Audemars Piguet – oder kurz AP – zählt neben Patek Philippe und Vacheron Constantin zu den ganz Großen der Schweizer Uhrenindustrie. Vor allem als Spezialistin für Komplikationen machte sich die Manufaktur schon früh einen Namen. Ewige Kalender, Repetitionsuhren und Tourbillons sowie bahnbrechende Innovationen in Technik und Design gehören zur DNA der Marke.
Dabei ist die große Historie kein Hemmschuh für die Gegenwart: Audemars Piguet zählt seit Jahren zu den coolsten und attraktivsten Uhrenmarken der obersten Luxusklasse und spricht auch ein hippes, junges Publikum an. Dafür sprechen auch Kooperationen wie die seit 2021 bestehende Zusammenarbeit mit Marvel Entertainment oder Initiativen rund um Musik mit Artist Mark Ronson.
Auch in einem anderen Punkt unterscheidet sich Audemars Piguet von den meisten anderen großen Marken: Mittlerweile verkauft die Manufaktur ihre Zeitmesser nicht mehr über Konzessionäre, sondern nur noch über eigene Boutiquen. Die als "AP House" benannten Stores erweitern ein klassisches Retail-Konzept um eine Fläche für Dinner-Events, Bars, Piano-Nights etc und laden Kund:innen zum Verweilen ein. Auf eine riesige Laufkundschaft wird aktiv verzichtet, denn die Flächen liegen oft etwas versteckt – zum Beispiel im ersten Stock eines Gebäudes – und müssen von den Kundinnen und Kunden aktiv gesucht werden. So erreicht AP, dass niemand "zufällig" in die Boutique kommt, sondern nur Menschen, die sich bereits mit der Marke auskennen und das Ziel AP House bewusst ansteuern.
Aber nicht nur die Stores sind besonders: AP hat auch ein eigenes Musée Atelier Audemars Piguet in Le Brassus eröffnet. Der vom Stararchitekten Bjarke Ingels entworfene Bau ist spektakulär in Form von zwei Spiralen entworfen. Die Dachkonstruktion ist mit Gras bewachsen und fügt sich so in die umgebende Landschaft ein, deren traditionellen Gebäude so gar nichts mit dem architektonischen Wunderwerk gemein haben. Im Inneren befinden sich nicht nur Vitrinen mit rund 300 Uhren aus der AP-Sammlung, sondern auch zwei Uhrmacherwerkstätten. Und nur wenige Meter weiter findet sich auch das spektakuläre Hôtel des Horlogers der Marke. Das zickzack-förmig konstruierte 4-Sterne-Haus, in dem man von oben nach unten läuft, ohne eine Treppe zu benutzen, wurde ebenfalls von der Bjarke Ingels Group entworfen und vom Schweizer Architekturbüro CCHE gebaut. Seine Gestaltung nimmt innen wie außen vielfältig Bezüge auf die Natur des Vallée de Joux. Dazu hat man in den Zimmern – die alle unterschiedlich hoch sind, bis hin zu 6 Metern – jeweils Aussicht auf den umgebenden Wald und die Wiesen.
Fakt #1 über Audemars Piguet: Die Royal Oak
Die von Gérald Genta gezeichnete, 1972 als „erste Luxus-Sportuhr“ in Edelstahl lancierte Royal Oak ist eine der berühmtesten Uhren der Welt. Ihre Kennzeichen sind die achteckige Lünette mit den acht sechseckigen Schrauben, deren Schlitze tangential ausgerichtet sind. Die erste Royal Oak kostet 1972 den für eine Stahluhr damals exorbitant hohen Preis von 3.650 Schweizer Franken, in Deutschland 2.900 D-Mark. (Zum Vergleich: Eine Edelstahlvariante in 41 mm liegt heute bei 27.200 Euro.) Der Erfolg ließ auf sich warten; erst nach einigen Jahren verkaufte sie sich gut, wurde dann aber zu einer gigantischen Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert. Mit der 1993 eingeführten Royal Oak Offshore entwickelte AP das Konzept der Luxussportuhr weiter und wurde noch sportlicher, technischer und komplexer in der Anwendung. 1993 wurde die Uhr aufgrund ihres mit 42 Millimeter für die Zeit besonders großen Gehäuses "The Beast" genannt. Heute startet das Modell ab einer Größe von 34 mm (mechanisch) bis 44 mm (Grande Complication). Im "Standard"-Modell von 41 mm schlägt das Kaliber 4302 mit 70 Stunden Gangreserve. 2021 führte Audemars Piguet eine neue Generation der Offshore in 43 Millimetern ein. Im neuen Chronographen arbeitet das 2019 vorgestellte integrierte Manufakturchronographenkaliber 4401 mit Automatikaufzug, Flybackfunktion und 70 Stunden Gangreserve.
Fakt #2 über Audemars Piguet: Komplikationen
Zu den Spezialitäten von Audemars Piguet gehören Komplikationsuhren. Schon 1882 wurde die erste Taschenuhr mit ewigem Kalender gebaut, 1889 folgte die erste Grande Complication. 1892 fertigte die Manufaktur für Louis Brandt & Frère die weltweit erste Armbanduhr mit Minutenrepetition. Auch die erste in Kleinserie gefertigte Armbanduhr mit Tourbillon (Bild) kam 1986 aus dem Hause Audemars Piguet. Zuvor hatte es nur vereinzelt Armbanduhren mit Tourbillon gegeben. Die Audemars Piguet war mit einer Gehäusehöhe von 4,8 Millimetern besonders flach und mit einem Automatikaufzug ausgestattet. Ein Grund für die geringe Gesamthöhe war die Tatsache, dass der Gehäuseboden als Werkplatine genutzt wurde. Bis heute wird jede Grande Complication von Anfang bis Ende von ein und demselben Uhrmacher gefertigt. Der Prozess erstreckt sich über sechs bis acht Monate und umfasst unter anderem den Zusammenbau von ca. 648 Komponenten des Uhrwerks, die Einstellung aller Funktionen, die Dekoration, die Behandlung, die Reinigung, den Zusammenbau und die Endprüfung.
Fakt #3 über Audemars Piguet: Die komplizierteste Uhr der Manufaktur
Im Januar 2023 stellte Audemars Piguet mit der Code 11.59 Ultra-Complication Universelle RD#4 die komplizierteste Uhr vor, die die Manufaktur jemals gebaut hat. AP listet 40 Funktionen auf, von denen 23 als Komplikationen im engeren Sinne und 17 als spezielle technische Vorrichtungen gelten. Die Uhr beinhaltet unter anderem ein Schlagwerk mit Grande und Petite Sonnerie sowie Minutenrepetition, einen ewigen Kalender, der erst 2400 korrigiert werden muss, einen Schleppzeigerchronographen mit Flyback-Funktion sowie ein fliegendes Tourbillon. Bemerkenswert ist, dass die Universelle trotz ihrer vielen Funktionen mit 15,55 Millimetern verhältnismäßig flach und gleichzeitig leicht zu bedienen ist. So gibt es zum Beispiel keine versenkten Korrekturdrücker, für die man einen speziellen Stift bräuchte. Die Universelle kostet je nach Ausführung 1,45 oder 1,6 Millionen
Fakt #4 über Audemars Piguet: Historie
Jules-Louis Audemars (Technik) und Edward-Auguste Piguet (Kaufmännisches) entstammten beide aus traditionellen Uhrmacherfamilien, die seit Generationen im schweizerischen Le Brassus im Vallée de Joux ansässig waren. Beide absolvierten eine Ausbildung zum Uhrmacher und arbeiteten seit 1875 zusammen bevor die offizielle Unternehmensgründung 1881 erfolgte. Die Marke ist bis heute im Familienbesitz und eine der größten unabhängigen Uhrenhersteller. Das Manufakturgebäude wurde 1907 erbaut und seitdem mehrfach erweitert.
Fakt #5 über Audemars Piguet: Führung
Im Mai 2023 gab Audemars Piguet eine neue Führungspersönlichkeit bekannt. Ilaria Resta wird mit einer rund fünfmonatigen Übergangszeit am 1. Januar 2024 den langjährigen CEO François-Henry Bennahmias ablösen, der das Unternehmen nach fast 30 Jahren verlässt. Bennahmias ist seit 1994 bei Audemars Piguet tätig und wurde 1999 Geschäftsführer von Audemars Piguet North America. Nach einer kurzen Übergangszeit als Interims-CEO wurde er 2013 dauerhaft als CEO ernannt. Die Transformation in den letzten zehn Jahren ist bemerkenswert. Im Jahr 2018 erreichte Audemars Piguet zum ersten Mal einen Umsatz von über 1 Milliarde Schweizer Franken. Gleichzeitig mit dem Umsatzanstieg wurden die Verkaufsstellen und die Anzahl der Kollektionen reduziert und sich auf den Ausbau der vier Haupt-Kollektionen konzentriert: Royal Oak, Royal Oak Offshore, Royal Oak Concept und Code 11.59. Resta selbst wird sicherlich einen frischen Wind ins Unternehmen bringen. Vor ihrer Ernennung als President Global Perfumery & Ingredients war sie über 20 Jahre lang bei Procter & Gamble tätig.