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Bell & Ross: Früher Flieger

Retro: die Fliegeruhr WW1 Réserve de Marche von Bell & Ross
© PR
Man sieht es Biel nicht gleich an: Das 50.000-Einwohner-Städtchen ist eines der großen Uhrenzentren der Welt.
Läuft oder fährt man durch Biel, bemerkt man schnell die vielen Werbesäulen. Über die ganze Stadt verteilt, zeigen sie Uhren und Markenlogos der Bieler Uhrenhersteller: Armin Strom und so weiter. Würden diese Logos der Uhrenhersteller fehlen, käme kein unvorbereiteter Besucher auf die Idee, dass er sich in einer der bedeutendsten Städte der Uhrenwelt befindet.
Dabei ist Biel Sitz von über 100 Uhrenfirmen, unter anderem des weltweit größten Uhrenkonzerns, der Swatch Group, von deren Hauptsitz aus man über den Bieler See blickt. Und in einem riesigen Gebäudekomplex am Rande der Stadt produziert Rolex seine Werke. Diese beiden Giganten beherrschen die Bieler Uhrenindustrie. Zusammen beschäftigen sie rund drei Viertel der hier in der Uhrenbranche tätigen Arbeitskräfte. Hans Stöckli, seit 20 Jahren Stadtpräsident von Biel, drückt es so aus: „Da ist Rolex, da ist die Swatch Group, und da sind all die anderen.“
Auch haben mehrere Marken der Swatch Group hier ihren Sitz: Omega, Swatch und CK Watch. Darüber hinaus sind zahllose Unternehmen hier ansässig, die Uhrenhersteller in Biel und anderswo mit Uhrenkomponenten beliefern und Dienstleistungen für sie erbringen. Die Fédération Horlogère, der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie, hat hier ebenso ihren Sitz wie die offizielle Schweizer Chronometerprüfstelle COSC. Insgesamt stellt Biel zehn Prozent der Arbeitsplätze der gesamten Schweizer Uhrenindustrie – gar nicht schlecht für eine Stadt von 50.000 Einwohnern.
Dabei ist die Uhrenindustrie nicht der größte Industriezweig in Biel. An vorderer Stelle stehen Dienstleistungen, das Gesundheitswesen und die Kommunikationsindustrie. Aber Biel verdankt die Hälfte seiner Gewerbesteuern der Uhrenindustrie, so Stöckli, der auch Finanzdirektor der Stadt ist. Biel oder Bienne, wie der französische Name der zweisprachigen Stadt lautet, liegt am östlichen Rand der sich an der Grenze zu Frankreich erstreckenden Schweizer Uhrenregion. Verlässt man die Stadt in nördlicher Richtung, ist man in wenigen Minuten im Juragebirge, wo die Uhrmacherei seit dem 18. Jahrhundert ihre Wurzeln hat. Tatsächlich geht die Umbenennung des ursprünglich deutschsprachigen Biel in „Biel-Bienne“ – so die offizielle zweisprachige Bezeichnung – und schließlich seine Entwicklung zur Uhrenmetropole auf die Zuwanderung französischsprachiger Uhrmacher aus dem Jura zurück.
Die Uhrenindustrie war nicht der erste Industriezweig der Stadt. Während der ersten Jahrzehnte der Industriellen Revolution lebte die Stadt von der Textilindustrie, insbesondere von einer speziellen Färbetechnik namens „Indienne“, mit der Muster maschinell auf Baumwollgewebe gedruckt wurden. Diese Technik wurde ursprünglich in Indien – daher der Name – entwickelt und schließlich im 18. Jahrhundert von Textilherstellern in Europa übernommen. 1747 wurde in Biel eine Indienne-Manufaktur eröffnet, und im Jahr 1800 beschäftigte die Indienne-Industrie über 1000 Menschen, damals ein Drittel der Stadtbevölkerung. Schlechte Zeiten für Biel brachen 40 Jahre später an, als die Färbeindustrie der Stadt stillgelegt wurde, da die aufwändige Indienne-Technik mittlerweile durch die Entwicklung synthetischer Farbstoffe überholt war. Die Rettung kam dann durch einen politischen Flüchtling aus Deutschland. Der in Darmstadt geborene Ernst Schüler zog 1833 nach Biel und suchte zehn Jahre später als Mitglied des Stadtrats nach Möglichkeiten, die Menschen zu beschäftigen, die ihre Arbeitsplätze in der Textilindustrie verloren hatten. 1844 setzte er durch, dass die Stadt allen Uhrmachern, die nach Biel zogen, um ein Geschäft zu eröffnen, drei Jahre lang ein Steuerbefreiung gewährte. Bald schon wanderten viele Uhrmacher aus dem Jura ein und zogen eine Menge weitere nach sich, selbst dann noch, als Biel kein Steuerparadies mehr war. Die Uhrenindustrie der Stadt wuchs lawinenartig. Bereits 1860 gab es in Biel über 800 Uhrmacher, und 1900 waren von den 29.557 Einwohnern 3.400 Uhrmacher. >> Aus Brandt wird Omega Aus Brandt wird Omega
Unter den Zuwanderern waren auch zwei Brüder, Louis-Paul und César Brandt. 1848 hatte ihr Vater Louis Brandt das Unternehmen in La Chaux-de-Fonds gegründet, das später unter dem Namen Omega berühmt werden sollte. 1880 zog es Louis-Paul und César nach Biel, denn sie wollten eine moderne Manufaktur mit maschineller Fertigung aufbauen. In La Chaux-de-Fonds, wie auch im übrigen Gebiet des Kantons Neuchâtel, sträubte man sich nämlich gegen die neuen Methoden der Massenfertigung, die in der Uhrenherstellung und anderen Industriezweigen ihren Einzug hielten.
 
Also machten sich die beiden Brüder auf nach Biel im Kanton Bern und kauften eine ehemalige Baumwollspinnerei in dem östlich der Stadtmitte gelegenen Viertel Gurzelen. Im Jahr 1889 war ihr Unternehmen, Louis Brandt & Frère, mit 400 Mitarbeitern und einer Jahresproduktion von 100.000 Uhren die größte Uhrenmanufaktur der Schweiz. Heute hat Omega seinen Sitz noch immer in Gurzelen nahe der Schüss (Französisch: Suze), die durch die Stadt fließt. In den 1860er Jahren siedelte auch Edouard Heuer, Gründer der heute TAG Heuer genannten Marke, von La Chaux-de-Fonds nach Biel. Dort hatte das Unternehmen seinen Sitz bis in die 1980er Jahre, als die TAG-Gruppe (Techniques d‘Avant Garde) Heuer kaufte und deren Sitz nach Marin bei Neuchâtel verlegte.
 
Wasserkraft Ein Faktor, der zum industriellen Wachstum in Biel im 19. Jahrhundert beitrug, war die ausreichende Versorgung mit aus Wasserkraft gewonnenem Strom. Erzeugt wurde er in der nahe gelegenen, rund eineinhalb Kilometer langen Taubenlochschlucht, wo die Schüss auf ihrem Weg durch das Saint-Imier-Tal in den Bieler See in dem engen Bett der Schlucht zu einem reißenden Sturzbach wird. (Durch die Schlucht führt ein beliebter Wanderweg, der wegen Steinschlags längere Zeit gesperrt war, nach umfangreichen Sicherungsmaßnahmen seit Mitte 2010 jedoch wieder begehbar ist.) Anfangs kauften die Uhrenmanufakturen den Strom von einem Drahtwerk namens Tréfileries de Boujean (Drahtzieherei von Bözingen), installierten jedoch bald ihre eigenen Turbinen.
Einblick in die industrielle Entwicklung der Stadt gewinnen Interessierte im Museum Neuhaus an der Schüsspromenade nahe der Bieler Altstadt. Das Museum Neuhaus befindet sich in einer ehemaligen Indienne-Manufaktur namens François Verdan & Cie, die von 1784 bis 1842 betrieben wurde. Im Museum informiert eine ausführliche Chronik der Bieler Uhrengeschichte über die vielen Höhen und Tiefen der Branche. Auch ist dort eine breite Palette von Uhren Bieler Firmen ausgestellt, einschließlich zweier Vitrinen mit historischen Rolex-Modellen sowie einiger winziger Damenuhren der Bieler Manufaktur Glycine, die in überraschendem Kontrast zu den großformatigen Modellen stehen, die die Marke heute anbietet. Außerdem sind im Museum alte Filmausschnitte zu sehen, zum Beispiel über die Omega-Manufaktur im Jahr 1920 und ein weiterer, recht bewegender von 1972 mit der einem Kassandraruf gleichenden Warnung, dass die Schweizer Industrie angesichts der Konkurrenz aus Japan und den USA neue Produktionsmethoden einführen müsse.
 
Zur gleichen Zeit, als Louis-Paul und César Brandt ihre moderne Manufaktur aufbauten, wurde der Grundstein für einen weiteren Bieler Uhrengiganten gelegt: 1878 gründeten Jean und Marie Aegler eine Manufaktur in Biel, die ein Vierteljahrhundert später der Werkelieferant für Rolex-Uhren wurde. Anfangs fertigte die Manufaktur kleine, äußerst präzise Werke für Damenuhren. Das oberhalb der Stadt auf dem Gelände eines ehemaligen Weinbergs errichtete Manufakturgebäude in der Haute-Route 82 steht auch heute noch dort und ist von vielen Stellen in der Stadt aus sichtbar. Nach Jean Aeglers Tod im Jahr 1891 übernahm sein Sohn Hermann die Führung des Unternehmens. 1905 erteilte der in Deutschland geborene und damals in London ansässige Uhrenimporteur Hans Wilsdorf als einer der Ersten, die vom kommerziellen Potenzial der Armbanduhr überzeugt waren, Aegler einen großen Auftrag über die kleinen, für Armbanduhren geeignete Werke, auf die sich die Manufaktur Aegler spezialisiert hatte. Dies war der Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Aegler wurde Alleinlieferant von Werken an Wilsdorf, der seine Uhren ab 1908 unter dem Namen „Rolex“ verkaufte. Im Jahr 1919 verlegte Wilsdorf seinen Firmensitz nach Genf, wo er fortan seine Gehäuse fertigte und seine Uhren zusammenbaute und in die ganze Welt verkaufte. In seinen Memoiren erklärte er nicht gerade taktvoll, aber dafür umso offener: „Wir wollten unserer Manufaktur in Biel (d.h. Aeglers Manufaktur, NB) allein die Fertigung von Uhrwerken überlassen, während wir selbst in Genf die dem feinen Geschmack der Genfer entsprechenden Gehäusemodelle fertigen würden.“
 
 
>> Gründerzeit, Krise und Boom - Omega wurde nach dem zweiten Weltkrieg die berühmteste Uhrenmarke Gründerzeit, Krise und Boom - Omega wurde nach dem zweiten Weltkrieg die berühmteste Uhrenmarke Ob sich auch die Bieler durch einen feinen Geschmack auszeichneten, sei dahingestellt. Jedenfalls blühte die Uhrenindustrie der Stadt im gesamten späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Neue Marken erschienen auf der Bildfläche, wie Recta 1889, Concord 1908, Glycine 1914, Mido 1918 und Milus 1919, sowie viele andere, die es heute nicht mehr gibt.
Die Weltwirtschaftskrise traf Biel besonders hart. Die Uhrenproduktion war der bei weitem größte Industriezweig der Stadt, der als Teil der Luxusgüterbranche schwerer als andere zu kämpfen hatte. In den schlimmsten Jahren der Depression war ein Drittel der Mitarbeiter Bieler Uhrenmanufakturen entweder arbeitslos oder teilzeitbeschäftigt. Als Reaktion auf den wirtschaftlichen Einbruch unternahm die Stadt eine erste große Anstrengung, in einem anderen Industriezweig Fuß zu fassen und lockte den Automobilhersteller General Motors mit einer fünfjährigen Steuerbefreiung. Daraufhin eröffnete das Unternehmen im Jahr 1935 eine Fabrik in Biel, gleich neben dem Bahnhof, damit eine direkte Anbindung an das Eisenbahnnetz gewährleistet war. General Motors blieb bis 1975 in Biel.
Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gestalteten sich umso erfreulicher für Biel. Omega boomte. 1950 war es die berühmteste Uhrenmarke der Welt. In den 1960er Jahren produzierte das Unternehmen eine Million Uhren pro Jahr und beschäftigte 2300 Mitarbeiter. Aber nicht nur Omega hauchte der Stadt neues Leben ein. Im Jahr 1960 präsentierte die amerikanische Firma Bulova Corporation ihr äußerst erfolgreiches Modell Accutron, das sie in einer Manufaktur in der Straße Juravorstadt Nr. 44 produzierte. Das Gebäude, eines der ersten vollklimatisierten Gebäude der Schweiz, beherbergt heute die zur Festina-Gruppe gehörende Marke Candino. Die Accutron, eine Uhr mit einem innovativen, durch eine Stimmgabel geregelten elektronischen Werk – ein Vorläufer des Quarzwerks –, war die beliebteste Luxusuhr ihrer Zeit.
1964 erreichte die Einwohnerzahl von Biel mit 64848 ihren Höchststand. In diesem Jahr beschloss die Stadt, das östlich des Zentrums gelegene Areal Bözingenfeld, in dem Rolex heute seinen Sitz hat, als Industriegebiet auszubauen, um den Stadtkern zu entlasten. Damit setzte sie den einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg begonnenen Trend fort, Fabriken am Rand der Stadt zu errichten.
 
Die boomenden Nachkriegsjahre endeten in einer weiteren Wirtschaftskrise, die Biel und andere Schweizer Uhrenstädte besonders traf: die sogenannte Quarzkrise. Sie begann damit, dass Seiko 1969 seine erste Quarzuhr lancierte, und zog sich durch die gesamten siebziger Jahre hindurch bis in die achtziger Jahre. Die Schweizer Unternehmen akzeptierten die neue Technologie nur zögerlich und waren zudem durch Währungskurse benachteiligt, aufgrund derer japanische günstiger als Schweizer Uhren waren. Zwar kämpften sie, um mit der japanischen und US-amerikanischen Uhrenindustrie mitzuhalten, schafften es aber nicht. In dieser Zeit verringerte sich die Zahl der Bieler Uhrenfirmen von 112 im Jahr 1966 auf 30. Die Uhrenindustrie trat ihren Rang als Biels wichtigster Arbeitgeber an den Maschinenbau ab. Zwischen 1967 und 1987 schrumpfte die Zahl der in der Uhrenbranche Beschäftigten von 6350 auf 1700. Andere Geschäftszweige, die von der Uhrenindustrie abhingen, litten ebenso. Insgesamt verlor Biel während der Quarzkrise 10.000 Industrie-Arbeitsplätze. Der Schweizer Journalist Benedikt Loderer beschreibt Biel als eine zu jener Zeit „graue, traurige, arme und deprimierte Stadt.“ Mit dieser Beschreibung hat die Stadt heute nichts mehr gemeinsam, auch wenn die Bieler Uhrenfirmen, ebenso wie alle anderen, von der jüngsten Rezession nicht verschont blieben. Die Swatch Group und Rolex erweitern ihre Produktionsstätten, die Bevölkerung nimmt wieder zu und laut Stöckli, ist Biel dabei, seine Schulden abzubauen. >> Neustart mit der Swatch Group Neustart mit der Swatch Group Zwei Faktoren trugen dazu bei, dass sich Biel von der Quarzkrise erholte. Der erste war die inzwischen berühmte Rettung der Schweizer Uhrenindustrie durch Schweizer Banken in den frühen achtziger Jahren und die anschließende Konsolidierung der Schweizer Uhrenindustrie. Die Wende setzte 1981 ein, als Schweizer Banken angesichts des Zusammenbruchs der geliebten und wirtschaftlich unentbehrlichen Uhrenindustrie des Landes begannen, Geld in sie zu pumpen. Bis Ende 1983 hatten sie 650 Millionen Schweizer Franken in die beiden maroden, Verluste schreibenden Uhrenkonzerne investiert: die ASUAG, deren wichtigste Marke Longines war, und die SSIH mit ihrem Zugpferd Omega. Als die Banken dann erkannten, dass die Uhrenindustrie zu ihrer Rettung auch neu strukturiert werden müsse, wandten sie sich an einen renommierten Wirtschaftsberater in Zürich: Nicolas G. Hayek. Im Jahr 1985 leitete er die Fusion der ASUAG mit der SSIH zu einem einzigen, effizient durchorganisierten Konzern namens SMH (Société de Microélectronique et d’Horlogerie SA) in die Wege und wurde dessen Verwaltungsratspräsident. Inzwischen wurde der Konzern in Swatch Group umbenannt.
Hayek starb im Juni 2010 im Alter von 82 Jahren. Seine Tochter Nayla Hayek trat seine Nachfolge als Verwaltungsratspräsidentin der Swatch Group an, und sein Sohn Nick Hayek jun. ist seit 2003 CEO des Konzerns. Nachdem die Stadt Biel Nicolas G. Hayek so viel verdankt, durch seine Rolle als Retter der Schweizer Uhrenindustrie und die gewaltigen Summen, die er in die Stadt investierte – laut Angaben der Swatch Group über eine Milliarde Schweizer Franken in den vergangenen 20 Jahren –, ernannte sie ihn vor vier Jahren zum Ehrenbürger. Außer ihm gab es in der gesamten Geschichte der Stadt lediglich zwei weitere. An der Rettung war neben Hayek ein junger, in Biel geborener Ingenieur namens Ernst Thomke beteiligt. Vor der Fusion von ASUAG und SSIH hatte Thomke die einzelnen Werkeproduktionsstätten der ASUAG zu einem einzigen Werkehersteller konsolidiert. Dieses neue Unternehmen übernahm den Namen eines der Werke-hersteller der ASUAG, nämlich Eta, die Teil der SMH wurde. Der größte Erfolg der Eta im Zuge der Rettung der Schweizer Uhrenindustrie war die im Jahr 1983 lancierte Swatch. Thomke blieb bis 1991 bei der Eta.
Der zweite Faktor, der ab Ende der achtziger Jahre zur Wiederbelebung der Bieler Uhrenindustrie beitrug, war eine Entwicklung, die kaum jemand vorausahnen konnte, Uhrenliebhaber heute jedoch als selbstverständlich betrachten: das Wiederaufleben der mechanischen Uhr. Dieses Revival verlieh der Marke Rolex, die während der Ausbreitung der Quarztechnologie weiterhin mechanische Uhren fertigte, neuen Glanz. Es ließ auch Swatch-Group-Marken wie Omega, Breguet, Blancpain und Glashütte Original wieder aufleben und führte zur Gründung neuer Marken der Swatch Group. Es sorgte dafür, dass sich die im nahe gelegenen Grenchen ansässige Eta, die auch heute noch zur Swatch Group gehört und deren Stärke hauptsächlich auf ihren universellen mechanischen Werken wie den Kalibern 7750, 2824 und 2892 beruht, zu dem mächtigen Unternehmen entwickelte, das sie heute ist. Und es brachte Biel, wie anderen Schweizer Städten auch, eine Reihe von Marken, alte wie neue, die vorwiegend mechanische Uhren produzieren, und mit ihnen sämtliche Komponentenhersteller und andere Zulieferfirmen. Zu diesen in Biel oder in unmittelbarer Umgebung der Stadt ansässigen Marken zählen unter anderen Armin Strom, Doxa, Perrelet und Eberhard.
 
 
Heute ist Biel eine lebendige, geschäftige Stadt. Folgt man der Hauptstraße vom Stadtzentrum aus in nordöstlicher Richtung oder fährt mit dem Bus bis zu der ganz einfach „Rolex“ genannten Haltestelle, gelangt man in das Industriezentrum Bözingenfeld und bekommt einen Eindruck von einem der großen neuen Uhrenprojekte der Stadt: der Erweiterung der ohnehin schon gigantischen Werkemanufaktur von Rolex. Die Manufaktur beschäftigt rund 2000 Mitarbeiter und ist damit der bei weitem wichtigste Arbeitgeber der Bieler Uhrenindustrie. Gefertigt werden hier sämtliche der über 750.000 Werke, die Rolex pro Jahr für seine Uhren benötigt.
 
 
Rolex verlegte im Jahr 1994 einen Teil seiner Werkeproduktion hierher, wo inzwischen vier aneinander grenzende, sehr imposante moderne Gebäude der Marke stehen. Als das neueste, genannt Rolex VI, 2003 fertig gestellt wurde, kamen auch die restlichen, bis dahin noch in der alten Produktionsstätte oberhalb der Altstadt tätigen Mitarbeiter hierher. Das ehemalige Fabrikationsgebäude trägt noch immer den großen, von zwei Kronen flankierten Rolex-Namenszug auf dem Dach und ist eines der Wahrzeichen Biels.
Im vergangenen Jahr legte Rolex im Rahmen einer Zeremonie unter Anwesenheit der heutigen Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard den Grundstein für ein weiteres Rolex-Gebäude mit einem Volumen von 230000 Kubikmetern. Expansion im 21. Jahrhundert
Über die Tatsache, dass Rolex noch immer in Biel ist, sind viele Einwohner der Stadt sehr froh. Hans Stöckli erinnert sich an eine angespannte Zeit, in der er und andere Bieler befürchteten, das Unternehmen würde der Stadt, in der es seit über 100 Jahren beheimatet war, den Rücken kehren und weiter wegziehen. Das war 2004, als Rolex Genf ankündigte, die Rolex-Werkemanufaktur zu kaufen, die sich, obwohl sie den Namen Rolex trug, noch immer im Besitz der Familie Aegler-Borer befand. Stöckli war damals klar, dass es für Rolex sinnvoll gewesen wäre, die Werkeproduktion mit ihren zu jener Zeit knapp 1.500 Arbeitsplätzen näher an die Genfer Produktionsstätte zu verlegen. Der Stadtpräsident reiste nach Genf zu einer Krisensitzung mit dem damaligen Rolex-CEO Patrick Heiniger. Er sagte Heiniger, dass die Stadt Biel im Besitz einiger Grundstücke nahe der Bieler Werkemanufaktur sei, die er Rolex zu einem interessanten Preis anbieten wolle. Auch betonte er einige Standortvorteile von Biel im Vergleich zu Genf wie zum Beispiel die niedrigeren Arbeitslöhne und niedrigeren Steuern. Rolex blieb im Bözingenfeld und hat seitdem in seine neue Produktionsstätte dort investiert. Die Swatch Group expandiert ebenfalls. Ihre Marke Omega erweitert ihren Hauptsitz mit Produktionsstätte an der Schüss. (Wie Rolex hat auch Omega seine eigene, nach der Marke benannte Bushaltestelle. Dies sind allerdings die einzigen Bieler Uhrenfirmen, die auf diese Weise geehrt werden.) Auch hat Omega die Restaurierung seines Museums fertiggestellt. Und mittlerweile hat die Swatch Group mit dem Bau eines neuen weltweiten Hauptsitzes gleich gegenüber von Omega auf einem 19.200 Quadratmeter großen Grundstück begonnen.
Sowohl die Swatch Group als auch Rolex, die ihre Erweiterungspläne zur gleichen Zeit ankündigten, kauften die Grundstücke von der Stadt und zahlten den gleichen Preis dafür: 400 Schweizer Franken pro Quadratmeter. Nachdem er 20 Jahre lang versucht hat, die Interessen der beiden miteinander konkurrierenden Uhrengiganten unter einen Hut zu bringen, hat Stöckli eine Lektion gelernt: „Ich versuche, fair zu sein.“
Text: Norma Buchanan
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