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5 Qualitätssiegel für Uhren: Chronometer-Prüfung

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Wer eine besonders genau gehende mechanische Uhr möchte, ist hier richtig: Chronometer ist eine geschützte Bezeichnung für besonders präzise Uhren. Nur wenige Prüfstellen verleihen dieses Qualitätssiegel – seit Juli 2006 auch ein deutsches Labor in Glashütte.

Was bedeutet die Bezeichnung "Chronometer"?

Eigentlich ist das Wort “Chronometer” die schlichte Vereinigung der griechischen Wörter “chronos” für Zeit und “metrum” für Maß. Heute besitzt es eine besondere Bedeutung: “Das” Chronometer – wie es grammatikalisch korrekt heißt – ist eine außerordentlich genau gehende Uhr, welche ein entsprechendes Zertifikat vorweisen kann. Dieses Zertifikat erhält nur ein Zeitmesser, der von einem akkreditierten Laboratorium getestet wird und in verschiedenen Lagen und Temperaturen seine Genauigkeit unter Beweis stellt. Welche Anforderungen ein Chronometer erfüllen muss, ist in der DIN 8319 und der ISO-Norm 3159 festgehalten. Umgesetzt werden diese Vorschriften in verschiedenen Einrichtungen. Die bekannteste Institution hat ihren Sitz in der Schweiz: das Institut Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres, kurz COSC.
Hoch über Glashütte: Deutsche Chronometerprüfstelle © PR
Es wird 1973 von fünf Uhrmacherkantonen (Bern, Genf, Neuenburg, Solothurn und Waadt) sowie dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie in La Chaux-de-Fonds gegründet. Die Organisation umfasst verschiedene Laboratorien, die unabhängig voneinander bereits ab Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Neben dem Direktorium mit Sitz in La Chaux-de-Fonds existieren heute mehrere Außenstellen, die das Gütesiegel Chronometer vergeben dürfen: So genannte offizielle Kontrollstellen – “Bureaux Officiels de Contrôle” – mit jeweils einem eigenen Laboratorium befinden sich in Biel, Genf und Le Locle. Jedes Büro verfügt über eine eigene, von der METAS (Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung) erteilte Akkreditierung als SCS-Laboratorium (Swiss Calibration Service). Hier werden nur Uhrwerke vor dem Einschalen in das Gehäuse geprüft.

Wie genau müssen COSC-Chronometer gehen?

Sie müssen über eine Sekundenanzeige verfügen und haben durch und durch schweizerisch zu sein: alle Einzelteile müssen aus der Schweiz stammen, Zusammenbau und Reglage ebenfalls dort stattfinden. Um dieses Qualitätssiegel zu erhalten, also die Chronometerprüfung zu bestehen, müssen bestimmte Gangwerte erfüllt werden. Dabei gibt es verschieden strenge Vorschriften – für Mechanikkaliber mit einem Durchmesser von 20 Millimetern und mehr beziehungsweise für Kaliber, die kleiner im Durchmesser sind.
Chronometerpruefung: Akustisch nach DIN © PR
Bei den kleineren Werken, die von der Feder weniger Energie erhalten und mit einer kleineren Unruh auskommen, sind die Kriterien bei der Ganggenauigkeit weniger streng als bei größeren Werken. Den Kleinen sind als größte Gangänderung immerhin 15 Sekunden Abweichung pro Tag gestattet, bei Werken der Kategorie 1 sind es maximal zehn Sekunden. Jedes Werk wird fünfzehn Tage lang bei drei Temperaturen (bei 23 Grad, außerdem an jeweils einem Tag bei acht und 38 Grad) sowie in fünf Lagen getestet. Letzteres ist von großer Bedeutung, denn die Schwerkraft beeinflusst je nach Position des Werks die Reibung der Zapfen in den Lagern, den Greifpunkt der Zahnräder und die Schwingungsfrequenz der Unruh, was sich wiederum auf die Genauigkeit auswirkt. Im Rahmen der Tests werden die Werke täglich aufgezogen und gemessen, auch am Samstag und am Sonntag. Zum Einsatz kommen dabei verschiedene Geräte – zum Teil wegen der besonderen Anforderungen von der COSC selbst entwickelt. Die Messungen jedes einzelnen Uhrwerks erfolgen vollständig automatisch. Die Uhrwerke befinden sich dabei in durchsichtigen Kunststoffbehältern, aus denen die Aufzugswelle hervorragt. Diese trägt eine behelfsmäßige Krone, damit eine Maschine die Werke regelmäßig aufziehen kann – auch die Automatikwerke, da diese ohne Rotor zur Prüfung vorgelegt werden. Das englischsprachige Video von Chopard zeigt in Ausschnitten wie die Werke bei der COSC geprüft werden: [HTML1] Die Werke sind vorübergehend mit einem Zifferblatt mit Sekundenteilung und Referenzpunkten ausgestattet, die das automatische Ablesen ermöglichen. Außerdem erhält das Werk einen Sekundenzeiger aufgesetzt. Dessen Stellung wird von einer digitalen Videokamera erfasst und mit Hilfe digitaler Bildanalyse ausgewertet. Zwischen vier und zehn Prozent der eingereichten Werke bestehen die Tests der COSC nicht und erhalten somit auch nicht dieses Qualitätssiegel – weil sie nicht genau genug oder defekt sind und stehen bleiben. Die COSC prüft neben mechanischen (Automatik und Handaufzug) Uhrwerken auch Quarzuhren auf Grundlage der ISO-Norm 3159. Sie werden elf Tage lang in einer Lage bei drei Temperaturen getestet und dürfen allenfalls Sekundenbruchteile von der korrekten Zeit abweichen. Außerdem müssen die Quarzwerke zusätzlich 200 Stöße von 100 Gramm, der hundertfachen Erdgravitation, aushalten.
Einblick: Hier findet die Chronometerprüfung statt © PR
Die COSC verdankt ihren international hohen Bekanntheitsgrad vor allem der Tatsache, dass sie die meisten angebotenen Chronometer prüft: Jährlich werden über eine Million offizielle Chronometerzertifikate ausgestellt. So stattlich sich diese Zahl auch anhört – dies entspricht lediglich drei Prozent der schweizerischen Uhrenproduktion, die dieses Qualitätssiegel erhalten. “Dadurch wird der Ausnahmecharakter des Chronometers klar hervorgehoben”, unterstreicht die COSC die Exklusivität ihrer Auszeichnung. Immerhin müsse der Hersteller anspruchsvolle Qualitätsleistungen erbringen, um sein Werke als Chronometerwerke mit der COSC-Bescheinigung krönen zu dürfen. Im Gegensatz dazu sei die Gebühr für die Zertifizierung nach eigenem Empfinden “nicht sehr hoch”. Möchte sich ein Uhrenbesitzer nach den Prüfungsdaten seines Chronometers erkundigen, muss er den Weg über den Hersteller gehen - die Daten unterliegen dem Datenschutz; Endkunden erhalten keine Auskunft. Dasselbe gilt für den Wunsch, eine ältere Armbanduhr, erneut auf ihre Genauigkeit testen zu lassen.

Wie exklusiv sind Uhren mit COSC-Chronometer-Zertifikat?

Seit Ende der 1980er-Jahre registriert die COSC einen deutlichen Anstieg der Chronometerzertifizierungen. Bis 1988 bewegt sich die Zahl bei unter 500.000, dann steigt sie kontinuierlich auf den Spitzenwert von über 1,47 Millionen im Jahr 2007 – das sind 13,3 Prozent mehr als 2006. Davon waren rund fünf Prozent Quarzuhren – fast alle von Breitling. Die Zahlen für 2008 können dieses Ergebnis sogar noch toppen: 1.676.515 Werke erhalten das Zertifikat, davon sind 1.563.950 mechanisch. Rolex ist seit Jahren der größte Kunde. Im Jahr 2009 machten die von der Uhrenmarke eingelieferten 607.512 Werke knapp die Hälfte der von der COSC getesteten Uhrwerke aus. Danach folgten Omega mit 187.558, Breitling mit 108.220 und TAG Heuer mit 70.195 Werken. Solche Zahlen betonen die Stellung der COSC gegenüber Chronometerprüfungen in anderen europäischen Ländern. Durchgeführt werden diese zum Beispiel in Frankreich, wo die Société Française des Microtechniques et de Chronométrie S.F.M.C. im Observatorium von Besançon Chronometer prüft; und nun auch wieder in Deutschland: Seit Juli 2006 werden in Glashütte unter der Ägide des Landesamtes für Mess- und Eichwesen Thüringen (LMET) Chronometer geprüft.
Klimatisiert: Witschi-Geräte in den Klimaschränken © PR
Die Prüfstelle befindet sich in der historischen Sternwarte Urania, die von Juwelier Wempe aufwändig renoviert und jüngst um einen Neubau erweitert wurde. Dort fertigt Wempe eigene Uhren und beherbergt die einzige deutsche Chronometerprüfstelle, die das Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen (LMET) in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Landesamt für Mess- und Eichwesen (SLME) als Außenstelle betreibt. Ein Kooperationsvertrag regelt, dass Wempe das vom LMET geleitete Personal sowie die Ausrüstung stellt.

Wie unterscheiden sich die Glashütter Chronometer von denen der COSC?

Die Prüfung der Uhren wird gemäß der Vorschrift DIN EN ISO/IEC 17025 durchgeführt. Die Prüfdauer sowie die erlaubten maximalen Gangabweichungen entsprechen denen der COSC-Prüfung. Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied: Während die C.O.S.C. das nackte Uhrwerk prüft, testet die deutsche Chronometerprüfstelle die eingeschalten, fertigen Uhren so, wie sie später beim Kunden ankommen. Laufende Nummern von Werk und Gehäuse werden im so genannten “Kalibrierschein” festgehalten. Weiß der Träger einer COSC-zertifizierten Uhr nur, dass sein Werk im Testlabor die vorgeschriebenen Werte erfüllte, hat der Besitzer einer in Glashütte als Chronometer zertifizierten Uhr die Sicherheit, dass die Uhr selbst den Test bestanden und das Qualitätssiegel erhalten hat. In Glashütte beweisen die fertigen Uhren 15 Tage lang bei unterschiedlichen Temperaturen und in fünf Prüflagen, dass sich der Sekundenzeiger einer mechanischen Uhr Klasse 1 höchstens eine mittlere Gangabweichung von minus vier bis plus sechs Sekunden pro Tag zuschulden kommen lässt. Die Uhren befinden sich im Rahmen der Tests in Klimaschränken, in denen Prüfeinrichtungen der Schweizer Firma Witschi zum Einsatz kommen. In den Schränken herrschen Temperaturen von acht bis 38 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von etwa 60 Prozent. Während der Prüfungen erfassen Rechner die Messwerte jeder einzelnen Uhr, zeigen sie an Bildschirmen an und speichern sie anschließend.

Welche Qualitätssiegel für Uhren gibt es noch?

Neben der Chronometer-Prüfung gibt es noch weitere Gütesiegel: es noch die Genfer Punze, auch Genfer Siegel genannt, das Patek Philippe Siegel, das METAS-Zertifikat von Omega und das Qualité Fleurier.

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