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Hands-on: Seiko Prospex Speedtimer Automatikchronograph

Seiko: Prospex Speedtimer Automatikchronograph
© PR
Seine Affinität zur Sportzeitmessung inspirierte den japanischen Hersteller zu der neuen Serie Speedtimer. Neben einer limitierten Ausgabe als Hommage an das Design der Seiko-Stoppuhr von 1964 und einer weiteren zur bevorstehenden Leichtathletik-WM 2022, bei der Seiko zum 17. Mal die Zeitmessung übernahm, zelebriert auch ein Serienmodell das sportliche Erbe. Wir stellen uns dem Wettkampf.
Einen Wettkampf hat der japanische Uhrenhersteller schon längst – vor mehr als einem halben Jahrhundert – gewonnen. In ihm liegt sein Chronographen-Erbe begründet. Die Geschichte ist hinlänglich bekannt: Ende der 1960er-Jahre lief zwischen Seiko, Zenith sowie einem Konsortium unter Beteiligung von Breitling, Buren, Dubois-Dépraz und Hamilton das Wettrennen um den ersten Automatik-Chronographen der Welt. Jeder wollte der Erste sein. Und auch, wenn Zenith das Werk als El Primero entsprechend bezeichnete, hatte letztendlich doch Seiko die Nase vorn.Bereits Anfang 1969, während die Schweizer noch mit Prototypen hantierten, produzierte das fernöstliche Unternehmen den Seiko 5 Speedtimer Automatik-Chronograph mit dem Kaliber 6139. Für den Moment waren sich die Japaner der historischen Dimension ihrer Entwicklung gar nicht so bewusst, investierten sie doch zur gleichen Zeit in eine nicht nur für sie viel weitreichendere Angelegenheit, in die der ersten Quarzuhr der Welt. Während Seiko diese als Revolution betrachtete, stürzte sie die Schweizer Uhrenindustrie in die vermeintliche »Quarzkrise«.Mehr noch: Die bis heute hoch gelobte Säulenrad-Chronographenschaltung, verbunden mit einer ebenso viel beschworenen vertikalen Kupplung, schien im Kaliber 6139 beinahe schon als selbstverständlich und perfekt. Und wie der sogenannte »Magische Hebel« kommt diese Technik auch im modernen Automatikkaliber 8R46 zum Einsatz. Dieses tickt nun im aktuellen Prospex Speedtimer Automatikchronographen SRQ037J1, der neben der limitierten Auflage mit der Referenz SRQ035J1 die Geschichte der 1960er-Jahre auf retromoderne Weise aufnimmt.
Modernes Uhrwerk: Der Chronograph arbeitet mit Schaltrad und vertikaler Kupplung. © Seiko

Der Serien-Chronograph ist kein Einzelkämpfer

Reflektiert die limitierte Auflage mit schlichtem, weißem Zifferblatt, Zehn-Sekunden-Markern und gebogener Sekundenzeigernadel das Stoppuhrendesign von 1964, kommt unsere Testuhr mit asphaltgrauem Zifferblatt, großen, facettierten Index-Appliken und Dauphine-Zeigern betont zeitgemäßer daher. Wobei: Der weiße Stoppsekundenzeiger ist an seinem Ende ebenso gebogen und neigt sich akribisch bis zum Ende einer Stoppsekundenskala, die mit drei Teilstrichen exakt dem Vier-Hertz-Rhythmus des Kalibers 8R46 folgt. Das ist genauso perfekt wie die Schaltungen der zugrundeliegenden Säulenradtechnik inklusive vertikaler Kupplung. Letztere sorgt dafür, dass der Stoppsekundenzeiger immer ohne Stolpern anläuft und genauso punktgenau wieder anhält.Angesichts Seikos moderner MEMS-Technologie können die Uhrwerkteile heute mit viel höherer Präzision als vor 50 Jahren hergestellt werden. Das Kaliber 8R46 gehört zu Seikos fortschrittlichster Chronographenserie 8R. Im Gegensatz zum Kaliber 8R48 hat es jedoch nur zwei statt drei Totalisatoren und ein Datumsfenster bei sechs Uhr. Dadurch bekommt das Zifferblatt eine anmutige Symmetrie und übersichtliche Bicompax-Anordnung mit kleiner Sekunde bei drei und dem 30-MinutenChronographenzähler bei neun Uhr.

Das Zifferblatt des Seiko Prospex Speedtimer Automatikchronograph

Im Gegensatz zu den meisten Chronographen-Kalibern, bei denen der Stoppminutenzähler beim Nulldurchgang des Sekundenzeigers springt, vollführt dieser hier eine permanente Bewegung. Das ist ebenso außergewöhnlich wie dessen Position bei neun, anstatt bei drei Uhr, wo sich bei dieser Uhr der kleine Sekundenzeiger unermüdlich dreht. Bemerkenswert sind – wie bei der Stoppsekundenskalierung am Zifferblattrand – die feinen und genauen Einteilungen in Schienen-Optik auf beiden Countern, die eine perfekte Ablesbarkeit möglich machen.Trotz funkelnder Stundenappliken und facettierter Hauptzeiger ist auch die Zeit gut ablesbar. Am Tage leicht retro-beige, zeigen sich die Stunden-Markierungspunkte und die Lumibrite-Zeigerfüllungen bei Dunkelheit in herrlichem Türkisblau.
Schöne Farbe: Bei Dunkelheit erscheinen Indexe und Zeiger in einem herrlichen Blauton © Seiko
Wie die abgeschrägten und gekerbten Stundenmarkierungen, die scharfen Zeiger und die Markierungen auf dem äußeren Zifferblattring sind auch die Chronographendrücker einem Modell namens Crown aus dem Jahr 1964 nachempfunden. Die charmanten Hütchen unterstreichen die Retro-Anmutung des Speedtimers und schalten dank der zugrundeliegenden Schaltradtechnik gleichmäßig und punktgenau.

Die Gangwerte des Seiko-Kalibers 8R46

Entgegen den Erwartungen lassen sich die Schaltvorgänge leider nicht durch den rückseitigen Saphirglasboden beobachten, und auch der Arbeit des »Magischen Hebels« (Magic Lever) kann man nicht folgen. Seikos gestandener und in beide Richtungen wirkender Klinkenaufzug spannt die Hauptfeder effektiv, egal, in welche Richtung der Rotor gerade dreht. Er baut dabei im Federhaus eine Gangreserve bis zu 45 Stunden auf, was etwas mager für heutige Verhältnisse scheint.Die Ganggenauigkeit gibt Seiko dagegen ziemlich großzügig mit Toleranzen zwischen minus 15 und plus 25 Sekunden am Tag an. In der Realität läuft das 8R46 mit Abweichungen zwischen 3,2 und 8,1 Sekunden auf der Zeitwaage und 3,8 Sekunden am Handgelenk zum Glück viel besser und liegt damit noch im Rahmen heutiger Erwartungen.

Kampfstark im Vergleich aktueller Chronographen

Neben Retro-Optik setzt Seiko auch beim Gehäuse auf moderne Technologie. Die robuste Edelstahlkonstruktion ist mit einer Seiko-eigenen Oberflächenbehandlung hartbeschichtet, was zu einem dreifach höheren Schutz vor Kratzern führt. Die gleiche Behandlung erfährt auch das dreigliedrige Edelstahlarmband, das eigens für diese Serie entworfen wurde. Das Ensemble hinterlässt auf seine Weise einen starken Eindruck und bringt immerhin fast 200 Gramm auf die Waage. Nichts für Hänflinge also, auch angesichts einer Höhe von 15,4 Millimetern bei einem Durchmesser von 42,5 Millimetern. Dennoch wirkt die Uhr am Handgelenk noch moderat. Das mag an der polierten Lünette und dem schwarzen Zifferblatt mit seinen instrumentenhaften Skalierungen samt Tachymeter-Rehaut liegen. Die Höhe lässt sich jedoch angesichts steiler und sehr massiver Bandanstöße kaum kaschieren. Der Speedtimer liegt somit prominent am Handgelenk. Aber wem er mit dem Edelstahlarmband zu schwer erscheint, der kann auf das mitgelieferte schwarze Lederarmband umswitchen, allerdings ohne Schnellwechselsystem.
Eleganter Sportler: Die Uhr passt auch zum Business-Look, aber schlecht unter die Hemdmanschette © Seiko
Im Wettkampf heutiger Chronographen reiht sich der Seiko Speedtimer zwischen Zenith, Hamilton und Breitling vor allem mit einem moderaten Preis ein. Bekommt man den Edelstahl-Zeitmesser mit Manufakturkaliber für 3.000 Euro, kann Hamilton dank Eta-basierter Uhrwerktechnik ganz gut mithalten. Für einen Zenith Chronomaster Chronographen mit dem berühmten El Primero-Kaliber muss man aktuell 8.800 Euro berappen, der Eintritt in die Breitling-Manufakturwelt beginnt für 7.150 Euro mit dem Avenger B01 Chronograph. MaRi
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