Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
7 Minuten

1988: Die emanzipierte Armbanduhr

1988_cartier
© PR
Das Phänomen der Luxusuhr aus Stahl statt Gold geht auf die 1970er-Jahre zurück und ist heute aktueller denn je. Dafür sorgen unter anderem die Dauerbrenner Audemars Piguet Royal Oak, Patek Philippe Nautilus und Vacheron Constantin Overseas.

Luxusstahluhr #1: Audemars Piguet Royal Oak

Bei Audemars Piguet, dem Pionier auf dem Gebiet der sportlichen Luxusstahluhr, hielt seit 1966 der sturmerprobte Georges Golay als Generaldirektor das Zepter in der Hand. An den risikobereiten Vollblutkaufmann wandte sich 1971 der italienische Agent Carlo de Marchi. Er fragte nach einer vielseitigen Armbanduhr, die sich fürs Wochenende auf dem Boot oder die Ausfahrt mit einem Sportwagen ebenso eignen sollte wie für eine elegante Soiree oder die Stunden im Club – Stahl als Gehäuse- und Bandmaterial nicht ausgeschlossen.
Helfen musste der Designer Gérald Genta, den Golay am Abend vor der Basler Messe anrief und für den nächsten Tag einen akzeptablen Entwurf erbat. Während des Grübelns über die mögliche Gestalt der geforderten Uhr kam Genta ein Kindheitserlebnis in den Sinn: Irgendwann hatte er einen Berufstaucher beim Anlegen und Befestigen des Helms beobachtet. Eine Gummidichtung und mehrere Bolzen stellten die drucksichere Verbindung zum Anzug her. Diese Eindrücke mündeten in ein Uhrendesign, das an ein Schiffsbullauge erinnerte und gleichzeitig Gentas Faible für das Achteck zum Ausdruck brachte. Die Synthese bestand in einer achteckigen Lünette mit leicht geschwungenen Kanten. Zu den konstruktiven Besonderheiten gehörte ein Gehäuse, bei dem acht Schrauben den Glasrand samt Gummidichtung am Korpus halten. Auf der Lünette sind die Sechskantköpfe bis heute exakt radial ausgerichtet und versenkt. Dies ist möglich, weil sie nicht von oben, sondern von der Gehäuserückseite aus festgezogen werden.
Schließlich propagierte Genta ein integriertes Stahlarmband, dessen Glieder sich zur Schließe kontinuierlich verjüngten. Der nächtliche Entwurf kam bei Carlo de Marchi – und auch dem Schweizer Markenrepräsentanten Charles Bauty – gut an. Somit stand einer sukzessiven Realisierung der intern „Safari“ getauften Armbanduhr bis zur folgenden Uhrenmesse 1972 nichts mehr im Wege. Fast schon Ironie des Schicksals: Um die erste Luxus-Stahluhr der Welt zu entwickeln, verwendete Audemars Piguet Prototypen aus Weißgold, da das Edelmetall leichter form- und polierbar ist als Edelstahl.
Beim Debüt besaß das Kind natürlich auch einen Namen: Die „Royal Oak“ mit ihrem Bullaugendesign erinnerte an mehrere gleichnamige britische Schlachtschiffe mit stahlüberzogenem Holzrumpf. Die Audemars Piguet Royal Oak war zunächst kein Kassenschlager: Bedingt durch den damals für eine Stahluhr extrem hohen Preis von 3.650 Schweizer Franken und den ungewohnt großen Durchmesser von 38,8 Millimetern hielt sich der Verkauf in engen Grenzen; nach drei Jahren waren in Italien und der Schweiz erst 400 Uhren an den Mann gebracht. Zum Glück schätzten deutsche Kunden die stählerne Luxusuhr mit dem flachen Automatikkaliber 2121 von LeCoultre, sodass sie schließlich doch noch zum Bestseller avancierte. Heute ist die Royal Oak die tragende Säule des Hauses Audemars Piguet und innerhalb des Uhrenportfolios konkurrenzlos.
2005 erschien die Audemars Piguet Royal Oak Referenz 15300ST mit dem 2004 vorgestellten Manufaktur-Automatikkaliber 3120. Aktuell schwören Puristen auf den 2012 zum 40. Geburtstag der Royal Oak erschienenen Klassiker mit 41 Millimetern Gehäusedurchmesser, Zentralsekunde und Fensterdatum: Wie der Vorgänger besitzt auch diese Referenz 15400ST den heutzutage fast schon obligatorischen Sichtboden. Die Royal Oak von Audemars Piguet ist und bleibt das Original, das anspruchsvolle Zeitgenossen in jeder Lebenslage bestens kleidet und wohl niemals unmodern wird. Mit zurzeit 17.400 Euro ist sie zudem vergleichsweise günstig, wie der folgende Vergleich mit ihren wichtigsten Konkurrenten zeigt.
Mehr zur Royal Oak von Audemars Piguet und ihrer Geschichte erfahren Sie hier!

Luxusstahluhr #2: Patek Philippe Nautilus

Als Geschäftsmann dachte der Designer Gérald Genta in die Zukunft. Was Audemars Piguet recht war, konnte dem Genfer Mitbewerber Patek Philippe nur billig sein. In diesem Sinne skizzierte er 1974 aus eigenem Antrieb und ohne vorliegenden Auftrag eine sportliche Stahluhr für die Luxusmanufaktur. Philippe Stern, Sohn des damaligen Firmenpatrons Henri Stern und später selbst Firmenpräsident, hat seine erste diesbezügliche Begegnung mit Gérald Genta nicht vergessen: „Er kam zu uns mit dieser Idee. Er war sehr überzeugt davon und glaubte, die Uhr würde ein Jahrhunderterfolg werden.“
Mit seiner Einschätzung lag der Besucher nicht falsch, aber der Durchbruch des gemeinsamen Projekts ließ sich dann doch reichlich Zeit. Zunächst einmal galt es, die Zeichnung im Laufe von zwei Jahren zur fertigen Uhr gedeihen zu lassen. Gestalterische Parallelen zur Royal Oak störten Philippe Stern damals übrigens nicht. Aber, so Stern, „zwischendurch zögerten wir immer wieder und fragten uns manchmal, ob das noch eine Patek Philippe sei, ob wir so eine große, sportliche Stahluhr wirklich machen sollten.“ Nach mehreren Designanpassungen und einigen Prototypen lag die Patek Philippe Nautilus Referenz 3700/1A zur Basler Messe 1976 in den Vitrinen – mangels eigenem flachem Uhrwerk ausgestattet mit dem gleichen LeCoultre-Kaliber, das auch die Audemars Piguet Royal Oak beseelte. Wie schon zwei Jahre zuvor bei Audemars Piguet ließen die Patek-Philippe-Konzessionäre zunächst wenig Euphorie erkennen. Einfacher Stahl, zu groß und vor allem zu teuer, war die einhellige Meinung; immerhin gab es für die in Deutschland verlangten 4.250 Mark schon einen Kleinwagen.
Auch die ungewöhnlich provokativen Werbetexte polarisierten: „Eine der weltweit kostspieligsten Uhren besteht aus Stahl. Gedacht fürs Tauchen, für formelle oder festliche Anlässe oder zum Erschlagen von Drachen in der Chefetage.“ Trotz größter Sorgfalt bei der Entwicklung musste Patek Philippe die patentierten Gehäuse der ersten Nautilus-Referenz aus technischen Gründen optimieren. Die Edelstahl-Verschlussschrauben ließen sich beim Service wegen leichter Oxidierung nur unter größten Mühen lockern. Das Problem lösten massivgoldene Schrauben, eingesetzt beim Kundendienst und serienmäßig ab der Gehäusenummer 536.400.
Deutlich mehr Anerkennung bekam die 1980 vorgestellte Damen-Nautilus mit dem hauseigenen Quarzkaliber E 19, die es in Gold, Stahl, einer Stahl-Gold-Kombination und mit Diamanten gab. Bei den Männern platzte der Knoten erst 1998: Quasi über Nacht kam Patek Philippe mit der Produktion der mittelgroßen Stahlreferenz 3800/1 – nun mit glattem statt geriffeltem Zifferblatt und römischen Stundenzahlen statt Indexen – nicht mehr nach.
Die 1976 eingeführte Patek Philippe Nautilus veränderte sich 1998 und kehrte 2006 zu ihren Ursprüngen zurück. Der 30. Nautilus-Geburtstag im Jahr 2006 brachte die Referenz 5711/1A und ein dreiteiliges, mit 40 Millimetern spürbar größeres Gehäuse. Nichts änderte sich an der Druckfestigkeit bis zwölf Bar. Durch den Saphirglasboden präsentiert sich seit 2008 in dieser Referenz das Automatikkaliber 324 S C mit Goldrotor. Der seit Jahren überragende Erfolg der Patek Philippe Nautilus zeigt sich an der Tatsache, dass die Konzessionäre Wartelisten führen und eilige Kunden im Internethandel deutliche Aufschläge auf den stattlichen Publikumspreis von zurzeit 22.344 Euro berappen.
Mehr zur Patek Philippe Nautilus lesen Sie hier!

Luxusstahluhr #3: Vacheron Constantin Overseas

Die Geschichte der Overseas von Vacheron Constantin, die 1996 von internen Produktgestaltern gezeichnet wurde, reicht ebenfalls bis in die 1970er-Jahre zurück: Als Vorbild diente das 1977 im Gefolge von Royal Oak und Nautilus vorgestellte Modell 222. Die knappe Bezeichnung wies auf den 222. Geburtstag der Manufaktur hin. Bei seinem Entwurf und der Gehäusekonzeption orientierte sich der junge deutsche Designer Jörg Hysek an den beiden großen Vorbildern: Der Mittelteil und die damit verschraubte Lünette sorgten für eine Art Bullaugenlook.
Zehn Jahre nach ihrer Vorstellung und der Produktion von nur rund 500 Exemplaren musste die 222 den wenig erfolgreichen Nachfolgemodellen 333 und Phidias weichen, über die man bei Vacheron Constantin ungern spricht. Somit war 1996 ein Newcomer namens Overseas wirklich überfällig. Dessen nicht unbedingt manschettenfreundliche Lünette griff das Malteserkreuz als Markenzeichen von Vacheron Constantin auf. Für den hermetischen Verschluss der Edelstahlschale bis 15 Bar Druck sorgten insgesamt 16 Schrauben. Weitere Merkmale der luxuriösen Sportlichkeit: Schraubkrone mit Flankenschutz, verstärktes Saphirglas, tritiumbeschichtete Stunden- und Minutenmarkierungen sowie entsprechende Leuchtzeiger.
Zum 250. Firmenjubiläum im Jahr 2005 unterzog Vacheron Constantin die Overseas einer behutsamen Modernisierung. Der Durchmesser wuchs auf 42 Millimeter. Im stählernen Automatikmodell mit Zentralsekunde und Fensterdatum tickte das von einem Weicheisenschutzschild umgebene Jaeger-LeCoultre-Kaliber 889.
Die dritte, nunmehr gründlich überarbeitete Overseas-Generation ging 2016 an den Start und erlebte nach 2005 eine weitere wichtige Evolutionsstufe. Ihr Gehäusemittelteil wurde spürbar runder und geschmeidiger, und der Malteserkreuz-Glasrand mit jetzt sechs statt acht Zacken setzt empfindlichen Manschetten fortan deutlich weniger zu.
Wirklich innovativ präsentiert sich das patentierte Bandwechselsystem der Overseas: Mit wenigen Handgriffen lassen sich die drei serienmäßig mitgelieferten Armbänder aus Edelstahl, Kautschuk und Alligatorleder nach Belieben gegeneinander austauschen.
Behutsames Ziehen verlängert das stählerne Gliederband bei angeschwollenen Handgelenken um zweimal vier Millimeter. Beim Alligator- und Kautschukband muss auch die Faltschließe durch einen simplen 90-Grad-Dreh umgesetzt werden; normale Federstegarmbänder passen hier logischerweise nicht.
Geblieben ist ein erhöhter Schutz gegen Magnetfelder in Form eines Weicheisen-Innengehäuses. Völlig neu sind die Manufakturwerke der neuen Overseas-Generation. Beim Basismodell mit drei Zeigern handelt es sich um das Automatikkaliber 5100, eine abgespeckte Version des komplexen Schaltradchronographen-Kalibers 5200. Bei Entwurf und Industrialisierung haben sich die Manufakturen Vacheron Constantin und Roger Dubuis einige Komponenten geteilt, die sich bei letzterer im schon länger verwendeten Kaliber RD680 wiederfinden. Aber Vacheron Constantin produziert, finissiert und montiert alle Werke im Vallée de Joux und in Genf.
Wie sich die neue, unter dem Kennzeichen des Genfer Siegels produzierte Overseas von Vacheron Constantin mittelfristig am heiß umkämpften Markt der Luxusuhren behaupten wird, bleibt abzuwarten. Speziell im deutschsprachigen Raum genießt Vacheron Constantin noch nicht dasselbe Renommee wie in Asien. Konzessionäre bemängeln außerdem den Preis, der sich mit 21.300 Euro eher an jenem der Nautilus als an dem der Royal Oak orientiert. glb Alles was die Overseas-Kollektion von Vacheron Constantin heute ausmacht erfahren Sie hier!

Fakten-Check der Luxusstahluhren:

Audemars Piguet Patek Philippe Vacheron Constantin
Modell Royal Oak Nautilus Overseas
Referenz 15400ST 5711/1A 4500V
Markteinführung 1972 1976 1996
Einführung der aktuellen Referenz 2012 2006 2016
Gehäuse Edelstahl Edelstahl Edelstahl
Durchmesser 41 Millimeter 40 Millimeter 41 Millimeter
Höhe 9,8 Millimeter 8,3 Millimeter 11 Millimeter
Wasserdichtheit 5 Bar 12 Bar 15 Bar
Sichtboden ja ja ja
Magnetfelschutz 4.800 A/m 4.800 A/m 8.000 A/m dank innerem Weicheisenring
Armband Gliederband Stahl Gliederband Stahl Wechselsystem: Stahl, Alligator, Kautschuk
Uhrwerk Automatik, Manufaktur Automatik, Manufaktur Automatik, Manufaktur
Kaliber 3120 324 S C 5100
Markteinführung 2004 2008 2016
Anzahl Komponenten 278 213 172
Funktionale Steine 40 29 37
Durchmesser 26,6 Millimeter 27 Millimeter 30,6 Millimeter
Bauhöhe 4,25 Millimeter 3,3 Millimeter 4,7 Millimeter
Schwungmasse Kugellager-Zentralrotor aus Massivgold Kugellager-Zentralrotor aus Massivgold Kugellager-Zentralrotor aus Massivgold
Aufzug beidseitig einseitig einseitig
Federhaus 1 1 2
Gangautonomie ca. 60 Stunden maximal 45 Stunden ca. 60 Stunden
Unruh Glucydur, Typ „Gyromax“, acht Masselots für variable Trägheit Typ „Gyromax“, 2. Generation, vier Masselots für variable Trägheit Glucydur-Ringunruh mit Rückersystem
Unruhspirale Nivarox, flach Nivarox oder Silizium, flach Nivarox, flach
Frequenz 21.600 A/h 28.800 A/h 28.800 A/h
Anzeigen Stunden, Minuten, Zentralsekunde, Fensterdatum springend Stunden, Minuten, Zentralsekunde, Fensterdatum halb springend Stunden, Minuten, Zentralsekunde, Fensterdatum halb springend
Regulierung, Gangabweichung maximal –2 bis +8 Sekunden pro Tag –3 bis +2 Sekunden pro Tag –2 bis +8 Sekunden pro Tag
COSC-Chronometer nein nein nein
Qualitätssiegel keines Patek-Philippe-Siegel Genfer Siegel
Preis 17.400 Euro 22.344 Euro 21.300 Euro
Verfügbarkeit Internet ja, neu, mit Preisabschlag ja, neu, mit Preisaufschlag ja, neu, mit Preisabschlag
Archiv

Die neue Titoni Airmaster Pilot Chronometer – Top Thema

Hotspot: Ruhla Space Control „Sigmund Jähn 1978“ – Die deutsche Weltraum-Uhr

Sinn X Commerzbank – 356 Sa Flieger III Commerzbank – Marke des Monats

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige