Meine Lieblingsuhr? Das ist schwierig, da ein bestimmtes Modell zu benennen. Es sind eher zwei Arten von Uhren, die ich besonders mag. Zum einen Modelle, die an Marine-Chronometer erinnern, wie die Langematik von 2005 oder die Wempe Chronometerwerke, die ich mir erst kürzlich gekauft habe. Und dann die Chronographen mit Pulsometer-Skala – etwa eine frühe Variante der 1815 von A. Lange & Söhne, die Referenz 5170 von Patek Philippe und natürlich die Museum 10 von Omega. Sie gehört übrigens seit nicht allzu langer Zeit zu meiner Sammlung.
Dazu muss man wissen: Ich habe von 1991 bis 2000 als Herzchirurg gearbeitet, drei Jahre davon in den USA. Während dieser Zeit war ich täglich bei bis zu fünf Operationen am offenen Herzen dabei. Bei allen Bypass-Operationen ist das Timing ein kritischer Punkt. Heutzutage gibt es hochentwickelte Geräte, um den Zustand des Patienten zu kontrollieren – ich habe sehr großen Respekt vor den Ärzten in der Vergangenheit, die sich ganz auf die Pulsometer verlassen mussten. Im Jahr 2000 kehrte ich dann aus den USA zurück nach Shanghai, ursprünglich um dort diverse medizinische Projekte zu realisieren. Diese ließen sich aber aus verschiedenen Gründen nicht umsetzen, und so wechselte ich ins Verlagsgeschäft. Alles fing mit einer Automobil-Zeitschrift an, die aus der Kooperation eines Shanghaier Verlages mit Gruner + Jahr hervorging. Später brachte ich beispielsweise das Mercedes- und das BMW-Magazin auf den chinesischen Markt.
Kindheitserfahrungen mit Uhren
Uhren haben mich schon in meiner Kindheit fasziniert – wahrscheinlich faszinieren sie einfach jeden Jungen. Als ich noch zur Grundschule ging, habe ich sogar einmal versucht, die Uhr meines Vaters zu öffnen. Das endete aber in einem Schlamassel: Ich richtete einigen Schaden an den Einzelteilen an, und die Uhr wanderte in die Schublade – dort liegt sie bis auf den heutigen Tag. Wahrscheinlich ist es also am besten so, dass ich mich nun als Journalist mit Uhren beschäftige. In diesem Beruf habe ich nicht nur Einblick in die Mechanik, sondern auch den ständigen Vergleich zwischen China und Europa.
Einblicke in den europäischen und chinesischen Uhrenmarkt
Denn Chronos China ist die chinesische Uhren-Zeitschrift des Ebner Verlags und adaptiert als solche auch Artikel aus dem UHREN-MAGAZIN. Beide Märkte haben eines gemeinsam: Hier wie dort legen die Kunden Wert darauf, schöne Uhren zu einem vertretbaren Preis angeboten zu bekommen. Doch der chinesische Markt orientiert sich viel stärker an Marken, während für die Europäer das Produkt an sich im Mittelpunkt steht. Allerdings wird sich China schon in der nahen Zukunft an Europa angleichen. Seit zwei Jahren beobachten wir, dass immer weniger Europa-Reisende Uhren als Geschenke mit nach China bringen – etwa weil die Steuern nach und nach gesenkt werden. Damit verliert die Uhr ihren Stellenwert als Vorzeige-Objekt, die Käufer werden sich künftig stärker mit der Uhr selbst auseinandersetzen. Doch im Moment sind in China noch Goldmodelle mit flachen, runden Gehäusen besonders beliebt, dazu ein Metallband, ein Zifferblatt in hellen Farben, einfache Funktionen – und natürlich: ein bekannter Name muss es sein.
Protokoll: Gwendolyn Benda
Die "Lieblingsuhr" ist eine Artikelserie des UHREN-MAGAZINS über Persönlichkeiten mit besonderem Bezug zur mechanischen Uhr. Worin liegt die Faszination der Mechanik? Wie kommt man überhaupt dazu, sich mit mechanischen Uhren auseinanderzusetzen? Welche ist die Lieblingsuhr dieser Person? Um diese – und manchmal auch völlig andere – Themen drehen sich die Gespräche.