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Longines: Fliegeruhren

© PR
Die Uhrenmarke Longines war von Anfang an ganz vorn dabei, als es darum ging, den Piloten von damals die korrekte Zeit für ihre tollkühnen Abenteuer zu vermitteln. Zahlreiche Spezialmodelle, für zivile wie für militärische Zwecke, wurden über die Jahre hinweg erschaffen. Unsere Übersicht der vier wichtigsten Fliegeruhren zeigt, wohin die Reise damals ging.Die geniale Idee der ZeitsynchronisationEin kleines, verstellbares, innen liegendes Zifferblatt ermöglichte den Abgleich der Fliegeruhr mit dem via Funk übermittelten Zeitnormal.
Im Jahre 1919, als die Luftfahrt noch mehr oder weniger in ihren Kinderschuhen steckte, lieferte die Uhrenmanufaktur Longines bereits offiziell Uhren an die Fédération Aéronautique Internationale (FAI), den Internationalen Luftfahrerverband. Auch die damals bekanntesten Piloten verließen sich bei ihren kühnen Pionierflügen mehr und mehr auf die Qualität der Zeitmesser von Longines. Außer Oberst Charles A. Lindbergh waren das unter anderem Clarence D. Chamberlin und sein Passagier Charlie Levine: Er war der erste Fluggast, der jemals über den Atlantik geflogen wurde, und das nur wenige Wochen nach dem Flug von Lindbergh im Jahr 1927. Weiter der Pilot und Konteradmiral der US-Marine Richard Byrd, der italienische Langstreckenflieger Francesco de Pinedo, der Schweizer Pilot, Fotograf und Reiseschriftsteller Walter Mittelholzer, einer der ersten Luftfahrtunternehmer, der amerikanische Unternehmer, Pilot und Filmproduzent Howard B. Hughes sowie Hans von Schiller, der zuletzt der Kommandant des Zeppelins LZ 127 war. Auch Amelia Earhart gehört zu diesem Kreis: Sie überquerte 1928 als erste Frau in einem 20-stündigen Flug den Atlantik.Es waren aber nicht nur die Helden der Lüfte, die in Longines einen kongenialen Partner gefunden hatten, sondern ebenso Commander Philip van Horn Weems, Lehrer an der Naval Academy von Annapolis. Weems verfasste in jener Zeit mehrere Standardwerke über die Flugnavigation und die Regeln des Instrumentenflugs. Auch Lindbergh zählte zu seinen Schülern. Ausgehend von der Notwendigkeit, dass für richtiges Navigieren die exakte Uhrzeit unerlässlich ist, entwickelte der Commander zusammen mit Longines die „Weems Pilot Watch“. das von Weems erfundene System ermöglichte eine unkomplizierte sekundengenaue Synchronisierung der Uhr mit dem von einem Zeitzeichensender via Lang- oder Kurzwelle regelmäßig ausgesandten Zeitzeichen, ohne dass ein Richten des Minuten- und Stundenzeigers notwendig war. Dazu diente entweder eine besondere Lünette oder ein zentrales Hilfszifferblatt. Beide waren drehbar angeordnet und mit einer Skala von 60 Sekunden versehen. Entsprechend dem Zeitzeichen konnte der Pilot die Sekundenabweichung seiner Uhr vom Zeitnormal korrigieren und für seine weiteren Berechnungen berücksichtigen.Bei der Langstreckennavigation verursachen selbst wenige Sekunden Varianz enorme Fehler in der Standort- und Kursberechnung. Je genauer, desto besser, lautete demnach damals das Motto. In Zusammenarbeit mit Longines meldete Weems 1929 schließlich das Patent für seine Armbanduhr an, die als sinnvolle Ergänzung des weit größeren Bordchronometers gedacht war. Kurios mag folgendes Detail sein: Das Patent für die Uhr wurde erst 1935 verliehen. Ob da jemand die Einfachheit und Genialität der Erfindung nicht verstand?
Die aktuelle Replika der Uhr von Commander Philip van Horn Weems, die „Weems Second-Setting Watch“, wurde bewusst groß und maskulin gestaltet. Sie ist mit dem Automatikwerk L699 ausgestattet, dessen Unruh mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde oszilliert. Die Gangreserve beträgt 46 Stunden. Das Edelstahlgehäuse besitzt einen Durchmesser von 47,5 Millimetern, ein zusätzlicher Gehäusebodendeckel schützt den eigentlichen Saphirglasboden. Öffnet man ihn, so kann man einerseits die Gravur und Nummerierung sehen und andererseits das Automatikwerk. Das opalfarbene, versilberte zentrale Hilfszifferblatt ermöglicht heute wie damals die exakte Synchronisierung zum Beispiel mit dem Radio-Zeitzeichen oder einer Funkuhr. Zur Weems Second-Setting Watch gehört ein braunes Alligatorlederarmband mit einer „Charleston“-Schließe und einem Verlängerungsstück.Die Stundenwinkeluhr
Basierend auf der Uhr von Commander Philip van Horn Weems entwickelte Charles A. Lindbergh seine Stundenwinkeluhr.Ausgehend von Weems’ Erfindung, ging Charles A. Lindbergh, sein Schüler an der Naval Academy von Annapolis, noch einen Schritt weiter und überlegte, wie von einer Armbanduhr der Greenwich-Stundenwinkel der Sonne abgelesen werden könnte. Diesen braucht man zur Berechnung des Längengrads eines beliebigen Gestirns.Die Erde dreht sich in 24 Stunden einmal um ihre Achse. In zwölf Stunden um 180 Grad, in einer Stunde um 15 Grad und in der Minute um 15 Bogenminuten. Lindberghs Erfindung machte es möglich, dass die Zeiger der Uhr nicht nur die exakte Uhrzeit darstellen konnten, sondern auch den zugehörigen Greenwich-Stundenwinkel der Sonne. Eine Stunde entspricht dabei 15 Grad. Wenn der Stundenzeiger in zwölf Stunden das Zifferblatt umrundet hat, hat er also die 180-Grad-Position erreicht. Die dem Minutenzeiger zugehörige Skalierung auf der Lünette unterteilt die 60 Minuten einer Stunde in 15 Grad, wobei jede Minute für 15 Bogenminuten steht. Der Sekundenzeiger wiederum zeigt auf dem kleinen, verstellbaren Zifferblatt in der Mitte die exakte Anzahl der Bogenminuten zwischen null und 15, die in einer Minute verstreichen.Nun könnte man den Greenwich-Stundenwinkel der Sonne wie folgt ablesen: Nehmen wir an, unsere Longines zeigt 4 Uhr 37 Minuten und 9 Sekunden. Nach dem Empfang des Zeitnormals via Zeitzeichensender korrigieren wir das kleine Hilfszifferblatt in der Mitte um plus drei Sekunden, sodass wir jetzt über die sekundengenaue Zeit verfügen. Es ist demnach 4 Uhr 37 Minuten und 12 Sekunden. Der Stundenzeiger zeigt uns 60 Grad an, der Minutenzeiger 9 Grad und 15 Bogenminuten, der Sekundenzeiger 3 Bogenminuten. Addiert man das Ganze, so kommt man auf 69 Grad und 18 Bogenminuten. Dieser Wert stimmt jedoch nur, wenn die Differenz zwischen der wahren und der mittleren Sonnenzeit null ist. Variiert diese, und das tut sie in einem Ausmaß von plus 16 Minuten um den 3. November und minus 14 Minuten um den 11. Februar, so muss diese Varianz in unsere Berechnungen einbezogen werden. Auch daran hatte Charles A. Lindbergh gedacht, indem er die Lünette drehbar und somit korrigierbar vorsah.
Nehmen wir wieder an, dass unsere Longines 4 Uhr 37 Minuten und 12 Sekunden anzeigt. Dieses Mal gibt es aber durch die Zeitgleichung eine Verschiebung zwischen der wahren und der mittleren Sonnenzeit von minus 4 Minuten und 50 Sekunden. Wir drehen die davor noch mittig stehende Lünette jetzt um 4 Minuten nach links und lesen Folgendes ab: Der Stundenzeiger zeigt uns wieder 60 Grad an, der Minutenzeiger jetzt aber 10 Grad und 15 Bogenminuten und der Sekundenzeiger wieder 3 Bogenminuten. Da wir zuerst jedoch die 50 Sekunden beim Verdrehen der Lünette nicht berücksichtigt hatten, da diese kaum einstellbar sind, müssen diese jetzt noch in unserer Rechnung einfließen. Auf dem kleinen Zifferblatt lesen wir für die 50 Sekunden 12½ Bogenminuten ab und addieren diese mit den anderen Zahlen zu einem Wert von 70 Grad und 30½ Bogenminuten für den Greenwich-Stundenwinkel der Sonne.Worauf basiert diese Berechnung? Steht man genau mittags auf dem Greenwich-Meridian, ist die Sonne zu dem Zeitpunkt genau im Süden. Ihr Stundenwinkel beträgt in diesem Moment null Grad. Drei Stunden später beträgt ihr Stundenwinkel drei Stunden. Im weiteren Verlauf umkreist die Sonne die Erde, sie geht unter und später wieder auf und nähert sich dann wieder dem Greenwich-Meridian. Um 11 Uhr vormittags beträgt der Stundenwinkel 23 Stunden. Um 12 Uhr fängt das Ganze wieder bei null an. Einmal um die Erde sind demnach 24 Stunden oder 360 Grad. Misst man den Stundenwinkel von Greenwich aus, so nennt man ihn Greenwich-Stundenwinkel oder englisch Greenwich Hour Angle (GHA). Der Stundenwinkel wird stets in westliche Richtung gemessen und als Winkel in Graden, Bogenminuten und Bogensekunden angegeben. Mit einer sehr genau gehenden Uhr kann man nun feststellen, welchen Weg die Sonne um die Erde bereits zurückgelegt hat, und daraus den exakten Stundenwinkel bestimmen. Das funktioniert aber wohlgemerkt nur dann, wenn wir, wie erwähnt, die Abweichung zwischen der wahren und der mittleren Sonnenzeit kennen und dies als Korrektur einfließen lassen.
Im Jahre 1931 war es so weit: Die Lindbergh-Stundenwinkeluhr wurde Realität. Den Piloten half sie fortan, bei einem Langstreckenflug den Längengrad zu bestimmen, und erleichterte ihnen so das Navigieren. In der aktuellen Ausführung misst die Lindbergh-Stundenwinkeluhr 47,5 Millimeter und ist somit genauso groß wie das Original. Unter dem weißen Zifferblatt mit seinem opalfarbenen Hilfszifferblatt in der Mitte tickt das Longines-Automatikkaliber L699, dessen Unruh mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde oszilliert. Gehäuse in Edelstahl und Gelbgold mit doppeltem Gehäuseboden stehen zur Wahl. Die Funktionen der Stundenwinkeluhr sind heute noch dieselben wie damals. Man kann die laufenden Sekunden der Uhr mit einem Zeitnormal korrigieren und nach wie vor den Greenwich-Stundenwinkel der Sonne bestimmen.Strenge VorgabenDas ist die Geschichte der Fliegeruhr die von der US-Luftwaffe basierend auf einem umfassenden Pflichtenheft bei Longines bestellt wurde. Nichts sollte dem Zufall überlassen werden.
Das Pflichtenheft der Abteilung Materialbeschaffung der US-Luftwaffe wurde am 10. Oktober 1934 in Form einer Reinschrift mit Schreibmaschine zu Papier gebracht. In dem siebenseitigen A4-großen Dossier wurde bis ins kleinste Detail beschrieben, was die neue Fliegeruhr können sollte und wie sie auszusehen hätte. Am 4. April1935 bestellte die U. S. Army bei Longines’ US-Agenten Wittnauer Co. in New York schließlich 175 Stück der „Avigation (Hack) Watch Type A-7“. Drei Muster der Uhr sollten innerhalb von nur 30 Tagen, mit allen gewünschten Details und Gravuren, geliefert werden. Erst dann würde der Auftrag bestätigt und die restlichen Uhren abgerufen. Letztere sollten wiederum in lediglich 120 Tagen gefertigt und geliefert werden. Man muss sich das Pflichtenheft aufmerksam durchlesen, will man das eigentliche Begehr der Material Division der Air Corps richtig verstehen. Es verlangte nach Uhren für seine Piloten, von der diese die Uhrzeit auch dann korrekt und problemlos ablesen konnten, wenn sie beide Hände am Steuerknüppel oder -horn ihrer Flugzeuge hatten. Die für damalige Verhältnisse sehr große Uhr sollte am Unterarm links auf der Innenseite getragen werden. So konnte der Pilot, ohne seinen Unterarm verdrehen zu müssen, stets die Uhrzeit korrekt erfassen, aber auch die Uhr mit seiner rechten Hand problemlos manipulieren. Für diese ungewöhnliche Konfiguration musste das Zifferblatt um 45 Grad nach rechts gedreht werden. Die Krone sollte sich dann jedoch wieder bei „12 Uhr“ befinden; das heißt, verglichen mit einer normalen Uhr, bei 1 Uhr 30 positioniert sein. Das Pflichtenheft sah nur eine Krone vor. Mit ihr sollte man die Avigation Type A-7 aufziehen, stellen und auch den Chronographen starten, stoppen und nullstellen können. Wenn man versucht, sich das bildlich vorzustellen, so kommt das de facto dem Handling einer klassischen Handstoppuhr gleich – nur mit dem Unterschied, dass man sie nicht in der Hand hält, sondern sie sich auf der Innenseite des Unterarms befindet. Ein weiterer Vorteil dieser „schiefen“ Optik war ferner, dass sich der Pilot niemals irren konnte: „12 Uhr“ war stets in Flugrichtung, also in Blickrichtung nach vorn zu den anderen Bordinstrumenten. Selbst bei Flügen in turbulentem Wetter oder bei widrigen Lichtverhältnissen war eine Fehlbedienung ausgeschlossen. Das Pflichtenheft der Material Division der Air Corps forderte ein mattschwarzes Zifferblatt, markant weiß bedruckt mit einer Eisenbahnminuterie und einen Totalisator mit 30-Minuten-Einteilung für den Chronographen. Er musste sich bei 12 Uhr befinden, die laufende Sekunde indes bei 6 Uhr. Interessant und kurios zugleich ist das: Die Material Division der Air Corps definierte die Avigation Type A-7 im Pflichtenheft eindeutig als Armbanduhr, und das trotz der für die damalige Zeit ungewöhnlichen Größe von 51 Millimetern. Dennoch sollte das Armband leicht demontierbar sein, damit eine passende Uhrkette befestigt werden und die Uhr somit in privater Verwendung als Taschenuhr getragen werden konnte. Mit einer so riesigen Uhr am Handgelenk wäre man damals unter allen Umständen aufgefallen, und das war bestimmt nicht im Sinne des Bestellers.
Besonders heikel und genau war die Material Division der Air Corps betreffend der Qualität des Gehäuses und der Präzision und Ausführung des Uhrwerks. Verlangt wurde unter anderem eine Ankerhemmung, eine Breguetspirale und eine Gangreserve von mindestens 30, aber nicht mehr als 56 Stunden. Die Öle mussten eine Verwendung der Uhren in einem Temperaturspektrum von –20 bis +45 Grad garantieren. In horizontaler und vertikaler Lage, bei Zimmertemperatur, bei täglichem Aufziehen und ohne mitlaufenden Chronographen war eine Ganggenauigkeit von zehn Sekunden am Tag gefordert, und die Variation innerhalb der zehn Sekunden durfte nicht mehr als drei Sekunden betragen. Bei mitlaufendem Chronographen, der in einem Zeitraum von sechs Tagen immer wieder ein- und ausgeschaltet werden sollte, durfte die Gangabweichung nur 15 Sekunden pro Tag betragen und die Variation der täglichen Abweichung zehn Sekunden nicht übersteigen. Zudem wurde ein extensives Testen der Funktionen Start, Stopp, Flyback und Nullstellen verlangt. Dabei sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass der Stoppzeiger jeweils wieder exakt bei null beginnt und zur Ruhe kommt. Bei einem Test bei +35 Grad Celsius war verlangt, dass die Uhren nur um fünf Sekunden von dem bei Zimmertemperatur getesteten Ergebnis abweichen dürften. Bei – 20 Grad waren 15 Sekunden Abweichung von den Ergebnissen bei Zimmertemperatur erlaubt. Das Gehäuse, idealerweise hergestellt aus Nickel oder einer Nickellegierung mit einer Chrombeschichtung, musste absolut feuchtigkeits- und schmutzbeständig sein, das Uhrglas von besonderer Qualität und nicht zerbrechlich. Nach Möglichkeit sollten zur Herstellung der Uhren generell nur antimagnetische Materialien verwendet werden.
Longines verbaute in die Avigation Type A-7 das 18-linige Schaltrad-Taschenuhrkaliber 18.72 (Durchmesser 39,7 mm, Bauhöhe 6,8 mm, 16 Steine, Unruhfrequenz 18.000 A/h), das in der Manufaktur seit 1929 in Verwendung war. Dieses erfüllte auch die Ansprüche einer „Hack Watch“, also einer Uhr, die neben der laufenden Uhrzeit mit einer weiteren Referenzzeit synchronisiert werden konnte – zum Beispiel durch den Start des Chronographen zu Beginn einer Mission. Die Begriffe „U.S. Army A.C. Avigation Hack Watch Type A-7“ mussten neben Serien- und Bestellnummer, der „Specification Number“ 27748 und der von Longines vergebenen Seriennummer auf der Rückseite des Gehäuses eingraviert sein.Die Vorgaben der Material Division der Air Corps waren also ziemlich fordernd. Vermutlich waren deshalb neben Longines damals auch nur weitere zwei Hersteller in der Lage, so eine Uhr zu fertigen: Gallet und The Meylan Watch Co. Die Avigation-Type-A-7-Uhren wurden, so weit man das heute weiß, ungefähr bis 1943 von den Piloten offiziell getragen. Parallel dazu fertigte Longines aber bereits damals ebenso eine zivile, „nur“ 49 Millimeter große Version der Uhr. Diese unterschied sich primär durch ein geändertes Zifferblatt mit Tachymeterskala von der Militärversion. Und das bringt uns zu guter Letzt zum Aussehen der Version 2012, die sich ganz an der zivilen Avigation Type A-7 orientiert und noch eine Datumsanzeige spendiert bekommt.24 Stunden auf dem ZifferblattIn den 1950er Jahren fertigte Longines eine besondere Uhr für die Navigatoren der Swissair.
Heute berechnen Flugcomputer den Weg von A nach B. Sie beziehen ihre Informationen vom Global Positioning System (GPS), von diversen Funkfeuern am Boden und über das sogenannte Trägheitsnavigationssystem (INS = Inertial Navigation System). Zusammen liefern diese Systeme dem Flight Management Computer (FMS) alle notwendigen Daten, um die Flugroute korrekt berechnen zu können. Bereits vor dem Abflug wird zudem die vollständige Flugroute in das FMS eingegeben oder via Laptop überspielt. So kann sich die zweiköpfige Crew während des Fluges auf ihre Aufgaben konzentrieren und das Flugzeug, je nach Flugabschnitt, fliegen oder einfach nur kontrollieren.Die akkurate Zeit im Cockpit liefern heute das GPS und eine unabhängig arbeitende Digitaluhr. Und Militärpiloten tragen während heikler Missionen stets einen ganz bestimmten Typus Uhr, der ihnen im Fall der Fälle als weiteres Backup dient.
Vor einigen Jahren sahen Cockpits noch anders aus. In Ermangelung rechenstarker Computer wurde die Cockpitarbeit auf drei Personen aufgeteilt: den Kapitän, den Copiloten und den Navigator. Letzterer saß hinter den beiden Piloten an seinem Arbeitsplatz, der gespickt war mit Anzeigen und Reglern. Die Aufgabe des Navigators war es, wie der Name andeutet, zu navigieren. Er war aber auch eine Art Bordtechniker, der viele der Systeme kontrollierte, die heute ebenso von Rechnern gesteuert werden. So sorgte auch der Navigator dafür, dass zur besseren Trimmung des Flugzeugs Benzin von einem Tank in den anderen gepumpt wurde. Hauptsächlich beschäftigte sich der Navigator jedoch mit der Flugvorbereitung und Durchführung. Er berechnete und kontrollierte mit seinen Möglichkeiten laufend den Kurs des Flugzeugs, und er sammelte alle verfügbaren Daten von Funkfeuern und Navigationshilfen am Boden.Bei einem Langstreckenflug durchfliegt ein Flugzeug unzählige Zeitzonen mit ihren von UTC abweichenden Zonenzeiten, demnach muss die Referenzzeit in jedem Cockpit weltweit die Gleiche sein. Früher war GMT (Greenwich Mean Time) die Referenzzeit, heute ist es UTC (Universal Time Coordinated), in der Luftfahrt wie in der Seefahrt. Es gibt auch keinen Unterschied zwischen Zivil und Militär, alle orientieren sich an dieser Zeit. Somit passiert ein Ereignis, das um 08:00 UTC stattfindet, weltweit exakt zur gleichen Zeit, ganz unabhängig in welcher Zonenzeit sich eine Crew aufhält.Beim Durchschreiten der Zeitzonen in einem Flugzeug verwischen Tag und Nacht manchmal sehr schnell. Genau da kam die Longines-Armbanduhr mit 24-Stunden- Anzeige ins Spiel. Durch die Darstellung des ganzen Tages auf dem Zifferblatt – der Stundenzeiger dreht sich nur einmal am Tag im Kreis – konnte kein Fehler beim Ablesen der Zeit beziehungsweise der Referenzzeit passieren. Damals war so ein Typ Uhr für den Navigator an Bord eine sinnvolle Hilfe. Ein solches Modell gelangte 2009 zurück ins Longines-Museum. Es war die Uhr des Swissair-Navigators Harry Hofmann, der sie während seiner Flüge auf den Linienflugzeugen der Typen DC-4, DC-6, DC-7, DC-8 und Coronado bis zum Jahre 1974 getragen hatte. Die 24-Stunden-Uhr wurde Anfang der 1950er Jahre speziell für diese Zwecke von Longines gebaut und trägt die Seriennummer 8237331. Sie ist mit dem Longines-Kaliber 37.9N mit Anzeige der Sekunde aus der Mitte ausgestattet, das 1940 für die Pilotenuhren der Manufaktur entwickelt worden war. Das Wort „Swissair“ war in den Edelstahlboden des Gehäuses graviert. Recherchen im Archiv bei Longines ergaben, dass Harry Hofmanns Uhr zu einer Serie von lediglich 70 Stück gehört, die zwischen 1953 und 1956 exklusiv für die schweizerische Luftverkehrsgesellschaft Swissair gebaut wurden.
Eine spannende Geschichte also und ein guter Grund, so eine Rarität wiederaufleben zu lassen. Die aktuelle Version nennt sich „Longines Twenty-Four Hours“. Unter dem Zifferblatt tickt heute das 16½-linige Automatikkaliber L704.3. Es ist so untersetzt, dass der Stundenzeiger nur einmal alle 24 Stunden eine volle Umdrehung macht. Die Unruh oszilliert mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, die Gangreserve beträgt 46 Stunden. Das Edelstahlgehäuse besitzt einen Durchmesser von 47,5 Millimetern. In perfekter Harmonie dazu präsentiert sich das mattschwarze Zifferblatt mit den 24 aufgemalten weißen arabischen Ziffern, die mit Super-Luminova beschichtet sind, und der Eisenbahnminuterie, die das Ablesen der Minuten erleichtert. Die Uhrzeit wird mittels Zeigern, die ebenfalls mit Super-Luminova beschichtet sind, angezeigt.
Wie beim Originalmodell aus den fünfziger Jahren kommt die Sekunde aus der Mitte. Neu im Unterschied zum Original ist das Datumsfenster bei 3 Uhr. Die Longines Twenty-Four Hours verfügt über ein Saphirglas mit Antireflex-Beschichtung und einen Sprungdeckel, der den Saphirglasboden schützt. Öffnet man ihn, kann man das Uhrwerk bewundern und das Oszillieren der Unruh beobachten. Außerdem erblickt man am Innenteil des Deckels die eingravierte Inschrift „Re-edition of a Longines navigation watch exclusively made for Swissair navigators, 1953–1956“ sowie die Seriennummer. Die nicht limitierte Longines Twenty-Four Hours wird mit einem schwarzen Alligatorlederarmband geliefert; sie ist bis zu einem Druck von drei Bar wasserdicht.Es bedarf nur weniger Tage, und schon hat man sich an das 24-Stunden-Zifferblatt gewöhnt. Gerade für Globetrotter, die ihre Armbanduhr speziell zur Anzeige der Heimatzeit oder einer anderen Referenzzeit verwenden und die aktuelle Zeit in der Zeitzone, in der sie sich befinden, stets im Kopf umrechnen, ist die Longines Twenty-Four Hours eine Alternative mit spannender Geschichte. alArtikel aus Longines-Sonderheft (Chronos 6.2012)Alles über die Uhren, die mehr als 180-jährige Geschichte und das vielseitige sportliche Engagement von Longines lesen Sie im 140-seitigen Chronos Special Longines. Hier können Sie das Sonderheft zusammen mit Chronos 06.2012 versandkostenfrei bestellen: <-->)a>Text: Alexander Linz
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