Bei der Entwicklung der Seamaster Aqua Terra Ultra Light stellte Omega sportliche Ausrichtung und innovative Leichtigkeit in den Fokus. Dazu musste jedes Detail der Uhr überdacht werden, was einige uhrmacherische Neuentwicklungen zur Folge hatte. Das Handaufzugwerk zum Beispiel ist das erste Titan-Kaliber von Omega überhaupt. Die Realisierung war offenbar kein leichte Spiel. Wir mussten über zwei Jahre auf die Uhr zum Test warten.
Am schwarzen Textilband wiegt die »Ultra Light«, wie wir sie hier der Leichtigkeit wegen verkürzt nennen, gerade einmal 55 Gramm. Mit Kautschukband und Titan-Faltschließe bringt sie 76 Gramm auf unsere Präzisionswaage. Zum Vergleich: Die von uns bereits getestete Seamaster Planet Ocean wiegt mit Titangehäuse, Keramiklünette und Kautschukband 104 Gramm, also etwa ein Drittel mehr. Der Vergleich hinkt nicht, denn die Ultra Light besteht aus genau den gleichen Materialien wie die Planet Ocean, während es vergleichbare Aqua TerraModelle bis auf ein paar Good Planet Ausführungen nicht gibt. Beim Gehäuse der Ultra Light kommt vor allem Titan zum Einsatz, aber nicht irgendein Titan. Für das Mittelteil, den Ring des Saphirglas-Schraubbodens und die Krone wird eine Legierung namens Gamma Titan verwendet, was ein absolutes Novum bei Omega ist.Das außergewöhnliche Material ist eine intermetallische Verbindungen aus Titan und Aluminium, weshalb sie auch Titanaluminid (TiAl) heißt. Das nach dem dritten Buchstaben des griechischen Alphabets benannte Gamma- beziehungsweise y-TiAl besteht zu 50 bis 55 Prozent aus Aluminium – daher seine Leichtigkeit. Die Entwicklung von TiAl-basierten Legierungen begann um 1970, sie werden aber erst seit etwa der Jahrtausendwende eingesetzt.
Titan-Legierungen verhelfen der Seamaster Aqua Terra Ultra Light zu großer Leichtigkeit
Auf Grund der robusten Eigenschaften trotz geringer Dichte kommt Titanaluminid in der Luft- und Raumfahrt, aber auch für Sportgeräte und in der Automobilindustrie zur Anwendung. Titanaluminid ist noch leichter als herkömmliches Titan, aber dennoch härter. Eine unscheinbare Gravur »y-TiAl« am Gehäuse, auf der Rückseite des linken oberen Bandanstoßes, weist auf die Verwendung das besondere Material hin.Eine weitaus »gewöhnlichere« und die am meisten genutzte Titanlegierung kommt mit sandgestrahltem Titan Grade 5 beim Zifferblatt zum Einsatz. Das Material ist ebenfalls leicht, korrosionsbeständig, biochemisch neutral und in der Lage, extremen Temperaturen standzuhalten. Mit dem hellgrauen Farbton ähnelt Titan Grade 5 stark dem von Edelstahl und passt hier bei der Ultra Light auch hervorragend zum Gehäusekorpus aus Titanaluminid.Omega hat lange geforscht und ausgiebig getestet, um die Menge des Materials für das Zifferblatt auf ein Minimum zu reduzieren. Dadurch konnte das Gesamtgewicht der Uhr weiter reduziert werden, ohne jedoch die bekannte Optik des Zeitmessers aufzugeben. Die Seamaster-typische horizontale Linien-Struktur auf dem Zifferblatt wird hier mit einem Negativ-Relief realisiert. Ohne Zweifel wiederzuerkennen sind die zur Zifferblattmitte hin spitz zulaufenden Stundenappliken und die signifikanten Zeiger mit den Pfeilspitzen an Minuten- und Sekundenzeiger. Letzterer besteht aus Aluminium, im Falle unserer Testuhr aus rotem Aluminium. Zusammen mit dem Seamaster Schriftzug unterhalb des erhabenen Omega-Logos bei zwölf Uhr, den Viertelstunden-Ziffern auf dem Minuten- beziehungsweise Sekundenring am Zifferblattrand sowie der Kontrastnaht am Kautschukband kann man ihn aber auch in einer blauen oder grünen Version begehren.Das Titan-Zifferblatt wird gehäuseseitig von einer Keramiklünette gerahmt. Es handelt sich dabei um ein bevorzugtes Material von Omega, weil es besonders kratzfest ist. Für die Ultra Light wurde es in einem einzigartigen Farbton entwickelt, so dass die Lünette perfekt zum Titangehäuse und zum Titanzifferblatt passt. Je nach Blickwinkel und Lichteinfall scheint der feststehende Ring mitunter den gleichen Farbton anzunehmen, ist aber etwas dunkler als das Gehäusemittelteil und das Zifferblatt.Die Omega Seamaster Aqua Terra Ultra Light besitzt eine einzigartige Teleskop-Krone mit Bedienvorteilen
Betrachtet man das Gehäuse von oben, erscheint es stromlinienförmig und symmetrisch. Die so gesehen unscheinbare Flanke an der rechten Seite lässt es im Durchmesser jedoch von 41 Millimeter, gemessen von sechs nach zwölf Uhr, auf reichliche 43,5 Millimeter, gemessen über die Krone von drei nach neun Uhr, wachsen. Von der Seite her betrachtet tritt die rautenförmige Flanke allerdings sehr deutlich hervor und nimmt eine einzigartige Krone gefällig auf.
Das Bedienelement ist tief in der Flanke versenkt und man fragt sich, wie kommt man überhaupt heran? Die Technik ist einzigartig: Man drückt wie auf einen Schalter und die Krone gleitet einem charmant entgegen. So wird die Begegnung mit dem Handaufzug zu einem ganz besonderen Erlebnis – wenn man will an jedem Tag, denn bei der Ultra Light handelt es sich um eine Handaufzuguhr. Obwohl man sie mit drei Tagen Kraftreserve nicht täglich aufziehen müsste, ist die Versuchung, die teleskopische Krone, wie Omega sie nennt, an jedem Tag und gern auch mehrmals zu benutzen, riesengroß.Die weitere Bedienung kommt einem dann vergleichsweise gewöhnlich und auch mühsamer vor. Denn in die mittlere und äußere Position muss man die Gamma Titan-Krone auf herkömmliche Weise und unter erheblichem Kraftaufwand sowie unter Einsatz der Fingernägel ziehen. In der mittleren Stellung gibt es zwar keine Datumsschnellschaltung, da die Ultra Light über keine Datumsanzeige verfügt, dafür aber die praktische Zeitzonenfunktion, die Omega bei beinahe allen neuen Uhrwerken installiert. Ohne dass die sekundengenaue Zeit verloren geht, lässt sich dabei der Stundenzeiger schrittweise vorwärts und rückwärts schalten.So hat man bei Reisen in andere Zeitzone immer ganz schnell die aktuelle Ortszeit eingestellt – sehr praktisch und absolut zeitgemäß. Nach Gebrauch, wobei der Handaufzug bis zu einem spürbaren Widerstand butterweich erfolgt und die Krone anschließend ein Stück zurückdreht, wird dieselbe durch leichten Druck gegen das Gehäuse wieder gesichert.Befand sich die Krone vorher in der mittleren oder Zeigerstellposition, vernimmt man dabei zudem ein deutliches Klicken und weiß, dass die Krone in ihre Grundposition zurückgeführt ist. Aus der Aufzugsposition heraus gleitet die Teleskop-Krone genauso sanft ins Gehäuse zurück, wie sie herauskam. Und noch ein schönes Detail entdeckt man beim Zurückschieben: Das rote Omega-Logo lässt sich dabei immer genau so ausrichten, wie man es gern möchte. Im Gegensatz zu einer Schraubkrone bleibt die teleskopische Krone in der Flanke nämlich beweglich.
Das Manufakturkaliber der Seamaster Aqua Terra Ultra Light
Über diese einzigartige Krone wird auch ein einzigartiges Uhrwerk bedient – das Omega Handaufzugkaliber 8928 Ti. Dass es sich dabei um ein von der METAS zertifiziertes Master Chronometer handelt, ist bei Omega nun fast schon selbstverständlich. Das heißt, das Handaufzugwerk und die Uhr haben eine Reihe von Prüfungen absolviert, welche sie als Chronometer mit einem Widerstand gegenüber Magnetfeldern bis zu mindestens 15.000 Gauß ausweisen. Um aber der Ultra Light auch seitens des Uhrwerks eine besondere Leichtigkeit zu geben, mussten hier ebenfalls einige Maßnahmen getroffen werden. Beim Kaliber 8928 Ti handelt es sich um Omegas erstes Titan-Uhrwerk. Es geht auf das erste von der METAS als Master Chronometer zertifizierte Kaliber 8900, im weitesten Sinn sogar bis auf das erste Chronometerwerk mit Co-Axial Hemmung, das Kaliber 8500, zurück. Beim Kaliber 8928 Ti besteht nicht nur der Unruhreif aus Titan, auch die Grundplatte und die Brücken sind aus keramikhaltigem Titan gefertigt. Dadurch bekommt das durch den Saphirglasboden gut sichtbare Handaufzugwerk nicht nur die zum Gehäuse sehr gut passende dunkelgraue Farbe, durch seine Leichtigkeit entsteht auch weniger Reibung zwischen den Komponenten.Die Gangwerte
Die frei schwingenden Unruhspirale aus Silizium oszilliert mit 25.200 Halbschwingungen in der Stunde und bekommt ihren Antrieb für drei Tage aus zwei in Reihe montierten Federhäusern. Das geringere Gewicht soll laut Omega weder die Präzision noch die Leistung des Uhrwerks verringern, weshalb der Schweizer Hersteller auch die Ultra Light ohne jegliche Bedenken mit fünf Jahren Garantie ausliefert. Wir stellen in unserem ausführlichen Test zwar Unterschiede im Gang fest, die aber immer im Chronometer-Bereich bleiben: Bei Vollaufzug geht die Uhr, gemessen auf der Zeitwaage, durchschnittlich nur 1,4 Sekunden am Tag vor, am Handgelenk sind es bei täglichem Aufzug 2,3 Sekunden. Etwas mehr weicht die Ultra Light nach 24 Stunden ab, oder wenn man sie länger als diese Zeit ohne Aufzug lässt. Mehr als vier Sekunden geht sie allerdings auch dann nicht vor.
Auf die kleine Zeiteinheit verweist zifferblattseitig eine lange schmale Nadel, deren feine Spitze der eines Präzionsmessgerätes würdig ist. Um die Sekunden-/Minutenskala am Zifferblattrand zu erkennen, muss man die Ultra Light gelegentlich ins rechte Licht drehen – oder aus diesem heraus, will man einem zeitweiligen Funkeln der teils spiegelpolierten, teils strichgeschliffenen IndexAppliken sowie Stunden- und Minutenzeigern entgehen. Nachts leuchten alle Elemente in herrlichem Blau – je nach Aufladung der Superluminova mehr oder weniger anhaltend.Der Blick auf die Uhr bereitet immer Freude und wirkt überhaupt nicht aufdringlich. Im Gegenteil: Wegen ihrer Größe und der zurückhaltenden Farbgebung kommt die Ultra Light eher als graue Eminenz daher. Getragen wird sie an einem eigenwillig gemusterten schwarzen Kautschukband. Dessen Kontrastnaht, in unserem Fall in Rot, passt zum Seundenzeiger und einigen gleichfarbigen Details auf dem Zifferblatt. Auf der Rückseite des Bandes sorgen einige Wellen für gute Belüftung und damit besten Tragekomfort der Uhr zusätzlich zu ihrer Leichtigkeit.