1969 lancierten Heuer und Seiko die weltweit ersten Automatik-Chronographen. Dabei konnten die Marken verschiedene Weltpremieren für sich verbuchen und legten fast gleichzeitig einen der größten Meilensteine der Geschichte der Armbanduhren und Automatikuhren. Denn sowohl die Schweizer Hersteller Heuer, Breitling und Zenith als auch der japanische Konkurrent Seiko lancierten erstmals Automatik-Chronographen. Und jeder von ihnen war in der einen oder anderen Weise der erste Chronograph mit Selbstaufzug.
Heuer und Breitling: Früheste Pläne für den ersten Automatik-Chronographen
Anfang der sechziger Jahre bereitete die rückläufige Nachfrage den Konkurrenten Breitling und Heuer Kummer. Den Weg aus der Krise sollte ein Chronographenkomitee finden. Die Mitglieder gelangten zu der Überzeugung, dass ein Chronograph mit der stark in Mode gekommenen Automatik für den Aufzug die adäquate Antwort auf die Krise sei. Allerdings benötigte man kompetente Partner, denn Breitling und Heuer-Leonidas waren reine Etablisseure, also Fertigsteller von Uhren. Auf dem Sektor modularer Chronographen war Dépraz & Cie. (ab 1968 Dubois Dépraz) führend, mit dem man ohnehin schon zusammenarbeitete. Außerdem führte wegen der angepeilten Modulbauweise kein Weg an Hans Kocher, dem technischen Direktor der Büren Watch S.A., vorbei. Seine Kaliber mit Mikrorotor passten bestens ins Konzept.
Im Januar 1966 startete schließlich das Projekt mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags zwischen Breitling, Heuer-Leonidas und Büren zur exklusiven Nutzung des gemeinsam in Angriff genommenen Chronographen mit Selbstaufzug. Wenig später erwarb die amerikanische Hamilton Watch Company mit Sitz in Lancaster als stiller Investor die Aktienmehrheit an Büren und gelangte so als fünfter Partner mit ins Boot. Im Frühjahr 1968 standen erste Prototypen für den Chronograph mit Automatik zur Verfügung. Aufzug und Chronograph des 31 Millimeter großen und 7,7 Millimeter hohen Kalibers 11 mit Mikrorotor unter dem Chronographenmodul sowie mit Schwingtriebkupplung und Kulissenschaltung funktionierten einwandfrei. Die Krone saß – im Gegensatz zu den Drückern – auf der linken Gehäuseseite.
Als Breitling und Heuer ihre Entwicklung am 3. März 1969 gleichzeitig in Genf und New York präsentierten, hatte das Projekt bereits 500.000 Schweizer Franken verschlungen, die nun wieder eingespielt werden mussten. Zu diesem Zweck gingen die Partner getrennt ins Rennen um die Käufergunst. Breitling wartete mit der Chrono-Matic auf, und Heuer startete mit den Modellen Autavia, Carrera und Monaco. Letzterer verhalf der amerikanische Schauspieler Steve McQueen ab 1971 zu besonderem Ruhm: Er trug sie im Rennfahrerfilm „Le Mans“, und zwar aus eigenem Antrieb, um sein Rollenvorbild Jo Siffert bestmöglich zu imitieren.
Zenith El Primero als erster Automatik-Chronograph
Als sich El Primero – der Erste – am 10. Januar 1969, fast zwei Monate vor den Schweizer Mitbewerbern, der Presse präsentierte, vermeldeten die Dokumentationen gleich mehrere Superlative: Mit 29,33 Millimetern Durchmesser und nur 6,5 Millimetern Höhe unterbot der Newcomer das Modulkaliber von Breitling, Heuer und Co. in beiden Dimensionen um mehr als einen Millimeter.
Die Unruh oszillierte mit 36.000 Halbschwingungen pro Stunde, was eine präzise und bei Armbanduhren damals einmalige Zehntelsekunden-Stoppgenauigkeit bewirkte. Den El-Primero-Reigen eröffneten im Herbst 1969 die Referenzen AH 385 (Edelstahl), GH 383 (Gelbgold) und GH 381 (ebenfalls Gelbgold) mit 30-Minuten- und Zwölf-Stunden-Zähler sowie einfacher Datumsanzeige. Das Werk bestand aus 280 Teilen. Wenig später gelangte die 354-teilige Variante Espada mit Vollkalender und Mondphasenanzeige in die Geschäfte.
Früheste Markteinführung: Seikos Chronograph mit Selbstaufzug
1967 fiel der Startschuss für das ehrgeizige Projekt eines Automatik-Chronographen bei Seiko. 6138 und 6139 lauteten die Projektbezeichnungen für ein patentiertes Werk mit Automatik für den Aufzug und integrierter Chronographenfunktion. Nach nur zwei Jahren startete die Produktion des Kalibers 6139 mit 27,4 Millimetern Durchmesser und 6,5 Millimetern Höhe. Für die Automatik zeichnete ein Zentralrotor, für die Polarisierung der von ihm erzeugten kinetischen Energie ein sogenannter Magic Lever – magischer Hebel – verantwortlich.
Zu den Merkmalen des Chronographen gehörten ein Schaltrad, ein 30-Minuten-Zähler und das, was in der Schweiz erst knapp 20 Jahre später zum Maß der Dinge wurde: die energieeffiziente vertikale Kupplung. Die Unruh oszillierte mit stündlich 21.600 Halbschwingungen. Mit an Bord waren Datum und Wochentag mit Schnellkorrektur. Bereits im Mai 1969 lieferte die Manufaktur erste Exemplare des Seiko 5 Speed Timer an den Fachhandel; der Verkauf startete im Juni. Die Version 6138 mit zusätzlichem Zwölf-Stunden-Zähler folgte 1970.
Die Frage nach dem ersten Chronograph mit Automatik lässt sich also eindeutig beantworten: Zenith stellte als erste Marke eine solche Uhr der Öffentlichkeit vor; Seiko lieferte die ersten Exemplare aus; und die Marken Heuer und Breitling können nach allem, was wir heute wissen, die ersten Pläne für sich verbuchen.
Fortlaufend aktualisierter Artikel, ursprünglich online gestellt im Dezember 2015.