Was bringt Rolex auf der Baselworld? Das ist jedes Jahr eine der wichtigsten Fragen, und wie immer gibt es dazu vor der Messe von Rolex keinerlei Antworten. Also habe ich mich auf den Servern des europäischen Patentamtes umgesehen. Welche Innovationen hat Rolex dort angemeldet? Man findet viel; meist sind es Detaillösungen, die Armbänder, Zifferblätter und einzelne Werkbestandteile betreffen. Stutzig wurde ich aber bei folgendem Eintrag: "wristwatch with atomic oscillator". Bringt Rolex bald eine Atomuhr fürs Handgelenk?
Zunächst muss man wissen, dass Rolex, genau wie andere Uhrenmarken auch, viele Patente anmeldet. Das muss noch lange nicht heißen, dass eine entsprechende Uhr auch auf den Markt kommt. Spannend ist es aber schon, dass Rolex sich überhaupt mit dieser Thematik auseinandersetzt, zumal man hier den Bereich der mechanischen Uhr verlässt, in dem Rolex ja so erfolgreich ist.
Die Voraussetzung dafür, dass die Technik von Atom-(Groß-)Uhren so miniaturisiert wird, dass man sie in eine Armbanduhr integrieren kann, wurden schon vor Jahren geschaffen. In Ausgabe 02.2006 berichtete Chronos darüber, dass das National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder, Colorado (USA) eine Atomuhr auf einem Computerchip entwickelt hatte. Die dort beschriebene Technik ähnelt der, die Rolex in seiner Patentschrift beschreibt: Es gibt einen Laserstrahl im Mikrowellenbereich, der in eine kleine Glaszelle aus Cäsium- oder Rubidiumatomen geht und diese zu sogenannten Übergängen anregt. Aus der Frequenz dieser Übergänge wird letztlich der benötigte Zeittakt abgeleitet.
>> Lesen Sie hier den Artikel aus der Chronos-Ausgabe 02.2006
Nach dieser Meldung im Jahr 2006 hatte man jahrelang nichts mehr gehört. Bislang gab es keine Armbanduhren mit Atomtechnik. Um ein befriedigendes Produkt zu bekommen, sind freilich auch mehrere Schwierigkeiten zu überwinden: So braucht die Technik trotz aller Miniaturisierung immer noch einen gewissen Platz, sodass eine Armbanduhr klobig werden könnte – ganz abgesehen davon, dass sie auch einigermaßen wasserdicht sein sollte. Vor allem aber ist viel Energie vonnöten. 2006 ging unser Autor Lucien Trueb davon aus, dass die Gangautonomie einer Atom-Armbanduhr höchstens einen Tag betragen könnte. Vergisst man also, rechtzeitig aufzuladen, ist die ganze schöne Ganggenauigkeit dahin. 2013 gab es übrigens tatsächlich den ersten Hersteller, der eine erste Atomuhr fürs Handgelenk präsentierte: Die – mir unbekannte – Firma Bathys Hawaii zeigte eine Uhr namens "Cesium 133", bestückt mit einem Lithium-Ionen-Akku, die man in der gezeigten Form allerdings nicht ernsthaft tragen könnte.
Immerhin: Das Thema ist in den Pipelines, und dass selbst Rolex sich ernsthaft mit der Thematik beschäftigt, ist bemerkenswert. Allerdings hat Rolex, wie erwähnt, schon viele Patente angemeldet, die nie realisiert wurden. Wer möchte wetten, ob und dass Rolex eines Tages so eine Uhr bringt? Ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Aber man weiß ja nie. buc