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Van Cleef & Arpels über Innovation, Ausdauer und Tradition

Rainer Bernard, Director of Research & Development Watches bei Van Cleef & Arpels, im Interview über Errungenschaften, Leidenschaft und die erste Neuheit von 2024.
Van Cleef & Arpels Lady Arpels Casse-Noisette
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Van Cleef & Arpels Lady Arpels Casse-Noisette

In der Welt der Haute Horlogerie verzaubert Van Cleef & Arpels stets durch die Verbindung von exquisiter Handwerkskunst und außergewöhnlichem Design. Als Vorgeschmack zu den Neuheiten, die wir bei der Messe Watches & Wonders erwarten, hat die Maison bereits Anfang Februar eine erste Auskopplung vorgestellt: Die Lady Arpels Casse-Noisette greift eine der beliebtesten Thematiken der Marke auf und zeigt feinste Handwerkskunst der Métiers d'Art.

Van Cleef & Arpels Lady Arpels Casse-Noisette

Van Cleef & Arpels Lady Arpels Casse-Noisette

© Johann Sauty/ Van Cleef & Arpels

Inspiriert von Marius Petipas berühmtem Ballett und Hoffmanns Märchen, zeigt die Uhr eine Ballerina und ihren Prinzen vor einem lebendigen Candy-Land und einer inszenierten Winterlandschaft. Mit einer Mischung aus 70 Farben und verschiedenen Emailliertechniken, ist der Zeitmesser die bislang reichhaltigste Kreation von Van Cleef & Arpels.

Allgemein sticht Van Cleef & Arpels mit einer poetischen Sicht auf das Leben und Zeit hervor. Hohe Uhrmacherkunst fügt sich mit Erzählungen aus Märchen, Opern und Ballett zusammen. Die Beziehung von Van Cleef & Arpels zum Ballett stammt nicht von ungefähr. Louis Arpels und sein Neffe Claude galten als begeisterte Anhänger – diese Leidenschaft manifestierte sich in den frühen 1940er Jahren in den ersten Ballerina-Clips des Hauses und wurde zu einem Markenzeichen von Van Cleef & Arpels.

Auch Rainer Bernard ist ein Freund der Musik und Oper, mit einem Hintergrund in Maschinenbau und Technik ist der seit 2011 bei der Maison tätige Deutsche seiner Leidenschaft auf allen Ebenen gefolgt, und überwacht als Leiter der Forschung und Entwicklung bei Van Cleef & Arpels die Kreation einzigartiger Zeitmesser. Wir haben mit ihm über seine Rolle, Errungenschaften und die erste Neuheit von 2024 gesprochen.

Van Cleef & Arpels Lady Arpels Casse-Noisette

Van Cleef & Arpels Lady Arpels Casse-Noisette

© Johann Sauty/ Van Cleef & Arpels

Interview mit Rainer Bernard, Director of Research and Development of Watches bei Van Cleef & Arpels

WatchTime: In Ihrer Rolle bringen Sie viele Departments zusammen – Künstler, Entwickler, Kunsthandwerker... Wie supportet man die unterschiedlichen Teams und bringt die vielen Ideen, die aus jedem einzelnen Team kommen, dann gemeinsam in ein Produkt?

Rainer Bernard: Im Prinzip beginnt es mit der Story. Wir diskutieren am Anfang die Inspiration dahinter. Wir können uns wirklich ganz verrückte Geschichten ausdenken, dazu machen wir auch viel Recherche in alten Märchen. Unsere Ideen begründen sich in Märchen, der Biologie, Astronomie und so weiter. Es gibt also nicht eine Entscheidung, die von oben nach unten getragen wird, sondern wir kreieren zusammen den Gedanken. Und in diesem Prozess sind alle von Anfang an mit einbezogen, das erleichtert die Sache ungemein. Was entscheidend ist für die Auswahl eines Metiers, ob zum Beispiel Gravur oder Miniatur, das wird oft zusammen entschieden. Es gibt technische Elemente, die mit sich bringen, dass man nicht alle Materialien und Techniken verwenden kann – wenn zum Beispiel ein Element zu schwer wird oder zu leicht ist für Bewegungen, das kann die ästhetische Wahl sowie die entsprechende Technik dazu beeinflussen.

Das heißt, wir müssen ständig zusammenarbeiten und einen Kompromiss finden. Das Wichtigste ist, dass alle an Bord bleiben. Das Produkt sieht nie so aus, wie wir das am Anfang uns erdacht haben. Meistens besser, weil wir dann auf dem Weg noch zusätzliche Ideen integrieren. Wir haben dann auch keine Angst, noch mal einen Schritt zurückzugehen und weitere Elemente zu integrieren, dann sieht das Produkt nicht so aus, wie wir das vielleicht ganz am Anfang erdacht haben. Aber am Ende sind alle einverstanden und überzeugt, dass es das Beste ist, was wir machen können.

Rainer Bernard, Van Cleef & Arpels

Rainer Bernard, Van Cleef & Arpels

© Van Cleef & Arpels

Beschreiben Sie die Inspiration rund um die Lady Arpels Casse-Noisette.

Van Cleef & Arpels hat eine starke Verbindung zum Tanz. Das hat schon früh angefangen, es gibt diesen berühmten Ballerina-Clip aus den 40er Jahren, der zeigt, wie stark die Maison mit dem Tanz und mit Ballett verbunden ist. Musik, das begleitet uns überall. Jetzt eine Uhr rund um eines des berühmtesten Balletts zu kreieren, war für uns irgendwie naheliegend. Die Frage drehte sich eher darum, welche Szene wir darstellen wollen. Es ist der zweite Akt geworden, wo Clara mit dem zu Leben gewordenen Nussknacker tanzt – umrundet von den Süßigkeiten aller Welt, die die Zuckerfee hinzaubert. Dieser Teil ist prädestiniert, um daraus ein Ziffernblatt zu machen, das einen Wow-Faktor mit sich bringt – von den Farben her und den neuen Techniken, die wir dafür entwickelt haben. Es ist ein perfektes Zusammenspiel aus Uhrmacherei und "fine watch making". Wir erwecken ein Stück zum Leben und hauchen dem ganzen die zeitliche Komponente mit ein. Das ist es, was uns fasziniert. Wir haben viel Spaß dabei, wenn wir etwas erschaffen. Das sieht man, glaube ich, auch am Produkt.

Haben Sie im Team das Ballett zusammen angeschaut?

Das nicht. Aber es wäre eine gute Idee für einen Teamausflug.

"Wir haben viel Spaß dabei, wenn wir etwas erschaffen. Das sieht man, glaube ich, auch am Produkt."
Rainer Bernard

Das Zifferblatt erweckt aus Farben, Edelsteinen und innovativen Emailliertechniken ihren Zauber. Gab es eine besondere Challenge bei dem Projekt?

Die große Challenge lag in den neu von uns verwendeten Techniken. Besonders in der Fusion der Emaille. Das ist eine ganz neue Technik. Da haben wir schon relativ lange dran herumprobiert. Eine Entwicklung, die unserem Wunsch entspringt, klassische Techniken weiterzuentwickeln. Wir machen ja Sachen, die gibt es schon Jahrhunderte. Aber wir wollen diese Techniken weiterentwickeln. Wir beherrschen diese alten Techniken sehr gut und dadurch haben wir die Kraft weiterzugehen. Die Technik war schon immer eher zweidimensional und irgendwann kam dann die gewölbte Emaille und wir sind jetzt noch eins weiter gegangen. Jetzt gibt es dreidimensionale Emaille, wir können also Emaille-Perlen kreieren sowie weitere Formen, die wir schon bald vorstellen. Es sind also Elemente, die wirklich in drei Dimensionen gestaltet sind. Auf dem Ziffernblatt ist zum Beispiel in der Mitte des Bonbons diese Kugel, die so entstanden ist. Wir haben eine neue Art mit neuem Material entwickelt, die es uns erlaubt, Emaille so zu bearbeiten und in Form zu bringen.

Das ging vorher nicht, weil die Emaille, wenn man versucht diese in Form zu bringen, dann explodiert und bricht. Wir haben den Prozess verändert, sodass wir Emaille herstellen können, das graviert und von Hand in Form gebracht werden, um dann richtige dreidimensionale Elemente darzustellen. Das ist für mich etwas ganz Außergewöhnliches, weil wir uns die Zeit nehmen, etwas weiterzuentwickeln, wo schon viele gefragt haben, was macht ihr da?

Es gibt so viele moderne Techniken, aber wir besinnen uns auf eine traditionelle Technik und entwickeln diese weiter. Wir gehen also nicht in tausende Richtungen und wollen jetzt dies und dann später etwas anderes machen, sondern das, was wir gut machen, das wollen wir weiterentwickeln. Der Wunsch, ins Dreidimensionale zu gehen, Farben zu fusionieren und in einem ganz bestimmten Prozess so zu verbinden, dass es wie aus einem Guss wird, das war schon immer unser Traum und das kann man jetzt auf dem Ziffernblatt sehen.

Wie lange hat dieses Projekt gedauert?

Ungefähr zwei Jahre. Wobei die Ideen, die dahinter stecken, die gibt es schon eine ganze Weile. Ich kann gar nicht genau sagen, wie lange dieser Prozess daher wirklich andauerte. Das ist ja auch ein intellektueller natürlicher Prozess, dass man von 2D zu ich sage mal 2,5D und dann richtig zu 3D gelangt. Das ist total irre.

Innovationen fördern und dabei dem Geist der Maison treu zu bleiben: Was würden Sie sagen, ist das Besondere an Ihrem Team, beides so zu beherrschen – also das eine zu bewahren und dennoch aber vorantreiben zu wollen?

Die Basis für alles ist Neugierde. Ohne geht es nicht. Neugierde basiert auf dem Interesse an sich und seinen Fähigkeiten, aber auch an den Kollegen, dem Prozess. Warum funktioniert das jetzt? Und warum funktioniert denn das jetzt nicht? Meistens interessiert man sich ja nur für Sachen, die nicht funktionieren. Wenn es geht, kümmert sich keiner drum. Wir kümmern uns um beide Seiten. Wir sind an sich sehr neugierig. Wir haben ein Team, welches auf der gleichen Wellenlänge schwimmt. Die Neugier treibt uns mit dem Wunsch nach vorne, Sachen zu verändern und nicht zufrieden zu sein mit dem, was man jetzt schon kann. Wir lassen uns treiben von dem Gedanken, 'das können wir doch noch anders machen.' Wenn das jetzt in 2D ist, dann möchte ich hin zu 3D. Und damit die Frage zu stellen, wie man etwas anpacken muss, um es in 3D zu gestalten? Zu der Neugier kommt der Wille, nicht direkt aufzugeben. Menschen, die bei der ersten Schwierigkeit aufgeben, die kommen nicht sehr weit. Wir haben sehr viel Energie, um Dinge wieder und wieder zu probieren. Wir ändern einen Parameter, oder wir kommen mit ganz neuen Ideen, wie wir an die Sache rangehen. Alle sind eingeladen, hier mitzumachen. Unsere Teams bestehen aus Persönlichkeiten, die eher sagen 'why not' und nicht 'yes but'. Also treibt uns Neugier und die Fähigkeit an, dranzubleiben und nicht direkt aufzugeben. Wir können ganz schön weit gehen. Wir haben viel Kraft und ganz viel Motivation.

Wenn Sie die Kreation für jemanden in wenigen Worte beschreiben müssen, welche würden Sie benutzen?

Ich würde sagen Dreidimensionalität: Das Ziffernblatt ist ein irres Relief, das Spiel der Farben und der Brillanz, kreiert durch die perfekte Kombination von Métiers d'Art und Fine Watchmaking.

Wenn Sie für sich persönlich eine Uhr auswählen, was ist hier ein wichtiges Kriterium?

Es muss eine Uhr sein, die mich vom Gefühl her anspricht. Für mich ist Präzision nicht das Allerwichtigste. Wenn ich die Uhr ansehe, dann weiß ich sofort, ob sie mir gefällt. Das kommt direkt. Das kann ich sehr schwer beschreiben. Das hängt auch nicht mit einer bestimmten Marke zusammen. Ich bin ein Design-Mensch. Wenn ich etwas sehe, dann kann ich sagen, das gefällt mir. Dazu muss der Zeitmesser gut tragbar sein. Ich mag es nicht, wenn irgendwas kratzt oder die Bauhöhe zu dick ist. Ich hänge auch sehr an alten Sachen. Es kann auch sehr gerne ein Vintage Produkt sein oder ein Produkt, was alte Metiers mit einbezieht. Dazu bin ich auch feinsinnig. Wenn etwas handgemacht ist, mag ich es lieber, als wenn es von einer Maschine gemacht wurde.

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Uhr?

Ja, die habe ich noch. Meine allererste Uhr war eine blaue Coussin, also eine Kissenform mit einem tief dunkelblauen Ziffernblatt. Eine Automatikuhr, die ich 1975 bekommen habe. Das weiß ich noch ganz genau. Die habe ich immer noch. Ich liebe diese Uhr. Das ist zum Beispiel eine Vintage-Uhr, die ziehe ich auch manchmal noch an.

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