Uhrengehäuse gibt es heutzutage in vielen verschiedenen Materialien, Platin ist das Metall der Superlative: Es ist das seltenste, kostbarste und reinste aller Schmuckmetalle und veredelt die schönsten Uhren der großen Luxusmarken. Das UHREN-MAGAZIN Extra Wissen 2015 informiert über die Eigenschaften, die Herstellung und die Bearbeitung der wichtigsten Werkstoffe der Uhrenindustrie. In dieser Folge der Serie Uhrengehäuse: Platin-Uhren.
Platin ist uralt und gleichzeitig noch sehr jung: Zwar schlummerte es schon seit Milliarden von Jahren in den Tiefen der Erde, dennoch weiß man erst seit 250 Jahren mit dem grauweißen, hell glänzenden Metall umzugehen. Zuvor tauchte es nur hin und wieder aus dem Dunkel der Geschichte auf: Es gibt einzelne Fundstücke aus dem alten Ägypten um 1.500 vor Christus sowie aus Ecuador aus dem ersten bis vierten Jahrhundert nach Christus. Auch die spanischen Eroberer Südamerikas begegneten dem mysteriösen weißen Metall bei ihrer Suche nach Gold. Da sie es kaum bearbeiten konnten, hielten sie es für eine minderwertige Variante von Silber und nennen es despektierlich "platina" – kleines Silber. Mitte des 18. Jahrhunderts brachten die Spanier Platin nach Europa, wo 1751 der schwedische Gelehrte Teophil Scheffer dem Geheimnis auf die Spur kam: Er entdeckte, dass es sich bei dem weißen Material nicht um eine Gold- oder Eisenlegierung handelt, sondern um ein eigenständiges Metall.
Seine Glanzzeit erlebte Platin ab 1920 während des Art déco, als es sich als perfekter Partner des Diamanten erwies und unter anderem von Louis Cartier zu fantastischen Kreationen verarbeitet wurde. Auch Uhrmacher verfielen bereits damals den Vorzügen des Edelmetalls: Platin ist das seltenste, reinste und kostbarste aller Metalle. Es ist unvergänglich, unempfindlich gegen Säuren – außer Königswasser – und oxidiert nicht. Es ist widerstandsfähig, hitzebeständig (der Schmelzpunkt liegt bei 1.769 Grad), hart und außerordentlich dehnbar. Selbst als hauchdünnes Plättchen oder feiner Draht verliert es nicht an Stärke und Widerstandsfähigkeit. Platin macht sich rar und zeigt sich nur an wenigen Stellen der Erde. Das größte Vorkommen liegt in Südafrika, daneben gibt es Fundstätten in Russland, Nordamerika, Kanada und Alaska. Dort muss das edle Metall aus bis zu 2000 Metern Tiefe emporgeholt werden, wo es mit seinen Schwestermetallen Iridium, Osmium, Palladium, Rhodium und Ruthenium sowie mit Gold, Silber, Kupfer und Nickel vorkommt.
Um eine einzige Unze Platin, also 31,1 Gramm, zu gewinnen, müssen zehn Tonnen Erz abgebaut werden. Für dieselbe Menge Gold – eine Unze – müssen nur drei Tonnen Gestein gebrochen werden. Anschließend sind rund 150 Arbeitsschritte erforderlich, um das Platin aus dem Erz zu lösen – das dauert drei bis fünf Monate. Eine weitere Besonderheit ist sein spezifisches Gewicht. Mit 21,45 Gramm pro Kubikzentimeter wiegt Platin schwerer als Silber (10,5) und Gold (19,3). Das macht einen spürbaren Unterschied: Ein Schmuckstück aus Platin wiegt rund 35 Prozent mehr als ein gleich großes aus 18-karätigem Gold. Dies liegt auch an dem ungewöhnlich hohen Feingehalt, mit dem Platin dank seiner Charakteristika verarbeitet werden kann. Von 1.000 Gramm Schmuckmetall sind in der Regel ganze 950 Gramm reines Platin, was der Fachmann mit dem Begriff "Reingehalt 950/000" bezeichnet und der Laie an dem Stempel "Pt 950" erkennt. Diese Bezeichnung trägt auch das Gehäusematerial der jüngsten Platin-Uhr aus dem Hause Cartier, einer Neuauflage der Cartier Crash, die auf dem Genfer Uhrensalon SIHH 2015 vorgestellt wird.
Hier geht's zum Teil 1 der Serie Uhrengehäuse: Edelstahl-Uhren.
Hier geht's zum Teil 2 der Serie Uhrengehäuse: Keramik-Uhren.
Hier geht's zum Teil 3 der Serie Uhrengehäuse: Titan-Uhren.
Hier geht's zum Teil 4 der Serie Uhrengehäuse: Karbon-Uhren.