Das Herz der neuen Ultra-Chron schlägt zehnmal pro Sekunde. Doch nicht nur das automatische Hochfrequenzkaliber L836.6, auch das Design der Taucheruhr ist von der original Longines Ultra-Chron Diver aus dem Jahr 1968 inspiriert. Mit diesem Zeitmesser brachte Longines damals die erste Taucheruhr, die über ein Hochfrequenzwerk verfügte, heraus. Die Schweizer Marke ist für Sportuhren genauso prädestiniert wie für Schnellschwinger. Das stellt der Test deutlich heraus.
Neben dem legendären El Primero von Zenith und einigen Uhrwerken von Grand Seiko kennt man kaum Serienkaliber, die ihren Gang beständig mit einer Frequenz von fünf Hertz oder 36.000 Halbschwingungen in der Stunde aufnehmen. Zwar hat das eine oder andere sogenannte »Talking Piece«, zum Beispiel von Audemars Piguet, Breguet, Chopard oder TAG Heuer, einen etwas höheren Pulsschlag, nicht aber mit aufregender Beständigkeit und schon gar nicht zu erschwinglichen Konditionen. Und so folgt nach erstem berechtigtem Staunen hinsichtlich der Longines Ultra-Chron ein gewisser Aha-Effekt. Die Marke mit der geflügelten Sanduhr blickt nämlich nicht ganz ohne berechtigten Stolz auf einen gewissen Pioniergeist in der Werkeentwicklung zurück und redete schon frühzeitig in Sachen Hochfrequenz ein Wörtchen mit.
Hochfrequenzwerke liegen in der Tradition von Longines
Bereits 1914 hatte Longines das erste Hochfrequenzinstrument geschaffen, das die Zeit auf die Zehntelsekunde genau messen konnte. 1959 entwickelte Longines das erste Hochfrequenzwerk für eine Armbanduhr - einen Observatoriums-Chronometer, der neue Präzisionsrekorde aufstellte. Mit einem Zeitmesser, der genauer ging als ein von der COSC zertifizierter Chronometer, ließ Longines den Namen Ultra-Chron im Oktober 1966 registrieren. 1968 kam dann die Ultra-Chron Diver heraus, die erste Taucheruhr, die mit dem Kaliber 431 über ein Hochfrequenzwerk verfügte.Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte sich Longines als Pionier der Hochfrequenztechnik etabliert, stellte aber im Zuge der tiefgreifenden Veränderungen in der Uhrenindustrie im Zusammenhang mit der aufkommenden Quarztechnologie 1986 die Herstellung eigener Kaliber komplett ein. 1983 wird Longines zudem von der SMH (Société de Microélectronique et d'Horlogerie), der späteren Swatch Group, übernommen.
Dies erweist sich für heutige Werkeentwicklungen von Longines nicht unbedingt als Nachteil. Unter dem Dach des ebenfalls zur Swatch Group gehörenden Werkespezialisten ETA kommen diverse Entwicklungskompetenzen – von der Mechanik, über die Elektronik bis hin zur modernen Silizium-Technologie – zusammen, die einerseits verschiedenen Marken der Gruppe zur Verfügung stehen, aber auch zu markenexklusiven Uhrwerken führen. So war Longines bereits maßgeblich an der Entwicklung des exklusiven Chronographen-Schaltradkalibers L688.2 auf Basis des Eta A08.231 beteiligt, das der Marke bereits seit 2009 zur Verfügung steht. Ein weiteres Beispiel sind die Uhrwerke für die neue Serie Spirit und hier speziell für die Zulu Time mit GMT-Funktion. Und schließlich ist auch das neue Automatikkaliber L836.6 eine spezielle Ausfertigung des Eta-Automatikwerkes C07.811 unter Entwicklungsbeteiligung von Longines.
Alle automatischen Spitzenuhrwerke arbeiten mit Silizium-Technologie
»Mit ihrem jahrhundertealten uhrmacherischen Know-how ist die Marke Wegbereiter zahlreicher technischer Entwicklungen gewesen, und zeugt auch heute von unaufhaltsamen Innovationsgeist«, zeigt man sich bei Longines selbstbewusst, und so hat »das ständige Streben nach Exzellenz Longines dazu veranlasst, alle automatischen Zeitmesser des Hauses mit Spitzenuhrwerken auszustatten, die über eine Spiralfeder aus Silizium verfügen.« Das ist also ein erklärtes Alleinstellungsmerkmal der Marke.Silizium ist nicht nur besonders leicht und korrosionsbeständig, es ist auch unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen und Magnetfeldern. Seine Eigenschaften verbessern die Ganggenauigkeit und Langlebigkeit der Uhr und ermöglichen es Longines, auf die Ultra-Chron fünf Jahre Garantie zu gewährleisten und sie dafür zuvor einem besonderen Testprozedere zu unterziehen.Von Timelab, einem unabhängigen Genfer Zeitlabor, das auch Uhren anderer Hersteller zertifiziert, wird die Ultra-Chron zum Chronometer geadelt. Die Zertifizierung geht mit Prüfungen zu Wasserdichtheit, Magnetismusresistenz, Gangreserve und Trageverhalten über die üblichen Chronometer-Tests hinaus. Die komplette Uhr, nicht nur das Werk, wird einer 15-tägigen Gangkontrolle und einer Reihe weiterer Tests bei drei Temperaturen von 8, 23 und 38 Grad Celsius unter den strengen Präzisionskriterien der ISO/IEC 3159:2009 unterzogen.
Die hohe Frequenz von 36.000 Halbschwingungen in der Stunde verlangt dem Uhrwerk dabei wesentlich mehr Kraft ab. Das ist eine Erkenntnis, die Longines bereits in den 1960er-Jahren mit den Observatoriums-Chronometern gemacht hat. So kann das Kaliber L836.6 auch nur mit 52 Stunden, aber dennoch einer akzeptablen Gangautonomie aufwarten – gegenüber 80 Stunden Gangdauer bei einer Frequenz von drei Hertz beim Eta-Basiskaliber C07.811. Einen Teil des Kraftverlusts durch die höhere Frequenz kompensiert der von Longines für die automatischen Spitzenkaliber festgeschriebene Einsatz der Siliziumspirale.
Die Gangwerte der Longines Ultra-Chron
Zur Erfahrung der Longines-Chronometrie mit Hochfrequenzkalibern gehört auch, dass diese eine größere Konstanz zwischen vertikalen und horizontalen Lagen bieten und im Laufe eines Tages einen geringeren Abfall der Amplitude aufweisen, was sie noch genauer macht. Das belegen die Gangprüfungen auf der Zeitwaage sehr eindrucksvoll. Die Differenzen zwischen den einzelnen Lagen sind zwischen 1,8 und 2,8 Sekunden wirklich ausgesprochen gering. Ganz zu schweigen von den exzellenten Gangwerten, die bei Vollaufzug und am Handgelenk nicht einmal eine Sekunde am Tag abweichen. Die Amplitudenschwankungen bewegen sich dagegen im Laufe eines Tages im üblichen Rahmen. Nichtsdestotrotz ist das Gangverhalten absolut beeindruckend, und die UltraChron trägt ihr Chronometer-Zertifikat vollkommen zurecht.Historisches Design professionell in die Moderne überführt
Das besondere Kaliber L836.6 steckt in einem besonderen Gehäuse. Seine Retro-Kissen-Form von etwa 40,8 mal 41,9 Millimetern Größe ähnelt mit den polierten Schrägen zu den satinierten Flanken hin der original Ultra-Chron von 1968. Der Korpus wirkt allerdings etwas lang gestreckter, weil die darüber montierte Taucherlünette das gesamte Mittelteil überspannt. Mit seiner Saphirglasabdeckung erhält der nur gegen den Uhrzeigersinn drehbare und dabei im Halbminutentakt relativ unspektakulär rastende Drehring eine schöne Dreidimensionalität und damit einen Hauch von Extravaganz. Professionalität bietet dagegen die komplett durchgezogene roten Minutenskalierung unter Hervorhebung der Fünferminuten und der – sogar mit Leuchtmittel versehenen – Minuten für die Viertelstunden. Der Auftritt rührt nicht zuletzt aus der Kompetenzgeschichte der Marke.War die Ultra-Chron 1968 bereits bis 200 Meter wasserdicht, bringt es die aktuelle Auflage auf zeitgemäße 30 Bar Druckfestigkeit. Sehr ähnlich, ja beinahe identisch, sind sich auch die eigenartigen Stundenindexe auf dem matt-schwarz gekörnten Zifferblatt. Die vier glänzenden Hauptindizes sind facettiert, appliziert und von Leuchtbalken umgeben. Bei Grundeinstellung der Lünette erstrahlen ihnen gegenüber die Fünfzehner-Minuten sowie das Orientierungsdreieck in höchster Position.Die Ultra-Chrono gewährt beste Ablesbarkeit
Weitere acht Indexe sind als lange, weiße und mit dünnen Linien verbundene Doppelstriche erstaunlich sauber auf den rubbeligen, asphaltartigen Zifferblattgrund gedruckt, wobei diese nicht leuchten, sondern nur die entsprechend zugeordneten Indexlinien innerhalb der Minutenskalierung am Zifferblattrand. Nichtsdestotrotz entsteht ein Ensemble bester Ablesbarkeit unter allen Lichtbedingungen, also auch beim Tauchen. Die durchdachte Funktionalität unterstreicht der zum Tauchen wichtig Minutenzeiger mit seinem – gegenüber dem Stundenzeiger – weitaus größerem Leuchtbalken. Seine rote Farbe markiert – zusammen mit der roten Skalierung auf der Lünette – die Zusammengehörigkeit hinsichtlich der Tauchfunktion. Unter dem mehrfach entspiegelten Saphirglas kommen alle Anzeigen gut zur Geltung. Dessen starke Randwölbung vertieft andererseits den Retro-Charakter der Uhr. Einziger Makel hinsichtlich Tauchfunktion: Dem Sekundenzeiger fehlt die beim Original vorhandene Leuchtspitze zur Funktionskontrolle.
An der Testuhr ist ein hochwertig-elegantes siebenreihiges, teils poliertes, teils satiniertes Edelstahlarmband mit einseitig klappender Druckfaltschließe montiert. In dieser besteht die Möglichkeit, die Bandlänge über vier Positionen um acht Millimeter zu variieren. Das dient allerdings keiner Tauchverlängerung, lediglich der Feineinstellung des Bandes, während man dieses im Bereich der Schließe über verschraubt Bandstege auch noch professionell kürzen kann. Für den Tauchgang steht zudem ein zusätzliches Textilband aus recyceltem Material zur Verfügung, das inklusive Wechselwerkzeug in einer Box mitgeliefert wird. Insgeheim wünscht man sich vielleicht ein zeitgemäßes Schnellwechselsystem, was über die Bandstege relativ einfach zu realisieren wäre. Aber auch ohne dieses verbindet die Ultra-Chron die Profession einer sportlichen Taucheruhr mit historischer Identität, der pulsierenden Kraft eines modernen Hochfrequenzkalibers zu einem einzigartigen Zeitmesser im aufgerufenen Preissegment (Preis: 3.490 Euro). MaRi