Kaum eine Qualitätssiegel erlegt einer Armbanduhr so hohe Anforderungen auf wie die Qualité Fleurier. Die bestandene Chronometerprüfung ist beispielsweise eine Voraussetzung, um überhaupt erst zur Prüfung zugelassen zu werden. Die Heimat dieses Qualitätsstempels ist Fleurier, ein kleines Örtchen im Val de Travers in der Nähe von Neuchâtel mit reicher uhrmacherischer Geschichte. Auch beim Qualité Fleurier wird die gesamte Uhr beurteilt. Die im Juni 2001 gegründete Stiftung Qualité Fleurier ist ein gemeinsames Projekt der Marken Chopard, Parmigiani Fleurier, Bovet Fleurier und Vaucher Manufacture Fleurier; beteiligt sind unter anderem auch der Kanton Neuchâtel und die Kommune Fleurier. Sie haben das erste Qualitätszertifikat für fertige Uhren initiiert.
Auf dem Prüfstand steht nämlich nicht nur das Werk, sondern die fertig eingeschalte und mit Armband versehene Uhr, die nach ästhetischen und technischen Regeln geprüft und kritisch begutachtet wird. Das Zertifikat – es wird als Punze in Form der stilisierten Initialen »QF« direkt auf das Werk aufgebracht – kann seit dem Jahr 2004 erworben werden. Dazu müssen Uhren eine Reihe von Anforderungen erfüllen, die dem Kunden Präzision, Langlebigkeit sowie eine exklusive ästhetische Ausführung garantieren sollen. Zunächst muss überhaupt sichergestellt sein, dass die Uhr zu hundert Prozent aus der Schweiz stammt. Dies betrifft aber nur die Uhr selbst, Armband und Schließe unterliegen nicht dieser strengen Definition. Die Uhr selbst besteht nach dieser Definition aus Gehäuse, Zifferblatt, Werk und gegebenenfalls Werkhaltering.
Nur Schweizer Uhren sind zugelassen
Die Herkunft der verwendeten Gehäusematerialien ist offen, Verarbeitung und Finissierung haben jedoch in der Schweiz zu erfolgen. Das betrifft sowohl die Anfertigung der Rohlinge durch Stanzen oder Fräsen wie auch deren Finissierung sowie das Steinesetzen. Auch die Konstruktion, die Entwicklung und der Prototypenbau haben auf Schweizer Gemarkung zu erfolgen. Hierfür sind der Prüfkommission die Lieferanten und Subunternehmen zu benennen, welche für die Fertigung verantwortlich zeichnen. Unterlagen sind auf Verlangen hierfür offenzulegen.
Erste Voraussetzungen sind ein Chronometer-Zertifikat der C.O.S.C. und der bestandene Chronofiable-Test. Der Chronofiable-Test, der vom Laboratoire Dubois SA – Chronofiable in La Chaux-de-Fonds vorgenommen wird, umfasst mehrere Zyklen, in denen die Haltbarkeit der Uhr auf die Probe gestellt wird. Aufzugswelle, Drücker und drehbare Lünetten werden beansprucht und geprüft, auch Stoßsicherheit, Wasserdichtheit und die Reaktion auf Magnetfelder werden getestet. Im Mittelpunkt des Chronofiable-Tests steht ein simulierter Alterungsprozess. Das »Chronofiable«-Gerät beschleunigt das Altern von Uhren um ein Achtfaches.
Überprüfung der Haltbarkeit: der Chronofiable-Test
Das Gerät besteht aus einer Kammer, in die das Gehäuse eingelegt wird. Hier muss die Uhr drehende Beschleunigungen, Schläge, Stöße, Temperaturwechsel und Feuchtigkeit über sich ergehen lassen, was sie in drei Wochen um sechs Monate altern lässt. Vor Beginn und nach dieser Behandlung finden Funktionstests statt, die nur minimale Gangabweichungen gestatten. Zurück zum Qualité Fleurier: Haben Probemodelle einer Uhr den Chronofiable-Test bestanden, kann ihr C.O.S.C-zertifiziertes Werk im Büro der Stiftung eingereicht werden, wo die technischen und ästhetischen Kriterien geprüft werden. Vorgeschrieben sind unter anderem die Dekoration von Platine, Brücken, anglierte Kanten und polierte Schrauben.
Letzte und wichtigste Voraussetzung für den Erwerb des Qualitätsstempels aus Fleurier ist der »Fleuritest«, der die Ganggenauigkeit des eingeschalten Gehäuses mit der endgültigen Ausstattung prüft. Erlaubt sind bis zu fünf Sekunden Abweichung pro Tag. Dabei wird ein ganz normaler Alltag simuliert: Auf einem Bildschirm sieht man einen Mann ein Restaurant betreten, an einem Tisch Platz nehmen, mal aus einem Glas trinken, mal die Unterhaltung durch Gesten unterstreichen. Per Computer wird jede Armbewegung des Mannes aufgenommen und ins Innere des Apparates übersetzt, wo Uhren in kleinen Boxen auf einer Scheibe angebracht sind, die sich je nach simulierter Armbewegung in alle Richtungen dreht.