht, dass Muser beruflich heute dort steht, wo er steht.
Uhrmacher ist er allerdings trotzdem nicht geworden. "Aus heutiger Sicht muss ich sagen: leider nicht", meint Muser. "Wenn ich noch einmal von vorne anfangen könnte, würde ich über die Uhrmacherei in den Beruf einsteigen." Doch auch als Betriebswirtschaftler hat er es in der Branche weit gebracht. Sein Auktionshaus Dr. Crott ist eine der Adressen überhaupt für den Handel mit historischen Uhren, seien es kunsthandwerkliche Preziosen oder Klassiker großer Marken.
Musers Lieblingsuhr? "Eine Patek sollte es schon sein."
Keine Frage, dass Muser auch persönlich eine Vorliebe für exquisite Zeitmesser pflegt. Gefragt nach seiner Lieblingsuhr antwortet er denn: "Da gibt es sogar zwei, aber eine Patek sollte es schon sein. Meine Lieblingsuhren sind das Tourbillon 5101 und sozusagen für jeden Tag die Nautilus 5980." Und was genau macht diese Uhren aus? "Für mich ist es immer die Kombination aus Design und Technik, die stimmen muss. Und das Design muss klassisch sein", erklärt Muser. So findet er den 70er-Jahre-Stil der Patek Philippe Nautilus in Verbindung mit einem Chronographenmechanismus schlicht "unschlagbar". Das Tourbillon 5101 dagegen hat Musers Zuneigung mit Zurückhaltung gewonnen: "Man sieht ihm nicht auf Anhieb an, dass es ein Tourbillon ist. Von vorne zeigt es schlichtes 40er-Jahre-Design", sagt er. "Die Idee finde ich wirklich klasse und sehr gewagt. Die meisten Uhren tragen ja heute ihr Tourbillon auf dem Zifferblatt zur Schau.""Die Liste der Uhren, die ich als Junge unsachgemäß geöffnet habe, ist lang."
Dass er die verborgenen Werte einer Uhr schätzt, bekommt einst auch die eingangs erwähnte Taschenuhr zu spüren. Muser, wie gesagt zu diesem Zeitpunkt acht Jahre alt, entdeckt sie auf dem Flohmarkt und kauft sie von seinem Gesparten. "Ich war riesig stolz darauf", erzählt er heute, "bis ich dann bemerkt habe, dass die Unruh und die ganze Hemmungsgruppe fehlt.« Wie, bemerkt? "Natürlich habe ich sie aufgemacht. Die Liste der Uhren, die ich als Junge unsachgemäß geöffnet habe, ist lang." Der Entwicklung zum Sammler hat dies offensichtlich nicht geschadet. Neben den beiden Lieblingen nennt Muser eine Reihe weiterer Uhren sein Eigen. Doch er hat sich auch gesunde Distanz zum Thema bewahrt. "Im Urlaub zum Beispiel verzichte ich auf Handy und Uhr. Wenn der Urlaub dann aber vorbei ist, freue ich mich auch wieder auf meine Uhren – es geht ja nicht allein um die Zeitanzeige, sondern auch darum, eine schöne Uhr am Arm zu haben." Diese Haltung trägt auch in Stefan Musers Familie Früchte: Lebensgefährtin Steffi Pflästerer ist Co-Auktionatorin und Co-Spezialistin bei Dr. Crott, dem Sohn steht zwar noch das Abitur bevor, er interessiert sich aber für Uhren. Und die Tochter lernt bereits Uhrmacherin.Protokoll: Gwendolyn Benda
Die "Lieblingsuhr" ist eine Artikelserie des UHREN-MAGAZINS über Persönlichkeiten mit besonderem Bezug zur mechanischen Uhr. Worin liegt die Faszination der Mechanik? Wie kommt man überhaupt dazu, sich mit mechanischen Uhren auseinanderzusetzen? Welche ist die Lieblingsuhr dieser Person? Um diese – und manchmal auch völlig andere – Themen drehen sich die Gespräche.