Im August ist der Sekundärmarkt für Luxusuhren auf den niedrigsten Stand seit über zwei Jahren gesunken. Inmitten des Trubel scheint ein Player auf dem Markt hervorzustechen und weiter zu wachsen. Der Beweis: Chrono24 hat sich Fußballstar Cristiano Ronaldo über dessen Unternehmen CR7 SA zusätzlich als Investor gesichert. Kurz nach Bekanntgabe sprechen wir mit CEO Tim Stracke darüber, wie das erste Treffen ablief, über das laufende Geschäftsjahr und die erste Uhr.
Chrono24 CEO Tim Stracke im Interview
WatchTime: Wie kam die Zusammenarbeit zustande? Wer hat zuerst den Telefonhörer in die Hand genommen?Tim Stracke: Am Ende ist die erste Kontaktaufnahme wahrscheinlich weit weniger spektakulär, als man vermuten würde. Wir haben schon vor längerer Zeit die Entscheidung getroffen, dass wir zu unserem Gesellschafterkreis gerne unterschiedliche Personenkreise zählen möchten. Dazu gehören beispielsweise einige größere Private Equity Investoren, die sich sehr gut mit Onlinemarktplätzen auskennen. Und auch aus der Luxusbranche sind einige bekannte Namen dabei. Ganz besonders hervorzuheben ist da sicherlich Bernard Arnault, der über sein Family Office vor zwei Jahren bei uns investiert hat, was uns sehr stolz gemacht hat, sozusagen den größten Namen im Luxusbereich benennen zu dürfen. Aber wir können auch einige Privatpersonen aus dem Luxussegment und der Uhrenbranche dazuzählen, die sich bei uns beteiligt haben, was uns immer besonders gefreut hat. So kamen wir zu der Überlegung, dass es spannend wäre, Uhrensammler oder bedeutende Uhrensammler bei uns im Kreis zu haben. Wenn man darüber ein bisschen nachdenkt, dann steht natürlich Cristiano Ronaldo ganz oben auf der Liste. Glücklicherweise hatte einer unserer Gesellschafter die Möglichkeit, den Kontakt zu seinem Management herzustellen. Das haben wir dann ganz einfach per E-Mail gemacht. Und dann hat es auch eine Weile gedauert, weil er für solche Investments die Entscheidung letztendlich selbst trifft. Er interessiert sich für Innovation, für Technologie, und hat dazu eine riesige Begeisterung für die Kategorie Uhren. Da haben wir uns gute Chancen ausgemalt und am Ende waren wir super happy, als er sich entschieden hat, in unser Unternehmen Geld zu investieren.Und dann kam es zum ersten Treffen? Wie lief das ab?Ja, das war dann schon deutlich spektakulärer. Erstmal war das sehr, sehr kurzfristig. Wir hatten ursprünglich ein Treffen in Riad oder Dubai vorgeschlagen. Das hat dann aber nicht geklappt. Und dann hat sich sehr kurzfristig die Möglichkeit ergeben, dass wir uns in Lissabon treffen, die Chance habe wir dann auch genutzt. Da bin ich sehr kurzfristig hingeflogen. Ich habe meinen Sohn mitgenommen, der selbst mal Fußballprofi werden will. Ich wusste natürlich, dass Ronaldo auch fünf Kinder hat, und ihm diese neben Fußball eine große Freude bereiten. Und mein Sohn ist natürlich sehr begeistert von ihm. Das Treffen hat dann in einem Hotel in Lissabon stattgefunden. Darüber waren wir anfangs ein bisschen überrascht. Wir haben uns gefragt, ob man eine Person, die zu den berühmtesten Persönlichkeiten der Welt gehört, einfach in einer Hotel Lobby treffen kann? Aber sein Management meinte, in Lissabon wäre das entspannt und das war es dann auch. Wir haben dann eine halbe Stunde über alles mögliche gesprochen, über Uhren, seine Sammlung, über Chrono24 aber auch über unsere Familien und wir hatten ein sehr lockeres Meeting. Wir waren alle ganz beeindruckt von dieser Natürlichkeit und auch Nahbarkeit, die Cristiano mitgebracht hat."Man wird Ronaldo nicht plötzlich in Chrono24 Werbungen sehen." – Tim StrackeWas kann man von der Zusammenarbeit jetzt erwarten? Als Kund:in merke ich das erstmal nicht unbedingt? Oder sind auch öffentliche, gemeinsame Aktionen geplant?Zuallererst muss man einmal festhalten, dass Ronaldo bei uns investiert hat und als Gesellschafter tätig ist. Ronaldo hat Geld in uns investiert und wir haben nicht Ronaldo Geld gegeben, das er für uns als Werbeikone auftritt. Insofern ist das jetzt erst mal auch nicht geplant und man wird Ronaldo nicht plötzlich in Chrono24 Werbungen sehen. Wir gehen aber davon aus, dass jemand, der unsere Plattform noch nicht so lange kennt – oder schon länger kennt, aber noch nie über Chrono24 gekauft hat –, dass dieses Wissen, dass einer unserer Gesellschafter Cristiano Ronaldo ist, nochmal ein höheres Level an Vertrauen ausstrahlt. Neben der Tatsache, dass schon weit über eine Million Menschen in den letzten 20 Jahren bei Chrono24 Uhren gekauft haben, schafft das nochmal einen anderen Vertrauensbeweis.Spielt der Zeitpunkt auch eine Rolle? Es scheint ja so, als wäre der große Pandemie-Hype erstmal vorbei, die Schlagzeilen sind voll von angeblich weiteren Wertverlusten. Ist das ein Zeitpunkt, wo man besonders froh ist, dass man so eine Persönlichkeit mit reinnehmen kann?Jemanden wie Christiano mit reinzuziehen ist immer gut. Die Tatsache, dass die Uhrenpreise explodiert sind und ziemlich irrationale Preisentwicklungen die letzten Jahre aufwiesen, das weiß jeder, der sich ein bisschen mit Uhren beschäftigt. Das betrifft auch den Frust: Darüber, dass man seit einigen Jahren – und das gilt ja heute immer noch – eine schicke Stahluhr von einer angesagten Marke weltweit in den Boutiquen und bei den Juwelieren aktuell nach wie vor nicht so einfach kaufen kann. Deswegen sind wir immer noch eine spannende Alternative für ganz viele Käufer. Und für viele Käufer ist es eine gute Nachricht, dass die Preisaufschläge, die man teilweise bezahlen muss, um nicht Jahre warten zu müssen, jetzt nicht mehr so hoch sind. Wir sehen das so, dass sich die Preise in den letzten sechs Monaten stabilisiert haben. Wir bemerken dies bei einigen der sehr stark nachgefragten und im Einzelhandel nicht verfügbaren Modellen, dass sich die Preise relativ stabil entwickelt haben. Im letzten Jahr sind die Preise am Anfang stark gestiegen und dann in der zweiten Jahreshälfte auch sehr rasant gefallen. Aktuell empfehlen wir, dass man einen differenzierten Blick darauf haben und genau hinschauen sollte. In den ersten drei Monaten haben wir vermerkt, dass auch das Angebot stark zurückgegangen ist. Das hat jetzt in den letzten drei Monaten bei einigen der ikonischeren Modelle wieder ein bisschen zugenommen. Das ist auch immer ein Treiber für Preisentwicklungen. Wir glauben, dass bedingt durch die Tatsache, dass auch die Uhrenmarken in den letzten zwölf Monaten die Preise zum Teil kräftig erhöht haben und man nach wie vor von einer spürbaren Inflation weltweit ausgeht, dass jetzt sicherlich für viele Käufer ein sehr guter Zeitpunkt ist, entweder jetzt zu kaufen oder zumindest mal wieder einzusteigen, die Preisentwicklung zu beobachten, um irgendwann mal ein attraktives Angebot bei Chrono24 oder wo auch immer zu ergattern.
"Für viele Käufer ist es eine gute Nachricht, dass die Preisaufschläge, die man teilweise bezahlen muss, um nicht Jahre warten zu müssen, jetzt nicht mehr so hoch sind." – Tim StrackeDas heißt, Sie sind dennoch zufrieden mit dem laufenden Geschäftsjahr? Wie würden Sie es bewerten?Wenn man das erste Halbjahr gegen unsere wahrscheinlich auch sehr ambitionierten Erwartungen zum Ende letzten Jahres vergleicht, sind wir nicht da, wo wir gerne wären. Auf der anderen Seite sehen wir aber, obwohl das letzte Jahr ein extrem hoher Anhaltspunkt mit extremen Preisentwicklungen innehatte, dass wir weiterhin ein Wachstum verzeichnen. Das Wachstum ist jetzt wie bei vielen anderen Marktanbietern nur nicht so rasant, wie wir es alle gerne hätten, das hängt einfach größtenteils mit den Preisen zusammen. Vor allem wenn wir die Anzahl der verkauften Uhren über Chrono24 in Gegensatz stellen – dann sind wir da immer noch auf Rekordlevel. Wir hatten selbst Ende letzten Jahres, im Dezember – trotz eines extrem starken April und Mai 2022 –, die höchste Anzahl an verkauften Uhren bis dato. Aber aufgrund des zurückgegangen durchschnittlichen Uhrenpreises war das Handelsvolumen dann leicht unter dem Niveau von März letzten Jahres. Das hat sich jetzt alles stabilisiert. Wir haben kostenseitig etwas auf die Bremse getreten und sind, was unsere Gewinnsituation angeht, weit über den Zahlen vom Vorjahr. Wir erwarten einen deutlichen Sprung im Gewinn und machen einen Sprung im Umsatz nach vorne.Wie sieht es mit technologischen Entwicklungen aus?Wir entwickeln sehr viel inhouse, was den Betrieb unseres Marktplatzes angeht. Das soll auch so bleiben. Denn wir glauben stark daran, dass wir uns in erster Linie durch eine starke Technologie von anderen differenzieren. Das zeigen auch die Bewertungen unserer Apps beispielsweise. Wir haben gute Mitarbeiter im Haus in der IT, auf die wir auch stolz sind. Themen, die nicht mit unserem Kerngeschäft zu tun haben, geben wir aber auch außer Haus.Ein wichtiges Stichwort: wertvolle Mitarbeiter und Einsatz von Ressourcen auf die richtigen Produkte. Wie würden Sie Ihren Leadership-Stil beschreiben?Also erst mal glauben wir, dass Leadership ganz vorne anfängt bei der Auswahl der richtigen Führungskräfte. Da legen wir auch sehr viel Wert drauf. Wir haben einen sehr intensiven und ausgefeilten Rekrutierungsprozess, um darauf zu achten, dass wir die richtigen Mitarbeiter für uns gewinnen. Uns ist die Attitude auch immer sehr wichtig. Wir leben den Slogan: „hire for attitude, train for skills.“ Wir glauben, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Skills auch erlernen können. Wir wollen unseren Mitarbeitern dabei viel Freiheit und auch Chancen geben, sich selbst zu entwickeln, aber auch Fehler zu machen, weil wir glauben, dass man da sehr viel draus lernt. Und am Ende ist es dann wie ein Organismus, wo die einzelnen Bereiche sehr gut zusammenarbeiten, aber auch einzeln für sich funktionieren. Vielleicht kann man es mit einem Uhrwerk vergleichen, wo die einzelnen Zahnräder ineinandergreifen und dann als ganzes gut funktionieren? Und das wollen wir natürlich auch als Beispiel von oben leben. Gelingt uns sicherlich mal besser, mal schlechter. Gerade in den letzten Jahren durch den Umbruch, den auch Corona bedingt hat, zum Beispiel bei der Remote Work-Philosophie, die mit dazugekommen ist.Da mussten wir viel lernen. Wir glauben aber, dass wir das von Anfang ganz gut gemacht haben und dann relativ schnell implementieren konnten und zügig reagiert haben. Wir prüfen das natürlich weiterhin und schauen, dass wir da den richtigen Mittelweg finden. Wir denken, dass man in der heutigen Zeit auch remote Tätigkeiten anbieten muss. Auf der anderen Seite ist uns die physische Präsenz im Büro auch wichtig, weil wir auch weiterhin an unsere sehr starke Kultur glauben und die im Büro oft ein bisschen leichter gelebt werden kann. Zusätzlich zu den ganzen Benefits, die wir bieten. Es lohnt sich, bei uns ins Büro zu kommen – obwohl wir offen sind für Kolleginnen und Kollegen, die nicht in Karlsruhe leben und für uns arbeiten. Aber die, die in Karlsruhe sind, die kommen auch gerne ins Büro.Wie versuchen Sie ein angenehmes Kauferlebnis für die Kund:innen zu garantieren? Gerade wenn man mehr als Plattform und nicht direkt als Verkäufer agiert?Letztendlich ist uns schon bewusst, dass es sehr viel Vertrauen benötigt, um eine gebrauchte Uhr im Internet zu kaufen. Da geht es um hohe Geldbeträge in den meisten Fällen. Da verstehen wir, dass unsere Kunden ein hohes Bedürfnis haben, sich abzusichern. Es hilft sicherlich, dass es mittlerweile weit über 1 Million Menschen gibt, die eine positive Erfahrung gemacht haben und das vielfach über soziale Medien, aber auch einfach in ihren Bekanntenkreisen teilen und sich darüber unterhalten. Das wollen wir natürlich auch über verschiedenste Services unterstützen und deswegen zeigen wir das auch sehr gerne, welche berühmten Menschen uns vertrauen, wie jetzt gerade mit Cristiano Ronaldo. Ein wesentlicher Teil ist, dass wir die Käufe bei Chrono24 grundsätzlich über einen Treuhandservice laufen lassen. Das heißt, das Geld wird grundsätzlich immer treuhänderisch von einer Bank gehalten. Und wenn ein/e Käufer:in aus irgendwelchen Gründen mit der Uhr nicht zufrieden sein sollte, sei es, dass sie vielleicht nicht ganz der Beschreibung entspricht, dann sind wir diejenigen, die auch diese Rückabwicklung gewährleisten und managen und dem Käufer das Geld zurücküberweisen. Das Geld wird dann 14 Tage bei uns gehalten. Wir glauben, dass das unmittelbar der beste Weg ist, um dann auch zu garantieren, dass alles reibungslos abläuft. Es gibt ein sicheres Gefühl, wenn man weiß, dass man darauf vertrauen kann, dass man das Geld auch zurückbekommt.Erinnern Sie sich eigentlich noch an Ihre erste Uhr?Ja, an die erinnere ich mich. Das war eine Swatch. Die hat mich deswegen schon fasziniert, weil es eine der ersten mechanischen Swatch war und ein Glasboden hatte, so dass man auch die Mechanik schon sehen konnte. Das fand ich damals schon irgendwie cool, eine mechanische Uhr gebraucht zu kaufen. Ich hab sie leider nicht mehr, aber ich gucke immer mal wieder im Internet, ob ich nicht doch irgendwann mal eine kaufen soll. Vom Stil her würde sie heute wahrscheinlich nicht mehr so gut zu mir passen. Es wäre dann eher was für den Tresor beziehungsweise die Andenkenkiste. Aber ich kann mich noch gut an die erste richtige Luxusuhr erinnern: Das war eine IWC Mark XII.Die haben Sie heute noch?Die habe ich heute noch. Da muss ich aber ehrlich zugeben, dass ich da auch zwischendurch überlegt habe, diese zu verkaufen, weil ich mir eine andere IWC kaufen wollte. Dann habe ich mir die Wertentwicklung angeschaut und war so geflasht von der Steigerung, dass ich mich dann sehr schnell entschieden habe, sie doch im Tresor liegen zu lassen. Und da liegt sie heute noch. Ich trag sie leider nicht mehr so häufig, aber vielleicht sollte ich das mal wieder zum Anlass nehmen, weil es nach wie vor eine total schöne klassische Uhr ist.Vielen Dank für das Gespräch.