Ein klassischer Werttreiber von Uhren sind die Funktionen, die eine Uhr abbilden kann. In der letzten Woche stellte ich Ihnen die Standardkomplikationen vor (lesen Sie hier nach). Diese Komplikationen unterstützen den Wert einer Uhr, bauen ihn aber nicht nachhaltig aus. In dieser Woche soll es um Funktionen gehen, die im Regelfall den Wert einer Uhr zu einem stärkeren Anteil bestimmen und mitunter definieren; diese Funktionen sind auch konstruktiv anspruchsvoller und daher teurer im Einkauf. Diese Komplikationen bestimmen oft den technischen und ästhetischen Wert der Uhr; gerade bei großen Marken gilt, dass die Komplexität der Komplikation den Wert und die Werthaltigkeit definiert:
Chronograph mit Flyback-Funktion – diese Funktion erlaubt es, den Stoppzeiger mit einem Drückervorgang auf Null zu stellen. Beim Loslassen beginnt sofort eine neue Messung.
Weltzeituhr – Uhren mit dieser Funktion sind in der Lage, mehrere Zeitzonen auf einem Zifferblatt anzuzeigen. Solche Uhren gibt es seit den 1930er Jahren.
Armbandwecker – eine Funktion, die einen zu einer einstellbaren Uhrzeit an bestimmte Termine sanft erinnert oder ruppig aus dem Schlaf reißt. Als seltene Verfeinerung gibt es auch den Terminkalender, bei dem ein Termin für einen Monat im Voraus einstellbar ist.
Chronograph Rattrapante – diese anspruchsvolle Komplikation ist zwischen den Uhrkennern und Sammlern auch heute noch recht begehrt. Rattrapante, oder auch ab und an fälschlicher Weise Doppelchronograph genannt, bezeichnet einen Doppel-Zeiger-Chronograph. Auf dem Zifferblatt wird eine zusätzliche Anzeigemöglichkeit für Rattrapante ausgeführt, die unabhängig von anderen Anzeigen laufen und angehalten kann. Somit ist eine gleichzeitige Messung von z.B. zwei Läufern möglich oder man kann Zwischenzeiten nehmen.
(Chronograph) Foudroyante – stellt eine kleine, „blitzende“ Sekundenanzeige dar, die eine volle Umdrehung pro Sekunden schafft. Diese Funktion ermöglicht die Messung von Viertel-, Sechstel- oder Achtel-Sekunden.
Zeitgleichung (Äquation) – diese Anzeige zeigt die Differenz zwischen der mittleren Sonnenzeit und der wahren Ortszeit an. Die beiden Zeiten stimmen nur an vier bestimmten Tagen im Jahr, die durch die elliptische Erdumlaufbahn bestimmt sind, überein (am 16. April, 13. Juni, 1. September und 25. Dezember).
Tourbillon - Das erste Tourbillon wurde vom Abraham-Louis Breguet um 1795 entwickelt und patentiert. Das Tourbillon ist nicht nur eine ästhetisch hochinteressante Anzeige, sondern bei Taschenuhren auch eine hochfunktionale: Denn es neutralisiert durch eine Eigenrotation den Einfluss der Schwerkraft auf den Schwerpunkt der Unruh. Dadurch wird der Gang noch präziser. Auch wenn das Tourbillon bei modernen Armbanduhren nicht mehr im gleichen Maße zur Ganggenauigkeit beiträgt, hat es nichts von seiner Magie verloren, besonders, wenn es wie z.B. bei Patek Philippe im Verborgenen wirken kann. Es gibt darüber hinaus noch einige Tourbillon-Varianten: Eine Bi-Axiale-Tourbillonkonstruktion und eine Tri-Axiale-Tourbillonkonstruktion. Diese Spezialitäten sind immer ein klarer Hinweis auf höchste Werte – materiell und immateriell.
Ewiger Kalender – ein komplizierter Mechanismus, der das richtige Datum des Gregorianischen Kalenders bis zum Jahr 2100 ohne äußeren Bedieneingriff anzeigt. Der Ewige Kalender berücksichtigt alle kurzen und langen Monate, den 29. Februar und die Schaltjahre. Eine seltene Erweiterung ist der Gregorianische Ewige Kalender, der selbst die hundertjährige Ausnahmeregel kennt und daher 400 Jahre ohne Korrektur laufen kann – wenn man natürlich nicht vergisst, ihn aufzuziehen.
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Uhren mit Schlagwerk – oder Repetition. Darunter wird der wiederholte Vorgang eines akustischen Signals bei einer Uhr verstanden. Einige der Repetitionsvarianten sind:
- Stundenrepetition (Stundenschlag)
- Viertelstundenrepetition
- Fünf-Minuten-Repetition
- Minutenrepetition
Darüber hinaus gibt es noch seltene Komplikationen, wie z.B. astronomische Anzeigen wie Sternkarten oder Automaten mit einer Glücksspielfunktion (Roulette, Spielautomat etc.) oder bewegliche Szenerien, gerne kombiniert mit der Repetition. Diese Themen sind aber Ausnahmeerscheinungen.
Besonders werthaltige Uhren werden Grande Complication genannt, wenn sie nach gängiger Definition mindestens drei der größeren Komplikationen besitzen. In diesem Bereich sind Investitionen stets dann sinnvoll, wenn Komplikationen – am besten große Komplikationen – mit großen Marken kombiniert werden. Und genau hier sollte man auch aufpassen: Denn nur die Komplikation alleine macht den Wert nicht stabil, sondern stets nur eine stimmige situative Einbettung, so wie die Kombination von Marke, Stil und Begehrtheit, kann die technische Wertigkeit auch dauerhaft in monetären Wert umsetzen. Jedoch lohnt sich die Investition in nicht in jedem Fall - zu diesen Themen im nächsten Beitrag mehr.
Dr. Oliver Hoffmann ist Director Watch Department bei Auctionata und Experte für die Kategorien Armband- sowie Taschenuhren. Seit 2009 ist er auch Leiter des Fachkreises Armbanduhr der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie. Auctionata ist ein traditionelles Auktionshaus, das die Welt der Auktionen erstmalig vollständig online erlebbar macht: www.auctionata.de
Auf Watchtime.net schreibt der Experte zum Thema “Uhren als Investment”.
Text: Dr. Oliver Hoffmann