Auf etwa einhundert Seiten wollten Peter und Aletta Stas die Story ihres Familienunternehmens Frédérique Constant niederschreiben. Daraus sind ganze fünfhundert und das Buch "Live your Passion" geworden. Einige wesentliche Gedanken resümiert CEO Peter Stas im Gespräch mit dem UHREN-MAGAZIN.
Uhren-Magazin: »Alles begann mit unserer Passion für Uhren. Dazu kam die Leidenschaft unserer Uhrmacher und schon steckten wir mittendrin im Bau einer erfolgreichen Uhrenmanufaktur.« Mit diesen Worten beginnt das Buch über den Aufbau von Frédérique Constant. Herr Stas, wie begründen Sie Ihren Erfolg?
Peter Stas: Wir sind vor mehr als zwanzig Jahren mit einer sehr klaren Positionierung gestartet, nämlich mit Frédérique Constant eine klassische, schöne und bezahlbare Luxusuhr zu schaffen. Um jüngere Kunden anzusprechen, die keine 10.000 – damals noch D-Mark – eben mal so für einen Zeitmesser zur Verfügung haben. Wir haben die Lücke im Markt gesehen und avisiert, vor allem aber unsere Strategie vehement verfolgt. Andere Unternehmen haben sich verändert, sind mit den Preisen in die Höhe geschossen oder in ein anderes Metier abgebogen. Wir sind immer konsequent auf unserem Weg geblieben. Auch wenn das manchmal mühsam war. Das waren zwanzig Jahre harte Arbeit, step by step, keine Prozesse von einem Tag auf den anderen. So kurzsichtig gedacht, hätte unsere Passion nämlich nicht funktioniert.
Uhren-Magazin: Sie produzieren, wie Sie sagen, klassische, schöne Uhren. Wie gestaltet sich die Kollektion?
Peter Stas: Bei Frédérique Constant haben wir zurzeit fünf Kernlinien. Allen voran die »Manufacture« mit unseren eigenen Kalibern, dann die Damenuhrenlinie »Ladies Automatic«, »Runabout« – eine Kollektion, welche die gleichnamigen sportlichen Boote aus den 1920er-Jahren würdigt, »Vintage Rally«, mit der die Uhrenmarke ihr Engagement im Motorsport unterstreicht, und »Classics«, eine Kollektion aus »ewigen Stücken«. Die Gesamtkollektion besteht zu 65 Prozent aus mechanischen Uhren – mit Werken von Sellita und aus der eigenen Manufaktur – und zu 35 Prozent aus Quarzuhren. 40 Prozent sind der Damenwelt gewidmet, 60 Prozent machen Herrenuhren aus.
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Uhren-Magazin: »Manufacture« ist Ihre größte Herausforderung. Wie viele Manufakturkaliber werden derzeit gebaut?
Peter Stas: 15.000 bis 20.000 Stück im Jahr. Wir sind jetzt bei etwa 1.200 pro Monat und investieren noch immer sehr viel, haben gerade erst wieder 15 neue Uhrmacher eingestellt, um die Manufaktur weiter wachsen zu lassen.
Uhren-Magazin: Wie viele Mitarbeiter haben Sie insgesamt?
Peter Stas: 150. Davon 130 in der Manufaktur in Genf und 20 in den Filialen.
Uhren-Magazin: Zurück zu den Uhren. Wie sieht die preisliche Positionierung aus?
Peter Stas: Wie gesagt, wir verfolgen den Anspruch, klassisch-schöne, vor allem aber bezahlbare Luxusuhren zu bauen. Daher gibt es bei uns zahlreiche mechanische Zeitmesser unter 1.000 Euro. Der Einstieg bei den automatischen Uhren liegt bei 695 Euro. Die Kalkulation heißt: 695, 795, 895 Euro für Uhren in Edelstahl, Edelstahl mit Metallband und Edelstahl plattiert. Das ist spitz gerechnet und aggressiv gepreist. Es handelt sich um Uhren mit dem Sellita-Kaliber SW 200. In der nächsten Stufe folgen kleine Komplikationen, die wir auf das SW 200 aufsetzen – Zeigerdatum, Mondphase oder die Anzeige von Tag und Datum zusammen mit einer Mondphase. Diese Uhren kosten zwischen 1.000 und 1.500 Euro. Denen folgen die Uhren mit Manufakturwerken zwischen 2.000 und 2.500 Euro.
Uhren-Magazin: Wie sind denn solche Preise überhaupt zu realisieren?
Peter Stas: Wir produzieren inzwischen große Stückzahlen an Uhrwerken. Das »Maxime«-Werk zum Beispiel ist so konzipiert, dass es sich sehr effizient zusammenbauen lässt. Zu diesem Zweck haben wir in Genf in eine semi-automatische Assemblage-Straße investiert. Im Manufakturbereich wollen wir die gleiche Positionierung erreichen wie bei den anderen Uhren. Eine bezahlbare Luxusuhr für junge Leute, die begeistert sind von der Technik, aber kein Riesenbudget haben. Übrigens: Hinter Alpina steckt dieselbe Struktur mit denselben Werken.
Uhren-Magazin: Alpina – wie ist denn die Marke in Ihr Unternehmen gekommen?
Peter Stas: Im Laufe der Zeit haben uns zahlreiche Kunden gebeten, eine Sportuhrenkollektion zu entwickeln. Eine solche hätte jedoch nicht der Philosophie von Frédérique Constant, welche wir um keinen Preis unterwandern wollten, entsprochen. 2002 bot sich schließlich die Gelegenheit, Alpina zu übernehmen, ein Uhrenunternehmen, welches bereits 1883 gegründet wurde und seit vielen Jahren Sportuhren herstellt. Diese Übernahme bereitete den Weg für eine Sport- und Livestyle-Uhrenkollektion. Alpina gliedert sich genauso wie Frédérique Constant – preislich zwischen 800 und 2500 Euro – eben mit dem einen Unterschied: Frédérique Constant ist klassisch, Alpina sportlich. Für Frédérique Constant ist noch hinzuzufügen, dass es auch etwas teurere Uhren mit Diamanten gibt, und das Tourbillon, ein Image-Produkt, mit dem wir bei 30.000 Euro liegen und momentan zwischen 100 und 150 Stück pro Jahr produzieren.
Uhren-Magazin: Erzählen Sie uns noch etwas mehr über die Manufakturkaliber.
Peter Stas: Das erste Mechanikwerk, welches wir produziert haben, war das »Heart Beat« (Herzschlag) Manufacture. Wir haben 2001 mit der Entwicklung angefangen und es 2004 auf den Markt gebracht. Es war mit zwei Zeigern die Basis der Basis. Später haben wir eine Mondphase dazu konstruiert und 2006 das erste Automatikwerk produziert, 2007 dann eine Kombination aus Datum, Mondphase und Automatik, 2008 das bereits erwähnte Tourbillon Manufacture. 2009 haben wir das zweite Basiskaliber gebracht, das »Maxime«. Ein Werk mit einem Zeigerdatum. Dieses Jahr kam hier die Mondphase dazu, vorgestellt in Basel in der eleganten Linie Slimline.
Uhren-Magazin: Wird es bei Alpina auch Manufakturkaliber geben?
Peter Stas: Die gibt es schon. Das Basiswerk ist in Alpina-Modellen verbaut. Wir haben auch eine Weltzeituhr bei Alpina. Obendrein modifizieren wir das Sellita SW 500 für die Sportuhrenmarke.
Uhren-Magazin: Wie weit reicht denn der Manufakturgedanke überhaupt?
Peter Stas: Es gibt verschiedene Stufen. Die erste heißt Entwicklung. Wir haben natürlich eigene Ingenieure im Haus, die jedes neue Modell entwerfen. In der Manufaktur gibt es eigene CNC-Maschinen, auf denen die Prototypen entstehen und zahlreiche Teile für die Serie hergestellt werden. Nicht alles machen wir selbst. Zahnräder, Wellen, Steine und auch Gehäuse, Zifferblätter, Zeiger kaufen wir ein. Unsere Ingenieure haben zum Beispiel ein Hemmungsrad aus Silizium entworfen, welches natürlich von einem versierten Partner hergestellt wird. Insgesamt kooperieren wir mit mehr als 60 Zulieferern, die manchmal auch Einzelpersonen sind. Alles kommt zu uns in die Manufaktur und wird hier zum Uhrwerk und schließlich zur kompletten Uhr zusammengesetzt. Mit viel Handarbeit, wohlgemerkt. Akribisch ist die Qualitätskontrolle – von der visuellen bis zur technischen auf eigenen, hochmodernen Testanlagen.
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Uhren-Magazin: Denken Sie auch an solche Qualitätsstufen wie Chronometerzertifikat oder Genfer Siegel?
Peter Stas: Chronometer hatten wir schon. Sie sind allerdings im Moment nicht im Programm. Eine Chronometerprüfung kostet immerhin 80 Schweizer Franken. Angesichts dessen könnten wir unsere Preispositionierung nicht halten. Außerdem sehen wir darin eher eine Marketing-Geschichte. Das Genfer Siegel haben wir zurzeit nicht im Visier. Dieser Anspruch geht nicht zusammen mit unserer derzeitigen Positionierung am Markt.
Uhren-Magazin: In diese Positionierung passt auch keine Minutenrepetition.
Peter Stas: Richtig. Die ginge für eine Frédérique-Constant-Uhr wirklich zu weit. Deshalb haben wir 2009 Ateliers deMonaco gegründet. Während wir bei Frédérique Constant und Alpina 95-prozentige Anteilseigner sind und fünf Prozent ein stiller Teilhaber, ein Freund der Familie, hält, sind wir an Ateliers deMonaco mit 85 Prozent beteiligt. Unter dem Dach dieses Unternehmens können sich unsere talentiertesten Uhrmacher verwirklichen. Es entstehen Tourbillons, Ewige Kalender, Minutenrepetitionen und andere Komplikationen. Monaco empfinden wir dabei als einen Platz von Luxus. Deshalb ist das Unternehmen dort angesiedelt. Entwicklungsleistungen und vorbereitende Arbeiten werden in der Manufaktur in Genf erbracht, die Assemblage erfolgt dagegen komplett am Mittelmeer.
Uhren-Magazin: Wie weit reichen Ihre Pläne in die Zukunft?
Peter Stas: Jedes Jahr ein neues Werk, nicht immer ein Basiskaliber, aber eine Version oder Modifikation. In diesem Jahr bringen wir zum Beispiel eine besondere GMT-Funktion. Und ein Chronographenkaliber. Man mag es kaum glauben, aber ein Uhrwerk mit Stoppfunktion ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Wir wollten es ursprünglich schon 2013 präsentieren, aber uns lief einfach die Zeit davon. Auch in der Fertigungstiefe geht es Schritt für Schritt weiter. Bei Anker, Ankerrad und Unruh bewegen wir uns schon in Richtung Autonomie. Wir produzieren derzeit ungefähr 125.000 Uhren im Jahr und visieren jedes Jahr zwischen 5.000 und 10.000 zusätzlich an.
Uhren-Magazin: Wie viele Uhren kommen davon nach Deutschland?
Peter Stas: 5.000 bis 6.000 Uhren werden von beiden Marken pro Jahr in Deutschland verkauft. Deutschland ist ein Markt, auf dem wir schon länger sind, unter anderem bei Wempe. Es gibt 120 Verkaufspunkte für Frédérique Constant, nur 25 für Alpina. Wir sind zurzeit dabei, unseren Kundenkreis zu analysieren und zu schauen, wo wir uns stärker positionieren könnten. Es gibt durchaus Reserven. Bei renommierten Juwelieren, wie zum Beispiel Wempe, sind wir die bezahlbare Einstiegsmarke. Das bringt auch jüngere Käufer in die Läden und führt sie zugleich an höher positionierte Marken heran. Ein interessanter Ansatzpunkt für den Juwelier, neue Kundschaft ins Geschäft zu bekommen. Wenn ein Händler unabhängig bleiben will, braucht er auch unabhängige Marken. Darin sehen wir unser Potenzial im Sinne unserer Philosophie, eine klassische und bezahlbare Marke zu sein. Das wollen wir unseren Kunden in Deutschland noch besser vermitteln.