Suchen Sie einen Einsteigerchronographen mit attraktivem Retrodesign, auf das Wesentliche reduzierten Funktionen, guten Alltagseigenschaften und einem verlässlichen Werk? Hamilton hat ihn!Was muss eine Retrouhr können? Und was darf sie? Ist ein Saphirglas okay, obwohl das historische Vorbild ein Acrylglas besaß? Kann man ein Automatikwerk verwenden, wenn das Original von Hand aufgezogen wurde? Und was ist mit einer Datumsanzeige, die heute von vielen als essenziell betrachtet wird? Hamilton hat mit dem neuen Khaki Pilot Pioneer Mechanical Chronograph den Spagat zwischen historischer Korrektheit und Modernisierung geschafft: Mit zwei Zählern und ohne Datum sieht der Zeitmesser so symmetrisch und aufgeräumt aus wie die Pilotenuhren, die Hamilton in den siebziger Jahren an die britische Luftwaffe lieferte. Und er wird wie damals von Hand aufgezogen, was sich dank sattem Klicken und fühlbarem Widerstand als echter Genuss für Mechanikfans herausstellt. Dabei ist das Werk absolut auf der Höhe der Zeit und bietet neben einer erhöhten Gangreserve von 60 Stunden eine Siliziumspirale, die sich von Stößen, Magnetfeldern und wechselnden Temperaturen unbeeindruckt zeigt. Zu guter Letzt besitzt das Deckglas dieselbe Boxform wie früher, besteht aber aus Saphir statt aus kratzempfindlichem Acryl.
Mit diesem Mix hat Hamilton eine Uhr geschaffen, die vieles kann – und manches gar nicht können will. Wer einen Automatikaufzug, einen Stundenzähler und eine Datumsanzeige braucht, findet bei der ehemals amerikanischen und heute schweizerischen Marke Uhren, die einem moderneren Designansatz folgen. Wer aber bei der neuen Retrouhr zugreift, mag es, morgens an der großen, griffigen Krone zu drehen. Er mag das geradlinige, aufgeräumte Design, das ein eindeutiges Ablesen von Uhr- und Stoppzeit bei Tag und Nacht ermöglicht. Und er mag die Vintage-Leuchtmasse auf Zeigern und Zifferblatt, die an gealterte Radium-Anzeigen aus vergangenen Jahrzehnten denken lässt.
Valjoux-Kaliber sorgt für Antrieb
Die einzige Änderung, die man hätte diskutieren können, ist ein Glasboden. Die dezenten Gravuren auf dem schlichten Edelstahlboden erinnern zwar an die militärischen Kennzahlen auf früheren Militäruhren, kommen aber für den heutigen Geschmack doch sehr schlicht daher. Ein Glasboden würde den Retrocharakter der Uhr am Arm nicht verfälschen, dafür aber Einblick in das spannende Uhrwerk bieten, das Hamilton seit 2021 exklusiv von der Konzernschwester Eta bezieht. Es ist nicht auf Haute-Horlogerie-Niveau veredelt, besitzt aber eine ansprechende Gravur auf der Deckplatte, die die Automatikbrücke des zugrunde liegenden Basiskalibers Valjoux 7753 ersetzt. Das daraus weiterentwickelte Kaliber Eta A05.291, das bei Hamilton H-51-Si heißt, greift auf die robuste Konstruktion der Valjoux-Klassikers zurück und bietet somit alle Vorteile des bewährten Chronographen-Arbeitstiers.
Die Verbesserungen hinsichtlich Gangreserve und Spirale sind Draufgaben, die im Alltag einen klaren Mehrwert bringen. Und auch bei der Regulierung gibt sich Hamilton keine Blöße: Die Testuhr geht laut der redaktionseigenen Zeitwaage vom Spezialisten Witschi täglich 4,8 Sekunden vor, was fast so respektabel ist wie die verschwindend geringe Abweichung zwischen den einzelnen Lagen von maximal zwei Sekunden. Was außerdem auf- und gefällt, ist die Tatsache, dass die Einzelwerte bei eingeschaltetem Chronographen fast genau dieselben sind; eine laufende Stoppung wirkt sich also kaum auf die Präzision aus. Am Handgelenk geht die Testuhr vier Sekunden vor, und das völlig gleichmäßig an jedem einzelnen Tag.Im Test blieb der Zeitmesser zwei Wochen lang durchgehend am Körper, denn er liegt so angenehm am Arm, dass man ihn auch nachts nicht ablegen muss. Außerdem ist er im Dunkeln ein hilfreiches Instrument, schließlich leuchtet die bei Tag bräunliche Leuchtmasse nachts so grün und fast so hell wie die Anzeige des Digitalweckers.
Hoher Komfort
Das gute Tragegefühl kommt einerseits von dem sanft geschwungenen Gehäusemittelteil und andererseits von der angenehmen Größe der Uhr: Hamilton gibt 40 Millimeter an, meint damit jedoch den Durchmesser der Lünette. Misst man die ausgestellte Flanke auf der Kronenseite mit, kommt man auf 42 Millimeter. Zu der robusten Gesamterscheinung passt das 22 Millimeter breite, optisch auf alt getrimmte Rindslederband mit lackierten Schnittkanten, das in einer individuellen Schließe mit Doppeldorn in Form des Hamilton-H endet.
Für das Armband gilt wie für den gesamten Zeitmesser, dass Verarbeitung und Design nicht hochraffiniert, aber sehr gelungen sind und wunderbar zu einer Retrouhr mit militärischer Vergangenheit passen. Das Gesamtpaket gibt es zum angemessenen Preis von 2.195 Euro. Damit ist der Khaki Pilot Pioneer Mechanical Chronograph nicht der größte Schnapper im Hamilton-Sortiment, aber in jedem Fall eine der spannendsten Neuerscheinungen. Vorausgesetzt, man mag historisch inspirierte Designs und weiß das kontemplative Ritual des täglichen Handaufzugs zu schätzen. Täglich? Ach was: Jeden zweiten Tag reicht dank des neuen Uhrwerks völlig. ak