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Parmigiani: Interview mit CEO Guido Terreni über das Design von Toric und Tonda PF

In unserem Interview spricht Parmigiani-Chef Guido Terreni über die neue Toric, erklärt ihre Unterschiede zur Tonda PF und sagt, wie das subtil-ausgewogene Design der neuen Uhren aktuelle Tendenzen in Kleidung und Gesellschaft aufnimmt.
Portrait Guido Terreni CEO Parmigiani
©

Parmigiani

Kurz nach seinem Start als CEO von Parmigiani 2021 hat Guido Terreni die Marke komplett umgekrempelt. Sein erstes Meisterwerk war die Tonda PF mit verschiedensten Varianten, zuletzt der Tonda PF No Date. Jetzt folgt die neue Toric, gegenüber der sportlich-eleganten Tonda PF eine reine Dresswatch. Im Gespräch mit Rüdiger Bucher erläutert Terreni die feinen Unterschiede zwischen beiden und schlägt eine Brücke von der Entwicklung der Männermode in den letzten 200 Jahren bis hin zur Gestaltung der Armbanduhren seit dem frühen 20. Jahrhundert.

Lesen Sie hier einen Auszug des Interviews. Das komplette Interview finden Sie im YouTube-Kanal von WatchTime bzw. am Ende dieses Artikels.

Parmigiani Toric Petite Seconde Roségold Soldat

Parmigiani: Toric Petite Seconde Roségold

© Parmigiani

Guido, die neue Toric erinnert mich in gewisser Weise an die Tonda PF, denn sie ist auch sehr klar, sehr subtil. Wie würdest du die Unterschiede zwischen beiden erklären?

Die Tonda PF ist eine sportlich-elegante Uhr oder elegante Sportuhr. Parmigiani wurde geboren mit einer Dresswatch, der Toric. In der Uhrenbranche sind die Dresswatches diejenigen, auf denen man die großen Komplikationen bringt. Die Art von Komplikationen, die man nicht gut in Sportuhren integrieren kann. Denn eine Sportuhr reicht nur bis zu einem bestimmten Level der Uhrmacherkunst. Als wir die Tonda PF brachten, schrieben uns viele unserer Kunden: „Könntet ihr diese Art des Modernisierens, so ein Refreshment wie bei der Tonda PF auch bei einer so schönen Uhr wie der Toric vornehmen?“ Natürlich ist das ein viel schwierigeres Unterfangen. Denn wenn man eine Dresswatch redesignt, sind viel mehr Feinheiten im Spiel.

Rüdiger Bucher (rechts) interviewt Parmigiani-CEO Guido Terreni

Rüdiger Bucher von WatchTime (rechts) im Gespräch mit Parmigiani-CEO Guido Terreni

© Parmigiani

Die Uhr muss berücksichtigen, wie die Menschen sich kleiden. Und ich spreche hier nicht über Mode, denn wir sind keine Modemarke. Schaut man sich an, wie sich Männer auf elegante Art kleiden, dann folgen wir im Grunde den Regeln, die das englische Bürgertum zu Beginn der Industriellen Revolution aufgestellt hat. Der Anzug, das Hemd … All das galt für etwa 150 Jahre. Und nach Beginn des letzten Jahrhunderts wandert die Uhr auf einmal von der Tasche ans Handgelenk. Als die Uhr aus ihrer Tasche herauskommt und an den Arm gelangt, muss sie zur Kleidung passen. Also haben wir in den letzten 100 Jahren elegante Uhren an schwarz glänzenden Alligatorbändern gesehen, mit einem weißen Zifferblatt, in Platin oder Weißgold.

"Eine Dresswatch muss berücksichtigen, wie die Menschen sich kleiden."

Guido Terreni, CEO Parmigiani

Diesen ganzen Codes der Eleganz, sehr konservativ und steif, folgte man auch in der Uhrmacherei. Bis dann Anfang unseres Jahrhunderts etwas passiert: die New Economy, West Coast, auf einmal werden diese Gesetze über den Haufen geworfen, und wir beginnen, ungezwungener, lässiger zu sein und legerere Kleidung zu tragen, Stichwort casual. Was wir heute erleben, ist ein jüngeres Publikum, das sich mehr für Mode interessiert. Unsere Rolle als Uhrenhersteller ist es, zu verstehen, was von all dem jetzt Vorhandenen bleiben wird, und zwar für lange Zeit. Aber auch: Was passt zu dieser Herausbildung einer jüngeren Klientel, die wohlhabend ist und die ihre eigenen Entscheidungen trifft? Hier ist das Resultat.

Die neue Toric.

Wir verwenden hier ausschließlich Handaufzugswerke, damit man die Schönheit der Mechanik sehen kann, ohne dass der Rotor Teile des Werks verdeckt. Wir verwenden nur Werke aus Gold. Die Finissierungen sind erstklassig. Wir haben die Verzierung mit Côtes de Fleurier, das sind doppelte, gekreuzte Genfer Streifen, wie sie Michel Parmigiani vor 20 Jahren designt hat. Die Krone muss groß sein, denn man soll die Freude haben, die Mechanik beim Aufziehen zu fühlen. Die Architektur des Zifferblatts ist ähnlich der der Tonda PF, und doch ist die Ausstrahlung der Uhr ganz anders.

Ich fragte Michel: “Welches ist die traditionelle Technik, die es mir erlaubt, diese Oberfläche auf eine Weise zu bearbeiten, die nicht aufdringlich ist, sodass man das Zifferblatt für glatt halten könnte?” Die Lösung heißt grainé main, das ist eine Körnung, die in Handarbeit ausgeführt wird. Das geschieht mit einer Paste. Man benutzt eine Bürste, und je nachdem, wie dick und wie hart die Borsten sind, wird die Körnung gröber oder feiner. In unserem Fall ist sie ziemlich fein, weil wir sie nicht zu auffällig haben wollen.

Parmigiani Toric Petite Seconde Platin Zifferblattausschnitt

Parmigiani: Die feine Körnung des Toric-Zifferblatts

© Parmigiani

Das Zifferblatt hat eine spezielle Form. Du erinnerst dich an diese Zifferblätter aus den 50er und 60er Jahren? Sie waren am Rand nach unten gewölbt. Das hätte einen Vintage-Look ergeben. Das wollten wir nicht, also bat ich meinen Designer, diese Bewegung am Ende neu zu interpretieren. Und so kamen wir zu einer Stufe. Jetzt hat das Zifferblatt einen goldenen Rand, dahinter kommt eine nach unten gebogene Minuterie. Auf diese setzen wir die goldenen Indexe.

Parmigiani Toric Wristshot Detail
Perfektion im Detail: "Jetzt hat das Zifferblatt einen goldenen Rand, dahinter kommt eine nach unten gebogene Minuterie. Auf diese setzen wir die goldenen Indexe." © Parmigiani

Der goldene Rand muss nach dem Bearbeiten des Zifferblatts wieder poliert werden. Dabei verschwinden die Farbe und die Körnung, das Gold kommt wieder hervor. Und selbst die Minutenstriche, die man sieht, die vier zwischen den großen Markern, sind gebohrt. So kommt das Gold wieder zum Vorschein. Das ist ein sehr heikler Arbeitsschritt, denn man muss verhindern, dass die Körnung an der falschen Stelle verschwindet. Das alles ist sehr teuer, sehr aufwendig in der Herstellung, aber man erhält so diese Patina der Oberfläche, das ist echte Handwerkskunst. Heute sind neun von zehn gekörnte Zifferblätter mit Laser gemacht, d. h. die Oberflächenstruktur entsteht durch den Laser. Hier dagegen haben wir es wirklich auf traditionelle Art gemacht.

Seid ihr bei der kleinen Sekunde genauso vorgegangen?

Ja. Bei der kleinen Sekunde ist es genauso, man sieht es auch wieder am goldenen Rand.

Dies ist ein Auszug. Sehen Sie jetzt das komplette Interview im Video auf YouTube:

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