Auf dem Zifferblatt der Regulatoren steht die Minute im Fokus: Ihr Zeiger dreht sich als einziger im Zentrum. Die Stunden- und Sekundenindikation weichen auf separate Hilfszifferblätter aus, was dieser Uhrengattung einen ganz eigenen ästhetischen Charme verleiht.
Die räumliche Trennung der Anzeigen auf dem Zifferblatt greift auf eine lange Tradition zurück und belegt das Streben der Uhrmacher nach Präzision. Sie bedienen sich im 18. und 19. Jahrhundert zur Feinregulierung anderer, meist kleinerer Uhren der besonders genau gehenden Präzisionspendeluhren, die die Zeitnormale in Uhrmacherwerkstätten darstellen – ein einfacher, aber wirkungsvoller Trick, der dem präzisen Erfassen der Zeit zugute kommt. Im Gegensatz zur klassischen Anzeige, bei der die Zeiger der Stunde, Minute und Sekunde oder auch nur der Stunde und Minute aus der Zifferblattmitte heraus die Zeit angeben, bieten diese Präzisionsuhren zwei der Indikationen auf Hilfszifferblättern. So ermöglichen sie den Uhrmachern ein genaues Erfassen der Zeit, spielt dabei doch die Stunde eine untergeordnete Rolle: Auf den Minutenzeiger kommt es an. Und dessen Position lässt sich dank der Alleinherrschaft in der Mitte am besten erkennen.
Die strenge Zifferblatt-Einteilung sorgt für Präzision
Die dezentrale Stundenzeiger-Lage verhindert zudem, dass der Blick auf den in Präzisionsfragen ebenfalls entscheidenden Sekundenzeiger verdeckt wird. Diese etwas streng anmutende aber ausgewogene Aufteilung sorgt für besonders klare Strukturen auf dem Zifferblatt.
Doch nicht nur die Uhrmacher verlassen sich bei der Regulierung einst auf die exakte Zeitangabe der als Präzisionspendeluhren bezeichneten "Regulatoren": Diese gelten auch in Observatorien, Zeitzentralen und Sternwarten als Referenz und sind damit quasi die Vorläufer unserer heutigen Atomuhr.
Als Präzisionsinstrumente stehen sie im Dienste der Wissenschaft, im Besonderen der Astronomie, und unterstützen die Forscher in ihrem Streben, naturwissenschaftliche Phänomene zu entdecken und zu deuten. Die besondere Form der Anzeige stammt, wie Überlieferungen berichten, von dem Chronometermacher Johann Heinrich Kessels (1781 – 1849). Er baut im 19. Jahrhundert in Hamburg-Altona Marine- und Taschenchronometer, die Hilfsmittel für Navigationsberechnungen auf hoher See sind. Auch in Glashütte und Genf werden mit der zunehmenden Bedeutung der Schifffahrt Marinechronometer gefertigt, die über eben jene Sonderform der Indikation verfügen. Unter den Herstellern sind seinerzeit beispielsweise A. Lange & Söhne und Vacheron Constantin.
Erst in den 1980er-Jahren findet der Regulator ans Handgelenk
Dass die geradlinig und nüchtern wirkende aber sehr originelle Zifferblattaufteilung an das Handgelenk findet, ist Gerd-Rüdiger Lang zu verdanken. Der Chronoswiss-Gründer holt dieses Genre in den 1980er-Jahren in die Gegenwart und stellt mit seinem Régulateur die erste in Serie gefertigte Armbanduhr mit dem Regulator-Zifferblatt vor. Sie wird von einem exklusiven Handaufzugswerk angetrieben und kommt sofort bei Liebhabern traditioneller Zeitmesser an.
Kein Wunder, erlebt die klassische Mechanik doch nach der vorangehenden Quarzkrise damals eine unvergleichliche Renaissance, die bis heute anhält. Chronoswiss’ Régulateur begründet den Erfolg des Hauses und zieht sich wie ein roter Faden durch die weitere Geschichte des heute in Karlsfeld ansässigen Unternehmens, das sich ganz der feinen Mechanik verschrieben hat. 1990 folgt eine Automatikversion des Régulateurs, 2000 ein Tourbillon mit Regulatorzifferblatt und 2001 mit dem Chronoscope ein Chronograph, der ebenfalls auf die räumliche Trennung der Anzeigen setzt. Eine skelettierte Edition und der Grand Régulateur komplettieren das Angebot in den Jahren 2004 und 2007.
Das Regulator-Zifferblatt wird nicht nur bei Chronoswiss zu einem Bestseller: Viele andere Marken greifen die Anzeigenform auf und integrieren sie in ihr Angebot. Auch die Haute Horlogerie kennt hier einige Beispiele, wie das Richard Lange Tourbillon "Pour le Mérite", das A. Lange & Söhne im letzten Jahr vorstellt. Der in der Auflage limitierte Zeitmesser versteht sich als Hommage an die Ära der großen Naturforscher wie Alexander von Humboldt (1769 – 1859), welche im 18. und 19. Jahrhundert wirken. Die für ihr Schaffen notwendigen Präzisionsinstrumente fertigen die Meisteruhrmacher, beispielsweise Johann Heinrich Seyffert (1751 – 1818), Direktor des Mathematisch-Physikalischen Salons in Dresden und sächsischer Hofuhrmacher.
Mit der Referenz 5235 stellt Patek Philippe zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Armbanduhr mit Regulatorzifferblatt vor. Die Minuten werden aus der Mitte, die Stunden auf der oberen Hälfte des Zifferblatts und die Sekunden in der unteren Hälfte angezeigt.
Zudem verfügt die Uhr im Calatrava-Design noch über einen Jahreskalender, bei dem in Fenstern Datum, Wochentag und Monat angegeben werden. Das Kaliber 31-260 REG QA ist das erste des Hauses mit Mikrorotor und kleiner Sekunde bei der Sechs. Die Unruh oszilliert mit ungewöhnlichen 23.040 Halbschwingungen pro Stunde, also 3,2 Hertz.
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Sportlich, klassisch, kompliziert: Regulatoren heute
Dass das Zifferblatt bei Liebhabern klassischer Uhrmacherei ankommt, hat auch die diesjährige Baselworld belegt. Die Schweizer Uhrenmarke Oris hat die Regulator-Anzeige bereits wagemutig aber erfolgreich mit der Taucheruhr TT1 Professional Divers Regulator verbunden. In diesem Jahr präsentiert sie erneut ein Uhrenmodell jener Gattung, dieses Mal in der klassisch anmutenden Artelier-Linie.
Darin tickt ein Automatikwerk auf Basis des Selitta SW220, das bei Oris zur Regulatoranzeige umgebaut wird. Das Hilfszifferblatt für die Stunden ist hier bei drei Uhr und das für die Sekunden bei neun Uhr dargestellt.
Text: Sabine Zwettler Bilder: Hersteller
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