Was ist die Gangreserve bei Uhren?
Wie beinahe jedes technische Gerät braucht auch eine mechanische Uhr Energie, um zu funktionieren. Diese erhält sie von der im Federhaus befindlichen Zugfeder, die über die Aufzugskrone – bei Automatikwerken auch über den Rotor – gespannt wird. Die Zeit, die eine Uhr vom Vollaufzug der Zugfeder bis zu deren völliger Entspannung läuft, ohne dass ihr erneut Energie zugeführt wird, bezeichnet man als Gangdauer oder Gangautonomie. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Gangreserve und Gangdauer synonym verwendet.
Inhalt:
- Ursprünge der Gangreserveanzeige
- Indikation der Gangreserve über einen zusätzlichen Zeiger
- Ungewöhnliche Gangreserveanzeigen
- Die Gangreserveanzeige – eine Funktion für alle Preisklassen
- Auswahl aktueller Uhren mit Gangreserveanzeige
Ursprünge der Gangreserveanzeige
Es empfiehlt sich nicht, die Gangreserve einer Uhr vollständig ablaufen zu lassen, bevor neue Energie zugeführt wird. Denn grundsätzlich gilt: je gespannter die Feder, desto gleichmäßiger der Gang. Entsprechend nützlich ist eine Gangreserveanzeige, die dem Träger mitteilt, wann die Uhr wieder aufgezogen werden muss. Ursprünglich wurden Gangreserveanzeigen vor allem in Präzisionszeitmesser wie Marinechronometer oder Eisenbahner-Taschenuhren eingebaut. Nachdem die Marke Breguet bereits 1933 einen entsprechenden Armbanduhren-Prototyp vorgestellt hatte, machte Jaeger-LeCoultre die Gangreserveanzeige im Jahr 1948 einem breiten Publikum zugänglich: Die weltweit erste Serienarmbanduhr, die die Federspannung anzeigte, hieß Powermatic. Die Uhrenhersteller führten die Gangreserveanzeige ein, da die Kunden Ende der 1940er-Jahre dem Selbstaufzug, also einer Uhr mit Automatikwerk, misstrauten. Sie befürchteten, dass ihre Uhr trotzdem irgendwann stehen blieb. Der Ausweg bestand darin, den Spannungszustand der Zugfeder permanent auf dem Zifferblatt anzuzeigen. Die durch einen Zifferblattausschnitt sichtbare Gangreservescheibe bedruckte Jaeger-LeCoultre mit Stundenzahlen und informierte so besonders exakt über die verbleibende Kraft. Seitdem wird die Gangreserveanzeige oftmals auch in Uhren mit Automatikwerk eingebaut, obwohl sie dort im Grunde verzichtbar ist.Meist indiziert ein zusätzlicher Zeiger die Gangreserve
Ansonsten übernimmt meist ein Zeiger die Indikation der Gangreserve, der über ein Getriebe mit dem Aufzugsmechanismus in Verbindung steht. Beim Aufziehen wandert der Zeiger an das eine Ende der Skala; wenn die Zugfeder an Kraft verliert, bewegt er sich – deutlich langsamer – auf das andere Ende zu. Bei historischen Präzisionsuhren waren die Skalenenden meist mit „Auf " und „Ab" beschriftet, weshalb viele Marken diese Bezeichnungen auch heute noch bei klassisch gestalteten Modellen benutzen.
Besonders interessant wird die Funktion der Gangreserveanzeige bei Handaufzugs- und Automatikuhren mit großer Laufdauer: So muss ein Zeitmesser mit Zehn-Tage-Werk dank der Anzeige nicht durch zu häufiges Aufziehen strapaziert werden.
Auch Uhrenfans, die Zusatzfunktionen mit rotierenden Zeigern langweilig finden, haben Wahlmöglichkeiten: So läuft bei manchen Manufakturuhren von Panerai die Anzeige der verbleibenden Gangreserve dank eines Zahnrechens linear auf einer waagerechten Skala entlang.
Ungewöhnliche Gangereserveanzeigen
HYT ist bekannt für seine Anzeige der Uhrzeit mithilfe einer Flüssigkeit. Beim 2020 vorgestellten Modell Soonow Drop Three (bereits ausverkauft) dient das rechte Auge des bunten Totenkopfschädels als Gangreserveanzeige, links dreht sich die Sekundenscheibe.
Hublot verwendet bei der Big Bang Meca-10 eine spezielle Form der Gangreserveanzeige. Sie wird mittels einer Zahnstangenübertragung realisiert, bei sechs Uhr kann der Träger auf einem Zahnrad die verbleibende Gangreserve in Tagen in einem roten Rahmen ablesen.
Bei der Junghans Meister Gangreserve Edition 160 gibt eine indexförmige Öffnung bei sechs Uhr an, wie viel Gangdauer noch verbleibt. Bei Vollaufzug ist die Anzeige nahezu nicht zu sehen, mit fortschreitender Zeit wird sie immer auffälliger. Von weiß über grau geht es über in die Signalfarbe Rot, die auf eine vollständige Entspannung hinweist.
Die Gangreserveanzeige – eine Funktion für alle Preisklassen
Eine Gangreserveanzeige ist nicht allein Uhren mit Manufakturwerken vorbehalten. Die Funktion findet sich bereits bei Zeitmessern ab circa 400 Euro. Hier werden Standardwerke von Eta und Sellita eingesetzt. Die Seiko Presage Automatik (SSA343 Presage Cocktail Time) mit Gangreserveanzeige bietet für 529 Euro sogar ein Manufakturkaliber – das 4R57 -, bei dem eine dezentrale Anzeige Auskunft über die verbleibende Gangdauer von mehr als 40 Stunden gibt. Doch selten genießt die Gangreserveanzeige die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres Trägers. Die schlichteste Variante ist die Kombination mit einer kleinen Sekunde.Hier sehen Sie eine Auswahl weiterer Uhren mit Gangreserveanzeige:
Als interessante Komplikation mit geschichtlichem Hintergrund – und nicht zuletzt als Gestaltungselement – schätzen viele Uhrenträger die Gangreserveanzeige. Wer einen Überblick zum Thema "Uhren mit Gangreserveanzeige" sucht, sollte sich hier unsere kostenlose Marktübersicht zu Thema herunterladen.Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert
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