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Seltene Handwerkskünste: Uhren mit Tiger-Motiv

Ulysee Nardin: Classico Tiger
© Ulysee Nardin
Das bunte Tierreich des Chinesischen Kalenders inspiriert alljährlich einen kleinen Kreis von Manufakturen zu kunst- und fantasievollen Métiers-d’art-Zeitmessern. In 2022 haben sie mit dem Tiger eine majestätische Vorlage. Die Großkatze wird in kunsthandwerklicher Vollendung auf Zifferblättern von limitierten Sondereditionen zum Leben erwecken. Mit dem Neumond am 1. Februar 2022 hat im Chinesischen Kalender das Jahr des Tigers begonnen. Es folgt auf das Jahr des Büffels und endet am 21. Januar 2023. Das Neujahrsfest wird nicht nur im Reich der Mitte, sondern in vielen ostasiatischen Ländern feierlich begangen. Im Gegensatz zur Zeitrechnung in der westlichen Welt, die auf dem Gregorianischen Kalender basiert, beruht der Chinesische Kalender auf dem sogenannten Lunisolarkalender, einer Kombination aus Sonnen- und Mondkalender. Der Zyklus umfasst 60 Jahre und besteht aus zehn Himmelsstämmen und zwölf Erdzweigen, denen jeweils ein Tierkreiszeichen zugeordnet ist. Der Tiger, der für Mut, Abenteuer und Risikobereitschaft steht, hat einige Uhrenhersteller zu Meisterwerken der Handwerkskunst inspiriert, die ihm eine verblüffende Lebendigkeit verleihen.

Uhr mit Tiger-Motiv #1: Ulysee Nardin Classico Tiger

Gleich zwei überlieferte Emaille-Techniken kommen bei der Ulysse Nardin Classico Tiger, die vom COSC-zertifizierten Automatikkaliber UN-815 angetrieben wird, zum Einsatz, Champlevé – oder Grubenschmelz – und Paillonné. Beide sind heute sehr selten und werden nur von einigen wenigen Kunsthandwerkern beherrscht. Dazu zählen die Meister von der auf Emaille-Zifferblätter spezialisierten Donzé Cadrans, die seit über zehn Jahren zur Uhrenmanufaktur gehört. Bei der Champlevé-Technik wird das Motiv in kleine Zellen eingraviert, die anschließend in mehreren Vorgängen mit Emaille gefüllt und bei hoher Temperatur eingebrannt werden. Das Paillonné ist eine noch seltenere Kunstform. Hier werden die Paillons, hauchdünne Motive aus Silber und Gold, auf die erste Emailleschicht gelegt. Bei der auf 88 Stück limitierten Golduhr besteht der Mond am dunklen Nachthimmel aus einem Silber-, die Sterne aus drei Gold-Paillons. Die Großkatze selbst wird in imposanter Pose dargestellt und blickt dem Betrachter direkt ins Auge.

Uhr mit Tiger-Motiv #2: Chopard Lu.C. XP Urushi Year of the Tiger

© Chopard
Die 88 Gesichter der L.U.C XP Urushi Year of the Tiger von Chopard werden in den Werkstätten der Traditionsmanufaktur Yamada Heiando hergestellt und vom Meister Minori Koizumi in nicht weniger als 160 Stunden pro Stück ausgeführt. Bei der Maki-e Technik erhellt Goldpulver zwischen Schichten des aus dem Harz des japanischen Lackbaums gewonnenen Lacks einen Hintergrund, vor dem ein Tiger angriffsbereit am Rand eines Felsens steht. Darüber spannt sich ein sternbesäter Nachthimmel, im Hintergrund ist ein mächtiges Felsmassiv zu sehen. Jedes Detail der Szene wird mit winzig kleinen Pinselstrichen zum Leben erweckt.
Chopard L.U.C XP Urushi Year of the Tiger: Die auf 88 Stück limitierte Edition aus ethischem Roségold huldigt dem Tiger mithilfe der altüberlieferten japanischen Lacktechnik Urushi. © Chopard
Als Rahmen für dieses Kunstwerk dient das aus ethischem Roségold gefertigte Gehäuse mit einem Durchmesser von 39,5 und einer Bauhöhe von nur 6,8 Millimetern. Darin tickt das ebenfalls sehr flache Manufakturkaliber L.U.C 96.17-L mit Mikrorotor. Zwei Federhäuser sorgen für eine Gangautonomie von 65 Stunden. Déco-Zifferblatt mit Anzeige der Stunde und Minute ist aus Grand-Feu-Emaille gefertigt. Um ein solch tiefes, sattes Schwarz entstehen zu lassen, werden mehrere Schichten aufgetragen und einzeln gebrannt.
© Chopard

Uhr mit Tiger-Motiv #3: Jaeger-LeCoultre Reverso Enamel Tiger

Jaeger-LeCoultre Reverso Enamel Tiger: Hier wird die Raubkatze mithilfe von Gravuren zum Leben erweckt. Als Hintergrund dient GrandFeu-Emaille. Preis auf Anfrage © Jaeger-LeCoultre
Die Raubkatze in Angriffsstellung gibt Jaeger-LeCoultre auf der Reverso Enamel Tiger wider. Das Tier scheint förmlich aus der Rückseite des legendären Wendegehäuses auf den Betrachter zuzuspringen, mit geprankten Pfoten und aufgerisssenem Maul. Um diese furchteinflößende Szene im Kleinformat zu realisieren, bedienen sich die Graveure der Maison unterschiedlich großer Meißel, mit denen sie die Details und verschiedenen Texturen Millimeter für Millimeter aus dem schwer zu bearbeitenden Hintergrund aus schwarzer Grand-Feu-Emaille herausarbeiten. Für solch ein meisterliches Zifferblatt benötigt der Kunsthandwerker um die 55 Stunden. Auch das Art-Déco-Zifferblatt mit Anzeige der Stunde und Minute ist aus GrandFeu-Emaille gefertigt. Um ein solch tiefes, sattes Schwarz entstehen zu lassen, werden mehrere Schichten aufgetragen und einzeln gebrannt. Den Zeitmesser, der vom Handaufzugkaliber 822A/2 angetrieben wird, fertigt die Manufaktur aus dem Vallée de Joux nur auf Bestellung an.
© Jaeger-LeCoultre

Uhr mit Tiger-Motiv #4: Vacheron Constantin: Métiers d'Art Das Jahr des Tigers

Auf zwölf Exemplare in Platin und zwölf in Rotgold ist Vacheron Constantins Tribut an die majestätische Großkatze limitiert. Das kunstvolle Zifferblatt, in dessen Mitte das von Hand gravierte Pelztier Stellung einnimmt, spiegelt ein verschlungenes Pflanzenmotiv wider, das an eine Dschungellandschaft erinnert. Die Technik basiert auf der altüberlieferten Kunst des chinesischen Scherenschnitts. Das halb eingelassene Muster hebt sich durch ein dezentes Zusammenspiel aus Reliefstrukturen vom goldenen Grund ab, was dem Oeuvre einen raffinierten Tiefeneffekt verleiht.
Vacheron Constatin Métiers d’Art Das Jahr des Tigers: Hier trifft eine chinesische Form des Scherenschnitts auf Grand-Feu-Emaille. Preis auf Anfrage © Vacheron Constantin
Im nächsten Schritt kommt auch hier Grand-Feu-Emaillierung zum Einsatz, was die Farbintensität seigert. Im Gegensatz zu den meisten Sondermodellen, die die Anzeige der Zeit auf Stunde, Minute, Sekunde beziehungsweise Stunde und Minute konzentrieren, setzt die Maison auf eine technisch komplexe Indikation. Stunde, Minute, Wochentag und Datum kommen mechanisch- digital durch vier Fenster zum Vorschein. Die ersten beiden Indikationen werden schleppend, die beiden letzten springend angezeigt. Dafür sorgt das automatische Manufakturkaliber 2460 G4, das die Genfer Punze trägt. Seine kunstvollen, nach nobler Genfer Tradition ausgeführten Finissierungen und Dekorationen zeigen sich durch den Saphirglasboden.

Uhr mit Tiger-Motiv #5: Piaget Altiplano Tiger

© Piaget
Bereits zum zehnten Mal lanciert Piaget eine Armbanduhr, die im Zeichen des Chinesischen Horoskops steht. In diesem Jahr hat die Marke mit der bekannten Emaille-Meisterin Anita Porchet zusammengearbeitet. Bei dem auf 38 Stück limitierten Modell in Weißgold wird der Tiger mithilfe der altüberlieferten Cloisonné-Technik dargestellt.
© Piaget
Bei diesem anspruchsvollen Kunsthandwerk wird das Profil des Motivs zunächst mit dünnen Golddrähten vorgegeben. Anschließend werden die Zwischenräume mit farbigen Emaillepigmenten aufgefüllt und in mehreren Vorgängen bei hoher Temperatur eingebrannt. Im letzten Schritt wird das Meisterwerk noch mit einem Schutzlack versehen, um die prächtigen Farben zu konservieren. Als Antrieb dient der Zweizeigeruhr das ultraflache Manufakturkaliber 430P mit Handaufzug.
© Piaget

Uhr mit Tiger-Motiv #6: Blacpain Traditionnel Chinesischer Kalender

Vor zehn Jahren präsentierte Blancpain mit der Traditionnel Chinesischer Kalender die erste Armbanduhr, die mit einem solchen Kalender ausgestattet ist. Seine komplizierte Mechanik, der eines Ewigen Kalenders nicht unähnlich, bringt zusätzlich zum Datum und der Uhrzeit aus unseren Breitengraden die Indikationen des Chinesischen Kalenders zur Anzeige.
© Blancpain
Die Stunde, Minute und das Datum des Gregorianischen Kalenders werden aus der Mitte angezeigt. Das Hilfszifferblatt bei zwölf Uhr weist die chinesischen Doppelstunden in Ziffern und Symbolen in einem 24-Stunden-Format aus, das bei drei Uhr die Himmelsstämme mit ihrem Zehn-Jahres-Zyklus. Bei neun Uhr finden sich der chinesische Mondmonat (Zwölf-Monate-Zyklus), sein Datum (30-Tage-Zyklus) und ein Indikator für die Zwischenmonate. Über allen Anzeigen thront bei zwölf Uhr das aktuelle Tierkreiszeichen. Gemeinsam mit den Tierkreiszeichen, die den »Erdzweigen« entsprechen, bilden die zehn Himmelstämme die Basis für den Sechzig-JahreZyklus des Chinesischen Kalenders. Es versteht sich von selbst, dass der Mond, der eine so wichtige Rolle darin einnimmt, ebenfalls angezeigt wird.
Blancpain Traditionnel Chinesischer Kalender: Die technisch komplexe Platinuhr mit Grand-Feu-Emaille-Zifferblatt © Blancpain
Das Nachtgestirn erscheint in traditioneller Blancpain-Manier durch ein sichelförmiges Fenster. Hinter dem Zifferblatt aus weißer GrandFeu-Emaille arbeitet das Manufaktur-Automatikkaliber 3638, das aus nicht weniger als 464 Komponenten besteht. Diese vielen Einzelteile sind notwendig, um die facettenreichen Anzeigen mit ihren unterschiedlichen Zyklen darzustellen. Als wäre das noch nicht genug, bietet das Uhrwerk eine kraftvolle Gangdauer von 70 Stunden. Für diese Meisterleistung steht auch der Tiger, der stolz auf der Schwungmasse posiert.

Uhr mit Tiger-Motiv #7: Arnold & Son Perpetual Moon Year of the Tiger

Bei Arnold & Sons Ode an den Tiger steht nicht nur die geschmeidige Raubkatze im Mittelpunkt, sondern auch ein überdimensionaler Mond, der vor einem Hintergrund aus tiefschwarzem Aventuringlas seine Bahnen zieht.
Arnold & Son Perpetual Moon »Year of the Tiger«: Die auf acht Stück limitierte Edition platziert die Raubkatze vor einem Hintergrund aus spiegelndem Hämatit. © Arnold & Son
Im Dunkeln beleuchtet er die Szene buchstäblich, denn die aus Perlmutt gefertigte Scheibe ist mit Superluminova belegt. Die Anzeige ist übrigens astronomisch genau und weicht erst nach 122 Jahren einen Tag ab. Während die obere Hälfte des Zifferblatts von den leuchtenden Nachtgestirnen dominiert wird, steht die untere ganz im Zeichen der kleinen, aber umso beeindruckenderen Tigerskulptur. Die Raubkatze, die auf nächtlichem Beutezug unterwegs ist, wird inmitten einer handgemalten und mit kleinen Leuchtpigmenten besprenkelten Wasserfall-Landschaft dargestellt. sz
© Arnold & Son

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