Der Name ist ein Kunstgebilde, eine Zusammensetzung aus den Anfangsbuchstaben jener Worte, welche die Qualität des Materials beschreiben: Nicht variabel, nicht oxidierend. Dabei handelt es sich um eine 1933 von Reinhard Straumann (1892 bis 1967) entwickelte Metalllegierung, hauptsächlich für die in der Uhrenindustrie zum Einsatz kommenden Unruhspiralen.
Der Sohn eines Lehrers absolvierte von 1908 bis 1912 am Technikum Le Locle ein Studium der Uhrentechnik und Feinmechanik. Danach studierte er in Lausanne an der Ecole Supérieure d’Aéronautique et de Construction Mécanique. Ab 1916 arbeitete er als Konstrukteur bei der Uhrenfabrik Thommen und stieg zum technischen Direktor auf. Straumann hatte universelle technische Fähigkeiten. Mit Siemens hob er die erste Zeitwaage aus der Taufe. In seiner Freizeit betrieb er zudem eigene Materialforschungen. Die Erfindung einer modernen Spirale lag geradezu auf der Hand. Denn: Bei allen technischen Vorzügen besaß die 1919 patentierte Unruhspirale aus Elinvar (élasticité invariable) des Physik-Nobelpreisträgers Charles Édouard Guillaume Nachteile. Der Legierung aus Stahl, Nickel und Chrom fehlte es an Härte. Deshalb reduzierte sich die Unruh-Amplitude im Vergleich zu stählernen Unruhspiralen. Ein Sachverhalt, der Straumann keine Ruhe ließ. Die Entwicklung seines Werkstoffs Nivarox war deshalb von großer Bedeutung und erhielt ein Patent, das auch heute noch verwendet wird. Die Zusammensetzung aus Nickel, Chrom, Mangan, Titan, Beryllium, Silizium und Eisen besitzt Eigenschaften, die für Unruhspiralen von Vorteil sind. Nivarox-Spiralen sind härter als die aus dem Werkstoff Elinvar, sie sind hochelastisch, ermüdungsarm, nahezu antimagnetisch und nicht rostend. Sie machen das Gangverhalten mechanischer Uhren stabil und temperaturneutral. Durch diese besonderen Eigenschaften einer selbstkompensierenden Unruh-Spirale konnte die aufwändige und teure Kompensationsunruh durch einen geschlossenen Reif ersetzt werden. Die Nivarox-Rezeptur Straumanns bestand aus: 39 Prozent Nickel, acht Prozent Chrom, je einem Prozent Mangan und Titan, unter einem Prozent Beryllium und 0,5 Prozent Silizium, der Rest aus Eisen. Die heutige Zusammensetzung von Nivarox besteht dagegen aus 40 bis 45 Prozent Kobalt, 21 bis 27 Prozent Nickel, 12 bis 18 Prozent Chrom, je vier Prozent Molybdän und Wolfram, 0,3 Prozent Beryllium, unter 0,1 Prozent Kohlenstoff, der Rest aus Eisen. Abgeleitet von seinem Material gründete Reinhard Straumann 1934 in St. Imier die Nivarox SA. Durch die Fusion der Nivarox SA mit der Fabriques d’Assortiments Réunis (FAR) entstand 1984 die Nivarox-FAR. Sie ist heute ein Unternehmen der Swatch Group und führende Schweizer Spezialistin in der Produktion von Bestandteilen des Schwingsystems und der Hemmung. Die Nivarox-Story begann 1933, doch die Spiralen haben Reinhard Straumann weit überdauert. Unruh-Spiralen aus Nivarox werden heute von zahlreichen Herstellern mechanischer Uhren in verschiedenen Qualitätsstufen eingesetzt. An der Verbesserung des Werkstoffs wird ständig weitergearbeitet. Beispielgebend dafür ist das neue Material Nivaflex. MaRi