Unser Sportlehrer war ein unbarmherziger Mensch. Bei Wind und Wetter ließ er uns Platzrunden laufen und hatte unsere Zeiten mit seiner Stoppuhr von Hanhart immer fest im Griff. Waren wir zu langsam, gab es eine Runde extra. Damals beherrschten, egal wo man sich umschaute, mechanische Hanhart-Stoppuhren die Welt des Sports.
Stoppuhren sind der Ursprung von Hanhart
Die Firma aus dem Schwarzwald hatte sich seit ihrer Gründung im Jahr 1882 in besonderer Weise der Entwicklung und Produktion von zuverlässigen Stoppuhren für unterschiedlichste Einsatzgebiete gewidmet und stieg denn auch zum Weltmarktführer für Stoppuhren auf. So titelte eine Werbeanzeige aus dem Jahr 1967 über den Einsatz von Hanhart-Stoppuhren bei der Vorbereitung zur Mondlandung: „Wann darf er aus der Kapsel schweben? Wie lange hat er Luft zum Leben? Auch bei der Weltraumfliegerei – die Hanhart-Stoppuhr ist dabei.“ Sogar der Nürburgring als Mekka des deutschen Automobilsports zeigte auf seinen Werbeanzeigen eine Stoppuhr von Hanhart, gehalten von einer mit Rennfarben bemalten Hand. Armband- und Taschenuhren wurden bei Hanhart erst ab 1926 in das Sortiment aufgenommen. Die Firma blieb der Stoppuhr dennoch immer verbunden. Chronographen, wie sie später vor allem von Hanhart für die deutsche Luftwaffe während des zweiten Weltkriegs gebaut worden sind, hießen deshalb im firmeneigenen Jargon „Armbandstoppuhren“. Auch für die Komplikation des Flyback-Chronographs, französisch "Retour En Vol", hatte man ein eigenes Wort erfunden – die sogenannte „Temposchaltung“.
Dieser Umstände sollte man sich bewusst sein, bevor man sich ein Urteil über das Hanhart-Premiummodell, den Racemaster GTF bildet. Der Name Racemaster spielt auf die Zeitnahme im Motorsport an. Denn jenseits der Rennstrecken des Automobilsports und im Cockpit der Boliden verrichteten früher vielerorts Hanhart-Stoppuhren ihren stillen Dienst. So wurde manche schnellste Runden- und Siegerzeit mit einer Hanhart ermittelt. Ein ganz besonderes Instrument war dabei der Hanhart Robotimer, der mit seinen vier synchronisierten Stoppuhren für die Rundenzeitmessung eingesetzt wurde. Heutzutage spielen die Stoppuhren im Zuge der Nostalgiewelle bei historischen Automobilrennen wieder eine Rolle.
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Der Racemaster im Detail
Mit dem Racemaster präsentiert Hanhart eine moderne Armbandstoppuhr, die viele Traditionen der Firmengeschichte in sich vereint. Der 45 Millimeter große und mit Armband 139 Gramm schwere Chrono verwendet ein aufwändig umgearbeitetes Automatikwerk Sellita 500. Deswegen verfügt das Werk über 32 anstatt der sonst üblichen 25 Steine. Die Uhr ist sehr hochwertig und aufwändig verarbeitet. Typische Merkmale einer Motorsportuhr sind das bunte Zifferblatt mit einem orangefarbenen Ring, an dessen Umrandung eine Tachymeterskala liegt. Auch die Ferrari-roten Hauptzeiger erinnern an die Racingchronographen aus den 70er -Jahren, bei denen die Leuchttmasse in der Zeigerspitze platziert war. Die in Weiß abgesetzten Totalisatoren sind an den Rand des Zifferblatts gesetzt und zeigen im rechten Teil einen klassischen 30-Minuten-Zähler. Im linken Teil sind die kleine Sekunde und ein 12-Stunden-Zähler, der auch halbe Stunden anzeigt, untergebracht. Die Anordnung verleihen der Uhr einen ungewöhnlichen und stechenden „Basedow-Blick“. Die Designer wollten so das Hauptaugenmerk auf die zentrale Funktion – die Stoppeinrichtung – lenken.
Diese konzentriert sich auf einen dominanten Stoppsekundenzeiger mit einem deutlichen über die Zeigerachse hinausragenden Gegengewicht. Dieses Element ist an die fliegerische Tradition bei Hanhart angelehnt. Der asymmetrisch nach oben verschobene Drücker zum Auslösen der Stoppfunktion vermeidet unnötige Fummelei. Der Rückstellknopf ist rot markiert, denn dahinter verbirgt sich eine Besonderheit.
Hier geht es weiter mit der Geschichte des Hanhart Racemasters.
Die „Temposchaltung“ im Rennsport
Die Temposchaltung oder Flyback-Funktion, welche durch den roten Drücker ausgelöst wird, ist vielen Uhrenfreunden von den Fliegeruhren bekannt. Tatsächlich ist diese Komplikation aber besonders im Motorsport eine nützliche Anwendung. Deswegen ist die Bezeichnung "Temposchaltung" eigentlich das treffendere Wort. Damit können einerseits Rundenzeiten beim Passieren von Rundenmarkierungen am schnellsten erneut gemessen werden. Man drückt einfach den roten Drücker und es beginnt ein neuer Stoppvorgang, ohne, dass der Chronograph zuerst angehalten und auf Null gestellt werden muss. Andererseits können im Zusammenspiel mit der Tachymeteranzeige auch Geschwindigkeitsmessungen über einen definierten Streckenabschnitt wiederholt werden.Auch die Fliegeruhren von Hanhart standen Pate
Zahlreiche Designelement des Racemasters sind eine gelungene Anspielung auf die fliegerische Tradition des Hauses. Schon erwähnt wurden die asymmetrischen Drücker und der rote Rückstellknopf. Dies waren auch die Erkennungsmerkmale der Fliegerchronographen für die deutsche Luftwaffe. Eine besondere Beziehung besteht dabei zum legendären Doppeldrücker ohne Drehlünette, der etwa 1941 eingeführt wurde. Diese Uhr hatte ebenso wie der Racemaster ein großes und klar gezeichnetes Gehäuse. Auf einen Drehring, wie sonst üblich bei Fliegeruhren, verzichtete man bewusst. Auch der verschraubte Bodendeckel mit den drei Führungsnuten wurde vom Vorbild übernommen. So weisen die Fliegerei und der Rennsport generell viele Übereinstimmungen auf. Die Piloten beider Gattungen beherrschen die komplizierte Technik im Höhen- und Geschwindigkeitsrausch – immer am Limit des physikalisch möglichen. Neben den lebenswichtigen Instrumenten spielen vor allem Intuition und Erfahrung eine entscheidende Rolle. Die Zeit ist dabei immer eine der wichtigsten Größen.
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Der Hanhart Racemaster ist eine alltagstaugliche Uhr für Individualisten
Am Arm seines Trägers macht der Hanhart Racemaster in jeder Hinsicht eine gute Figur. Im Zusammenspiel mit dem gelochten Armband vermittelt sie einen sportlichen Eindruck. Trotz ihrer Größe und einer Bauhöhe von satten 16 Millimetern wirkt sie aber nicht klobig. Im Gegensatz zu manch anderer „Toolwatch“ ist sie nicht nur im Wasser oder in der Freizeit tragbar. Auch gelegentliche Berührungen mit der Umgebung führen nicht zu hässlichen Spuren, die in einer Politur-Arie enden, denn die Konstrukteure bei Hanhart verwendeten einen nach dem HDS-pro-Verfahren (HDS steht für heavy-duty-steel) gehärteten Edelstahl. Man sieht es dem sehr sauber und hochwertig verarbeiten Gehäuse zwar nicht an, aber es kann spurlos auch härtere Stöße und Rempler überstehen.
Hanhart hat seine Vertriebsstrategie auf revolutionäre Weise geändert. Die Uhren werden zukünftig im Zusammenspiel von Internetverkauf und Konzessionärshandel angeboten. Die Konzessionäre werden in den Direktverkauf über den firmeneigenen Shop eingebunden. Eine im Internet erworbene Uhr kann der Kunde bei einem Konzessionär abholen und wird auch von diesem betreut. Dadurch wird die unsinnige Trennung zwischen Internet- und Präsenzhandel aufgehoben. Durch diesen Schachzug konnten zum Vorteil des Kunden die Preise deutlich reduziert werden. Das Ergebnis ist ein einzigartiges Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wer also jenseits der ausgetretenen Pfade nach einer hochwertigen Uhr mit Tradition sucht, der findet mit dem Racemaster den passenden Zeitmesser. In einer in Stilfragen rückwärts gewandten Zeit sind mehr denn je Individualisten gefragt. Das Besondere offenbart sich längst nicht mehr nur als Artefakt wohlbekannter Marken, sondern oftmals im Verborgenen. Der Modedesigner Giorgio Armani hat es einmal auf den Punkt gebracht: „Stil heißt nicht auffallen, sondern in Erinnerung bleiben.“ Der Hanhart Racemaster hat die Qualitäten, diesen Anspruch zu erfüllen.
Walter Castillo ist begeisterter Sammler von historischen Flieger- und Militäruhren. Er ist Betreiber des Internetforums Vintage-Time.de, das sich seit 2007 dem Thema klassische Uhren mit Schwerpunkt Flieger- und Militäruhren widmet: www.vintage-time.de