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Hands-on: IWC - Mark XX

IWC: Mark XX
© PR
IWC hat seinen Fliegeruhren-Klassiker, die Mark mit nachfolgender Nummer, über Jahrzehnte gepflegt und weiterentwickelt. Mittlerweile sieht man aber auch viel Ähnlichkeit mit einem anderen Star der Marke.
IWC hat das Fliegeruhrendesign geprägt wie kaum eine andere Marke. Seit den 1940er Jahren bauen die Schaffhauser Armbanduhren für Piloten. Deren Gestaltung entstand damals in enger Zusammenarbeit mit militärischen Auftraggebern. Das führte dazu, dass funktionale Aspekte wie etwa eine gute Ablesbarkeit bei Tag und Nacht im Vordergrund standen. Und genau das machte die Uhren Jahrzehnte später auch für zivile Uhrensammler und -käufer attraktiv.Neben der 1940 für die deutsche Luftwaffe gebauten Großen Fliegeruhr ist die 1948 von der britischen Royal Air Force in Auftrag gegebene Mark 11 die Urmutter des IWC-Fliegeruhrendesigns. Erstere ist zwar älter, ihre Historie aber bei Weitem nicht so durchgängig: Während sie nach dem Zweiten Weltkrieg schnell verschwand – insgesamt wurden nur rund 1000 Exemplare gebaut – und IWC sie erst 2002 wieder reanimierte, hat die Mark eine deutlich konsistentere Geschichte. Bis 1981 produziert, wurde sie auch danach noch lange von Sammlern gekauft und verehrt und kehrte nach ein paar kurzen Zwischenspielen bereits 1994 als Mark XII zurück auf den Markt.
Das Automatikkaliber 32111 bietet 120 Stunden Gangreserve © WatchTime
Die Mark XII machte IWC endgültig zur Fliegeruhrenmarke. Durch ihren Erfolg in der zweiten Hälfte der Neunziger, vorbereitet durch die steigende Nachfrage nach alten Mark-11-Varianten auf Auktionen, konzentrierten sich die Schaffhauser in den frühen Nullerjahren immer stärker auf dieses Genre. Schon 1998 sorgte die IWC UTC mit zweiter Zeitzone für Furore, 2002 die neu aufgelegte Große Fliegeruhr und 2003 die Spitfire mit ihrem reliefbetonten Zifferblatt. 2006 kam dann die Einführung der ersten limitierten Auflagen, die dem französischen Schriftsteller und Piloten Antoine de Saint-Exupéry gewidmet waren, und im Jahr darauf stellte IWC die erste Top Gun vor. Heute bilden die Pilot’s Watches – so die anglisierte IWC-Bezeichnung der Fliegeruhren für den globalisierten Markt – neben der Portugieser die erfolgreichste Linie der Marke.
Der Gehäuseboden aus Edelstahl ist mit einer stilisierten Ju-52 verziert © WatchTime
Die Mark erhält von IWC alle paar Jahre ein Update, das heißt, sie wird in einigen Details modernisiert und mit einer neuen Nummer versehen. So ist sie ohne Unterbrechung ein tragender Bestandteil der Kollektion geblieben. Wir wollen uns in diesem Test unter anderem folgender Fragen widmen: Welche Veränderungen unterschieden die neue Mark XX von ihrer unmittelbaren Vorgängerin Mark XVIII? Wie viel Mark 11 steckt noch in der Mark XX? Und wie sehr ähnelt die Mark XX der heutigen Großen Fliegeruhr?

Vergleich Mark XX zu Mark XVIII

Hält man die Mark XX neben die Mark XVIII, fällt zuerst die große Ähnlichkeit der Modelle auf. Noch nie blieb die Mark optisch so nah an ihrer älteren Schwester wie diesmal. Die Form der Zeiger und die Typografie der Ziffern blieben gleich, genauso der Durchmesser von 40 Millimetern. Schaut man genau hin, erkennt man aber drei Änderungen im Design: Die Zeiger sind nicht mehr schwarz, sondern rhodiniert – ein kleines Detail, das aber viel ausmacht, weil es zusätzliche Reflexionen des Lichts mit sich bringt und die Uhr so noch hochwertiger wirken lässt. Die Stundenindexe für 3, 6, 9 und 12 sind wieder länger als die acht anderen: Das entspricht der Historie, denn diese vier Indexe waren außer bei der Mark XVIII immer herausgehoben. Drittens ist die Datumsscheibe wie bei Mark XII und XV weiß und nicht mehr farbgleich mit dem Zifferblatt. Das mag überraschen, weil sich Letztere bei den hochwertigen Uhren durchgesetzt haben – ein ästhetischer Gewinn, der verdeutlicht, dass das Werk nicht von der Stange gekauft ist. Immerhin fällt ein weißes Datum stärker auf und ist durch den höheren Kontrast vielleicht für manche etwas besser ablesbar. Und nicht zuletzt besaßen auch Mark XII und Mark XV schon weiße Datumsscheiben.
Das schlichte Lederband mit Dornschließe verfügt über ein leicht bedienbares Schnellwechselsystem © WatchTime
Der größte Unterschied zur Mark XVIII betrifft aber die Ausstattung in Form von Werk und Armband: Statt des auf dem Eta 2892 basierenden Kalibers 30110 verwendet IWC nun das ebenfalls selbstaufziehende Kaliber 32111. IWC nennt dieses Werk „Manufakturkaliber“, was als Bezeichnung irreführend ist: Es handelt sich um ein nicht marken-, sondern um ein gruppeneigenes Kaliber, das auch bei den Richemont-Schwestermarken Baume & Mercier (als Baumatic BM13) und Panerai (als P.900) verwendet wird und vom Richemont-Werkespezialisten Valfleurier stammt. Sein größter Vorzug gegenüber dem Eta 2892 ist die mit fünf Tagen statt 42 Stunden deutlich höhere Gangreserve. Zudem ist es exklusiver und mit 28,2 statt 25,6 Millimetern Durchmesser größer: So füllt es das 40-Millimeter-Gehäuse besser aus und das Datumsfenster rückt etwas weiter weg von der Mitte Richtung Rand. Das Kaliber 32111 lässt das Datum fast exakt, in unserem Fall um 30 Sekunden vor Mitternacht, springen. Es bietet (anders als die Panerai-Variante) einen Sekundenstopp sowie eine Datumsschnellverstellung. Und es ist recht präzise einreguliert, wobei man unsere Testuhr wohl nur in fünf Lagen reguliert hat: Denn in der von manchen Herstellern vernachlässigten Position „Krone rechts“ gab es auf der Witschi-Zeitwaage einen Ausreißer, der unsere Punktebewertung leider negativ beeinflusste. Am Handgelenk getragen, ging die Mark XX etwa eine Sekunde pro Tag nach.
© WatchTime
Grundsätzlich erfreulich ist, dass das 2021 mit der Big Pilot 43 eingeführte Schnellwechselsystem „EasX-Change“ nun auch bei der Mark zum Einsatz kommt. Wer ein zweites Band besitzt, etwa das fünfreihige Gliederband aus Stahl, kann es kinderleicht und ohne ein zusätzliches Hilfsmittel selbst vom Gehäuse trennen und gegen das andere austauschen. Die Option des Metallbands ist 1.000 Euro teurer. Beim Lederband ist die Haptik anders: Wenn man die Uhr in den Händen hält, fühlt und hört sich der  Schnellwechselmechanismus etwas klapprig an. Immerhin: Das spürt man nur, wenn man die Uhr in den Händen hält und dabei hin und her dreht. Liegt sie ruhig am Arm, bemerkt man das nicht. Schließlich zeichnet sich die Mark XX gegenüber ihrer Vorgängerin auch noch durch eine von 60 auf 100 Meter erhöhte Wasserdichtheit aus.
Die Leuchtmasse ist äußerst präzise aufgetragen. Nachts lenkt nichts von den wichtigsten Stundenmarkierungen und Zeigern ab. © IWC

Vergleich Mark XX zu Mark 11

Die Beliebtheit der Mark 11, erst beim Militär und später bei den  Uhrensammlern, lag in ihrer Funktionalität und dem sich daraus ergebenden Design begründet: Ein dichtes und schlichtes Stahlgehäuse, dessen Form optisch nicht ablenkte und keine Ecken oder Aussparungen bot, in denen sich Schmutz absetzen konnte. Ein gut ablesbares schwarzes Zifferblatt ohne überflüssige Anzeigen, mit Dreiecksmarkierung für die Zwölf, das sich dank Leuchtmasse auf Zeigern und Indexen auch nachts nutzen ließ. Eine große, geriffelte und damit griffige Krone, die der Pilot auch mit Handschuhen bedienen konnte. Und schließlich ein schlichtes schwarzes Lederband, das über eine Dornschließe am Arm befestigt wurde. All diese Features machten nicht nur die Mark 11 aus, sondern wurden zu den wiedererkennbaren, genrebildenden Merkmalen von Fliegeruhren fürs Handgelenk. IWC behielt sie bei allen Nachfolgerinnen der Marke 11 bei – von der Mark XII über Mark XV, XVI, XVII und XVIII bis zur Mark XX. (Die Ziffern 13, 14 und 19 wurden nicht benutzt, weil sie in manchen Regionen der Welt als Unglückszahlen gelten.)
Die Mark XX besitzt wie zuletzt die Mark XV eine weiße Datumsscheibe. Auf der Krone findet sich das „Probus Scafusia“-Logo © IWC

Alternative zur Big Pilot?

Obwohl die Mark-Modelle und die Große Fliegeruhr – von IWC mittlerweile global Big Pilot’s Watch genannt – zwei unterschiedliche Genealogien aufweisen, ähneln sie sich heute mehr denn je. Die Annäherung begann 2006 mit der Mark XVI: Sie erhielt von der Big Pilot vor allem die lanzenförmigen Zeiger, die IWC seither für alle seine Fliegeruhren verwendet, dazu kamen die gleichfalls von der Großen Fliegeruhr stammenden länglicheren Ziffern. Außerdem findet man seitdem rechts und links vom Dreieck bei zwölf Uhr die für die Big Pilot typischen zwei Punkte. Durch ihre schiere Größe von 46,2 Millimetern, die dreieckige Krone und die Gangreserveanzeige bei drei Uhr unterschied sich die Big Pilot immer noch deutlich von der Mark XVI. Doch mit der Einführung der auf 43 Millimeter geschrumpften Big Pilot von 2021, die auch noch auf die Gangreserveindikation verzichtet, sind die beiden Designs noch stärker aneinandergerückt. Die Mark XX geht weitere Schritte in diese Richtung, indem sie von der Big Pilot nun auch noch die rhodinierten Zeiger und das EasX-Change-Schnellwechselsystem fürs Band übernimmt.
© WatchTime
Natürlich sind wichtige Unterschiede geblieben, von der Größe (40 zu 43 Millimeter) über die Form der Krone, die leicht unterschiedliche Minuterie und das Datum (die Big Pilot hat keines) bis hin zum echten Manufakturkaliber der Big Pilot und deren Glasboden sowie dem vor Magnetfeldern schützenden Weicheisenkäfig der Mark XX. Wenn man aber bedenkt, dass das Gruppenkaliber der Mark XX exklusiver ist als das zuvor verwendete Eta 2892 und mit 120 Stunden eine doppelt so hohe Gangreserve aufweist wie das IWC-Kaliber 82100 der Big Pilot, dann kann man spätestens beim Preisvergleich schon ins Grübeln kommen. Denn mit 5.700 Euro ist die Mark XX deutlich günstiger als die Big Pilot, für die man 9.600 Euro hinlegen muss.
Am Handgelenk sieht man, dass 40 Millimeter eine passende Größe für die Mark XX sind © WatchTime

Die Ausstattungsmerkmale

Angesichts dieser Annäherung kann man wohl davon ausgehen, dass auch die nächste Mark die jetzige Größe von 40 Millimetern nicht mehr überschreiten wird. Sie scheint damit auch ihren perfekten Durchmesser gefunden zu haben: Groß genug für die heutige Zeit, erlaubt sie ein gut proportioniertes Zifferblatt und liegt angenehm am Handgelenk. Der Blick aufs Zifferblatt macht dabei richtig Spaß. Bei aller Schlichtheit gibt es doch einige Feinheiten zu entdecken, die eine Luxusuhr ausmachen und den Preis gegenüber deutlich billigeren Fliegeruhren rechtfertigen. Dazu zählen vor allem die perfekt auf Hochglanz polierten Stunden- und Minutenzeiger sowie die Lünette und die feine Linie, die den äußersten Gehäuserand mit beiden Hörnern verbindet: Beide sind ebenfalls poliert und reflektieren wie die Zeiger scharf das Licht, was einen spannenden Gegensatz zum mattierten Gehäuse und dem lichtschluckenden Zifferblatt bildet. Auch die akkurat gesetzte erhabene Leuchtmasse auf den vier größeren Stundenindexen und dem Dreieck sind so ein schönes Detail: Die Superluminova auf dem Dreieck etwa bildet selbst ein Dreieck und stellt in der Produktion einen zusätzlichen Aufwand dar.
Vorbild für alle weiteren Mark-Generationen: die Mark 11 (Modell von 1963) © IWC
Da die Mark XX wie ihre Vorgängerinnen durch ein Weicheisen-Innengehäuse gegen Magnetismus geschützt ist, findet man auf der Rückseite keinen Glasboden. Das Werk bleibt unter der verschraubten und mit einer Ju-52 gravierten Bodenplatte verborgen, ist aber trotzdem mit Perlage und Genfer Streifen verziert. Die ebenfalls verschraubte Krone ist groß und griffig. Zieht man sie heraus, fällt der dicke, stabile Tubus auf. Er unterstreicht die Funktionalität der Uhr, die trotzdem an keiner Stelle zu sachlich wirkt, sondern immer einen Schuss Eleganz beibehält.

Eleganz und Farbe

Genau diese Eleganz ist sicher ein weiterer wichtiger Grund für den Erfolg der Mark. Von ihrer Herkunft her ist sie eine Toolwatch, aber man kann sie genauso gut als elegante Uhr zum Anzug tragen wie als Sportuhr zum Outdoor Gear. Mit der Mark XX kommt nun auch Farbe ins Spiel, denn neben dem klassischen schwarzen Zifferblatt gibt es ein blaues, kombiniert mit einem blauen Band, und ein grünes, zusammen mit einem braunen Band: eine weitere Parallele zur Big Pilot, die die gleichen Farbvarianten (und ein grünes Band noch dazu) bietet.
Die Mark XVIII ist die bisher einzige Mark, bei der die Stundenindexe alle gleich lang waren © IWC

Fazit

Angesichts ihres über Jahrzehnte gepflegten und durch leichte Anpassungen stets auf hohem Level gehaltenen Fliegeruhrendesigns auf der einen und der technischen Ausstattungsmerkmale auf der anderen Seite ist die Mark XX vielleicht die beste Mark bisher, zumindest die beste Mark für unsere Zeit. Sie hat das Zeug dazu, in dieser Form viele Jahre zu existieren, bevor sie einmal durch eine Mark XXI ersetzt wird. Gleichzeitig war noch keine Mark der Big Pilot gestalterisch so ähnlich wie heute. IWC sollte sich nur davor hüten, beide Modelle noch weiter anzunähern oder sie mit zusätzlichen Farbvarianten noch stärker zu kommerzialisieren. Die Uhr kostet 5.700 Euro. buc
Die Mark XX unterscheidet sich optisch nur wenig von ihrer Vorgängerin © IWC
Dieser Artikel erschien zuerst in der Chronos 02.2023. Die aktuelle Ausgabe finden Sie hier:)
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