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Uhrenbauer und Stowa-Inhaber Jörg Schauer im Porträt

Schauer Uhren: Gründer Jörg Schauer
© PR
Jörg Schauer, in der Branche gewiss kein Unbekannter, ist seit 30 Jahren selbständiger Uhrenbauer und Schöpfer seiner eigenen, technisch inspirierten »Edition«. Aber die stand zunehmend hinter seiner zweiten Marke Stowa zurück. Der leidenschaftliche Handwerker hält die Zeit für gekommen, die Edition wieder aufzunehmen.
Es ist immer wieder das gleiche. Will ich Jörg Schauer mal ganz spontan am Telefon sprechen, ist er gerade in seiner Werkstatt und lässt sich nur ungern stören. Wir machen einen Termin aus, aber er hat mal wieder viel zu tun. Ich akzeptiere gern, dass der mittlerweile 52-jährige Uhrenbauer viel lieber an seinen Gehäusen schraubt oder Zeiger feilt, aber manchmal muss ich ihn eben doch dringend sprechen.Er wisse noch nicht, ob er es zur Preisverleihung der Goldenen Unruh nach München schaffe, verkündet er mir dann am Telefon. Ahnt aber irgendwie, dass er mal wieder auf dem Treppchen stehen würde und macht sich dann doch von Engelsbrand bei Pforzheim, wo sein Firmengebäude steht, auf in die bayrische Landeshauptstadt. Als er die Trophäe für eine Fliegeruhr von Stowa glücklich in den Händen hält, hat er dann doch etwas Zeit zum Plaudern. Er denkt zwanzig Jahre zurück, als er die Goldene Unruh für die »Kleine Schauer« erhielt, und hält im Jubiläumsjahr die Zeit für reif, die Marke Schauer noch einmal zu puschen.
Stolz: Jörg Schauer mit der Goldenen Unruh 2020 für eine Stowa Fliegeruhr © Daniel Grund

Die Zeit ist reif für gute Storys mit Zeitmessern von Schauer

Er erinnert sich daran, wie er vor zwei Jahrzehnten für das Siegerfoto neben Walter Lange auf der Bühne stand und anschließend mit ihm bei einem frisch gezapften Bier über die Zeit philosophierte. "Solch unbefangene Gespräche waren in den letzten Jahren kaum noch vorstellbar", erzählt Jörg Schauer etwas nachdenklich. "Aber ich fühle, dass die Leute wieder empfänglicher werden für gute Storys, dass sie etwas Eigenständiges haben wollen, gutes, aber auch bezahlbares Handwerk, wertbeständig und langlebig, und nichts von der Marketingstange. Darauf setze ich mit meiner Marke Schauer. Und darum will ich es nochmal probieren", sagt er voller Überzeugung. Jörg Schauer ist Goldschmied geworden. Das Praktikum zuvor bei einem befreundeten Pforzheimer Schmuckfabrikanten hatte ihm einfach Spaß gemacht. Doch schon in der Lehre gestaltete er in freien Arbeiten seine ersten Uhren. Das Technische habe ihm beim Goldschmieden einfach gefehlt.

Zwölf Schrauben auf der Lünette machen das typische Gehäuse aus

Die Entscheidung, eigene Uhren zu bauen, reifte auf Lanzarote, wo er 14 Monate ein Uhren- und Schmuckgeschäft leitete. Aber der umtriebige junge Mann wollte unbedingt etwas Eigenes schaffen. Gesagt. Getan. Er kam zurück und machte sich selbständig. Zu dieser Zeit lernte er auch seine Frau Regine kennen. Dass er sich nicht gern etwas sagen lässt, war für sie gewiss nicht immer einfach. Aber zwischen den beiden hat’s funktioniert. Das beweist die Ehe, die seit mehr als 25 Jahren hält.
Vaterglück: Jörg Schauer mit seinen beiden Söhnen Benny und Moritz. © PR
Damals in den 1990er-Jahren erlebte die mechanische Uhr ein Revival. Es gab große Börsen, auf denen auch Jörg Schauer unterwegs war und zahlreiche Sammler kennenlernte. Sie besaßen interessante Uhrwerke, unter anderem von Herstellern wie Rolex, Patek Philippe, Vacheron Constantin oder IWC, zum Teil mit Komplikationen wie ewigen Kalendern oder Minutenrepetitionen, mit oder ohne Zifferblätter. Und sie kamen auf Jörg Schauer zu, um sich Gehäuse bauen zu lassen. Diese hatten sie zuvor in den 1980er-Jahren, als die mechanische Uhr am Boden lag, einschmelzen lassen. So kam Jörg Schauer zum Uhrenbau, hat über 200 Zifferblätter entworfen, kleine Serien und mehr als 400 Unikate für seine Kunden geschaffen, ohne den Plan einer eigenen Uhrenmarke zu haben. Dass die mechanische Uhr eine Renaissance erleben würde, konnte sich Anfang der 1990er-Jahre keiner so recht vorstellen. Einerseits begann A. Lange & Söhne in Glashütte wieder Uhren zu bauen, andererseits wurden in Pforzheim noch immer Firmen zerschlagen. "Eine verrückte Zeit war das", erinnert sich Jörg Schauer. Aber zum Ende des Jahrzehnts hin wurde es schon schwieriger, Einzelteile, zum Beispiel Saphirgläser, Zifferblätter oder Kronen zu bekommen. Man musste größere Stückzahlen abnehmen und Jörg Schauer sich etwas einfallen lassen, was schließlich zur Serienfertigung unter seinem eigenen Namen führte. Er hatte zu diesem Zeitpunkt schon verschiedene Gehäuse entworfen, woraus das typische Schauer-Gehäuse mit den zwölf Schrauben auf der Lünette hervorging.
Mit Ecken und Kanten wie ihr geistiger Vater – die Quarada mit den typischen zwölf Schrauben. © PR
Sie sind funktional, halten einerseits die Lünette und dienen andererseits als Stundenmarkierungen, was dem reduzierten Designansatz von Schauer entspricht. Zudem lässt sich die Uhr leicht zerlegen, was wiederum dem Service zu Gute kommt. Die Schrauben sind sehr markant und passen zu dem massiven und recht hoch bauenden Gehäuse. Kenner schätzen die Oberflächen in gewollt technischer Anmutung – perfekt von Hand geschliffen oder gestrahlt. Schauer-Uhren setzen am Handgelenk unübersehbare Akzente und sind leicht zu kennen.

Asymmetrie kennzeichnet das Gesicht des Chronographen

Dafür sorgt auch die asymmetrische Zifferblattgestaltung des ersten Chronographen. Typisch Schauer: eine wirklich kleine Sekunde bei neun Uhr und ein dominanter Chronographen-Minutenzähler bei drei Uhr. Absolut praktisch: Der Schauer Chronograph ist der einzige mir bekannte, mit dessen Minutenzähler das Frühstücksei gelingt – selbst getestet. Heute noch in der Kollektion: Der Klassiker »Edition 10«, die sportliche »Edition 15« mit schwarzem Zifferblatt und Chronographenzeigern in Schauers Lieblingsfarbe, einem kräftigen Limettengrün, sowie der Bestseller »Edition 12«, mit cremefarbenem Zifferblatt – aufwändig geprägt, lackiert, die erhabenen Zonen geschliffen, anschließend rhodiniert und zum Schluss bedruckt.Schauer hatte sich ein Netz von etwa 40 Konzessionären in Deutschland aufgebaut und überzeugte mit solidem Handwerk, interessanten Uhrwerken und individuellen Angeboten, mit denen man sich im Freundeskreis abheben konnte. Aber dann zogen die großen Marken und Gruppen mit Botschaftern und inszenierten Marketingauftritten immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Für die Kleinen, Unabhängigen wurde es immer enger. Schauer schlussfolgerte, sich selbst um seine Kunden mit deren individuellen Wünschen kümmern zu müssen und begann bereits 2006 mit dem Aufbau eines Onlineshops.

Jörg Schauer ist ein Pionier des Online-Vertriebs

Zu dieser Zeit führte er allerdings auch schon zehn Jahre lang die Marke Stowa.
Passt genau: Der Firmensitz in Engelsbrand bei Pforzheim reflektiert Philosophie und Lebensart von Jörg Schauer © Bernhard Friese, Pforzheim
Auf Grund ihres historischen Fliegeruhrendesigns war sie bekannt, wegen ihres guten Preis Leistungs-Verhältnisses begehrt, im Ansatz wesentlich kommerzieller und anonymer, was einer online-affinen Käuferschaft entgegenkam. Obwohl – oder gerade, weil – Schauer an seine Zweitmarke den gleichen hohen Qualitätsanspruch stellt, geriet die dennoch handwerklich aufwändigere Schauer ins Hintertreffen. Lieferzeiten wurden immer länger, manche Kunden zwangsweise enttäuscht, und die Zahl der Uhren immer geringer. Das Verhältnis zwischen Schauer- und Stowa-Uhren hatte sich innerhalb kurzer Zeit komplett gedreht: Machte Stowa beim Start des Onlineshops 2006 etwa zehn Prozent aus, so waren es fünf Jahre später 90. Aber das Feuer brennt noch. Schauer spürt, dass der Hype um die großen Marken nachlässt, nicht zuletzt angesichts ihrer Preispolitik.Kunden legen wieder mehr Wert auf handwerkliche Wertschöpfung in individuellen Lösungen. Das macht kleine Marken attraktiv. Deshalb legt Jörg Schauer zum Jubiläum zwei Modelle neu auf. Zum einen den großen Klassiker Chronograph »Edition 10«, den er mit schmälerer Lünette und einem großen Datum bei sechs Uhr dem Zeitgeist angepasst hat.
Klassiker: Chronograph »Edition 10«, jetzt mit großem Datum bei sechs Uhr. © PR
Der auf 130 Stück limitierte Zeitmesser kostet 4300 Euro. Das zweite Jubiläumsmodell ist eine Einzeigeruhr. Seit über 25 Jahren baut Schauer schon solche Modelle. Eine klassische Typographie mit sehr feiner Einteilung, über die man die Zeit auf fünf Minuten genau ablesen kann, ergibt mit dem typischen zwölffach verschraubten Schauer-Gehäuse eine perfekte Synergie. Dieses Jubiläumsmodell kostet 2000 Euro und ist auf 100 Stück limitiert.

Für den ganz eigenen Stil kommt eine Schauer-Uhr in Frage

Auf Wunsch fertigt Schauer diesen einen Zeiger auch in Roségold oder Platin für jeweils 30 Sonderstücke an. Für einen solchen Zeiger braucht er etliche Stunden und vor allem Ruhe, damit am Ende die Qualität stimmt. Ganz klar, dass ich da am Telefon nicht stören darf.
Selbst ist der Mann: Jörg Schauer, da wo er am liebsten ist – in seiner Werkstatt. © PR
Das ist seine Passion, Uhren zu bauen, die individuell sind. Wenn Menschen ihren eigenen Stil entwickeln, dann kommt für sie eine Schauer in Frage.
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