Zu Beginn des 20. Jahrhunderts steckte die (mechanische) Armbanduhr noch in den Kinderschuhen. Vor allem die Uhrmacher wetterten gegen den neuen Uhrentyp. Aber auch der Fachhandel zeigte sich nicht unbedingt begeistert. 1915 bekannte ein betagter und erfahrener Verkäufer, dass die Armbanduhr trotz aller zugeschriebenen Mängel allgemein verlangt werde und dass man den Geschmack des Publikums zu respektieren habe. Dennoch betrachtete er die Vorliebe für die mechanische Armbanduhr als eine Verirrung des weiblichen Geschmacks, denn das Handgelenk sei sicherlich der unpassendste Ort zur Befestigung einer Uhr. Des Weiteren beklagte er sich über den mangelhaften Gang dieser Zeitmesser. Doch, so stellte er weiter fest, sei dieses Übel für die auf diesem Gebiet dominierende Damenwelt nicht sehr groß, denn diese müsse die Uhrzeit ohnehin nicht sekundengenau kennen.
Für die Herren kämen hingegen nur gut ausgeführte Uhrwerke mit Ankerhemmung in Frage, welche die Zeit im Allgemeinen gut bewahrten. Doch hätten letztere bedauerlicherweise keine allzu große Verbreitung gefunden, da die Fabrikanten wegen des größeren Profits mehr Wert auf die Dekoration und wertvolle Ausführung der Gehäuse legen würden.
Die mechanische Armbanduhr: Vom Exot zum unverzichtbaren Kulturobjekt
Die Armbanduhr hat sich zu einem nicht mehr wegzudenkenden Kulturobjekt entwickelt. Und die Renaissance der mechanischen Zeitmessung nach der Quarzkrise zeigt, dass traditionelle Werte bei den Uhrenliebhabern trotz elektronischer Präzision hoch im Kurs stehen. An der Funktionsweise des tickenden Uhrwerks hat sich seit der Erfindung der mechanischen Räderuhr um das Jahr 1300 – abgesehen von technischen Verbesserungen und einer Miniaturisierung – im Wesentlichen nichts geändert. Deshalb kann man die Behauptung aufstellen, dass es wohl keine Maschine gibt, denn als solche kann ein mechanisches Uhrwerk bezeichnet werden, die auf einen derart langen Bewährungszeitraum und Optimierungsprozess zurückblicken kann.
Was steckt in der mechanischen Armbanduhr?
Das mechanische Uhrwerk setzt sich zusammen aus dem Rohwerk (französisch: Ebauche), der Hemmung (französisch: Echappement), dem Unruhreif mit Spiralfeder, der Zugfeder, dem Zifferblatt und den Zeigern zusammen. Das Rohwerk, vergleichbar mit dem Motor eines Autos ohne Vergaser, Zündung und Verteiler, ist ein komplettes Uhrwerk ohne Hemmung, Unruhreif, Spiralfeder, Zugfeder, Zifferblatt und Zeiger. Erhältlich ist es ohne oder mit eingepressten Lagersteinen. Es setzt sich zusammen aus mindestens sechzig verschiedenen Teilen.
Im Jahre 1960 konnte allein die schweizerische Rohwerke Holding Ebauches SA (AS, ETA, FEF, Felsa, FHF, Landeron, Peseux, Valjoux, Venus u.v.a.) 220 unterschiedliche mechanische Kaliber mit manuellem oder automatischem Aufzug liefern. Schon damals gab es also eine Vielzahl an Automatikuhren und Handaufzugsuhren.
Woher kommen die mechanischen Uhrwerke?
Mittlerweile hat sich sowohl die Zahl der Rohwerkehersteller als auch die Zahl der lieferbaren mechanischen Kaliber drastisch verringert. Zu den wichtigsten Fabrikanten preiswerter und verkäuflicher Ebauches für Armbanduhren zählen heute in der Schweiz Eta, Sellita und Soprod.
Sie liefern ihre Produkte an verschiedene Kunden im In- und Ausland. Allerdings beschloss die Eta 2013, an deren Tropf schätzungsweise rund 80 Prozent der eidgenössischen Fabrikanten mehr oder minder stark hängen, ihre Lieferbereitschaft stark einzuschränken. Zur Entscheidung der Schweizer Wettbewerbskomission (WEKO), die eine Reduzierung der Lieferungen auf die Hälfte bis zum Jahr 2019 zuließ, erfahren Sie hier. Seit Juni 2016 ist bekannt, dass die Swatch Group nun doch wieder mehr Uhrwerke an die Konkurrenz verkaufen möchte. Laut "Neuer Zürcher Zeitung" prüft die Wettbewerbsbehörde Weko die von der Swatch Group gewünschte Lockerung.
Exklusivere Kaliber für mechanische Armbanduhren liefern beispielsweise die Citizen-Dach geschlüpfte La Joux-Perret SA. Die so genannten „Etablisseure” setzen Uhren aus zugekauften Teilen zusammen und bringen sie unter ihrem eigenen Namen in den Handel, was letztlich bedeutet, dass die gleichen Werke in Armbanduhren unterschiedlichster Uhrenmarken zu finden sind. Davon zu unterscheiden sind die wesentlich selteneren Manufakturen. Doch dieser imageträchtige Titel wird heute oftmals missbraucht.
Welche Armbanduhren-Hersteller sind auch Uhrwerke-Manufakturen?
Manufaktur darf sich per Reglement eigentlich nur nennen, wer mindestens eine Uhr komplett herstellt, also auch das zugehörige Rohwerk. Die Zahl der Manufakturen mit mehr oder weniger eigenen mechanischen Kalibern ist in den vergangenen Jahren – teilweise angespornt durch die Eta-Initiative, Rohwerkelieferungen an Hersteller außerhalb der Swatch Group schrittweise zurückzufahren – kontinuierlich gestiegen. Zum erlauchten Kreis zählen heute unter anderem Zenith.
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Exklusive, das heißt fremd hergestellte aber nur unter eigener Signatur verkaufte, Werke bieten zum Beispiel Nomos als echte Manufakturen. Nicht zu vergessen die japanischen Werkegiganten Citizen und Seiko.
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Blick zurück: Der Ursprung der mechanischen Armbanduhr
Eine wesentliche Voraussetzung für die Geburt der Armbanduhr, oder besser gesagt, ihrer Vorläufer, waren die Fortschritte der Uhrmacher in technischer, handwerklicher und technologischer Sicht. Technische Entwicklungen, darunter die so wichtige Erfindung der Zugfeder, führten zur tragbaren Uhr. Die Vervollkommnung handwerklicher Fertigkeiten brachte unter anderem eine zunehmende Miniaturisierung der Uhren mit sich. Die technologische Evolution bescherte unter anderem ein höheres Maß an Alltagstauglichkeit und mehr Präzision.
Begonnen hat wohl alles im Frankreich des späten 15. Jahrhunderts, wo erstmals Zugfedern verwendet wurden. Im Zusammenhang mit der ersten Taschenuhr fällt immer wieder der Name Peter Henlein aus Nürnberg. Über ihn schreibt ein gewisser Johannes Cocleusim im Anhang einer Nürnberger Weltbeschreibung aus dem Jahre 1511, der „Cosmographia Pomponii Melae”, folgendes: „Täglich erfinden sie feinere Dinge. So bringt Peter Henlein (im Originaltext Peter Hele genannt), ein noch junger Mann, Werke hervor, die selbst die gelehrtesten Mathematiker bewundern, denn aus ein wenig Eisen fertigt er mit vielen Rädern ausgestattete Uhren, die, wie man sie auch wenden mag, ohne irgendein Gewicht 40 Stunden zeigen und schlagen, selbst wenn sie im Busen oder Geldbeutel stecken.” Doch Enrico Morpurgo kommt nach seinen Forschungen zu der Auffassung, dass es in Italien bereits 1475 tragbare mechanische Uhren gegeben haben soll. Von dort bis zur Armbanduhr, die im 20. Jahrhundert ihren Siegeszug antrat, ist ein weiter Weg. Doch an der grundsätzlichen Funktion eines Handaufzugswerks hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur wenig geändert.
Wie funktioniert ein ganz normales Handaufzugswerk?
Der Aufbau eines klassischen Handaufzugswerks lässt sich am ehesten nachvollziehen, wenn man seine wichtigsten Organe, die vom „Gestell” (Hauptplatine 100, Federhausbrücke 105, Räderwerksbrücke 110, Unruhkloben 122, Ankerkloben 125) zusammengehalten werden, in acht wesentliche Funktionsgruppen unterteilt (die angegebenen Nummern beziehen sich auf diejenigen in den Explosionsdarstellungen):
- Das Reguliersystem, bestehend aus Unruhreif (719) mit Unruhwelle (723), Spiralfeder (719) sowie einer Vorrichtung zur Gangregulierung (302, 311), meist Rücker genannt.
- Das mechanische Antriebssystem, bestehend aus dem vollständigen Federhaus (185, 190), dem Federkern (195) und der im Federhaus spiralförmig aufgewickelten Zugfeder (770).
- Das Übertragungssystem, normalerweise bestehend aus einem Satz von drei (Zahn-) Rädern samt zugehörigen Trieben, dem Minutenrad (201), dem Kleinbodenrad (210) und dem Sekundenrad (224).
- Das Verteilungssystem (Hemmung), bestehend aus Hemmungsrad (Ankerrad) mit Trieb (705), dem Anker mit Welle (710) sowie der auf die Unruhwelle aufgepressten Hebelscheibe (730).
Die oben genannten Bauteile führen in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem klassischen Handaufzugswerk, wie es in Millionen von Armbanduhren Verwendung fand und immer noch findet. Es besitzt 17 Steine. Diese Zahl ist für das einwandfreie Funktionieren absolut hinreichend. Mehr Steine können, müssen aber nicht zwangsläufig sinnvoll und qualitätssteigernd sein. Auf keinem Fall darf man sich von vielen Steinen blenden lassen. Sie bürgen nicht zwangsläufig für besondere Qualität. Im Gegenteil: Gerade Werke minderer Qualität verfügten speziell in den 1960er- und 1970er- Jahren mitunter über sehr viele „Jewels”. Allerdings saßen diese mehrheitlich jedoch nicht dort, wo sie eigentlich notwendig wären. glb
Fortlaufend aktualisierter Artikel, erstmals online gestellt im September 2012.
Exklusive, das heißt fremd hergestellte aber nur unter eigener Signatur verkaufte, Werke bieten zum Beispiel Nomos als echte Manufakturen. Nicht zu vergessen die japanischen Werkegiganten Citizen und Seiko.
Blick zurück: Der Ursprung der mechanischen Armbanduhr
Eine wesentliche Voraussetzung für die Geburt der Armbanduhr, oder besser gesagt, ihrer Vorläufer, waren die Fortschritte der Uhrmacher in technischer, handwerklicher und technologischer Sicht. Technische Entwicklungen, darunter die so wichtige Erfindung der Zugfeder, führten zur tragbaren Uhr. Die Vervollkommnung handwerklicher Fertigkeiten brachte unter anderem eine zunehmende Miniaturisierung der Uhren mit sich. Die technologische Evolution bescherte unter anderem ein höheres Maß an Alltagstauglichkeit und mehr Präzision.
Begonnen hat wohl alles im Frankreich des späten 15. Jahrhunderts, wo erstmals Zugfedern verwendet wurden. Im Zusammenhang mit der ersten Taschenuhr fällt immer wieder der Name Peter Henlein aus Nürnberg. Über ihn schreibt ein gewisser Johannes Cocleusim im Anhang einer Nürnberger Weltbeschreibung aus dem Jahre 1511, der „Cosmographia Pomponii Melae”, folgendes: „Täglich erfinden sie feinere Dinge. So bringt Peter Henlein (im Originaltext Peter Hele genannt), ein noch junger Mann, Werke hervor, die selbst die gelehrtesten Mathematiker bewundern, denn aus ein wenig Eisen fertigt er mit vielen Rädern ausgestattete Uhren, die, wie man sie auch wenden mag, ohne irgendein Gewicht 40 Stunden zeigen und schlagen, selbst wenn sie im Busen oder Geldbeutel stecken.” Doch Enrico Morpurgo kommt nach seinen Forschungen zu der Auffassung, dass es in Italien bereits 1475 tragbare mechanische Uhren gegeben haben soll. Von dort bis zur Armbanduhr, die im 20. Jahrhundert ihren Siegeszug antrat, ist ein weiter Weg. Doch an der grundsätzlichen Funktion eines Handaufzugswerks hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur wenig geändert.
Wie funktioniert ein ganz normales Handaufzugswerk?
Der Aufbau eines klassischen Handaufzugswerks lässt sich am ehesten nachvollziehen, wenn man seine wichtigsten Organe, die vom „Gestell” (Hauptplatine 100, Federhausbrücke 105, Räderwerksbrücke 110, Unruhkloben 122, Ankerkloben 125) zusammengehalten werden, in acht wesentliche Funktionsgruppen unterteilt (die angegebenen Nummern beziehen sich auf diejenigen in den Explosionsdarstellungen):
- Das Reguliersystem, bestehend aus Unruhreif (719) mit Unruhwelle (723), Spiralfeder (719) sowie einer Vorrichtung zur Gangregulierung (302, 311), meist Rücker genannt.
- Das mechanische Antriebssystem, bestehend aus dem vollständigen Federhaus (185, 190), dem Federkern (195) und der im Federhaus spiralförmig aufgewickelten Zugfeder (770).
- Das Übertragungssystem, normalerweise bestehend aus einem Satz von drei (Zahn-) Rädern samt zugehörigen Trieben, dem Minutenrad (201), dem Kleinbodenrad (210) und dem Sekundenrad (224).
- Das Verteilungssystem (Hemmung), bestehend aus Hemmungsrad (Ankerrad) mit Trieb (705), dem Anker mit Welle (710) sowie der auf die Unruhwelle aufgepressten Hebelscheibe (730).
Die oben genannten Bauteile führen in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem klassischen Handaufzugswerk, wie es in Millionen von Armbanduhren Verwendung fand und immer noch findet. Es besitzt 17 Steine. Diese Zahl ist für das einwandfreie Funktionieren absolut hinreichend. Mehr Steine können, müssen aber nicht zwangsläufig sinnvoll und qualitätssteigernd sein. Auf keinem Fall darf man sich von vielen Steinen blenden lassen. Sie bürgen nicht zwangsläufig für besondere Qualität. Im Gegenteil: Gerade Werke minderer Qualität verfügten speziell in den 1960er- und 1970er- Jahren mitunter über sehr viele „Jewels”. Allerdings saßen diese mehrheitlich jedoch nicht dort, wo sie eigentlich notwendig wären. glb
Fortlaufend aktualisierter Artikel, erstmals online gestellt im September 2012.