Wenn Uhrenmarken mit bildenden Künstlern zusammenarbeiten, darf man spannende Resultate erwarten. Globale Berühmtheiten bereichern dabei das Uhrenspektrum ebenso wie originelle junge Kreative.
Uhr und Kunst #1: Hublot Classic Fusion Takashi Murakami All Black
Hublot hat sich in diesem Jahr mit einem absoluten Star der Kunstwelt für eine Uhrenkollaboration zusammengetan: Der 1962 geborene Takashi Murakami ist so etwas wie der Großmeister der japanischen Pop-Art – und zwar einer sehr speziellen Version der Pop-Art. Murakami flirtet seit jeher mit der Manga-Ästhetik; viele seiner Kunstwerke haben einen extrem künstlichen Spielzeug-Appeal.So auch das Motiv der grinsenden Sonnenblume, das zu seinem global wiedererkennbaren Markenzeichen geworden ist. Unzählige Murakami-Bilder und Skulpturen widmen sich der bunten Blume mit dem zum Grinsen aufgerissenen Mund; gleichzeitig schmückte sie im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte Skateboards, Streetwear und Gesichtsmasken ebenso wie Louis-Vuitton-Taschen. Ihre dunklere Seite enthüllte die Blüte in einem von Takashi Murakami gestalteten Musikvideo für Billie Eilish – denn vom Grinsen ist es für diese Blume nur ein kleiner Schritt zum Schrei.
Jetzt ziert das ikonische Motiv eine Hublot-Uhr: fröhlich wie meistens, aber nicht poppig-bunt, sondern ganz in Schwarz. Die Classic Fusion Takashi Murakami All Black verdankt ihren tiefschwarzen Schimmer einer Fülle von schwarzen Diamanten: 107 von ihnen zieren das Gesicht der Blume, 456 Stück bringen die Blütenblätter zum Glitzern. Dank eines Kugellagers können sich diese Blätter außerdem um ihre eigene Achse drehen. 200-mal wurde Hublots schwarze Takashi-Murakami-Uhr mit einem 45 Millimeter großen Keramikgehäuse und dem Automatikkaliber MHUB 1214 Unico aufgelegt (26.900 Euro).
Uhr und Kunst #2: Seiko 5 Sports Auto Moai Limited Edition
Mit einem japanischen Künstler von cartoonhaft-plakativer Handschrift hat sich auch Seiko zusammengetan. Die Seiko 5 Sports Auto Moai Limited Edition wurde von einer Künstlerpersönlichkeit gestaltet, die das Thema Anonymität ins Zentrum ihres Schaffens stellt und sich selbst entsprechend verhält: Auto Moai zieht sich ganz hinter sein Werk zurück, gibt weder Geschlecht noch Alter preis, sondern spricht allein durch Bilder von gesichtslosen Personen mit der Öffentlichkeit. Für Seiko hat Auto Moai, dessen Erfolgswelle sich augenblicklich in Asien ausbreitet, ein eigenes Kunstwerk mit ineinander verschlungenen gesichtslosen Figuren geschaffen, das sich auf dem Lederarmband und der Lünette der 42,5 Millimeter großen Edelstahluhr mit Titancarbidauflage wiederfindet. Angetrieben wird sie vom Automatikkaliber 4R36. Beim Blick aufs Zifferblatt schaut der Betrachter direkt in eines der Personenporträts ohne Gesicht, die so typisch sind für Auto Moai. Die Seiko 5 Sports Auto Moai ist auf 1.500 weiße und 300 schwarze Exemplare zum Preis von je 460 Euro limitiert.
Uhr und Kunst #3: H. Moser & Cie. Endeavour Centre Seconds Concept X seconde/seconde
Der Franzose seconde/seconde/ – mit bürgerlichem Namen Romanic André – widmet sich ganz einer subversiven Uhrenkunst. Gern ersetzt er Zeiger ikonischer Uhrenmodelle durch seine eigenen Kreationen: ausgefeilt hergestellte Zeiger in Form von banalen Gegenständen, die oft in einer Pixelästhetik wie aus alten Computerspielen daherkommen. H. Moser & Cie. hat jetzt zusammen mit Romanic André die auf 20 Exemplare limitierte Endeavour Centre Seconds Concept X seconde/seconde/ entworfen: eine typische Moser-Uhr – Edelstahl, 40 Millimeter Durchmesser, Automatikkaliber HMC 200 – mit einem blauen Fumé- Zifferblatt, auf dem man vergeblich einen Markennamen sucht. Dafür hat der Stundenzeiger die Form eines verpixelten Radiergummis. Mit dem will man symbolisch "die Marke ausradieren". H. Moser & Cie. hat schon vor Jahren begonnen, einzelne Uhren ohne Markenlogo zu fertigen: ein Statement im Sinne eines Luxus, der keine prestigeträchtigen Markennamen benötigt. Der Radiergummi von seconde/seconde/ verleiht diesem Gedanken bei der auf 20 Exemplare limitierten Concept Watch eine augenzwinkernde Anschaulichkeit. Preis: 20.900 Euro
Uhr und Kunst #4: Zenith Defy 21 Felipe Pantone
Ein Jahr lang haben Zenith und der spanisch-argentinische Künstler Felipe Pantone intensiv an der Defy 21 Felipe Pantone zusammengearbeitet. Markenzeichen des 1986 geborenen Pantone sind dynamische strukturierte Farbverläufe, gern in der Form eines Blitzes gehalten, mit denen er komplette Wände oder auch Bildflächen optisch zum Flirren bringt. Sein Spiel mit farblichen Interferenzen in die Dimensionen und die Materialwelt einer Armbanduhr zu übersetzen, war keine kleine Herausforderung. Schließlich entwickelte man bei Zenith eine dreidimensionale PVD-Beschichtung, mittels derer man Pantones Farbverläufe auf die blitzförmigen Zeiger, auf Indexe, Brücken und einen der Chronographenringe bringen konnte.
Die feinen Moiré-Effekte in Schwarz-Weiß, die bei Pantone häufig einen sehr grafischen Kontrapunkt zur Farbe bilden, übertrug man mittels Gravur- und Lackiertechniken auf die Komponenten der 44 Millimeter messenden Keramikuhr. Als "kinetische Kunst" bezeichnet Zenith den auf 100 Stück limitierten Chronographen (18.600 Euro), dessen Farbelemente das El-Primero-Automatikkaliber 9004 in Bewegung versetzt.
Uhr und Kunst #5: Trilobe La Réciproque
Einen der renommiertesten französischen Gegenwartskünstler konnte die noch junge, ebenfalls französische Uhrenmarke Trilobe für sich gewinnen. Kein Geringerer als der 1938 geborene Daniel Buren, der seit Jahrzehnten Zeichen setzt mit seinen charakteristischen Streifenstrukturen – beispielsweise bei der Gestaltung der Gärten des Pariser Palais Royal –, entwickelte zusammen mit Trilobe die Tisch- oder Wanduhr "La Réciproque" für die Charity-Autktion Only Watch.
Der Konzeptkünstler Buren und der Trilobe-Gründer Gautier Massonneau entwickelten eine streng geometrisch gestaltete, plakativ schwarz-weiß-rote, etwa plattencovergroße Uhr, deren Clou ihre Zweiseitigkeit ist: Auf der in Burens Stil schwarz-weiß gestreiften Vorderseite ist die für Trilobe typische zeigerlose Zeitanzeige zu sehen, die aus drei Ringen besteht. Um 2.13 Uhr – der Uhrzeit, zu der sich Buren und Massonneau zum ersten Mal trafen – stehen die Streifen auf den Ringen in einer Linie mit ihrer Umgebung, sodann verschieben sie sich im Verlauf der Zeit gegeneinander, bis sie sich nach zwölf Stunden wieder treffen. "Man kann sich die Uhr als Kunstwerk an die Wand hängen", sagt Massonneau. Noch mehr aber hat man von ihr, wenn man sie frei stehen lässt. Dann ist auch die Rückseite mit dem für die Größe der Tischuhr aufwendig überarbeiteten Trilobe-Kaliber "X-Centric" sichtbar.Das in leuchtendem Rot gehaltene Kaliber ist nicht nur ein mechanischer, sondern auch ein optischer Leckerbissen. Mit ihrer elementaren Form und der klar mit ihrem Umfeld kontrastierenden Farbe fügt sich diese Rückseite bestens in das von Buren ersonnene ästhetische Konzept ein. Der Künstler übrigens ist, anders als Co-Weltstar Takashi Murakami, keiner, der oft mit Unternehmen kooperiert. Auch der Idee einer Zusammenarbeit mit Trilobe brachte er zunächst eher Skepsis entgegen – bis ihn das philosophische Konzept der Marke zu fesseln begann, die mit ihren eigenwilligen Zeitanzeigen ein Gegengewicht zum Gewöhnlichen bieten will. Ein wenig wie die Kunst, für die die Inspiration zum Perspektivwechsel ein großes Thema ist. mbe