Sammler von Automatikuhren kennen diese Situation: Nach einer längeren Phase, in der eine Uhr nicht getragen wurde, steht das Uhrwerk und das Datum ist falsch, bei Uhren mit mehr Kalenderanzeigen wie Wochentag, Monat oder Schaltjahr ist sogar noch mehr in Unordnung. Ein Uhrenbeweger kann dieses Dilemma verhindern. Der Markt ist groß, und zahlreiche Anbieter buhlen in unterschiedlichen Preisklassen um die Kunden. Auch in Halver bei Lüdenscheid werden Uhrenbeweger gebaut. Jan Heisse entwickelt und stellt die Uhrenbeweger mit seinem Team in Deutschland her. Die Uhrenbeweger bieten dabei diverse Möglichkeiten – vom Betrieb eines einzelnen, bis hin zu Multi-Geräten mit mehreren Uhrenbewegern. Auch Uhrentresore mit eingebauten Uhrenbewegern sind möglich und stehen bei manchem prominenten Schauspieler oder Sportler bereits seit Langem im Schlaf- oder Ankleidezimmer.
Ein Interview mit dem Chronovision-Geschäftsführer Jan Heisse zeigt Unterschiede und Qualitätsstufen von Uhrenbewegern auf. Die Fragen stellte Thomas Gronenthal, freier Autor vom UHREN-MAGAZIN.
Herr Heisse, bringt ein Uhrenbeweger einen echten Nutzen oder dient er mehr dem Prestige des Sammlers?
Sicherlich kann auch Prestige ein Grund sein, aber die meisten unserer Kunden stellen die Uhrenbeweger nicht ins Wohnzimmer. Der wahre Grund ist ein Mehr an Komfort bei wachsender Anzahl von Automatikuhren in einer Sammlung. Die meisten haben mehr als zehn Uhren und wechseln diese gerne. Wenn erst Zeit, Datum und eventuell noch andere Kalenderanzeigen eingestellt werden müssen, stört das den Komfort. Besonders ewige Kalender oder Uhren mit Mondphasenanzeige sind kompliziert einzustellen. Außerdem werden mit einem Uhrenbeweger die Uhrenöle in Bewegung gehalten, was ein Verharzen oder Verlaufen verhindert. Bei größeren Uhrentresoren mit integrierten Uhrenbewegern spielt natürlich auch die Sicherheit eine Rolle. Insgesamt werden die Uhrenbeweger bei unseren Kunden stets zum Werterhalt der Uhren, der sicheren Aufbewahrung zuliebe und für hohen Komfort durch stets laufende Uhren eingesetzt.
Wie groß sollte meine Investitionsbereitschaft für einen Uhrenbeweger sein?
Je nach Uhr sollte für ein Qualitätsprodukt mindestens ein Betrag von 500 Euro einplant werden. Fast alle günstigeren Geräte werden in Asien gefertigt und haben deutliche Schwachpunkte. Neben dem Geräusch, wenn in Betrieb sind, ist die Motor- und Getriebetechnik zu schwach ausgelegt. Ein Uhrenbeweger sollte immer gemäß der eingesetzten Uhr laufen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Federhaus und Schleppfeder dauerhaft überlastet werden. Produkte aus deutscher Herstellung sind ab 500 Euro zu haben. Bei diesen werden die Uhren schonend aufgezogen und die Qualität ist hochwertig und dauerhaft. Nützliche Funktionen wie eine Schlafphase, wenn der Uhrenbeweger im Schlafzimmer steht und nachts absolut leise sein soll, zeichnen solche Geräte aus. Das entspricht auch dem natürlichen Trageverhalten: Bewegung am Tag, Ruhe in der Nacht.
Warum ist von billigen Einstiegsgeräten abzuraten?
Die billigen Geräte haben leider nur wenige Einstellmöglichkeiten und überfordern oft das Uhrwerk. Bei Automatikuhren schützt eine Schleppfeder das Werk. Ihr Ende rutscht bei Vollaufzug im Federhaus an der Federhauswand entlang. Dreht sich nun der Uhrenbeweger unkontrolliert oft, besteht die Gefahr, dass das Federhaus und das Uhrwerk selbst Schaden nehmen.Bei günstigen Geräten ist der Antrieb oft nicht auf schwere Uhren ausgerichtet und verschleißt entsprechend heftig, was nicht selten mit einem deutlich lauteren Laufgeräusch und anschließenden Stillstand einhergeht. Auch die Uhrenaufnahme ist ein wichtiges Kriterium: Wie ist die Spange befestigt? Hält sie auch schwere Uhren mit Stahlband? Verkratzt sie die Uhr auch nicht? Im Servicefall sollte der Uhrenbeweger auch reparierbar sein. Das sind die meisten Uhrenbeweger der Einsteigerklasse nicht. Für mich sind solche Produkte Wegwerfartikel.
Mechanische Uhren sind für ihre Haltbarkeit bekannt. Wie sieht es im Vergleich mit den Uhrenbewegern aus?
Ein Qualitätsprodukt hält sicherlich so lange wie eine mechanische Uhr. Wir unterziehen unsere Uhrenbeweger beispielsweise einem Testprogramm, bei dem die Geräte mit sehr schweren Uhren im absoluten Dauerbetrieb laufen. Dieser Stresstest entspricht vielen Jahren der Nutzung – bisher gab es keine Beanstandungen. Einsteigergeräte sind hier deutlich im Nachteil und geben oft bereits nach wenigen Monaten im Einsatz auf oder entwickeln Mängel wie Lagerschäden oder Getriebedefekte, die zunächst nur durch lautere Laufgeräusche auffallen. Der Totalausfall folgt dann später. Die Antriebskomponenten eines Uhrenbewegers müssen auf den Einsatzzweck ausgerichtet sein. Die günstigen Geräte aus Asien enthalten oft Technik, die für einen anderen Einsatzzweck entwickelt wurde. In der Summe kann man gut den Vergleich zwischen einer wertigen Markenuhr und einer Uhr aus China anlegen: Bei ähnlicher Optik unterscheiden sich Qualität und Langlebigkeit doch erheblich.
Was bieten Systeme in der Uhrenbeweger-Luxusklasse an Besonderheiten?
Geräte der Luxusklasse können individuell programmiert werden, auch bei mehreren, miteinander verbundenen Geräten. Damit kann der jeweilige Uhrenbeweger präzise auf die Uhr abgestimmt werden. Die Programmierung dazu, erfolgt per USB oder sogar Bluetooth – also über eine App fürs Smartphone. Das bieten den höchsten Komfort. Unsere Uhrenbeweger können außerdem optisch individualisiert werden und sind in einer Vielfalt von Materialien erhältlich. Eine Datenbank zu Uhren und ihren Werken hilft bei der Einstellung der korrekten Rotationsrichtung und -geschwindigkeit. Bei den Tresorsystemen kommt noch die Sicherheit hinzu, zum Beispiel der Fingerscan als Schließmechanismus. Wer den Uhrenbeweger im Tresor nutzen möchte, kann seine Uhr mit einer Batterieladung bis zu einem Jahr bewegen. Diese Unabhängigkeit ist auch ein Merkmal der hochwertigen Geräte.