Patek Philippe und Audemars Piguet sind seit Jahrzehnten ganz oben im Uhren-Olymp angesiedelt. Beide schauen auf eine große Tradition zurück. Im 19. Jahrhundert gegründet, haben sie sich einen Namen mit feinsten Komplikationsuhren gemacht – zunächst mit Taschenuhren und spätestens seit dem Ersten Weltkrieg auch am Handgelenk. Beide befinden sich bis heute in Familienbesitz. Beide werden seit Jahren herausgefordert von neuen, jungen Manufakturen, die ebenfalls Spektakuläres im obersten Preisbereich anbieten. Dennoch werden beide Marken durchaus unterschiedlich wahrgenommen. Wir wollten wissen: Wo liegen die Unterschiede? Wie sehen die deutschen Luxusuhrenkäufer Patek Philippe und Audemars Piguet? Welche Stärken billigen sie ihnen zu? Mit welchen Leistungen bringen sie sie in Zusammenhang?
All das haben wir mithilfe einer Studie zur Markenbegehrlichkeit untersucht.
Spontanassoziationen der Besitzer
Im Rahmen der Studie baten wir Besitzer der jeweiligen Marken, ihre Lieblingshersteller mit einem Begriff zu beschreiben sowie Spontanassoziationen abzugeben. Bei der Analyse haben wir diese Begriffe zu verschiedenen Themenfeldern zusammengefasst. Dabei ergeben sich für Patek Philippe und Audemars Piguet aufschlussreiche Unterschiede.
Patek Philippe steht bei den deutschen Uhrenkäufern vor allem für die hohe Qualität seiner Uhren. Entsprechende Begriffe wie „wertig“ beziehungsweise „hochwertig“, „Qualität“, „Perfektion“ oder „Nonplusultra“ machen 33 Prozent der Nennungen aus. Auch bei Audemars Piguet ist dieses Themenfeld mit 19 Prozent der Nennungen wichtig, aber bei Weitem nicht das wichtigste. An zweiter Stelle steht bei Patek Philippe der Themenkomplex Exklusivität, zu dem auch Begriffe wie „Luxusuhr“, „Status“ oder „edel“ gerechnet werden: Er macht bei den Genfern 18 Prozent aus, im Vergleich zu zwölf Prozent bei Audemars Piguet. Während der Bereich Werterhalt/Wertstabilität bei Patek Philippe mit zehn Prozent an dritter Stelle kommt, wurde er bei Audemars gar nicht erwähnt – genauso wenig wie Geschichte/Tradition (Patek Philippe 8%) sowie Handwerkskunst (Patek Philippe 5%). Patek Philippe wird also viel stärker als Audemars Piguet mit den klassischen Themen identifiziert, bei denen es um höchste Uhrmacherkunst, Tradition, aber auch Werterhalt und Exklusivität geht.
Audemars Piguet hat seine Stärken demgegenüber bei den lifestyligeren Themen, vor allem dann, wenn es um das Äußere der Uhr geht. Begriffe wie „Design/zeitloses Design/elegantes Design“, „Klassiker“ oder „Ikone“ wurden bei Audemars Piguet zu 35 Prozent genannt, bei Patek Philippe nur zu fünf Prozent. Ähnliches gilt für die Nennung von Modellnamen: Hier spielt – wenig überraschend – die Royal Oak eine große Rolle, die in 15 Prozent der Nennungen zu Audemars Piguet explizit erwähnt wird. Berücksichtigt man, dass die oben erwähnten 35 Prozent zum Thema Design/Klassiker/Ikone sich auch auf die Royal Oak beziehen, bezieht sich so etwa die Hälfte der Nennungen zu AP auf deren bekanntestes Modell. Ganz anders bei Patek Philippe: Hier erwähnten nur drei Prozent die Calatrava, niemand Nautilus oder Aquanaut. Begriffe wie „Einzigartigkeit“ oder „Einmaligkeit“, die auch in erster Linie aufs Design und die Unverwechselbarkeit der Uhren verweisen, kommen bei Audemars Piguet zu 15 Prozent vor, im Vergleich zu fünf Prozent bei Patek Philippe.Der Themenkomplex Design/Modell/Einzigartigkeit macht bei Audemars Piguet also zusammen 65 Prozent aus, gegenüber 13 Prozent bei Patek Philippe. Dagegen liegen die Stärken der Genfer mit 74 Prozent bei den eher klassischen Themen, gegenüber 31 Prozent bei Audemars Piguet.
Markenbegehrlichkeit: 7 von 20 Kriterien
Aufschlussreich ist ein Vergleich der Spontanassoziationen mit den Bewertungen zur Markenbegehrlichkeit, die den Hauptteil der Studie ausmachen. Markenbegehrlichkeit haben wir definiert über 20 Aussagen, die die Besitzer der jeweiligen Marke auf einer Skala von eins (höchste Zustimmung) bis sechs (gar keine Zustimmung) bewerten sollten. Beim Vergleich von Patek Philippe und Audemars Piguet findet man die Unterschiede, die sich bei den Spontanassoziationen gezeigt haben, zum großen Teil bestätigt – das zeigt unsere Gegenüberstellung:
Auf die Aussage „Steht für Uhren mit hoher Qualität“ erhalten beide Marken eine hohe Zustimmung. Sie liegen weit über dem Durchschnittswert von 2,12, wobei Patek Philippe mit einer sehr guten Note von 1,30 Audemars Piguet mit 1,57 noch einmal distanzieren kann.Spitzenleistungen schreiben die Besitzer Patek Philippe in besonderem Maße zu: Mit 1,41 liegen die Genfer mehr als eine ganze Note besser als der Durchschnitt ( 2,57), AP (1,96) immerhin mehr als eine halbe Note.Das Thema Luxus bildet sich ab bei der Frage nach der Bereitschaft, für die Marke etwas mehr zu bezahlen (im Fachjargon „Preispremium“ genannt) – ein entscheidendes Kriterium für eine Luxusmarke. Hier kommt Patek Philippe auf einen Zustimmungswert von 1,49 und liegt damit erneut vor der Marke Audemars Piguet, die mit 1,71 aber immer noch mehr als eine Note besser ist als der Gesamtdurchschnitt von 2,76. Beide Hersteller werden eindeutig als Luxusmarken wahrgenommen.Beim Werterhalt verbucht Patek Philippe einen deutlichen Vorsprung auf Audemars Piguet. Zwar kommt die Marke aus dem Vallée de Joux mit 2,22 auf den viertbesten Wert von allen (Durchschnitt 3,03), Patek Philippe aber schafft mit 1,49 eine deutlich höhere Zustimmung, die zweitbeste insgesamt. Nur Rolex (1,14) spricht man eine noch höhere Wertstabilität zu.
Andere Verhältnisse gibt es bei den lifestyligeren Themen: Hier hat Audemars Piguet die Nase vorn. So wird eine AP – man denke nur an die schon von Weitem gut erkennbare Royal Oak – eher als Statussymbol gesehen als eine Patek Philippe: Auf die Aussage „Mit der Marke möchte man gern gesehen werden“ erreicht Audemars mit 1,50 den Bestwert, während Patek Philippe mit 1,80 Platz fünf belegt.Auch das Thema Differenzierung sieht Audemars Piguet sehr weit vorn: Zum Statement „Hebt sich von anderen Uhrenmarken ab“ erfährt die Marke aus dem Vallée de Joux mit 1,41 eine höhere Zustimmung als Patek Philippe mit 1,59 . Der Durchschnitt liegt bei 2,38.Als trendig oder angesagt gilt Patek Philippe gar nicht: Hier landen die Genfer mit 3,07 sogar unter dem Gesamtdurchschnitt von 2,98 – und gleichzeitig eine ganze Note hinter Audemars Piguet, die auf einen Wert von 2,07 kommen. „Trendig“ und „angesagt“ scheinen nicht unbedingt die ersten Begriffe zu sein, an die man beim Thema Luxusuhr denkt. Und doch sind es wichtige Kriterien, die gerade für jüngere – oder junggebliebene – Uhrenkäufer wichtig sind, welche sich entweder von den Älteren unterscheiden wollen oder bereits viele klassisch anmutende Modelle besitzen und nach optischen Alternativen suchen.
Fazit: Das Ergebnis ist überraschend. Obwohl Patek Philippe und Audemars Piguet eigentlich viele Gemeinsamkeiten haben, sind in der Wahrnehmung durch das Publikum die Unterschiede recht ausgeprägt. Patek Philippe punktet bei der härteren Währung: Themen wie Produktqualität und Spitzenleistungen, die das Essenzielle der hohen Uhrmacherkunst darstellen. Audemars Piguet besitzt Vorteile auf Feldern wie Statussymbol und Differenzierung, die auf den ersten Blick oberflächlicher erscheinen, und kommt vor allem bei der Trendfähigkeit deutlich jünger daher. Letzteres darf AP durchaus als Stärke verbuchen, denn Erfolg bei den Jüngeren ist etwas, das alle Marken anstreben, viele aber nicht schaffen. Die Themen Ikone, Statussymbol und Differenzierung („hebt sich ab“ – die Verstärkung dazu bildet der Begriff Einzigartigkeit, der bei den Spontanassoziationen auftauchte) beziehen sich auf die Royal Oak, die auch den weitaus größten Teil der Kollektion ausmacht. Obwohl Patek Philippe mit der Nautilus eine ähnliche Ikone zu bieten hat, die noch dazu zurzeit mindestens so begehrt und entsprechend schwer erhältlich ist, wird die Marke bei Weitem nicht so stark mit ihr identifiziert wie Audemars Piguet mit seiner Ikone. Wäre die Royal Oak eine Marke, wäre sie kaum schwächer als Audemars Piguet selbst, was für Calatrava und Nautilus nicht gilt: Patek Philippe ist als Marke deutlich begehrlicher als jedes Einzelmodell. Wer sich eine Nautilus kauft, sucht sicher auch das attraktive Design dieses Modells, mehr aber noch die Marke – und nicht zuletzt deren hohe Wertstabilität. Auf diesem Feld ist Patek Philippe Audemars Piguet deutlich voraus, vor allem durch die seit vielen Jahren immer wieder erzielten Rekorde bei Auktionen. Erst im November 2019 wurde die Grandmaster Chime in Edelstahl als Einzelstück für 31 Millionen Schweizer Franken für einen guten Zweck versteigert und ist somit die teuerste Uhr aller Zeiten. bucAlle Zahlen und Daten stammen aus der Studie zur Markenbegehrlichkeit von Uhrenmarken, die die Redaktion unseres Magazins Chronos zusammen mit der Puls Marktforschung GmbH in Schwaig bei Nürnberg durchgeführt hat. Sie ist repräsentativ für Luxusuhrenkäufer im deutschsprachigen Raum. Sie interessieren sich für weitere Markenvergleiche? Die Analyse Rolex vs. Omega finden Sie HIER.