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Chronographenkupplungen

Chronographenwerk
© PR
Um den Stoppsekundenzeiger des Chronographen mit dem Werk zu verbinden und wieder zu trennen, gibt es drei Methoden: eine traditionelle (horizontale Kupplung), eine unorthodoxe (Schwingtrieb) und eine moderne (vertikale Kupplung). Was sind die Vor- und Nachteile der Systeme?
Ist ein Chronograph eine Uhr mit eingebauter Stoppuhr? Wenn man die Funktionen betrachtet, stimmt das. Aber technisch ist es – wenn man von einigen Schnellschwingern absieht – nicht ganz richtig. Zwar finden sich zwei wichtige Elemente bei beiden, die Start- Stopp-Steuerung über Schaltrad oder Kulissenhebel sowie die Nullstellfunktion über Herzscheiben. Aber in einem dritten, wichtigen Element unterscheiden sich Chronograph und Stoppuhr enorm: Bei einer mechanischen Stoppuhr wird erst beim Einschalten die Unruh gestartet. Der Chronograph wiederum besitzt ein Federhaus und eine Unruh, die sowohl für die Uhrzeit als auch für die Stoppfunktion genutzt werden. Beim Starten wird der Stoppsekundenzeiger mit dem Uhrwerk verbunden und beim Stoppen wieder getrennt. Dafür benötigt man eine Kupplung.Inhalt

Die horizontale Kupplung

Wie funktioniert so eine Kupplung? Der traditionelle Aufbau nennt sich horizontale Kupplung, weil die Räder auf einer Ebene liegen. Bei einem Chronograph ist die Welle des Sekundenzeigers nach hinten verlängert und trägt ein Mitnehmerrad. Das wird bei Bedarf mit dem Chronozentrumsrad verbunden, welches über eine Welle den Stoppsekundenzeiger trägt. Damit sich der Sekundenstoppzeiger in dieselbe Richtung dreht wie die Sekunde, gibt es ein Zwischenrad, das auch Kupplungsrad genannt wird. Im Gegensatz zu den anderen beiden Rädern trägt das Kupplungsrad keinen Zeiger und kann daher auf einem beweglichen Hebel gelagert werden. Damit kann die Verbindung dann geschlossen und getrennt werden. Normalerweise befindet sich das Kupplungsrad mit dem Mitnehmerrad der permanenten Sekunde ständig im Eingriff und läuft mit. Beim Einschalten des Chronographen wird der Kupplungshebel bewegt und mit ihm das Kupplungsrad. Es kommt mit dem Chronozentrumsrad in Eingriff und bewegt dieses. Daher dreht sich auch der Stoppsekundenzeiger. Damit ist die traditionelle horizontale Kupplung eigentlich schon erklärt.
Allerdings gibt es für die Uhrmacher dabei etwas Feinarbeit: Zum einen muss der Schwingbereich des Kupplungshebels eingestellt werden. Zum anderen muss die Feder, die den Stoppzeiger nach dem Stoppvorgang an seinem Platz hält, in ihrer Federkraft sehr genau justiert werden. Sie muss einerseits dafür sorgen, dass der Zeiger durch Stöße nicht verrutscht, andererseits darf sie nicht zu fest drücken, denn bei laufendem Chronograph geht sonst viel Kraft verloren. Läuft der Chronograph, sorgt die Feder dafür, dass der Stoppsekundenzeiger trotz der Zahnluft gleichmäßig läuft. Bei vorhandener kleiner Sekunde und gewünschter Stoppsekunde aus dem Zentrum sorgt das Kupplungsrad auch gleich für den Transport der Kraft und Bewegung. Daher eignet sich die horizontale Kupplung besonders für diese Werke. Außerdem gehört zu ihren Vorzügen, dass sie dem Auge viel bietet.
Drei Räder: Das Mitnehmerrad (links), Zwischenrad (Mitte) und Chrono-Zentrumsrad (rechts) bilden die horizontale Kupplung. © PR
Bei Handaufzugswerken, wo kein Automatikrotor den Blick aufs Werk verdeckt, ist das besonders wichtig. Allerdings kann es, wenn beim Einkuppeln Zahn auf Zahn trifft, zu einem Zeigersprung kommen, der zu erhöhtem Verschleiß der Räder und Ungenauigkeit der gestoppten Zeit führt. Bekannte Kaliber mit horizontaler Kupplung sind beispielsweise das Kaliber L951.6 von A. Lange & Söhne oder das Kaliber 29-535 von Patek Philippe. Immer wieder wird versucht, die Schwachpunkte der horizontalen Kupplung zu minimieren. So hat Patek Philippe für seine Chronographen eine neuartige abrollende Verzahnung entwickelt; auch die Einstellbarkeit der Eingriffstiefe des Kupplungsrads wurde verbessert.
Eindrucksvoll: Drei goldenen Räder im Patek Philippe Kaliber 29-535 stellen eine horizontale Kupplung dar. © Patek Philippe
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Das Schwingtrieb

Ein weiteres Problem der horizontalen Kupplung: Da sich das Kupplungsrad am Kupplungshebel bewegt, und zuerst mit dem Mitnehmerrad der permanenten Sekunde, dann zusätzlich mit dem Chronozentrumsrad im Eingriff sein soll, muss die Befestigung des Kupplungshebels so gewählt sein, dass der Abstand zum Mitnehmerrad bei der Bewegung nahezu gleich bleibt. Perfekt wäre also ein Befestigungs- und Drehpunkt an der Achse des Mitnehmerrads, also der permanenten Sekunde. Das kann schon für ein Platzproblem im Werk sorgen. Edouard Heuer erfand daher 1887 das Schwingtrieb. Bei ihm übernimmt eine Welle mit zwei Rädern oben und unten die Funktion der Kupplung. Der Clou: Während das untere Rad permanent mit dem Sekundenrad verbunden ist, kann das obere Rad mit dem Chronozentrumsrad in Eingriff gebracht oder von ihm getrennt werden. Dafür wird die ganze Welle ein Stück gekippt. Damit dieser ungewöhnliche Vorgang klappt, muss die Welle möglichst lang und die Räder möglichst klein sein. Daher auch der Name Schwingtrieb: Ein Trieb ist ein Zahnrad mit weniger als 20 Zähnen.
Auch für den Fall, dass die Sekunde ursprünglich im Zentrum platziert ist und die Stoppsekunde auch aus dem Zentrum kommen soll (wie eigentlich immer bei Chronographen), eignet sich das Schwingtrieb sehr gut, denn es kann zwei Räder die sich unabhängig voneinander um ein gemeinsames Zentrum drehen verbinden. Das Schwingtrieb findet sich in vielen Chronographen, denn das von der Eta in großen Stückzahlen gebaute Valjoux 7750 greift auf diese Technik zurück. Aber bei IWC oder TAG Heuer findet sich das Schwingtrieb. Problematisch sind auch hier der Zeigersprung, die Zahnluft und die Einstellung der Eingriffstiefe. Obwohl das Schwingtrieb schon im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, kam es erst 1946 zum ersten Mal bei einer Armbanduhr zum Einsatz: im Valjoux 77 ECO.
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Die vertikale Kupplung

Nur wenige Jahre früher, 1936, entstand das erste Armbanduhrwerk mit vertikaler Kupplung: das Kaliber 130 des Bieler Herstellers Pierce. Bei dieser dritten und letzten Art der Kupplung liegen die Räder nicht nebeneinander, sondern übereinander. Das untere Rad ist mit dem Sekundenrad im Eingriff und dreht sich ständig. Das obere Rad ist immer mit dem Chronozentrumsrad (das den Sekundenstoppzeiger trägt) im Eingriff. Die beiden Räder drehen um dasselbe Zentrum, sind aber nicht verbunden. Die Verbindung wird hergestellt, indem eine Feder eine kegelstumpfförmige Scheibe, die mit dem oberen Rad in Drehrichtung fest verbunden ist, auf das untere Rad drückt, wenn der Chronograph eingeschaltet wird. Durch die Haftreibung entsteht eine formschlüssige Verbindung. Beim Stoppen schließt sich eine Zange und drückt das kegelförmige Teil nach oben, sodass die Verbindung wieder getrennt wird.
Optimal ist es, wenn dieses System das Chronozentrumsrad direkt mit dem Sekundenrad verbindet, also im Zentrum des Werks Platz findet. Dann läuft der Stoppsekundenzeiger bei eingeschaltetem Chronographen ohne Reibungsverlust wie ein zentraler Sekundenzeiger.
-Kaliber: 9900 mit Chronographenfunktion © Omega
Der Vorteil der vertikalen Kupplung ist groß: Der Sprung des Stoppsekundenzeigers beim Starten wird vermieden, da nicht Zahn auf Zahn drücken kann. Aus demselben Grund entsteht auch keine Reibung und damit kaum Kraftverlust und Abnutzung. Allerdings kann man wegen der übereinander angeordneten Räder nicht viel von der Technik sehen. Das System ist zudem nicht einfach zu justieren und zu warten. Und die Kräfte für das Bewegen der Zange fallen höher aus, sodass beim Betätigen des Startdrückers mehr Kraft aufgewendet werden muss.
In der Omega Speedmaster Racing Master Chronometer tickt das Kaliber 9900 mit vertikaler Kupplung © Omega
Sieht man von den optischen Aspekten ab, kann die vertikale Kupplung aber als die funktionalste angesehen werden. Die meisten in den letzten Jahren entwickelten Chronographenkaliber mit Automatikaufzug verwenden sie daher.
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