2019 fand die letzte Baselworld statt. Die Uhren- und Schmuckmesse hatte es seit 1973 gegeben. Ihre Wurzeln reichen jedoch viel weiter zurück. Wir fassen die Geschichte des zu seiner Zeit führenden Uhrenevents für Sie zusammen. (Lesen Sie auch: 7 Uhren, die Weltrekorde halten)
Die Ursprünge als Schweizer Mustermesse
Im April 1917 fand erstmals die Schweizer Mustermesse in Basel (muba) statt, auf der verschiedenste Industrie- und Handelsunternehmen ihre Neuheiten vorstellten. 1925 lud die Genossenschaft Schweizer Mustermesse erstmals gezielt Uhrenhersteller zur Präsentation ihrer Produkte in den provisorischen Hallen auf dem Basler Messegelände ein. 1931 – drei Jahre nach dem Bau der ersten festen Messehalle – stellten die Uhrenfirmen im Rahmen der muba erstmals in einem eigenen Pavillon unter dem Namen "Schweizer Uhrenmesse" aus.
Erst Anfang der 1970er-Jahre änderte sich die nationale Ausprägung der Veranstaltung hin zu einer internationalen Messe. Die Folge: 1973 fand innerhalb der muba erstmals die Europäische Uhren- und Schmuckmesse (EUSM) mit Ausstellern aus zahlreichen europäischen Ländern statt.
Eigenständige Uhrenmesse
Erst 1984 emanzipierte sich die EUSM von der Mutterveranstaltung muba und fand als eigenständige Messe statt, auf der sich ausschließlich Uhren- und Schmuckunternehmen sowie deren Zulieferer tummelten. Im selben Jahr wurde auf dem Messegelände das Kongresszentrum Basel eröffnet, das später Konferenzräume und zusätzliche Ausstellungsflächen für die Uhrenmesse bot. 1995 gab es eine weitere Namensänderung zu "Basel 95 – The World Watch, Clock and Jewellery Show", und 1998/99 folgte der Neubau der Haupthalle.
Leider verzeichnete die Messe in ebenjenem Jahr, in dem die Halle 1 ein neues, repräsentatives Domizil für die Top-Player der Branche bot, wichtige Ausstellerabgänge, die sich aus heutiger Sicht als schlechtes Omen deuten lassen: Es verabschiedeten sich Topmarken wie Audemars Piguet und Girard-Perregaux in Richtung des bewusst exklusiv gehaltenen Genfer Uhrensalons SIHH (Salon International de la Haute Horlogerie), den Cartier, Piaget und weitere Manufakturen 1991 eröffnet hatten. Zu dieser Konkurrenzmesse, auf der Uhren-Unternehmen des Richemont-Luxusgüterkonzerns und "befreundete Marken" ausstellten, wechselten im Jahr 2000 auch die neuen Richemont-Mitglieder A. Lange & Söhne, Jaeger-LeCoultre und IWC.
Hochphase unter dem Namen "Baselworld"
Was wir beim Rückblick auf das Messegeschehen der vergangenen Jahrzehnte stets als Baselworld bezeichnen, trug diesen Namen tatsächlich erst seit 2003. Trotz der erwähnten Ausstellerabgänge waren die 2000er-Jahre eine höchst erfolgreiche Zeit für die Messe, deren Aussteller- und Umsatzzahlen nun ständig wuchsen. In dieser Hochphase zählte die Baselworld weit über 1.000 Aussteller aus der Uhren-, Schmuck- und Edelsteinbranche; im Jahr 2015 waren es rund 1.400.
Selbstbewusst gab die seit 2009 unter MC Group AG firmierende Messegesellschaft einen großen Neubau in Auftrag, der im Jahr 2012 das Gesicht des Messegeländes stark veränderte: Ein futuristischer Bau verband nun die Hallen 1 und 3, indem er den dazwischen liegenden Messeplatz überspannte und neue Ausstellerflächen bot. Ein großer Ausschnitt in der Neukonstruktion diente als Lichthof und architektonischer Blickfang gleichermaßen.
Die Baselworld in der Krise
Aufgrund der ständig gestiegenen Ausstellerkosten – seit dem teuren Neubau mussten beispielsweise die Topmarken in der Haupthalle deutlich größere Stände bauen – machte sich in den Folgejahren Unmut unter den Uhrenherstellern breit, der zu zahlreichen Absagen für das Jahr 2018 führte. Unter anderem durch weitere Abgänge zum Genfer Uhrensalon SIHH, aber auch durch eigene Marketingaktivitäten vieler Hersteller, die den Messeauftritt vollständig ersetzten, schrumpfte die Ausstellerzahl um rund die Hälfte auf 650. Die Einbußen beliefen sich auf etwa 200 Millionen Schweizer Franken.
Gleichzeitig gab der weltweit größte Uhrenkonzern Swatch Group seinen Rückzug von der Baselworld für 2019 bekannt, was in der Mitte der Halle 1 im wahrsten Sinne des Wortes ein riesiges Loch riss. Die Messeleitung plante zwar geschickt um, um den freigewordenen Platz zu füllen, aber die luftige neue Aufteilung zeigte deutlich, dass die Ausstellerzahl 2019 durch das Fernbleiben der Swatch Group und zahlreicher weiterer Unternehmen noch einmal drastisch auf 500 gesunken war.
Das Ende einer Ära
Das Ende der Baselworld ist schnell zusammengefasst: Dass für 2020 bereits weitere Weltmarken wie Breitling oder Seiko ihr Fernbleiben angekündigt hatten, spielte schon keine Rolle mehr, denn die Baselworld 2020 wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt beziehungsweise, wie es oft genannt wird, auf das Folgejahr verschoben. Und diese Pause nutzten nun auch die treuen Spitzenaussteller Rolex, Tudor, Patek Philippe, Chopard und Chanel, die die Haupthalle über viele Jahre belegt hatten, für die Ankündigung ihres Wechsels nach Genf, wo die Watches and Wonders sich mittlerweile als Nachfolgeveranstaltung des Uhrensalons SIHH etabliert hatte. Eine Baselworld 2021 fand nicht mehr statt: Die über Jahrzehnte erfolgreiche Leitmesse der internationalen Uhrenindustrie hatte ihr Ende gefunden.
Seit 2020 trifft sich die Branche stattdessen auf der Watches and Wonders, die jedes Frühjahr auf dem Genfer Messegelände Palexpo stattfindet, wo bis 2019 der Salon International de la Haute Horlogerie residierte. Der Ausstellerkreis wächst stetig und umfasst, anders als zu Zeiten des SIHH, nicht mehr nur die Marken des Richemont-Konzerns sowie befreundete Hersteller. Auch wenn längst nicht so viele Unternehmen ihre Neuheiten auf der Watches and Wonders präsentieren wie einst auf der Baselworld, so hat die Genfer Veranstaltung den Basler Event doch eindeutig als Leitmesse der Uhrenbranche ersetzt. Und das nicht nur für Fachbesucher, sondern auch für Privatleute: Wer ein Ticket besitzt, kann sich in Genf über die neuesten Uhren informieren, genau wie es auf der Baselworld der Fall war.
Mehr Infos zur Watches and Wonders:
Über die Messe 2023sprachen wir mit dem CEO der Watches and Wonders Geneva Foundation.
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