In Sachen Uhren ist guter Rat teuer. Erst recht, wenn man Uhrenexperten fragt, welchen Zeitmesser man sich denn zulegen sollte. Dabei ist es egal, ob man sich nach einer neuen oder einer Vintage-Uhr erkundigt. In der Regel liegen die Empfehlungen der Experten und passionierten Uhrensammler in Preiskategorien von mehreren tausend Euro. Die häufigsten Empfehlungen dürften dabei Luxusuhren von Rolex, Patek Philippe & Co sein – nicht zuletzt wegen ihrer hohen Wertstabilität und Wertsteigerung. Doch nicht jeder kann und will sich Uhren für einen so hohen Preis leisten. Insbesondere dann nicht, wenn er als Sammler gerade am Anfang steht.
Während in Uhrenkreisen Zeitmesser um die 1.000 Euro noch als günstig und vermeintlich unterste Grenze für eine gute Armbanduhr gelten, möchte ich mit diesem Artikel die Preisgrenze für den beginnenden Sammler auf ein wesentlich angenehmeres Maß herabsetzen. Ich möchte einige Uhrenmodelle empfehlen, mit denen ich meine Sammlung vor Jahren begonnen habe. Diese Armbanduhren liegen allesamt unter einem Preis von 500 Euro. Ja, sogar unter 300 Euro. Und die eine oder andere ist mit etwas Geduld und Glück unter 100 Euro zu haben. Dabei muss man nicht einmal auf einen bekannte Markennamen, Renommee oder ein schönes Uhrwerk verzichten: Ich spreche hier von Vintage-Modellen mit Charme und echter Retro-Optik von Omega, Tissot und der meiner Ansicht nach stark unterschätzen Uhrenmarke Seiko.
Und noch ein Argument für diese günstigen Vintage-Modelle: Auch sie haben in den letzten Jahren nicht an Wert verloren. Im Gegenteil – ich konnte bei allen eine Wertsteigerung verzeichnen. Nach meiner Einschätzung sind Vintage-Uhren ohnehin die besseren Sparbücher und Aktien.
Zurück aber zu unseren Einsteiger-Uhren. Was die Werke angeht, so ist alles vertreten: vom Handaufzug, über Quarz bis hin zur Automatik. Eine der Armbanduhren hat sogar eine Komplikation: einen mechanischen Wecker. Und einige Werke, beziehungsweise einige Werkteile, sind rotvergoldet und besonders schön anzuschauen – doch dazu später mehr. Die Uhren und Modelltipps in diesem Artikel sollen in erster Linie als Inspiration und Ermunterung dienen, den Anfang für eine Sammlung zu wagen – ohne gleich zu große Summen auszugeben und ein zu großes Risiko beim Kauf einzugehen. Jeder fängt mal klein an. Und das Sammeln alter Uhren geht immer mit dem Sammeln von Erfahrungen einher. Und unter uns: Auch die sollte man nicht teuer bezahlen.
Fangen wir also mit der ersten Empfehlung an:
Uhren für Einsteiger Tipp #1: Omega Seamaster (Quarz)
Diese Armbanduhr von Omega gibt es in vielen Variationen. Und es muss auch nicht unbedingt eine Seamaster sein. Es bieten sich ebenso die Modellreihen Geneve, Constellation und De Ville von Omega an. Je nach Geschmack und Portemonnaie. Mir persönlich gefallen die Seamaster-Modelle am besten. Also habe ich vor einigen Jahren diese beiden Uhren mit Lederarmband und klassischem Design von Omega aus den 70er- und 80er-Jahren ersteigert:
Die beiden Uhren habe ich damals noch unter 100 Euro bekommen. Die heutige Preislage dürfte im Schnitt bei rund 200 bis 300 Euro liegen. Das sind immer noch vernünftige Preise für eine Vintage-Uhr von Omega.
Die mechanischen Modelle sind in der Regel teurer – und nicht minder empfehlenswert. Im Gegenteil.
Tipp zum Kauf: Immer einen Blick auf den Zustand des Werks werfen beziehungsweise ein Foto zusenden lassen, wenn sie die Uhr online kaufen wollen. Bei einer Quarzuhr kann die Batterie auslaufen und im schlimmsten Fall das Werk ruinieren. Bei einer mechanischen Armbanduhr erkennt man auch als Laie sofort, ob ein Werk verdreckt oder aufgrund von eingedrungenem Wasser Rost angesetzt hat.
Uhren für Einsteiger Tipp #2: Tissot Seastar
Diese Herrenuhr mit Lederarmband und Gehäuse aus Edelstahl ist ein schöner und sehr günstiger Einstieg in die mechanische Welt der Vintage-Uhren. Unter dem Suchbegriff „Tissot Seastar“ findet man, wie bei der Omega Seamaster, zahlreiche Varianten der Armbanduhr in dem wirklich schönen und klassischen Design der 60er- und 70er-Jahre. Oft tragen sie noch den Zusatz „Seven“. Hier eine Seastar mit Handaufzug aus meiner Sammlung:
Seastar-Modelle bekommt man ohne Weiteres für weniger als 150 Euro. Einige sogar unter 100 Euro. Mein Fazit: Ideal zum Einstieg in die Welt der Vintage-Uhren.
Tipp zum Kauf: Achten Sie unbedingt auf Angaben zur Größe bzw. zum Durchmesser dieser – und aller anderen hier empfohlenen – Uhren. Denn: In den 60er-Jahren waren kleine Herrenuhren sehr angesagt und schick. „Klein“ heißt in solchen Fällen deutlich unter 35 Millimeter. Die abgebildete Armbanduhr liegt beispielsweise bei circa 32 Millimetern und passt nach heutigem Verständnis eher an ein Damenhandgelenk. Zum Vergleich: Herrenmodelle beginnen heute bei einem Durchmesser um die 40 Millimeter. Oft liegen sie auch weit darüber. Und wenige Millimeter können am Handgelenk sehr viel ausmachen – deshalb vorher unbedingt erkundigen oder die Uhr anlegen.
Uhren für Einsteiger Tipp #3: Seiko Bell-Matic
Seiko gehört meiner Meinung nach zu den am meisten unterschätzten Uhrenmarken. Die Mehrheit denkt bei dem japanischen Uhrenhersteller wahrscheinlich an günstige Quarz- und Digitaluhren. Tatsächlich stellen die Japaner aber mit der „Grand Seiko“ eine der genauesten mechanischen Uhren (Chronometer) der Welt her – und das seit Jahrzehnten. Nur war eine Armbanduhr dieser Kollektion lange Zeit in Europa nicht erhältlich und entsprechend unbekannt. Und was die Preise angeht, so liegen auch die auf Luxusuhren-Niveau. Doch um diese teuren Exemplare soll es bei dem nächsten Tipp nicht gehen. Vielmehr möchte ich eine mechanische Armbanduhr mit Automatikwerk und Komplikation empfehlen. Genauer: mit integriertem mechanischen Wecker. Und so sieht der Armbandwecker mit einem Gehäuse aus Edelstahl und gestreiftem Armband aus meiner Sammlung aus:
Das Beste: Diese Herrenuhr bekommt man (noch) zu Preisen unter 200 Euro. Mit ein wenig Glück sogar unter 100 Euro. Für eine Armbanduhr mit mechanischem Wecker und Automatikwerk ist das ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis.
Tipp zum Kauf: Auch wenn eine Armbanduhr von Seiko zweifellos gut ist, darf man nicht vergessen, dass ein solches Modell oft als Alltagsuhr und als reiner Gebrauchsgegenstand über mehrere Jahrzehnte am Handgelenk diente. Entsprechend ist auch ihr Zustand, die Uhr kann mitgenommen und beansprucht sein. Deshalb sollte man hier immer genau hinschauen und vor allem auf den Zustand des Zifferblatts, des Werks und die Funktionen achten. Soweit die Einsteiger-Tipps und der kleine Blick in meine Uhrensammlung.
Copyright Fotos: zeigr.com | Theodossios Theodoridis
Theodossios Theodoridis, Jahrgang 1972, ist Betreiber des Uhren-Blogs zeigr.com. Er ist seit über 25 Jahren passionierter Uhrensammler. Mit Vorliebe sammelt er Vintage-Uhren und Chronographen. Hauptberuflich ist er freier PR-Berater in Hamburg. Nach Abschluss seines Philosophie-Studiums volontierte er Ende der 90er Jahre bei einer namhaften Agentur für Produkt- und Marken-PR. Im Anschluss war er acht Jahre PR Manager bei einem führenden Unternehmen der Entertainment-/Games-Branche. Seit 2008 ist er freiberuflich tätig.