Die Bedeutung der Marke für die Kaufentscheidung hat im Uhrenbereich über die Jahre rasant zugenommen. Längst ist die Marke das wichtigste Kriterium, noch vor dem Design, der Technik oder dem Preis. Im Luxussektor gilt das ganz besonders. Das, was entscheidend zum anhaltenden Erfolg einer Marke beiträgt, ist der Grad ihrer Begehrlichkeit. Diese löst den immer stärker werdenden Drang des Habenwollens aus, der unseren Blick weiter und weiter verengt, bis wir nur noch dieses eine Objekt der Begierde sehen und alles andere ausblenden. Bis wir meinen, ohne diese Marke nicht mehr leben zu können. „Bekanntheit kann man sich kaufen, Begehrlichkeit nicht“, sagt der Nürnberger Markenberater Klaus-Dieter Koch. Insofern ist Begehrlichkeit ein Thema, mit dem sich die Marken selbst sehr intensiv auseinandersetzen und an dem sie intensiv über Jahre und Jahrzehnte arbeiten. Aber genauso spannend ist das Thema für den Uhrenkäufer. Er weiß heute um die Wirkung und die Mechanismen von Werbung und Beeinflussung und ist darauf vorbereitet. Mehr noch: Er lässt sich bewusst auf das Spiel der Emotionen ein und hat seinen Spaß daran, die Eigendarstellung der Marke auf Authentizität und Glaubwürdigkeit zu überprüfen und zu entscheiden, ob sie zu seiner Persönlichkeit passt oder nicht. In diesem Zusammenhang möchte er auch wissen, was denn die Peer Group so denkt.
Repräsentative Studie zur Markenbegehrlichkeit von Uhrenmarken
Vor diesem Hintergrund wollten wir mehr über die Begehrlichkeit der großen Uhrenmarken erfahren und handfestes, belastbares Datenmaterial generieren. Die Redaktion unseres Print-Magazins Chronos hat im Frühjahr 2019 eine Studie zur Begehrlichkeit von Uhrenmarken in Auftrag gegeben, die repräsentativ ist für Luxusuhrenmarken im deutschsprachigen Raum. Partner von Chronos war dabei die Puls Marktforschung GmbH aus Schwaig bei Nürnberg. Die Profis von Puls haben einen Katalog von 20 Themen erstellt, die alle Facetten abdecken, aus denen sich das Thema Begehrlichkeit zusammensetzt. In Online-Interviews haben wir Antworten von 1.455 Besitzern von Luxusarmbanduhren erhalten, die insgesamt 3.456 Markenbewertungen abgegeben haben. Im Folgenden präsentieren wir die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie: Wir zeigen, welche Marken zu welchem der 20 Themen die größte Zustimmung erhalten, gehen bei einigen dieser Themen tiefer ins Detail und bilden am Ende das Gesamtergebnis ab.Die 20 Themen, die Markenbegehrlichkeit ausmachen
Zunächst zu den 20 Themen, die in ihrer Gesamtheit die Markenbegehrlichkeit ausmachen. Befragt wurden ausschließlich Besitzer der jeweiligen Marke, denn nur diese haben die Marke in allen denkbaren Aspekten erlebt und können sie somit besser bewerten als die, die eine Marke nur von außen wahrnehmen. Diese Besitzer haben die 20 Aussagen zur Markenbegehrlichkeit jeweils mit einer Schulnote von 1 (trifft sehr zu) bis 6 (trifft überhaupt nicht zu) bewertet. Das Statement „Würde es sehr bedauern, wenn es die Marke nicht mehr geben würde“ erzielte über alle Marken hinweg die besten Durchschnittswerte. Fast alle Marken würden schmerzlich vermisst werden, wenn sie nicht mehr existierten. Auch hohe Qualität, ein hervorragender Ruf und Attraktivität werden den Marken zugestanden. Am anderen Ende der Skala steht, wenig überraschend, das Thema Lieferzeit: Langes Warten auf die bestellte und ersehnte Uhr macht niemandem Freude. A. Lange & Söhne erreicht hier als einzige Marke eine Durchschnittsnote knapp unter drei, ist also die Marke, bei der man sich noch am ehesten mit einer langen Wartezeit arrangieren kann.
Kriterium #1 für Markenbegehrlichkeit: Diese Marken stehen für Spitzenleistungen
Schauen wir uns im Folgenden einige der 20 Themen genauer an. Spitzenleistungen etwa sind ein extrem wichtiges Kriterium für Markenbegehrlichkeit und vor allem für Luxusmarken unverzichtbar. Zur Aussage "Diese Marke steht bei Uhren für Spitzenleistungen" erhielt A. Lange & Söhne mit einer Durchschnittsnote von 1,32 den größten Zuspruch, gefolgt von Patek Philippe mit 1,41. Wie gut diese Werte sind, zeigt der Durchschnitt von 2,57 über alle Marken hinweg.
Kriterium #2 für Markenbegehrlichkeit: Diese Marken heben sich von anderen ab
Auch das Thema Differenzierung spielt eine große Rolle. Vor allem dann, wenn man sich bewusst von anderen abgrenzen will. Die Frage danach, wie sehr sich eine Marke von anderen abhebt, spielt stark auf das Design der Uhren an. Das spiegelt sich im Ergebnis: Mit Panerai belegt hier eine Marke den ersten Platz, deren Uhren klar erkennbar sind, auch aus einer gewissen Entfernung. Mit einem Wert von 1,17 fällt die Zustimmung zu dieser Aussage bei Panerai extrem positiv aus, der Abstand zum Zweitplatzierten Audemars Piguet (1,41) ist spürbar, wobei aber auch deren Wert immer noch sehr gut ist. Am anderen Ende der Skala sind die Noten relativ schlecht – die schlechteste beträgt 3,54. Insgesamt werden deutliche Unterschiede zwischen den Marken gesehen.
Kriterium #3 für Markenbegehrlichkeit: Für Uhren dieser Marken würde man etwas mehr bezahlen
Das Kennzeichen einer Luxusmarke ist es, dass sie mehr Geld für ihre Produkte verlangen kann. Zur Aussage „Ist eine Marke, für deren Uhren man bereit ist, ein wenig mehr zu zahlen“ erhält A. Lange & Söhne die stärkste Zustimmung, dicht gefolgt von Patek Philippe und Rolex, dessen Abstand auf Audemars Piguet dann schon deutlicher ist. Breguet, Blancpain und Vacheron Constantin folgen.
Kriterium #4 für Markenbegehrlichkeit: Diese Uhrenmarken verteidigt man gegen Angriffe
Würde man eine Marke in Gesprächen gegen negative Argumente verteidigen? Wer das tut, zeigt eine starke emotionale Bindung zur Marke. In diesem Sinne hat Grand Seiko treue Fans, denn die Japaner erzielen mit 1,50 den Spitzenwert, gefolgt von Breguet und Blancpain, die sich den zweiten Platz teilen. A. Lange & Söhne belegt Rang vier, Tudor liegt auf Platz fünf sogar knapp vor der großen Schwester Rolex.
Kriterium #5 für Markenbegehrlichkeit: Uhren dieser Marke sind sehr wertstabil
Wertstabilität wird den meisten Uhrenmarken nicht unbedingt zugestanden – das zeigt der drittschlechteste Mittelwert von allen 20 Aussagen: 3,03. Es gibt aber einen Ausreißer nach oben: Rolex. Die Genfer belegen hier mit 1,14 Platz eins, mit spürbarem Abstand vor Patek Philippe und A. Lange & Söhne, die als Einzige auch noch unter der Durchschnittsnote Zwei liegen. Beachtlich ist der Rolex-Wert auch deshalb, weil er von allen 880 Einzelwerten (44 Marken mal 20 Aussagen) der drittbeste ist. Wie unsere erste Grafik oben zeigt, ist der Gesamtausschlag zwischen bester und schlechtester Bewertung beim Thema Wertstabilität am größten.