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Legendäre Uhren, lebendige Passion: Breitling durch die Augen von Sammler Fred Mandelbaum

Tradition, Innovation und Leidenschaft für Chronographen: Historiker und Sammler Fred Mandelbaum teilt Einblicke zur Marke Breitling, über die Bedeutung historischer Modelle und hat einen Tipp für junge Enthusiasten.
Fred Mandelbaum
©

Breitling

Fred Mandelbaum ist weit mehr als nur ein Sammler – er ist eine Ikone in der Welt der Vintage-Chronographen. Seine außergewöhnliche Kollektion und sein umfassendes Wissen machen ihn zu einer unverzichtbaren Instanz in der Uhrenwelt. Was einst als berufliche Notwendigkeit in der Elektronikindustrie begann, entwickelte sich schnell zu einer tiefen Faszination für mechanische Chronographen und insbesondere für die Marke Breitling: "Früher waren Chronographen für mich Arbeitsgeräte," erklärt Mandelbaum und offenbart den praktischen Ursprung seiner Sammelleidenschaft. Heute zählt seine Sammlung zu den bedeutendsten weltweit, und er gilt als führender Experte für die Authentifizierung historischer Breitling-Modelle. Seine Expertise wird so hoch geschätzt, dass selbst Breitling-CEO Georges Kern seinen Rat bei der Entwicklung neuer Modelle einholt und das Heritage Department der Marke auf sein Wissen baut.

Kurz vor der Eröffnung des Breitling Pop-Up Museums in Zürich gewährt uns der Wiener Unternehmer einen Einblick in seine beeindruckende Leidenschaft. Mit einer Begeisterung, die über das bloße Sammeln hinausgeht, führt er uns durch die faszinierende Geschichte von Breitling, einer Marke, die ihn seit Jahrzehnten fesselt. Es wird sofort klar, dass es ihm nicht nur um die Uhren geht, sondern um die Geschichten, die sie erzählen, die Emotionen, die sie wecken, und die Zeit, die sie bewahren.

Der Breitling Experte im Interview

WatchTime: Stimmt es, dass Sie eine der größten Sammlungen von Vintage-Chronographen besitzen?

Fred Mandelbaum: Die Anzahl der Uhren ist für mich zweitrangig. Ich kenne viele Sammlerfreunde, die ich sehr bewundere – nicht beneide, denn unter wahren Sammlern ist Neid selten. Man freut sich vielmehr über die Akribie und Leidenschaft, die jemand über Jahrzehnte in ein Sammelgebiet investiert hat. Manche besitzen nur fünf oder sechs Stück aber dafür von Weltrang, während andere auf Masse und Investment setzen, oft mit Enttäuschung. Für mich ist Sammeln mehr als das Horten von Objekten – es geht um Verständnis und Tiefe. Ich sehe mich als "Komplettist": Wenn ich etwas sammle, will ich es umfassend verstehen, einschließlich der Hintergründe und Einflüsse. Die Sammlung wächst oft von selbst, aber die Menge ist nie das Ziel.

Wie hat Ihre Leidenschaft für das Uhren-Sammeln begonnen?

In den 1980er Jahren nutzte ich Chronographen als tägliches Arbeitswerkzeug in der Elektronikindustrie. Chronographen hatten schon seit Ende des 19. Jahrhunderts große Bedeutung in solchen Bereichen. Für mich war der Chronograph ein Werkzeug, funktional, ohne große emotionale Bindung. Doch meine Neugier führte dazu, dass ich mich intensiver mit Chronographen beschäftigte, was schließlich zur Leidenschaft wurde. In der Elektronikindustrie war mir stets bewusst, dass die Produkte, die ich auf den Markt brachte, in drei bis vier Jahren obsolet sein würden. Der Reiz von Quarzuhren war für mich daher sehr begrenzt. Die mechanische Uhr, vor allem der mechanische Chronograph, faszinierte mich hingegen, besonders weil diese oft 30, 40 oder sogar 50 Jahre alt waren und immer noch einwandfrei funktionierten.

Was fasziniert Sie besonders an mechanischen Uhren, vor allem an denen von Breitling?

Im Gegensatz zu meinen Freunden, die alte Autos sammeln und oft technische Probleme haben, bieten mechanische Uhren eine bemerkenswerte Beständigkeit. Es mag schwer zu definieren sein, wann der Höhepunkt dieser Technik erreicht wurde – vielleicht in den späten 1960er Jahren. Alles, was wir heute ändern, ist, die Uhren ein wenig wasserfester und zuverlässiger zu machen. Doch die analoge Zeigeruhr bleibt bis heute unerreicht, und das hat mich besonders gereizt. Je älter ich wurde, desto älter wurden auch meine Uhren. Die Begeisterung für den mechanischen Chronographen wuchs stetig. Wer sich ernsthaft mit dieser Technik beschäftigt, kommt an Breitling nicht vorbei. Ähnlich wie es bei Smartphones bestimmte Marken sind, die gesammelt werden, bietet Breitling das Herzstück einer Chronographensammlung – die Marke, die den Markt geprägt hat.

Fred Mandelbaum ist zum Breitling Experten durch seine Sammelleidenschaft avanciert.

Kaum einer weiß mehr über die Marke und ihre Modelle: Fred Mandelbaum ist zum Breitling Experten durch seine Sammelleidenschaft avanciert.

© Breitling

Was unterscheidet Breitling-Chronographen Ihrer Meinung nach von anderen Marken?

Mit Georges Kern hat Breitling zu seinen Wurzeln zurückgefunden und seine Tradition neu belebt. Die Marke, die sich in den frühen 2000er-Jahren in einer Nische befand, repräsentiert nun wieder den Geist ihrer Geschichte. Mein Ziel war es immer, ein Exemplar jedes relevanten Breitling-Modells ab den späten 1930er-Jahren bis etwa 1980 zu besitzen. Dabei geht es mir weniger um die Menge als um die Bedeutung jedes Stücks. Unter Georges Kern hat Breitling seine Verantwortung für die eigene Geschichte wiederentdeckt, was mir große Freude bereitet. Breitling baut Chronographen, weil es zur DNA der Marke gehört, nicht wegen Trends. Breitling ist die Chronographenmarke schlechthin. Besonders stolz bin ich, dass ich an der Entwicklung der Chronomat beteiligt war – eine Uhr, die das Comeback des mechanischen Chronographen entscheidend prägte und Breitling zurück zum Erfolg führte. Erfolgreiche Unternehmen müssen ihre Identität kennen und ihr treu bleiben.

Gibt es einen Vintage-Chronographen der Ihnen besonders am Herzen liegt?

Ich habe Jahrzehnte nach einer bestimmten Uhr gesucht, die in einem Katalog erwähnt wurde, aber nie gesehen wurde. Sie war die komplexeste ihrer Zeit – ein Doppelchronograph mit Kalender und Mondphase. Vor etwa zwei Jahren habe ich endlich eine gefunden. Das war einerseits ein triumphaler Moment, aber auch traurig, weil die jahrelange Suche nun vorbei war. Mein Sammeln konzentriert sich heute mehr auf das Dokumentieren, das Graben in Archiven und Patenten. Breitling hat jetzt eine eigene Heritage-Abteilung, die diese Arbeit fortführt, und das erfüllt mich mit großer Freude.

Wie arbeiten Sie da Hand in Hand zusammen? Wie kann man sich das vorstellen? Sehen Sie etwas, oder sehen die anderen etwas?

Georges Kern nannte mich einmal eine wandelnde Enzyklopädie – und das trifft zu. In den letzten Jahren habe ich daran gearbeitet, dieses Wissen weiterzugeben, etwa durch Datenbanken, die das Team nutzt. Wir kommunizieren ständig, fast ununterbrochen, und haben ein hoch motiviertes Team, das unsere Projekte vorantreibt. Seit kurzem haben wir außerdem das Glück, uns intensiv mit einer zweiten Marke auseinanderzusetzen (Anm. der Redaktion: Breitling sicherte sich 2023 die Rechte an der Marke Universal Genève), für die ich ebenfalls eine große Leidenschaft hege. Langweilig wird uns also definitiv nicht. Mein Ziel ist es, irgendwann nicht mehr unverzichtbar zu sein. Dafür strukturiere ich mein Wissen so, dass es für alle zugänglich ist.

Was ist Ihnen besonders wichtig? Sie haben schon einige Kriterien genannt, aber gibt es etwas, auf das Sie besonders achten? Zum Beispiel die Historie oder den Zustand der Uhr?

Es gibt wichtigere und weniger wichtige Uhren, doch Breitling unterscheidet sich von Marken, die nur mit einem Modell Erfolg hatten. Breitling steht für kontinuierliche Innovation. Seit Léon Breitling seine Werkstatt eröffnete und das erste Chronographen-Patent anmeldete, zog sich dieser Innovationsgeist bis in die 1970er Jahre. Die Marke brachte nicht nur eine ikonische Uhr hervor, sondern eine Reihe bedeutender Modelle wie Chronomat, Navitimer und Superocean. Bei Breitling folgt die Form immer der Funktion – jede Uhr hat einen praktischen Nutzen. Daher geht es nicht um die Geschichte einer einzelnen Uhr, sondern um Jahrzehnte voller brillanter Ideen. Je innovativer eine Uhr, desto bedeutender ist sie. Natürlich muss sie im Originalzustand sein, und ich strebe danach, das beste noch existierende Exemplar zu besitzen oder es für das Breitling-Museum zu sichern. Meine Sammlung umfasst auch Massenprodukte, um die Dokumentation vollständig zu halten, auch wenn meine Begeisterung dafür etwas geringer ist.

Wie sehen Sie das Thema Investitionen im Uhrensammeln?

Diese Herangehensweise geht nicht immer auf. Ich habe in den letzten Jahrzehnten viele Trends beobachtet: Menschen, die auf Taschenuhren als sichere Investition schworen, sind heute still, da diese an Wert verloren haben. Andere setzten auf bestimmte Marken, die angeblich immer wertbeständig seien. Doch viele sitzen heute auf überteuerten Beständen. Gerade in Zeiten höherer Zinsen zeigt sich, dass Uhren keine Garantie für Wertsteigerung sind. Die einzige sichere Rendite ist die Freude, die eine Uhr bereitet. Alles andere ist Spekulation. Ich empfehle niemandem, mehr als 5 % seines Vermögens in Uhren zu investieren. Alle meine Uhren trage ich selbst, auch die einzigartigen Stücke. Ihr Wert liegt in der Freude, nicht im bloßen Besitz. Wer das nicht erkennt, verpasst etwas Wesentliches.

"Die einzige sichere Rendite ist die Freude, die eine Uhr bereitet."

Fred Mandelbaum

Gab es Momente, in denen Sie gezweifelt haben, ob das Sammeln für Sie noch Sinn macht?

Ja, diesen Moment gab es. Wenn die Jagd zu Ende geht, stellt man sich natürlich die Frage, wie es weitergeht. Ich kaufe mittlerweile seltener, oft sind es Freunde, die mich auf besondere Stücke hinweisen. Dennoch hat sich mein Fokus verschoben: Vom bloßen Sammeln hin zum Weitergeben von Wissen. Das macht mir mittlerweile ebenso viel Freude. Außerdem liegt mir die zweite Marke, mit der ich mich beschäftige, sehr am Herzen. Es gibt also noch genug, was ich sammeln kann – im übertragenen Sinne.

Was denken Sie über die aktuelle Entwicklung des Uhrenmarktes?

Wir haben während und nach der Pandemie einen enormen Run auf Uhren erlebt, weil die Menschen das Gefühl hatten, vieles verpasst zu haben und sich etwas gönnen wollten. Diese hektische Phase ist nun vorbei, und das ist gut so. Der Markt wird sich in dem Segment, in dem wir tätig sind, weiterhin stabil entwickeln. Interessanterweise haben uns Smartwatches sogar geholfen, da sie das Bewusstsein für Uhren als Zeitmesser schärfen. Viele Menschen, die mit einer Smartwatch beginnen, entwickeln später eine Begeisterung für traditionelle Uhren. Was die unnatürlichen Preissteigerungen im Sammlermarkt angeht, bin ich froh, dass diese Phase vorbei ist. Die Zeiten, in denen eine Uhr nach drei Monaten zum fünffachen Listenpreis verkauft wurde, brauchen wir wirklich nicht.

Zum Schluss: Welchen Rat würden Sie jungen Sammlern geben?

Höre auf dein Herz. Finde heraus, was dich wirklich anspricht, und kopiere niemanden. Sei authentisch und nimm dir Zeit. Kaufe immer das Beste, und das nach reiflicher Überlegung – das ist der einzige Rat, den ich geben kann.

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