Die erste Boutique von Richard Mille in Deutschland befindet sich in der Münchener Maximilianstraße. Auf 160 Quadratmetern präsentiert sich die erst 15 Jahre alte Marke in einem neugotischen Gebäude erwartungsgerecht stilgemäß. Die Wandverkleidung aus Makassar-Ebenholz und schwarzem Leder in Elefantenhaut-Optik lassen genau wie die saturierten Edelstahleinfassungen keine Fragen über die Werthaltigkeit der Uhren aufkommen. Wir trafen den Firmengründer und -inhaber Richard Mille anlässlich der Eröffnung.
UHREN-MAGAZIN: Kann man ihre Uhren als Hyper-Luxus betrachten?
Richard Mille: Ganz im Gegenteil. Unsere Kunden brauchen keinen Luxus. Sie müssen nichts und niemandem mehr etwas beweisen. Sie haben ihre Ziele erreicht. Sei es im Leben, sei es im Beruf, sei es in der künstlerischen Welt als Musiker oder Schauspieler oder in ihrer sportlichen Karriere. Alle Richard-Mille-Uhren sind das genaue Gegenteil von Bling-Bling. Sie schauen so erstaunt. Sicher, hier in unsere Boutique verkaufen wir auch Uhren mit Diamantbesatz. Wir sind ja keine Masochisten, die kein Geld verdienen wollen und oft werden unsere Uhren auch als Geschenk gekauft. Aber unsere Uhren sind vor allem technische Herausforderungen, wir sind extrem spezialisiert. Und alle Kunden verbindet doch, dass Sie sich hervorragend auskennen. Sie wissen alles über die Marken. Und zwar überall, nicht nur in Europa, das ist heute auch im Mittleren Osten so. Und unsere Uhren sind nicht für den Tresor, sie werden getragen. Das sehen wir beim Service sehr gut. Sie kommen alle mit Gebrauchsspuren zu uns, das freut mich. Unsere Kunden haben meistens mehr als eine Uhr von uns. Manche haben zehn Stück, aber alle sind verschieden. Darum bieten wir so ein breites Spektrum an. Wir haben eine Kollektion die zu verschiedenen Sportarten passt oder aber auch verschiedene Lifestyle-Situationen abdeckt. Unsere Kunden wechseln ihre Richard-Mille-Uhr mehrmals am Tag, passend zum Anlass. Ich habe mit einem Kunden gesprochen, ein ganz unscheinbarer und extrem bescheiden auftretender Mensch, der mir am Ende eröffnete, dass er mehr als 50 Uhren von mir hat. Und das, wenn man bedenkt, dass wir seit unserer Firmengründung vor 15 Jahren insgesamt überhaupt nur 25.000 Uhren hergestellt haben. Und auch auf dem Gebrauchtmarkt tauchen kaum Richard-Mille-Uhren auf, weil die Leute sie behalten.
UHREN-MAGAZIN: Sind ihre Uhren Teil der Uhrmacherkunst im Sinne traditioneller Haute Horlogerie?
Richard Mille: Ich habe großen Respekt vor der Geschichte und den uhrmacherischen Traditionen. Ich nehme mir das Beste daraus, aber wir sind selbst kein Teil davon. Aus einem ganz einfachen Grund. Selbst die großen bekannten Marken polieren und anglieren heute mit Maschinen. Bei uns erfolgt das alles per Hand. Und das ist der wahre Respekt vor der Haute Horlogerie, wie ich ihn verstehe. Unsere Produkte sind zeitgenössisch, aber voller Respekt und im Sinne der hohen Uhrmacherkunst. Wir gehören auch zu keinem Konzern. Das heißt, der Preispunkt ist für mich völlig ohne Bedeutung. Wir wollen das Beste, gleichgültig wie schwierig es ist und völlig egal, was es kostet. Bei unserem Herstellungsprozess haben wir 30 bis 40 Prozent Ausschuss, je nach Art und Komplexität der Komponenten. Eben weil wir alles per Hand machen, passieren Fehler. Bei der Breite unserer Kollektion und der Gesamtmenge unserer Produktion sind die einzelnen Stückzahlen verschwindend gering. Das ist auch für unsere Uhrmacher sehr schön. Hier gibt es keine Routine, auf sie wartet regelmäßig eine neue Herausforderung. Bei unserer Gehäusefertigung, welche wir seit vier Jahren aufgebaut haben, ist es etwas anderes. Unser Lieferant Donzé Baume wurde von der Richemont-Gruppe aufgekauft. Also war Richard Mille nicht mehr die Priorität. Mal hier fünf Gehäuse von dem einen Modell und hier zehn von dem anderen zu bestellen, das ging einfach nicht mehr. Aber ich wollte meine Unabhängigkeit bewahren. Das Gehäuse muss zu unserer Philosophie passen. Wir machen alles selbst und sind unabhängig. Wenn man ein Richard-Mille-Gehäuse nimmt, ist es in der Produktion ein Alptraum. Allein der Radius des Gehäuses verändert sich mehrfach, damit es später perfekt am Arm sitzt.
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UHREN-MAGAZIN: Sie haben viele Größen aus Sport und Kunst unter ihren sogenannten Botschaftern. Haben Sie eine bestimmte Person im Auge, wenn Sie eine neue Uhr kreieren?
Richard Mille: Nein, überhaupt nicht. Aber aus der Verbindung mit einer Person entsteht die technische Herausforderung. Dann wird die entsprechende Uhr entwickelt. Deswegen sind wir für so viele Welten offen. Wir sind eine junge Marke im Teenager-Alter, aber wir besitzen die meiste Erfahrung in Bezug auf die Komplexität von Uhren. Und sie dürfen nicht nur komplex sein, sie müssen auch hohen Beanspruchungen stand halten. Ich habe schon immer meine Uhren demonstrativ durch die Gegend geschmissen, um zu zeigen, dass sie das aushalten. Bis die Uhr für Rafael Nadal funktionierte, hat er fünf Stück zerbrochen und wir mussten diese Herausforderung annehmen und das konstruktiv meistern. Wir wollten ihm ja nicht die Uhrzeit anzeigen, sondern aus der Beanspruchung der Uhr bei den Tennis-Matches lernen, welchen Beanspruchungen die Uhr standzuhalten hat. Solche Gegensätze sind es, die die Uhrmacherei vorwärtsbringen.
Die Fragen stellte Thomas Wanka