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Breitling: Gezielter Einblick in die Werkefertigung

Uhrenmanufaktur Breitling
© PR
Das Projekt „Breitling Chronometrie" nahm seinen Anfang bereits in der Mitte der neunziger Jahre: Damals entschied Jean-Paul Girardin, Vizepräsident und operativer Chef der Marke, künftig alle Uhrwerke bei der Chronometerprüfstelle COSC einzureichen. Dieser Schritt verlangte nach einer neuen Fabrik, die schließlich 2001 in La Chaux-de-Fonds eingeweiht wurde und damals rund 150 Menschen einen hypermodernen Arbeitsplatz bot. Zu diesem Zeitpunkt ahnten Girardin, der selbst Ingenieur ist, und seine Mitarbeiter noch nichts von einer zukunftsweisenden Entscheidung der Swatch Group, die Lieferungen von Ebauche-Bausätzen ab Januar 2003 zu reduzieren und ab Januar 2006 nur noch fertig montierte Uhrwerke zu liefern. Nach einer Intervention der Schweizer Wettbewerbskommission wurde das sogenannte Phasing-out für Eta-Kits von Ende 2008 bis Ende 2010 verschoben.
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Hochmodern: Die Werkteile entstehen in eigenen Fertigungszentren © PR
Die dadurch gewonnene Zeit hat Breitling genutzt: Das auf Unabhängigkeit bedachte Familienunternehmen fasste sehr diskret die Entwicklung eines eigenen Chronographenkalibers mit Selbstaufzug ins Auge. 2004 startete das Projekt mit Blick auf den 125. Geburtstag im Jahr 2009. Verantwortlich zeichnete eine Dependance mit dem Namen Professional Flight Instruments (PFI) mit Sitz in Meyrin, nahe dem Genfer Flughafen. 2006 erfolgte die Umbenennung in Breitling Technologie. Die Aktivitäten rund um das 2009 lancierte Manufakturkaliber namens B01 verlangten nun nach einer deutlich vergrößerten Produktionsstätte. Diese nahm 2008 ihre Arbeit auf: Zu den 2001 eingeweihten 2000 Quadratmetern der Breitling Chronometrie in La Chauxde-Fonds hatten sich weitere 4000 Quadratmeter gesellt. In dem Gebäude am Waldrand sind gegenwärtig 200 Leute beschäftigt. Das Tätigkeitsspektrum reicht von Forschung und Entwicklung über Komponentenproduktion, Assemblage und Reglage bis hin zur Qualitätskontrolle der durchweg COSC-zertifizierten Uhren. In den „grauen Räumen" herrschen geringe Luftfeuchtigkeit und leichter Überdruck. Alle zehn Minuten wird die Luft komplett ausgetauscht, da Staub bekanntlich der größte Feind der Präzisionsuhrmacherei ist.
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Strenge Kriterien: Dank zahlreicher Kontrollen schaffen 95 Prozent der B01-Werke die Chronometerprüfung © PR
Echte Schweizer Die Zifferblattaufschrift „Swiss made" ist bei Breitling kein leeres Versprechen. Alle Komponenten, in deren Fabrikation auch rund 40 Zulieferer eingebunden sind, stammen aus der Schweiz. Der Zusammenbau sämtlicher Werke und Uhren erfolgt im eigenen Haus; nur die Oberflächendekoration übernehmen externe Spezialisten. Am Anspruch, eine hundertprozentige Mechanikmanufaktur zu sein, ändert das freilich nichts. Der gewerbliche Bereich erstreckt sich in der erweiterten, mit viel moderner Kunst ausgestalteten Breitling Chronometrie von T0 (Komponentenproduktion einschließlich Platinen) über T1 (Vormontage von Bauteilen) und T2 (Zusammenbau und Reglage von Uhrwerken) bis hin zu T3 (Fertigstellung und Qualitätskontrolle kompletter Zeitmesser). Die Entscheidungen, welche der 346 Bauteile des Manufakturkalibers B01 in Eigenregie gefertigt oder zugekauft werden, trifft das Management unter praktischen Gesichtspunkten: Bei Fremdvergabe strategisch wichtiger Komponenten müssen mindestens zwei unabhängige Zulieferer existieren. Sofern nicht vorhanden, schreitet Breitling selbst zur Tat, wie es bei den Platinen, Brücken und Kalenderscheiben der Fall ist. Dafür wurden rund 30 Fertigungszentren angeschafft. Sie arbeiten trocken und lassen sich innerhalb von nur einer Stunde auf ein anderes Bauteil umstellen. Bei Stahlteilen wie Wippen, Rückern oder Federn vermag das Mechanikatelier mit den dort verfügbaren Funkenerosionsautomaten nur Kleinserien zu fertigen. Großauflagen bedingen die Kooperation mit Spezialisten wie beispielsweise Dubois Dépraz im Vallée de Joux. Das gewährleistet bezahlbare Qualität. Das Setzen der Lagersteine besorgt Breitling selbst, und beim Ölen bleibt dank moderner Halbautomaten nichts dem Zufall überlassen. Apropos Automation: Bei der Montage des B01 hilft eine Ausstattung, die die Firma Clinical Laboratory Analysis (CLA) eigentlich zur Blutanalyse entwickelt hat. Hier minimieren elektronische Kontrollmechanismen Fehler, und für Problemfälle stehen eigens geschulte Uhrmacher bereit. Dass Breitling bei seinem Manufakturwerk gute Arbeit geleistet hat, belegten die positiven Reaktionen aus dem Handel. „Die Fehlerquote der bislang mehr als 25.000 Uhrwerke dieses Typs ist erfreulich gering", erläutert Jean-Paul Girardin. Auf Anhieb hatten mehr als 95 Prozent der neuen Uhrwerke die Chronometerprüfung der COSC bestanden. Der künftige Anspruch orientiert sich am legendären Eta 7750, von dem inzwischen weniger als ein Prozent ohne Zertifikat zurückkommt.
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Einschalen: Das Uhrenherz erhält Gesicht und Körper © PR
50.000 oder mehr Die Kapazität in La Chaux-de-Fonds ist auf jährlich 50.000 Exemplare des B01 ausgelegt. Eine Steigerung ist möglich, dürfte aber wegen der Uhrenkrise des Jahres 2009 noch auf sich warten lassen. Entlassungen hat es bei Breitling trotz rückläufiger Verkäufe jedenfalls nicht gegeben. Der umfassende Maschinenpark - ein Mix aus überliefertem und hypermodernem Equipment - ist darauf ausgelegt, alle Bestandteile für Erprobungs- und Vorserienkaliber zum Zwecke der Geheimhaltung selbst herzustellen. Dementsprechend wird das B01 wohl kaum das einzige Manufakturkaliber bleiben. Auf die Frage, wann und in welcher Form Weiteres zu erwarten ist, geht Jean-Paul Girardin nicht ein. Sicher ist aber, dass es bei Breitling neben dem eigenen weiterhin Kaliber auf Eta-Basis geben wird. Ob in diesem Zusammenhang das brandneue SW 500 von Sellita eines Tages dem weitgehend baugleichen Eta 7750 Paroli bieten wird, muss sich noch zeigen. Eines steht nach dem Rundgang durch die neue Chronometrie jedenfalls fest: Qualitative Kompromisse sind für Breitling nach wie vor ein Fremdwort. glb
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