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8 Minuten

Interview: Pointtec-Inhaber Willi Birk über seine Marken Bauhaus, Iron Annie und Zeppelin

Pointtec: Willi Birk CEO
© PR
Mit 120.000 Uhren pro Jahr und den drei Marken Zeppelin, Iron Annie und Bauhaus ist die Firma Pointtec aus Ismaning bei München ein bedeutender deutscher Player, der seine Uhren zu 100 Prozent in Deutschland fertigen lässt. Gründer und Inhaber Willi Birk stand uns im Interview zu allem Rede und Antwort.
Herr Birk, Sie fertigen Ihre Uhren der Marken Zeppelin, Iron Annie und Bauhaus im thüringischen Uhrmacherstädtchen Ruhla. Wie kam es dazu?Wir fertigen bereits seit rund 30 Jahren in Ruhla. Zuvor hatten wir für die Produktion einen Partner in Frankreich. Als der Inhaber dort Anfang der 1990er Jahre in den Ruhestand ging, war die Situation für uns nicht mehr zufriedenstellend. Ich lernte dann die Verantwortlichen von Ruhla kennen, insbesondere Artur Kamp, der dort als Entwicklungsdirektor tätig war und seit den 1960er Jahren in der Firma arbeitete. Alles dort machte einen guten Eindruck auf mich. Wir haben dann innerhalb kürzester Zeit alle Uhrenbestandteile, die wir in unserem Lager in Frankreich hatten, nach Ruhla gebracht und 1992 begonnen, dort unsere Uhren montieren zu lassen. Seit den frühen Neunzigern haben wir die Fertigung immer weiter ausgebaut. Ich glaube, sagen zu können, dass die Firma in Ruhla ohne uns gar nicht so lange existiert hätte.2019 musste die Gardé Uhren und Feinmechanik Ruhla GmbH Insolvenz anmelden. Das war für Sie der Anlass, sich dort weiter zu engagieren. Welche Teile haben Sie konkret übernommen?Die komplette Produktion und das Uhrenmuseum inklusive aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dazu das Gebäude. Acht der Mitarbeiter waren bereits zuvor bei uns direkt angestellt gewesen; nun übernahmen wir auch die anderen 22 Personen. Nicht übernommen haben wir den Vertrieb.
Was ist so interessant am Thema Bauhaus?Das Produkt passt gut in die heutige Zeit. Ab Mitte der Neunziger hatten wir uns auf Fliegeruhren konzentriert, nicht zuletzt mit unseren Zeppelin-Modellen und ihrem technischen Design. Ab etwa 2010 waren dann Uhren mit reduziertem Design wieder stärker gefragt. Da begannen auch wir, mit einem Bauhaus-Design zu arbeiten. Schon unter der Marke Junkers hatten wir Uhren mit Bauhaus-Bezug auf den Markt gebracht, die heute in der Kollektion Iron Annie weiterleben. Beides, Fliegeruhrendesign und reduziertes Bauhaus-Design sind nach wie vor ein großes Thema. Als wir 2019 die Fabrik in Ruhla übernahmen, haben wir ein neues Logo entworfen und dann mit der neuen Marke Bauhaus begonnen.
Im Augenblick gibt es die Marke Bauhaus, gleichzeitig bei Iron Annie Modelle, die „Bauhaus“ heißen. Wollen Sie das ändern?Iron Annie ist der englische Kosename des historischen Junkers-Flugzeugs Ju 52, das im Deutschen auch „Tante Ju“ genannt wurde. Die Gestaltung dieser Flugzeuge war ebenfalls vom Bauhaus beeinflusst. Vor diesem Hintergrund lassen wir die Modelle, die so heißen, bei Iron Annie weiterlaufen. Gleichzeitig haben wir die Marke Bauhaus Zug um Zug ausgebaut: Neben Quarzmodellen gibt es jetzt auch mechanische und Solaruhren.Die Bauhaus-Uhren sind etwas günstiger. Konzipieren Sie die Marke speziell für Einsteiger?Nein. Wir gehen vor wie bei all unseren Marken: Es gibt Einstiegsmodelle, beginnend bei 199 Euro – dieser Preispunkt ist wichtig für uns, weil wir so auf höhere Stückzahlen kommen. Diese Uhren sind bereits mit guten Werken ausgestattet, wir verbauen aber auch höherwertige Kaliber.Was für Werke verwenden Sie?Werke aus der Schweiz und aus Japan: von Eta, Sellita, Miyota. Von Seiko beziehen wir ein automatisches Chronographenkaliber. Auch Werke von Dubois Dépraz haben wir schon eingesetzt. Dementsprechend gibt es alle Preisklassen. Bei Iron Annie und Zeppelin haben wir auch Automatikchronographen. Ich bin immer auf der Suche nach mechanischen Spezialitäten. Demnächst kommt ein neues Werk mit 72 Stunden Gangreserve von einem renommierten Schweizer Hersteller. Vor anderthalb Jahren haben wir mit Sellita einen Regulator entwickelt, den wir als erstes Unternehmen auf den Markt brachten, für nur 999 Euro, mit Saphirglas. So extrem günstige Preise können wir nur aufgrund unserer insgesamt hohen Stückzahlen realisieren.Wie viele Uhren fertigen Sie im Jahr?Vor zehn Jahren waren wir fast bei 200.000. Heute sind es etwa 120.000.
Bauen die Mitarbeiter in Ruhla alle 120.000 Uhren zusammen?Wir haben dort zurzeit etwa 20 Mitarbeiter in der Montage. Dazu kommen aber weitere Uhrmacher, die an verschiedenen anderen Standorten, zum Teil auch in Heimarbeit, Uhren fertigen. Gerade für die komplexeren Kaliber brauchen wir Uhrmacher, die für das jeweilige Kaliber ausgebildet sind. Wir bieten seit Jahren auch Chronometer mit Zertifikat aus Glashütte an. Auch die werden von spezialisierten Uhrmachern gefertigt, die in der Regel von zu Hause aus arbeiten.Findet die Montage der Uhren zu 100 Prozent in Deutschland statt?Ja. Wir haben noch nie auch nur eine Uhr in China fertigen lassen. Früher war wie gesagt alles in Frankreich, heute alles in Deutschland. Auch die einzelnen Bestandteile der Uhren kommen zum weitaus größten Teil aus Europa. Zum Beispiel erhalten wir die meisten unserer Lederbänder von einer kleinen Fabrik in Italien, die etwa 25 bis 30 Mitarbeiter stark ist. Der Rest stammt aus Deutschland. Die Zeiger kaufen wir noch heute bei der Firma in Frankreich ein, die uns schon vor 1990 beliefert hat. Übrigens zählen die Bauteile, die aus EU-Ländern wie Frankreich oder Italien stammen, nach den EU-Zollvorschriften zu „Made in Germany“.
Wie sieht es mit den Gehäusen aus?Die kommen zum Teil aus der Schweiz und zum Teil aus China. Zifferblätter beziehen wir aus der Schweiz, teilweise auch aus Deutschland. Und es gibt zusätzlich die Variante, dass wir Zifferblattrohlinge aus China beziehen, die dann in der Schweiz veredelt werden.Was findet in Ruhla statt?Dort montieren wir die weitaus meisten unserer Uhren und fertigen auch die ein oder andere komplizierte Uhr. Außerdem findet dort der gesamte Service statt. Seit über drei Jahren ist auch meine Tochter Nathalie im Unternehmen, die mittlerweile Mitglied der Geschäftsleitung ist. Sie leitet den Vertrieb inklusive der gesamten Exportabteilung. Wir exportieren mittlerweile in 30 Länder.Welches sind Ihre besten Märkte?Deutschland ist nach wie vor unser stärkster Markt. Aber er macht nicht mehr 70 Prozent aus, wie noch vor ein paar Jahren, sondern 40 Prozent. Wir sind sehr erfolgreich in Osteuropa und Frankreich, dazu in Japan und China. Auch in Großbritannien und Benelux sind wir vertreten.
Zurück zu Ruhla: Planen Sie, auch die ehemalige Marke Ruhla zu neuem Leben zu erwecken?Einen Ortsnamen wie Ruhla kann man nicht schützen lassen. Das haben wir aber mit dem historischen Ruhla-Logo von 1929 getan. Auch ein weiteres Logo haben wir gekauft: das der Maschinenfabrik Ruhla. Letzteres werden wir vielleicht einmal im Private-Label-Bereich verwenden, aber nicht im Fachhandel. An eine Wiederauferstehung der Marke. Ruhla denke ich zurzeit nicht, denn im Moment sind wir mit Zeppelin, Iron Annie und Bauhaus gut aufgestellt und haben genug zu tun. Was mir eher vorschwebt, ist die Renaissance bestimmter historischer Zeitmesser. Wir zeigen im Museum unter anderem Uhren, die für die DDR-Marine hergestellt wurden oder für den Kosmonauten Siegmund Jähn, den ersten Deutschen im Weltall. Sollten wir uns entscheiden, solche außergewöhnlichen Modelle aus der Geschichte wiederaufleben zu lassen, dann werden wir dafür das Ruhla-Logo benutzen.Für welchen Zeitraum besitzen Sie die Markenrechte von Zeppelin?Die haben wir uns langfristig bis etwa zur Jahrhundertmitte gesichert. Das ist ein langfristiges Engagement.Zeppelin und Iron Annie beziehen sich beide auf die Fliegerei. Worin unterscheiden sich die beiden Marken?Das Zeppelin-Design ist zum Teil etwas eleganter, während Iron Annie teils recht rustikal ist, wenn ich etwa an die Modelle mit Büffellederbändern denke.
Wer designt die Uhren?Bei uns arbeiten seit vielen Jahren drei festangestellte Designer. Die Oberhoheit über die Gestaltung habe ich mir selbst vorbehalten, das war seit den Anfängen so.Wie ist das Verhältnis von mechanischen Uhren zu Quarzuhren?Etwa 50:50.Und die Ratio zwischen Herren- und Damenuhren?Zurzeit sind wir bei 80 Prozent Herrenuhren, wir wollen aber den Anteil an Damenuhren ausbauen. Ich hoffe, dass wir in ein paar Jahren bei 25 bis 30 Prozent sind.Was sind aktuell die erfolgreichsten Modelle?Seit Langem erfolgreich ist das klassische 100-Jahre-Design bei Zeppelin. 1989 habe ich das erste Modell dieser Linie auf der Basler Messe ausgestellt. Im Laufe der Zeit haben wir die Uhren immer wieder mit neuen Zifferblättern und Bändern bestückt, aber das Grunddesign ist geblieben und inzwischen ein echter Klassiker. Bei Iron Annie ist das Wellblech-Design nach wie vor erfolgreich, dazu die aktuelle Linie mit viel Superluminova auf dem Zifferblatt.Vor einiger Zeit hatten Sie ein smartes Produkt angekündigt. Was ist daraus geworden?Wir stehen kurz vor dem Abschluss der Entwicklung eines smarten Moduls, das man zwischen Gehäuse und Armband befestigen kann. Das Ganze hat etwas gedauert, weil bestimmte Bauteile nicht schnell genug zu erhalten waren, aber im ersten Quartal 2022 werden wir es endlich vorstellen können.
Was leistet dieses Modul?Es verfügt über viele Funktionen, die man von Smartwatches kennt: Benachrichtigungen über eingegangene E-Mails, GPS-Navigation, eine Bezahlfunktion sowie gesundheitsrelevante Funktionen wie Puls und Herzfrequenz, Schrittzähler etc. Der Clou ist ein gewölbtes OLED-Display, das wir zusammen mit einer japanischen Firma entwickelt haben. Das gesamte Modul ist nicht einmal acht Millimeter dick. Die Akkulaufzeit wird mindestens fünf Tage betragen und sich durch das Abschalten bestimmter Funktionen weiter erhöhen lassen.An welchen Uhren kann man das tragen?Im Prinzip an allen. Wir werden Uhren ausliefern, die das Modul bereits integriert haben, aber genauso Bänder mit dem Modul anbieten. Der Preis für Letzteres soll bei 299 Euro liegen.
Szene Deutsche Uhrenhersteller Zeppelin Iron Annie Archiv

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