Die neue Submersible Elux LAB-ID von Panerai (PAM01800) ist eine gewaltige Uhr. Mit einem Durchmesser von 49 Millimetern und einer Bauhöhe von 21,9 Millimetern ist sie selbst für Panerai ein Übergrößen-Modell. Gefertigt aus blauem Ti-Ceramitech, einer „keramisierten“ Titanlegierung, wirkt sie nicht nur durch ihr Volumen, sondern auch durch die matte, harte Oberfläche sehr technisch. Dabei kommen ihre wahren Werte erst bei Dunkelheit zum Vorschein.
Der Name verrät, dass es sich hier um eine für die Marke bedeutsame technische Neuerung handelt. Den Zusatz „LAB-ID“ heißen bei Panerai Konzeptuhren, bei denen das Panerai-eigene Laboratorio di idee besondere Innovationen auf den Markt bringt. In der Vergangenheit waren das etwa die LAB-ID Luminor Carbotech PAM700 mit ihrem tiefschwarzen Zifferblatt aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder die LAB-ID Luminor PAM01700 mit der neuen Superluminova-Generation X1.
Bei der Submersible Elux LAB-ID geht es wieder um Leuchtkraft. Das Schauspiel beginnt, wenn man die bei acht Uhr am Gehäuserand platzierte Schutzkappe öffnet und auf den darunter liegenden Knopf drückt. Dann beginnen die Zeiger, die Indexe und die kreisförmige Markierung auf der Lünette hell zu leuchten, genau wie der Ring um die kleine Sekunde und die „Power Light“-Funktionsanzeige. Sie leuchten dabei nicht nach, wie das bei klassischen Leuchtmitteln wie Superluminova der Fall ist, müssen also zuvor keiner äußeren Lichtquelle ausgesetzt gewesen sein. Sondern sie ziehen ihre Energie aus vier zusätzlichen Federhäusern, die nur für die Beleuchtung da sind. Zusammen mit den beiden weiteren Federhäusern für die Zeitanzeige beinhaltet das rein mechanisch arbeitende Automatikkaliber P.9010/EL also sechs Energiespeicher.
Die Umwandlung der mechanischen Energie in Strom besorgt ein Mikrogenerator, der 8 mal 2,3 Millimeter klein ist. Er besteht aus speziell angefertigten Spulen, Magneten und einem Stator und beinhaltet einen Hochgeschwindigkeitsrotor, der sich in einer Sekunde 80-mal dreht und ein elektrisches Signal von 240 Hertz erzeugt. Anthony Serpry, Panerais Direktor für Forschung und Entwicklung, gibt ein Beispiel dafür, wie winzig der Generator ist: Jede der sechs Spulen besteht aus 2000 Windungen eines 12 Mikron kleinen Kupferdrahts.
Lesen Sie auch unser aktuelles Interview mit Panerai-Chef Jean-Marc Pontroué.
Panerai hat eine lange Geschichte mit Leuchtmitteln. Sie begann, als Guido Panerai 1914 den „Radiomir“ genannten Leuchtstoff, bestehend aus Zinksulfid und Radiumbromid, patentieren ließ. 1949 ließ sich Panerai den Namen „Luminor“ für ein neues Leuchtmittel auf Basis des Wasserstoffisotops Tritium schützen. Die jeweils verwendete Leuchtmasse wurde auf das Zifferblatt gedruckt, später wurden daraus die bekannten Modellnamen.
Die Bezeichnung Elux wiederum stammt von einer Erfindung, die Panerai im Jahre 1966 patentieren ließ und die nichts mit Armbanduhren zu tun hatte. Das Wort entstand aus „elettroluminiscenza“. Als Geschäftspartner der italienischen Marine lieferte Panerai unter anderem Paneele, deren Elektrolumineszenz durch ein elektrisches Feld induziert wurde. Sie wurden beispielsweise bei schiffsinternen Signaltafeln und Kommandozentralen eingesetzt, aber auch für selbstleuchtende Wege oder Beschilderungen für Hubschrauberlandeplätze auf Militärschiffen.
Der durch den Mikrogenerator erzeugte Strom bringt Mikro-LEDs zum Leuchten. Sie sitzen direkt unterhalb des zu beleuchtenden Objekts: 60 unter der Lünette, jeweils fünf unterhalb von Stunden- und Minutenzeiger und 90 unter dem Zifferblatt, wobei jeder Index von vier bis sechs Mikro-LEDs gespeist wird. Insgesamt kommen 160 dieser Mikro-LEDs in der Uhr zum Einsatz. Besonders herausfordernd war es für das Entwicklungsteam, zu dem neben den Panerai-Ingenieuren auch mehrere externe Partner wie die Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne (EPFL), das Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) sowie spezialisierte Unternehmen aus ganz Europa gehörten, die beweglichen Teile wie Zeiger und Lünettenmarkierung mit Strom zu versorgen. Laut Anthony Serpry besteht die Lösung in einer Hochpräzisions-Mikrofeder, die elektrische Kontakte zwischen Zifferblatt und Zeiger bei einem Minimum an Friktion herstellt (ein Zuviel würde das Uhrwerk stoppen).
Wenn man den Knopf bei 8 Uhr gedrückt hat, beginnt also das große Leuchten. „Power Light“ nennt Panerai seine elektromechanische Lumineszenz. Und die dauert nicht nur ein paar Sekunden oder wenige Minuten, sondern maximale eine halbe Stunde. Um die volle Länge zu erreichen, sollte die Uhr natürlich voll aufgezogen sein. Wer seinen Arm über Tag nur wenig bewegt hat, kann die Uhr auch von Hand aufziehen, um ganz sicher zu gehen. Das Power Light stoppt, wenn man den Drücker zum zweiten Mal betätigt. Über die verbleibende Energie fürs Licht informiert die stabförmige Anzeige bei 6 Uhr, die ebenfalls beleuchtet ist. Ist der Strom aufgebraucht, wird die Uhr aber nicht dunkel, dann gibt es immer noch Superluminova. Stundenindexe und Stundenzeiger sind mit grünem Superluminova X2 beschichtet, ein Material, das nach drei Stunden Dunkelheit eine um zehn Prozent höhere Leuchtkraft aufweist als Superluminova X1. Mintenzeiger und Lünetten-Leuchtpunkt sind wiederum mit blauem Superluminova X1 versehen. Übrigens: Dass das Power Light grün leuchtet, ist laut Anthony Serpry eine bewusste Wahl, um die traditionell grünen Leuchtmittel zu zitieren. Technisch wäre es möglich, auch andere Farben zu nehmen. Allerdings zeigten die vom Entwicklungsteam durchgeführten Tests, dass bei Grün das Verhältnis zwischen Leuchtkraft und Energieverbrauch das günstigste ist. Auch wäre es kein Problem, Teile des Gehäuses zum Leuchten zu bringen.
Das Werk, das mit seinen sechs Federhäusern die Energie für Power Light und die Panerai-üblichen drei Tage Gangreserve bereitstellt, heißt P.9010/EL. Es stellt eine Weiterentwicklung des P.9010 dar: Um alle sechs Federhäuser effizient aufziehen zu können, hat man die Trägheit des Rotors um 235 Prozent erhöht. Gleichzeitig wurden die Kugellager und die Wechselräder des Aufzugs überarbeitet, die Dimensionen im Getriebe verstärkt und teilweise veränderte Materialien verwendet, um dem höheren Drehmoment zu entsprechen.
Mehr zu den Submersible-Neheiten 2024 finden Sie hier.
Das Gehäuse besteht aus dem von Panerai bereits mehrfach verwendeten Ti-Ceramitech. Die Basis bildet eine Titanlegierung, wobei die Oberfläche durch eine plasmaelektrolytische Oxidation so verändert wird, dass eine dichte Keramikschicht entsteht. Der graublaue Farbton passt gut zu einer Taucheruhr. Die Uhr wird mit einem Kautschukband in ähnlicher Farbe getragen, dazu liefert Panerai ein zweites Band aus einem nicht näher bezeichneten Materialmix mit. Insgesamt limitiert Panerai die Produktion der Konzeptuhr auf 150 Exemplare, von denen 2024, 2025 und 2026 je 50 gefertigt werden. Der Preis ist mit 108.000 Euro so voluminös wie die Uhr, aber vor allem durch die extrem aufwendige Entwicklungsarbeit bedingt, die dahintersteht und die insgesamt sacht Jahre in Anspruch genommen hat. Aber sicherlich werden wir die Power-Light-Technologie auch in künftigen Panerai-Uhren erleben.