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6 Minuten

Das Großdatum

A. Lange & Söhne Werk Lange 1
© PR
Wahren Mut zur Größe bekennt das Datum auf den Zifferblättern dieser Uhren. Dabei ist die Anzeige nicht nur einfach "groß" im wörtlichen Sinne, sondern beruht auch uhrmacherisch gesehen auf einer anspruchsvollen Mechanik.
Panoramadatum von Glashütte Original
Hingucker: Eine besondere Augenweide bietet das Panoramadatum von Glashütte Original. Seine Scheiben liegen auf gleicher Höhe, so benötigt das Datumsfenster keinen Steg zwischen den Ziffern © PR
Eingefleischten Uhrenliebhabern und Mechanikfans kann man einiges nachsagen, zum Beispiel, dass sie an keinem Juwelierschaufenster in der Innenstadt vorbeigehen und – obwohl ansonsten eher von sparsamer Gesinnung – beim Uhrenkauf meist Fünfe gerade sein lassen. Das Ganze wird dann noch getoppt von einer fast voyeuristisch anmutenden Neugierde: Stets wollen sie wissen, was die Uhr im Inneren zusammenhält. Da können Funktionsabläufe in einem Lieblingsstück schon einmal schlaflose Nächte bereiten. Nun, bezüglich des Großdatums, einer ausgesprochen beliebten Komplikation, kann ab sofort geholfen werden. Denn die neue Große Lange 1 Lumen der sächsischen Uhrenmanufaktur A. Lange & Söhne bringt Licht in das Dunkel. Jene Liebhaber, die unter Schlaflosigkeit leiden, können bei ihr auch nachts das Prinzip des Großdatums bewundern, nimmt die Neuheit ihren lateinischen Zusatz im Namen doch durchaus ernst und präsentiert das erste nachtleuchtende Großdatum.
A. Lange & Söhne Große Lange 1  Lumen
Großdatum durch ein halbtransparentes Zifferblatt, um auch nachts das Datum leuchten zu lassen © PR
Denn keine Frage: Nach dem Motto "Carpe Diem" ist das Datum die wohl wichtigste und im Alltag sinnvollste Zusatzfunktion einer Uhr. So wichtig, dass es Rolex in den 1940er-Jahren gar zu einem ikonischen Modell inspiriert, das ganz und gar auf das Datum setzt: die Rolex Datejust. Der Klassiker, der bis heute fester Bestandteil der Kollektion ist, veranschaulicht das Urprinzip "Uhrzeit plus Datum" auf stilvolle Weise. Und um dem Tag eine noch größere Bedeutung zu verleihen, spendiert ihm die Marke mit der Krone im Logo sogar eine Lupe im Saphirglas, um es wirkungsvoll zu vergrößern. Denn das Datum ist bei den meisten Uhren in Größe und Form eher bescheiden gestaltet, es übt sich quasi in vornehmer Zurückhaltung. Ganz anders bei Uhren mit Großdatum. Ungefähr drei Mal so groß wie ein normales Datum avanciert die Anzeige hier zum prägenden Gestaltungselement des Zifferblatts. An diesem schönen und deutlich ablesbaren Großdatum versuchen sich die Uhrmacher bereits früh: Schon in den 1930er-Jahren präsentieren die Uhrenfabriken Solvil, Helvetia und Mimo eine Datumsanzeige in XXL, in den 1940er Jahen gefolgt von zwei Kalibern des Rohwerke-Herstellers Venus. Doch so richtig vermag sich die besondere Spielart des Datums nicht durchzusetzen, und es dauert ein halbes Jahrhundert, bis das Großdatum wieder zurück auf das Zifferblatt kommt – dafür jedoch mit großem Paukenschlag, ist es doch Teil der heute legendären Lange 1. Denn mit ihr kehrt der Name Lange nach der Wende überhaupt erst als A. Lange & Söhne auf den Markt zurück. Inspiriert von der berühmten Fünf-Minuten-Uhr der Dresdner Semperoper, die der Hofuhrmacher Johann Christian Friedrich Gutkaes im 19. Jahrhundert baut, arbeitet der Mechanismus mit zwei getrennten Anzeigeflächen – einer ringförmigen Einerscheibe mit den Ziffern Null bis Neun und einem darüber liegenden Zehnerkreuz mit den Ziffern Eins bis Drei plus weißem Feld. Die Einerscheibe schaltet täglich einmal weiter. Nur beim Wechsel vom 31. auf den ersten Tag eines Monats bleibt sie für 24 Stunden stehen. Das Zehnerkreuz mit den Ziffern Eins bis Drei und dem weißen Feld bewegt sich hingegen alle zehn Tage um einen Schritt weiter. Lediglich bei der Drei schaltet es spätestens nach zwei Tagen auf das freie Feld. Im Fortlauf ergibt sich so stets das richtige Datum. Diesen unregelmäßigen Schaltvorgang steuern zwei Programmräder mit einer exakt berechneten Zahnanordnung.
Die beiden Arten des Großdatums aus Glashütte Der Abstand zwischen den beiden übereinander positionierten Scheiben beträgt nur den Bruchteil eines Millimeters. Als Reminiszenz an die Fünf-Minuten-Uhr, an deren Entstehung auch der Firmengründer Ferdinand A. Lange mitwirkt, und um den minimalen Höhenunterschied zu verdecken, erscheint das Lange’sche Großdatum in einem Fenster mit einer Sprosse in der Mitte, die über der Nahtstelle der beiden Scheiben liegt. Anders verhält es sich beim so genannten Panoramadatum von Glashütte Original, das vor 16 Jahren im Kaliber 39-41 der Senator Panoramadatum mit Mondphase sein Debüt gibt. Der patentierte Mechanismus wird ebenfalls über zwei Scheiben bewerkstelligt, einer kleinen, mit den Ziffern Null bis Drei bedruckten Zehner-Scheibe im Zentrum, sowie einer größeren Einerscheibe, auf der die Ziffern Null bis Neun stehen. Der konstruktive Unterschied zum Ansatz von A. Lange & Söhne ist, dass sich hier beide auf einer Ebene bewegen und konzentrisch aneinander schmiegen. Das Datumsfenster kommt so ohne Mittelsteg aus, da es keinen optischen ausgleich für einen Höhenunterschied benötigt. Damit in Monaten mit 31 Tagen am 30. Tag die Zehnerscheibe nicht auf 0 gestellt wird und am 31. Tag um Mitternacht die Eins der Einerscheibe stehen bleibt, bedient sich der Mechanismus einer Stufenscheibe.
Explosionsdarstellung des Glashütte Original Panoramadatums
Glashütte Original: Die Explosionsdarstellung zeigt die Positionierung der beiden konzentrisch liegenden Scheiben für das Panoramadatum © PR
Gemütlich oder sprunghaft – der Weg zum Datumswechsel Heute hat Glashütte Original eine Reihe von Werken mit Panoramadatum im Programm, die sich bezüglich des Schaltvorgangs unterscheiden. Bei einigen vollzieht sich dieser um Mitternacht über einen Zeitraum von mehreren Minuten, bei dem Kaliber 58 in der Senator Chronometer etwa wechselt das Datum dagegen mit einem schnellen Sprung.
Glashuette Original Senator Chronometer
Der Senator Chronometer von Glashütte Original © PR
Doch das Großdatum ist nicht nur in Glashütte zuhause. Seit seiner Renaissance haben viele Uhrenfirmen die Anzeige in der Extra-Größe in ihrem Sortiment, teilweise mit eigens konstruiertem Mechanismus wie Ulysse Nardin, oder aber sie greifen auf das Angebot von Werkelieferanten zurück. Zum Beispiel auf das Automatikkaliber 2896 von der Eta, das um das Modul 4500 von Dubois Dépraz ergänzt wird, oder auf das Eta 2892-A2 mit dem Modul TT 651 von Technotime, welches Soprod, ein Schweizer Unternehmen der Festina-Gruppe, auf das Werk aufsetzt. Das Spiel der Lumen in schlaflosen Nächten Meist bleibt der Mechanismus dabei unter dem Zifferblatt verborgen – eine Ausnahme macht die L-Evolution Tourbillon Großdatum von Blancpain, die den Funktionsablauf dank einer Aussparung im Zifferblatt zeigt.
Blancpain L-Evolution Tourbillon Großdatum
Die Blancpain L-Evolution Tourbillon Großdatum © PR
Die neue, auf 200 Stück limitierte Große Lange 1 Lumen gibt sich 18 Jahre nach dem Debüt der Lange 1 ebenfalls offenherzig: Dafür hat sie ein halbtransparentes Zifferblatt, durch dessen Saphirglasflächen der Scheibenmechanismus sichtbar wird. Doch dies ist nicht die einzige Besonderheit: Das Großdatum sowie auch die Gangreserve und die Uhrzeit leuchten in der Nacht. Das Zehnerkreuz ist hier mit weißer Leuchtmasse beschichtet, auf die schwarze Ziffern gedruckt sind. Die ebenfalls mit schwarzen Ziffern bestückte Einerscheibe besteht aus transparentem Glas und dreht sich vor dem nachtleuchtenden Hintergrund. Das Saphirglas im Zifferblatt ist mit einer speziellen Beschichtung versehen, die tagsüber UV-Licht durchlässt, dessen Energie nachts das Großdatum illuminiert. Ein ästhetischer Nebeneffekt dabei: Die mit Kreisschliffen verzierte Datumsplatine, die sonst nur der Uhrmacher bei der Montage oder der Revision sieht, kommt ebenfalls zum Vorschein.
Text: Sabine Zwettler aus Uhren-Magazin 2.2013
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